DP-5V (ДП-5B)

Begonnen von SAL-87, 15. Februar 2020, 17:53

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SAL-87

Hier möchte ich das sowjetische Dosisleistungsmessgerät DP-5V vorstellen.

Bei dem DP-5V handelt es sich um ein überwiegend militärisch genutztes Gerät, welches in der ehemaligen Sowjetunion weit verbreitet war.
Die Bauweise kann man daher als typisch russisch rustikal und funktional bezeichnen.

Neben dem DP-5V, welches sich in einer Holzkiste befindet, gehören noch die Ohrhörer, ein ausziehbarer Sondenhalter, zwei Ersatzbirnen, Tüten für Proben, das Service Heft, die Bedienungsanleitung sowie ein Deckel für das Batteriefach zum Anschluss an eine 12/24 Volt Kfz Batterie dazu.
Auf dem ersten Foto ist die Anzeige für die Batteriespannung zu sehen. Diese sollte sich in dem schwarzen Bereich bewegen.












Betrieben wurde das Gerät ursprünglich mit drei 1,6-PMTs-Kh-1,5 Batterien.
Es können aber auch AA Batterien in einer Kunststoffhülse und mit kleinen Magneten auf den Polen verwendet werden.
Oder eben die einzelnen Zellen aus einer Varta 4,5 Volt Blockbatterie, welche auch ohne Modifikationen fast perfekt passen.
Zwei Batterien dienen in Reihe geschaltet zur Spannungsversorgung des Gerätes. Die dritte Batterie ist nur für die zuschaltbare Beleuchtung der Skala.






Nach einer Minute Aufwärmzeit zeigt es die Dosisleistung in einem Bereich von 0.05 mR/h bis 200 Röntgen/h an.
Dabei verfügt es über 6 Messbereiche, welche je nach Strahlungsintensität mit dem Drehschalter ausgewählt werden. Hierbei wird jedoch nicht die Skala umgeschaltet, sondern der Anzeigewert muss mit dem Faktor des ausgewählten Bereiches multipliziert werden.
Eine Ausnahme stellt hier der Messbereich von 0-200 Röntgen/Stunde dar. Dieser befindet sich als eigenständiger Bereich auf der Skala.

Position 1: 0-200 R/h
Position 2: Faktor x1000 500-5000 mR/h
Position 3: Faktor x100  50-500 mR/h
Position 4: Faktor x10   5-50 mR/h
Position 5: Faktor x1    0.5-5 mR/h
Position 6: Faktor x0.1  0.05-0.5 mR/h




Als sich die Geräte noch im "Dienst" befanden, wurden sie alle fünf Jahre überprüft und gegebenenfalls kalibriert.
Das wurde dann, zusätzlich zur Erstabnahme, in dem dazugehörigen Service Heft dokumentiert.




Eine Besonderheit dieses militärischen Dosisleistungsmessers ist es, dass auch schon die normale Hintergrundstrahlung registriert werden kann.
In Position 6 des Wahlschalters zeigt es in der Wohnung eine Umgebungsstrahlung von ca. 0.02 mR/h an. Dies entspricht 0,2 Mikrosievert/h. Das Automess 6150 zum Vergleich im Durchschnitt 0,13 Mikrosievert/h.


Als Funktionstest dient eine ( meines Wissens nach ) Strontium 90 Probe, welche in der Sonde integriert ist.
Durch Drehen der Hülse an der Sonde lässt sich zwischen Gamma, Gamma + Beta oder dem Prüfstrahler umschalten.








Der integrierte Prüfstrahler wird mit einer Dosisleistung von 12,5 mR/h gemessen. Da mein DP-5V aus dem Jahre 1986 stammt, kann man sagen, dass die ursprüngliche Dosisleistung etwas mehr als das Doppelte betragen haben dürfte.




Bei der Messung eines kleinen Stückes Metaautunit ging der Messwert hoch auf 0,4 bis 0,5 mR/h. Dies entspricht 4 bis 5 Mikrosievert/h.
Das Automess 6150 zeigt als Durchschnittswert ca. 6,8 Mikrosievert/h an.






Das DP-5V zählt für mich zweifellos zu den Klassikern unter den Strahlenmessgeräte aus jener Zeit.
Die Verarbeitung kann verglichen mit einem SV500 zwar nicht mithalten, dennoch ist es sehr robust und macht einen wirklich guten Eindruck.

Falls jemand an einem ins Englische übersetzte Handbuch interessiert ist, kann ich dieses gerne per Mail zusenden.


NoLi

Ein offensichtlich sehr gut erhaltenes Gerät, wenn man es mit vielen bebilderten Geräten aus Internet-Auktionsangeboten vergleicht (hier sind meistens die Metallteile von Sonde und Kabelführung zum Teil heftig korrodiert).

Der Prüfstrahler in der Sonde ist Sr-90 mit einer Anfangsaktivität von ca. 600 kBq; heutige halbwertszeitkorrigierte Aktivität ca. 262 kBq.

Gruß
Norbert

SAL-87

Da hatte ich wirklich ein bisschen Glück, dass es von Korrosion nur minimal betroffen ist.
Zwar wusste ich, dass das Gerät sein ganzes Dasein im Depot verbracht hat und keinen regulären Dienst verrichten musste.
Jedoch sind selbst einige solcher Geräte teilweise recht stark korrodiert. Vermutlich auch durch die oftmals nicht ideale Lagerung in den Regalen und Lagern der Verkäufer nach der Ausmusterung durch das Militär.

Das ist interessant zu wissen. Vor allem die Angabe der ursprünglichen und aktuellen Aktivität. Danke für die Info.




Einen wichtigen Punkt habe ich bei der Vorstellung des DP-5V leider vergessen zu erwähnen.
Die Sonde ist mit zwei verschiedenen GM Röhren bestückt.
Zum einen die weit verbreitete und bekannte SBM-20, welche für die niedrigen Dosisleistungswerte zuständig ist.
Laut Datenblatt arbeitet sie in einem Bereich von 0,014 bis 144 mR/h. Auf das DP-5V bezogen lässt sich somit annehmen, dass sie für die Positionen 4, 5 und 6 des Wahlschalters Verwendung findet ( 0,05 mR/h - 50 mR/h ).

Für die höheren Dosisleistungen ist die CI-3BG zuständig. Ein ebenfalls Gamma und Beta sensibles Zählrohr mit einer gläsernen Zählrohrwand. Diese kann für Dosisleistungen bis zu 300 R/h eingesetzt werden. Im DP-5V dürfte sie also für die Bereiche 1, 2 und 3 zuständig sein ( 50 mR/h - 200 R/h ).



Grüße
Marcel

DG0MG

#3
Ich hab im Titel mal die kyrillische Bezeichnung ergänzt.
K.A., warum das '5B' zu '5V' übersetzt wird, diese Bezeichnung ist aber in der breiten lateinischen Masse gängig. Ich hätte es eher zu '5W' übersetzt, denn man sagt ja für 'Волга' auch nicht 'Volga' sondern eben 'Wolga'.

Zitat von: SAL-87 am 15. Februar 2020, 17:53
Bei dem DP-5V handelt es sich um ein überwiegend militärisch genutztes Gerät, welches in der ehemaligen Sowjetunion weit verbreitet war.

In nachfolgendem Video zwängen sich einige junge Leute irgendwo in einer 'sowjetischen' Großstadt durch ein Zuluftrohr in einen Luftschutzkeller, der für 10.000 Personen vorgesehen war. Er wurde offenbar als Zivilschutzlager benutzt, weshalb Unmengen Gasmasken, Gerätschaften und u.a. auch jede Menge originalverpackte ДП-5B sauber in Kisten aufgestapelt herumliegen (4:12 min).

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Katastrophenschutz

Hallo DG0MG,

Danke für das posten des Videos. Da geht einem Lostplacer und Katastrophenschützer doch das Herz auf.

Gruß Christian - DL7BCU- Zitat aus der KatS-DV:"Der Helfer legt seine ABC-Schutzkleidung an und setzt den Einsatz fort."

DG0MG

Hab heute mal meinen ДП-5B näher angeschaut.
Aus irgendwelchen Gründen, die ich nicht nachvollziehen kann, ist in der Innenseite des Deckels die ursrünglich russische Einräumanleitung auch nochmal in französischer Übersetzung vorhanden und im Batteriefach befinden sich belgische AA-Batterien. Leider fehlen die Unterlagen. Der Prüfstrahler in der Sonde wird mit 10 mR/h gemessen.
Der Adapter für den Kfz-Betrieb scheint nur ein paar dicke Vorwiderstände zu enthalten, keine Halbleiter.

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

SAL-87

Das ist wirklich ein bisschen seltsam.
Ich könnte mir vorstellen, dass die Geräte nach der Ausmusterung in der UdSSR von einem belgischen oder französischen Händler importiert wurden und vor dem Weiterverkauf an privat der übersetzte Bestückungsplan eingeklebt wurde.

Die Batterien jedenfalls sind militärischen Ursprungs und waren für die Bundeswehr bestimmt. Das lässt sich zweifelsfrei an der Versorgungsnummer erkennen.
Die Ziffern 5 und 6 geben die Länderkennung an. 12 steht für Deutschland.


NoLi

Mal ne Frage an Euch:
Auf der Beschriftungsplatte im Deckel sind Angaben über Kontaminationsgrenzwerte in der Dosisleistungseinheit mR/h gegeben. Gelten diese für die Sonden-Blendestellung "Gamma" oder "Beta-Gamma"?

Gruß
Norbert

DG0MG

Zitat von: NoLi am 24. November 2020, 12:33
Auf der Beschriftungsplatte im Deckel sind Angaben über Kontaminationsgrenzwerte in der Dosisleistungseinheit mR/h gegeben. Gelten diese für die Sonden-Blendestellung "Gamma" oder "Beta-Gamma"?

Wo siehstn Du das? Auf SAL-87's oder meinen Bildern?
Ich kann das erstmal nicht beantworten, aber hier ist die Bedienungsanleitung in kyrillisch:


(PDF-File anklicken und dann ganz oben "Download")

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Ich habe das Gerät.
Eine Kollegin ist geborene Russin und hat mir die Inschrift der Beschriftungsplatte der Ledertaschen-Deckelinnenseite übersetzt. In dem im Koffer beigefügten Anleitungs-/Prüfungsheftchen fand sie auch keinen entsprechenden Hinweis zur Sondenhandhabung.
Es ist aber ein anderes Heftchen als von Dir aufgeführt. Ich werde ihr dieses mal zur Durchsicht senden.

Gruß
Norbert

NoLi

Dank des Links zum Handbuch hat sich die Frage geklärt. :yahoo:

Für die im Ledertaschendeckel benannten Kontaminationsgrenzwerte gelten nur die reinen Gamma-Messwerte mit Sondenblendenstellung "Gamma", die Sondenblendenstellung "Beta + Gamma" dient ausschliesslich eines qualitativen Beta-Nachweises.
Abstand Sonde zum Messobjekt: 1 cm bis 1,5 cm.
Flüssigkeiten und Schüttgut: Sonde mit Überzieher eintauchen.

Hier in der Übersetzung die auf der Platte gravierten Grenzwerte:

- gepanzerte Objekte/Fahrzeuge       :  400 mR/h  (  4 mSv/h)
- normale Fahrzeuge                         :  200 mR/h  (  2 mSv/h)
- leichte Waffen + Teile                     :  50 mR/h   (500 µSv/h)
- Tragekörbe für und Küchenmaterial  :  50 mR/h  (500 µSv/h)
- rohes Fleisch, Stück oder Halbstück  :  20 mR/h  (200 µSv/h)
- Wasser im Eimer                              :   4 mR/h  ( 40 µSv/h)
- Laib Brot                                         : 1,5 mR/h  ( 15 µSv/h)
- roher Fisch, 1 kg, 25cm x 25 cm       : 1,5 mR/h  ( 15 µSv/h)
- Lebensmittel (Schüttgut), gekochte
  Lebensmittel, Wasser im Kochtopf    : 1,5 mR/h  ( 15 µSv/h)

:o    Hallelujah!!
Halt was für Männer wie ein russischer Bär.

Die in Klammer angegebenen Einheiten stehen nicht auf der Platte, sondern wurden von mir in diese Aufstellung hier dazugefügt.

Gruß
Norbert

Henri

Zitat von: NoLi am 25. November 2020, 17:48

:o    Hallelujah!!
Halt was für Männer wie ein russischer Bär.



Ach was! Einfach ein paar Vodka trinken, das neutralisiert die Strahlung!    ;D

NoLi

Zitat von: Henri am 26. November 2020, 18:52
Ach was! Einfach ein paar Vodka trinken, das neutralisiert die Strahlung!    ;D

Aber erst ab einem 200 ml-Trinkglas morgens und abends (hab ich mal in einer Tschernobyl-Doku so gehört)  :sarcastic_blum: :heat:        :tease: :good:  :wacko2:

Gruß
Norbert

Henri

Zitat von: NoLi am 26. November 2020, 21:38
Zitat von: Henri am 26. November 2020, 18:52
Ach was! Einfach ein paar Vodka trinken, das neutralisiert die Strahlung!    ;D

Aber erst ab einem 200 ml-Trinkglas morgens und abends (hab ich mal in einer Tschernobyl-Doku so gehört)  :sarcastic_blum: :heat:        :tease: :good:  :wacko2:


Und natürlich täglich, solange bis 10 Halbwertszeiten um sind  :beach:

Georg7

Ich befürchte ich hab´s kaputt gemacht ;-)

aber vorab erstmal: Lese schon einige Wochen mit, zum Thema kam ich durch Diskussionen im Kollegenkreis (chemische Analytik, Verfahrenstechnik, u.a. für toxische Altlasten) mit der Erkenntnis daß wir zwar sehr viel messen und tun können, aber "Radioaktivität" bisher  ausgeblendet wurde. -Und in erschreckender Weise auch trotz naturwissenschaftlicher Ausbildungen keine wirklich fundierten Kenntnisse vorliegen.
Also begann ich mich einzulesen und möchte vorab den hier aktiven Teilnehmern großen Dank und Anerkennung aussprechen. Ein öffentliches Forum mit so fundierten und sachbezogenen Beiträgen ohne überbordende Polemik ist leider schon sehr/zu selten zu finden.
Nun zum eigentlichen Anliegen, da ich eher zu pragmatischen und empirischen Kenntnisgewinn neige habe ich mir privat das DP-5V beschafft (wg. finanziell relativ günstiger Gelegenheit, Beurteilung hier im Forum) um schon mal was in der Hand zu haben.
(Beim Hersteller des Radiacode 101 stehe ich auf der Warteliste)
Das DP-5 stammt wohl aus unbenutzten Arsenalbeständen mit altersentsprechender Patina, ließ sich aber nach optischer Nachpflege problemlos in Betrieb nehmen und reagierte auf den eingebauten Teststrahler. Die Erstinbetriebnahme erfolgte mangels Alternativen mit adaptierten NiMH AA Zellen mit 1,35 V/Zelle.
Die nächste Inbetriebnahme hatte leider negative Auswirkung:
Ich habe Manganzellen aus einem 4,5 V Block separiert und völlig gedankenlos und vermutlich verpolt eingesetzt.
Resultat: Nach ca 10s Aufwärmzeit Vollausschlag der Anzeige bei allen
Verstärkungsstufen.
Eine sofortige Entfernung der Zellen (leider dann erst mit Leerlaufspannung jeweils 1,68 V gemessen) und Wiedereinsetzen der  vorher verwendeten NiMH Zellen zeigt das selbe Ergebniss mit Vollausschlag außer in Einstellung x10, dort pendelt sich die Anzeige bei Skalenwert 3,7 ein.
Bevor ich das Gerät nun öffne und eventuell noch größeren Schaden durch eher unkundiges messen verursache wollte ich hier nun um Rat fragen und schon mal Danke sagen.
Aber wie dem auch sei, zur Aneignung weiterer Basiskenntnisse werde das Forum wohl noch geraume Zeit verfolgen.

Georg

PS: Mit etwas Bestürzung ist mir erstmals bewusst geworden wie sehr man, zumindest als professionell nicht involvierte Privatperson sich auf nicht nachprüfbare Information verlassen muß.
(Ein ehemaliger Kollege war 1986 bayernweit mit Messfahrzeug im Auftrag der GSF  im Einsatz und hat infolge gravierender Diskrepanzen zwischen seinen weitergebenen  und den offiziell veröffentlichten Messwerten in anerkennungswerter Konsequenz die Stelle verlassen)