Wettinquelle in Bad Brambach

Begonnen von DL3HRT, 08. Oktober 2018, 19:37

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DL3HRT

Nach dem Besuch der Radonquelle am Thierberg ging es gestern weiter nach Bad Brambach zur Wettinquelle. Diese befindet sich im Kurpark und wird von der Sächsischen Staatsbäder GmbH als Heilquelle betrieben und vermarktet. Ich war gespannt, ist doch die Wettinquelle nach Angaben der Betreiber die weltweit stärkste für Trinkkuren genutzte Radonquelle. In diesem Dokument wird die durchschnittliche Aktivität mit 26 kBq/l angegeben!

Punkt 12:05 Uhr kam ich am Quellenhaus an und stand prompt vor verschlossener Tür. Es gibt in der Tat Öffnungszeiten: 08:00 Uhr bis 12:00 Uhr und 13:30 Uhr bis 16:00 Uhr. Die 1.5 Stunden Wartezeit habe ich mir mit einer kleinen Wanderung vertrieben.

Pünktlich um 13:30 Uhr stand ich wieder vor der nun offenen Tür. Um Zugang zur Quelle zu bekommen kaufte ich eine Tageskarte für einen Preis von 1 €. Die nächste Überraschung erwartete mich in Form eines Abfüllverbotes, welches mit hygienischen Vorschriften begründet wurde. Komisch nur, dass man bei der benachbarten Eisenquelle (leider nur dienstags und freitags von 14:30 Uhr bis 17:30 Uhr geöffnet) problemlos Wasser in mitgebrachte Flaschen abfüllen darf. Ich kann mich daher des Eindrucks nicht erwehren, dass es hier eher um monetäre Gründe geht, ist doch die Wettinquelle das "Zugpferd" des Heilbades. Der Zugang zur Quelle wurde von der diensthabenden Angestellten mit militärischer Strenge überwacht, so dass eine Probenahme schwierig war. Vier Gläser Heilwasser später habe ich das Gebäude um 13:50 Uhr verlassen.

Das Gammaspektrometer lieferte die ersten Messwerte um 17:00 Uhr, als ca. 3 Stunden nach Probenahme. Die Aktivität der Zerfallsprodukte Blei-214 und Bismut-214 war zu diesem Zeitpunkt noch im Aufbau. Es dauerte bis 21:30 Uhr, bis sich ein Gleichgewicht eingestellt hatte und das Aktivitätsmaximum erreicht war. Im Zeitraum zwischen 17:00 Uhr und 21:30 Uhr hat sich die Aktivität in etwa verdoppelt.

Da die Messungen zur Zeit noch laufen kann ich nur einen ersten Eindruck wiedergeben: Die Wettinquelle ist deutlich aktiver als die Radonquellen in Bad Schlema. Die Aussage, dass es sich um die stärkste für Trinkkuren genutzte Radonquelle handelt, könnte zutreffen. Die angegebene Aktivität von 26 kBq/l hat das im Quellhaus an die Kurgäste abgegebene Heilwasser aber mit Sicherheit nicht. Dafür sind verschiedene Ursachen denkbar, so beispielsweise das Verschneiden des Wassers aus der Radonquelle mit Wasser aus radonärmeren Quellen oder die Zwischenspeicherung des Quellwassers. Unter dem Aspekt des Strahlenschutzes wäre das sogar zu begrüßen.

Interessant ist, dass die zuvor besuchte Thierbergquelle (angegebene Aktivität: 3000 Bq/l) deutlich aktiver als die Wettinquelle ist.

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Nach dem Abfüllen des Wassers einer Radonquelle ist in dem Wasser vor allem gelöstes Radon-222 enthalten. Der Anteil der Zerfallsprodukte wie Blei-214 (Pb-214) und Bismut-214 (Bi-214) ist anfangs gering, da sie nicht wasserlöslich sind. Ihr Anteil steigt im Laufe mehrerer Stunden solange kontinuierlich an, bis sich ein radioaktives Gleichgewicht eingestellt hat. Es werden dann genau so viele Tochternuklide gebildet, wie gleichzeitig zerfallen.

Das Video im Link zeigt einen Teil dieses Prozesses. Es beginnt mit der Aufzeichnung des ersten Gammaspektrums 4h 15' nach Abfüllen des Quellwassers in die Probeflasche. Die Gammaspektren wurden im Abstand von 15 Minuten aufgezeichnet. Das Aktivitätsmaximum wurde 7h 40' nach dem Abfüllen erreicht.

Wichtig ist die Aktivität von Blei-214 und Bismut-214. Der hohe Peak bei ca. 78 keV kommt von Röntgenfluoreszenzstrahlung des Bleis aus der Bleiabschirmung des Gammaspektrometers und nicht direkt aus der Probe. Die Intensität der Röntgenfluoreszenzstrahlung steigt allerdings linear mit der Gammaaktivität.

Video Wettingquelle - Aktivitätsaufbau

Anmerkung:
Rein rechnerisch hätte das Aktivitätsmaximum bereits nach ca. 4 Stunden erreicht sein müssen. Hier kommen sicherlich Effekte des Versuchsaufbaus zum Tragen. Das Radon ist anfangs gleichmäßig im Wasser verteilt. Die Gammastrahlung seiner Zerfallsprodukte wird daher bereits durch die Wassersäule teilweise absorbiert. Vermutlich gast das Radon im Laufe der Zeit aus und sammelt sich oben an der Probeflasche, wo sich auch der Detektor befindet. Die Absorption der Gammastrahlung im Wasser spielt dort keine Rolle mehr und die gemessene Intensität steigt.

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Auf dieser Internetseite: https://www.chemie-master.de/pse/pse.php?modul=Ra_geschichte
findet sich ein Prospekt aus den 30er Jahren aus Bad Brambach, in dem ein "Radiogramm" gezeigt wird - die Belichtung einer fotografischen Platte mittels Wasser aus der Wettinquelle.

Soll das wirklich möglich sein?

Ich habe noch nie eine Autoradiagraphie gemacht, aber ich gehe doch schon bei einem Pechblendebrocken von mindestens einem halben Tag Expositionszeit aus, oder? Bernd Laquai berichtet von mehreren Tagen bei Schwarzumdrucken und Glasuren.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DG0MG

Hier eine Schrift aus 1997, in der man sich festlesen kann:

Aurand, Karl; Rühle, Horst: "Radon und Trinkwasser"

Ganz besonders der erste Artikel "RADON IM WASSER — EIN HISTORISCHER RÜCKBLICK" zur Ursachenforschung der Schneeberger Krankheit, die Entdeckung der Emanation, der Radongehalt der Luft durch Elster/Geitel und die Entdeckung der Emantion in vielen Quellen des Erzgebirges und des Vogtlandes nach systematischer Suche.

Zur späteren Wettinquelle kann man lesen:

"Im vogtländischen Brambach war 1910 eine neue Quelle mit dem extrem hohen
Emanationsgehalt von 2200 Mache-Einheiten' (etwa 800 nCi/l = 29,6 kBq/1) gefunden
worden. Im Frühjahr 1911 stellte die Besitzerin der Quelle bei dem für das Bergregal
zuständige Königlich-Sächsische Ministerium der Finanzen den Antrag auf die
Konzession zur Errichtung eines Heilbades [20]. Die sächsischen Finanzbeamten
sahen sich mit diesem Antrag vor eine diffizile Aufgabe gestellt. Ihnen war nicht klar,
ob eine therapeutische Anwendung emanationshaltiger Wässer tatsächlich nützlich
oder vielleicht eher schädlich war angesichts der seit 1902 erkannten karzinogenen
Wirksamkeit der ionisierenden Strahlen.
"

Es gab auch damals schon vorsichtige Leute, die das mit "heilsam" oder "schädlich" nicht gleich entscheiden wollten.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!