Verstrahlt?

Begonnen von NoLi, 14. Mai 2020, 12:10

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NoLi

"Verstrahlt? Gibt es in Deutschland radioaktiv verstrahlte Orte? Wie beeinflusst Strahlung uns und unsere Umwelt? Und wie steht es eigentlich mit Energie aus Kernspaltung in Deutschland? Fabian bewegt sich in dieser Folge auf den Spuren radioaktiver Strahlung und findet Antworten rund um das Thema Radioaktivität in Deutschland."

https://www.funk.net/channel/ozon-12014/verstrahlt-1641444

Manche Äußerung des "Experten für Radioaktivität..." (04:44 min) lässt doch leichte Zweifel an der Fachkompetenz aufkommen :o

Gruß
Norbert

DG0MG

Zitat von: NoLi am 14. Mai 2020, 12:10
Manche Äußerung des "Experten für Radioaktivität..." (04:44 min) lässt doch leichte Zweifel an der Fachkompetenz aufkommen :o

"1,4 Mikrosievert pro Stunde ist in Deutschland ein normaler Wert."
"In München liegt die Radioaktivität der Luft um 1 Mikrosievert pro Stunde."

Jetzt weiß ich auch, warum ich nahe den "immernoch saniert werdenden"  WISMUT-Abbaugebieten wohne, da isses nämlich weniger.

OMFG!  :mda:

Das "Umweltinstitut e.V." scheint eher ein Anti-Atomkraftverein zu sein?

"Tichys Einblick" schreibt: "Es ist kein wissenschaftliches Institut, sondern ein Aktivistentrupp, der auch schon mal Aufsehen mit »Glyphosat im Bier«-Alarm erregen will. Die Aktivisten täuschten, wie dies Prof. Hans-Jörg Jacobsen zeigte, allerdings die Öffentlichkeit, als sie um den Faktor 1.000 falsche Messwerte vorlegten."

Gut, hier isses nur Faktor 10 falsch.
Und 'funk' schreibt auch noch in die Bauchbinde "Experte für Radioaktivität am Umweltinstitut"  ;D

Man kann den Dr. rer. nat Hauke Doerk übrigens anschreiben: Team, vielleicht mag er es hier korrigieren, denn diesen 'hochformatigen' funk-Blödsinn kann man ja leider nicht kommentieren.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DG0JN

Kann es sein, daß der Herr Dr. ja schon zu viel Strahlung abbekommen hat, wenn er so etwas von sich gibt  :D ?

NoLi

#3
Nö, sonst wäre er ja ne "Leuchte"... :whistle3:

Gruß
Norbert

NoLi

So wird die Münchener Außenluftradioaktivität durch "Experten" dieses Instituts gemessen:
http://www.umweltinstitut.org/themen/radioaktivitaet/messungen/aussenluft-muenchen.html
:wacko2:

Hier eine Betrachtung der "Tschernobyl-Waldbrände" in den letzten Wochen:
http://www.umweltinstitut.org/aktuelle-meldungen/meldungen/2020/atom/waldbrand-in-tschernobyl-sperrzone.html

Gruß
Norbert

DG0MG

Zitat von: NoLi am 15. Mai 2020, 12:31
So wird die Münchener Außenluftradioaktivität durch "Experten" dieses Instituts gemessen:
http://www.umweltinstitut.org/themen/radioaktivitaet/messungen/aussenluft-muenchen.html

Ah, man hält einfach kurz ein Zählrohr vom Balkon der dritten Etage in die LUFT. Schon kann man die Luft messen. Luftansaugung durch Filter und/oder Messung über dem Erdboden wird komplett überbewertet.

Im Archiv gibts wenigstens eine ordentliche Angabe der Messeinrichtung:
"Ab Februar 2020 wurde die Sonde LB1236 Hx, durch das Nachfolgemodell LB1236D mit aktuellem Messtandard H*(10) ersetzt."

In den dort verfügbaren Diagrammen ist auch der Niederschlag angegeben. Eine richtige Abhängigkeit der ODL-Messwerte vom Niederschlag kann ich nicht erkennen. Schon das müsste doch Anlass sein, die Messmethode zu überdenken.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT

ZitatMan kann den Dr. rer. nat Hauke Doerk übrigens anschreiben: Team, vielleicht mag er es hier korrigieren, denn diesen 'hochformatigen' funk-Blödsinn kann man ja leider nicht kommentieren.
Was ich besonders schade finde: Der Mann ist vom Fach. Er hat sich mit Magnetfeldern, Plasma und Kernfusion beschäftigt. Da setze ich grundsätzliches Wissen voraus und die Aussage "1 µSv/h in München" darf in dieser verallgemeinerten Form nicht kommen.

Seine Dissertationsschrift kann man hier herunterladen.

NoLi

Welchen Wert in Bq/m³ hat die Luftmasse, wenn ich im dritten Stock eine Sonde aus dem Fenster halte und die Dosisleistung in µSv/h messe :unknw:?

Dazu habe ich Berichte mit Radioaktivitätsmessdaten aus dem Tschernobyl-Unfall durchgestöbert, weil direkte Beziehungsangaben von µSv/h = Bq/m³ nirgends aufzutreiben waren.

1. Bericht: Landesanstalt für Umweltschutz, Bayern "Bericht über die Veränderungen der Radioaktivität  in Böden seit dem  Reaktorunfall von Tschernobyl vor 20 Jahren Eine Bestandsaufnahme der seitdem in Bayern durchgeführten Untersuchungen"
https://www.lfu.bayern.de/strahlung/tschernobyl_und_mehr/tschernobyl_bayern/doc/bodenschutzbericht_2006.pdf
Auf der Seite 12 findet man in Abb. 5 die Aerosol-Aktivität der bodennahen Luft während des Durchzuges der radioaktiven Wolke, aufgeschlüsselt nach den Hauptnukliden, den Beta-/Gammastrahlern Cs-137, Cs-134, Te-132/J-132, J-131 und Ru-103 mit den jeweiligen Aktivitätskonzentrationen in Bq/m³. Hieraus erkennt man, dass der Cs-137-Anteil des Gesamtgemisches bei ca. 20% lag.
In der darauffolgenden Abb. 6 ist zeitlich der Wolkendurchzug mit der Gesamtkonzentration Bq/m³ der betastrahlenden Nuklide aufgeführt. Sie lag im Maximum bei etwa 100 Bq/m³.

2. Bericht: ENSI (Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat), Schrift zu "20 Jahre Tschernobyl und Auswirkungen auf die Schweiz"
https://www.ensi.ch/de/wp-content/uploads/sites/2/2016/03/20Jahre_Tschernobyl.pdf
berichtet von einer Maximalkonzentration von Cs-137 von 12 Bq/m³. Da Cs-137 gemäß Bericht 1 ca. 20% der Gesamtaktivität ausmachte, kann man von einer Luft-Aktivitätskonzentration aller relevanten Nuklide in der Schweiz von etwa 60 Bq/m³ beim Durchzug der Wolke ausgehen.

3. Bericht: Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg, Pressemeldung "30 Jahre Tschernobyl, Auswirkungen und Folgen in Baden-Württemberg"
https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/-/30-jahre-tschernobyl-
berichtet beim Durchzug der radioaktiven Wolke über einen Anstieg der Dosisleistung um 0,1 µSv/h an einer Kernreaktorfernüberwachungsmessstelle in Waldshut, gelegen direkt an der Schweizer Grenze.
Somit kann man die Schweizer Luft-Aktivitätskonzentration von ca. 60 Bq/m³ mit dem Dosisleistungsanstieg um 0,1 µSv/h korrelieren und erhält einen Näherungswert  60 Bq/m³ = 0,1 µSv/h

Gruß
Norbert

DG0MG

In der dritten Variante könnte man aber doch davon ausgehen, dass diese Messtelle in 1 m über dem Boden misst?

Damit dürfte sie das, was durch Regen auf die Erdbodenoberfläche gefallen ist (wie beim Tierfutter, Salat usw.), zu einem Teil mitmessen?

Wodurch ich vermuten würde, dass die Erhöhung der DL am Boden höher ausfällt, als im dritten Stock?

Im Übrigen: Wenn ich die 60 Bq komplett als Cs-137 (ohne ander Nuklide) annehme und in eine Punktquelle packe, dann habe ich in 10mm Abstand 0,05 µSv/h. Wenn ich sie in einem Kubikmeter verteile, dürfte das doch erheblich weniger sein?
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NoLi

Ups, da habe ich was übersehen: im Bericht 3 den Satz "Danach sanken die Werte langsam wieder." >:(
Genau dies weist darauf hin, dass die festgestellte Dosisleistungserhöhung um 0,1 µSv/h durch Bodenkontamination wegen Staubablagerungen verursacht worden war. Wenn sie nur durch ne durchziehende Wolke angestiegen wäre, hätte der Meßwert nach Abzug schnell wieder auf den ursprünglichen Wert sinken müssen.

Man sollte sich bei der vielen Leserei doch ab und zu mal eine Pause gönnen...

Übrigens: die Sonden der Kernreaktorfernüberwachung stehen auf auf dem Flachdach von Fertiggaragen in 1m Höhe (drinnen sind noch Jod- und Aerosolsammler und Gammaspektrometer), die Sonden des BfS auf dem Schauinsland auf einer Wiese in 1m Höhe.

Gruß
Norbert

Hab noch was gefunden:  https://books.google.de/books?id=qmWXBwAAQBAJ&pg=PA656&lpg=PA656&dq=dosisleistung+in+einer+wolke&source=bl&ots=dBUL1SB7l3&sig=ACfU3U0tXxix02rtmmZIFsWeaiGhZELZ0w&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiQvcHjq7npAhUxzqYKHfFZBDE4ChDoATAFegQIDBAB#v=onepage&q=dosisleistung%20in%20einer%20wolke&f=false

Wenn ich hier die Dosisleistungswerte der Submersion vom Halbraum nehme und die Dosisfaktoren von Cs-134, Cs-137 und J-131 addiere, so komme ich bei 60 Bq/m³ auf einen Dosisleistungswert von rund 26 nSv/h oder 0,026 µSv/h.

DG0MG

Zitat von: NoLi am 15. Mai 2020, 12:31
http://www.umweltinstitut.org/themen/radioaktivitaet/messungen/aussenluft-muenchen.html

"Unmittelbar nach der Katastrophe in Fukushima aktualisierten wir die Messwertkurve bis zu dreimal täglich. Inzwischen stellen wir die Außenluftwerte wieder einmal pro Werktag ins Netz."

Das lese ich so, dass EINMAL am Tag jemand auf den Balkon geht, die Sonde in die Luft hält und den abgelesenen Wert irgendwo eingibt. Mit dieser Messmethode (Messabstand 24h, Messhöhe >10m ) hätte man u.U. sogar die erste Tschernobyl-Wolke komplett verpasst, da sich eben nach deren Durchzug die Werte schnell wieder normalisieren. Ich glaube, das gibt eine schöne Vorstellung darüber, warum das BfS in definierter Höhe über einer ebenen Fläche misst.

Letztendlich (um mal wieder zum Hr. Dr. zu kommen) halte ich trotz des vorhandenen sicher nicht ganz billigen Messgerätes, den Ansatz der Dauermessung für sinnvoller. Selbst bastelmäßig und unkalibriert, kann man bei einem Alarm zur Kontrolle immer noch "ordentlich" messen. Ein Beispiel dafür ist ja das "Multigeiger"-Messnetz.

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DG0MG

Zitat von: DG0MG am 17. Mai 2020, 08:35
dass EINMAL am Tag jemand auf den Balkon geht, die Sonde in die Luft hält und den abgelesenen Wert irgendwo eingibt.

Nein, das kann nicht so sein.
Im Diagramm sind zwischen zwei Tagesgrenzen soviele Ecken an dem Graphen, dass es mindestens stündliche Werte sein müssen.
Das spricht natürlich schon für eine automatische Messung. Vielleicht war der Gang auf den Balkon nur fürs Foto.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Das abgebildete Meßgeräteensamble ist das LB-134 mit der Proportional-Dosisleistungssonde der Fa. Berthold. Preis zusammen zwischen 4.000 und 5.000 Euro.
Das LB-134 ist ein eigenständiges Dosisleistungsmeßgerät mit eingebauten Zählrohr, kann aber mit diversen Sonden und Menu-Möglichkeiten erheblich kampfwertgesteigert werden.

https://www.berthold.com/fileadmin/Downloads/brochures/Flyer_LB_134_62688PR1_Rev00_de_2017-08-31.pdf

https://www.berthold.com/de/strahlenschutz/produkte/dosis-und-dosisleistung/universal-monitor-fuer-den-strahlenschutz-lb-134/

Gruß
Norbert

DG0MG

#13
Zitat von: NoLi am 16. Mai 2020, 21:22
Welchen Wert in Bq/m³ hat die Luftmasse, wenn ich im dritten Stock eine Sonde aus dem Fenster halte und die Dosisleistung in µSv/h messe?

Passend dazu habe ich in [1] folgendes Zitat gefunden:

"Die schlechte Nachricht zuerst: wie es leider nicht geht

Daß in den Tagen und Wochen nach Tschernobyl  unzählige Messungen mit tragbaren Kontaminantions-Monitoren gemacht worden sind, davon sprachen wir schon in einem früheren Kapitel. Und auch davon, was mit Kontaminations-Monitoren tatsächlich gemessen werden kann, schauen Sie mal in der Tafel (58) auf Seite 200 nach. Die Luftaktivität, jedenfalls, gehört nicht dazu.
Ich erinnere mich mit mildem Entsetzen an ein Pressefoto aus jener Zeit. Es zeigte einen Menschen, der einen Kontaminations-Monitor am ausgestreckten Arm vor sich hin hielt und stirnrunzelnd auf die Anzeige blickte. Unterschrift: Herr W. aus S. beim Messen der Luftradioaktivität. Ich weiß, und Sie wissen, daß es so nicht geht.
Und warum gehts nicht?
... und das ist der Beweis!
Zwei Gründe dafür. Der erste: der Monitor ist nicht empfindlich genug, um Luft-Aktivitätskonzentration in Nach-Tschernobyl-Höhe überhaupt anzeigen zu können. Der zweite: Wenn der Monitor in einigem Abstand von der Bodenoberfläche im Freien mehr anzeigt, als im Haus, dann kommt diese Anzeige durchweg von der abgelagerten Aktivität. Das ist seinerzeit - und wohl auch von Herrn W. - häufig mit der Erfassung der Luft-Radioaktivität verwechselt worden.

Ein Zahlenbeispiel. DIe Gesamt-Aerosolaktivität in der Luft lag im Bayerischen am 30. April 1986 kurzzeitig zwischen 100 und 200 Bq/m3. Für den Kontaminationsmonitor würde das eine zusätzliche Impulsrate von weniger als 0,1 ips bedeuten. Die sind im Vergleich zur Nulleffekts-Rate nicht zu erkennen. Dagegen stieg durch die Boden-Ablagerung die Dosisleistung im Freien auf den zehnfachen Normalwert. Das würde, ganz grob, auch eine Verzehnfachung des Monitor-Nulleffekts mit sich bringen.
No chance also, die Luftaktivität mit dem Monitor zu messen. Halt: - direkt zu messen! Denn auf einem Umweg geht's doch: mit dem Filter-Trick!
"

Es folgen dann Beschreibungen der behelfsmäßigen (mit Staubsauger und Beutel) und professionellen Luftmessung (mit Sammler und Filtervlies).


[1] Rupprecht Maushart: "Man nehme einen Geigerzähler, Bd.3, Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt", Git Verlag 1989, ISBN 3921956838, S. 281
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!