Suche Erfahrung mit dem Füllen und Verschliessen von Zählrohren

Begonnen von Zugpferd, 24. Juli 2020, 09:28

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Zugpferd

Wer kennt es nicht, da guckt ne Spitze Ecke doch mal zu weit heraus und Peng zerreißt das Glimmfenster...

Wer kann mir Erfahrungen auf den Weg geben wie man Zählrohre wieder fitt macht?

Am Beispiel BZ100XEP habe ich mir passende Folie besorgt die nach Entfernen der alten Folie aufgebracht werden muss allerdings auch verklebt werden muss, was nimmt man da?

Danach muss der Füllstutzen geöffnet werden, ein Vakuum gezogen werden (wie hoch) und eine passende Gas Mischung (Argon, Xenon ... ) wieder eingeströmt werden...

Das zur Theorie.
Hat jemand damit praktische Erfahrung?

Danke Keule

Zugpferd

Ich gehe von folgendem aus,
Da viele Geiger Müller Zählrohre Farbverfärbungen haben (sogenannte Anlauffarben) und meist Abkneifstuzen denke ich wird zuerst das ganze ordentlich auf Temperatur gebracht um die Ionisationskammer von möglichst viel Schmutz zu befreien. Evtl. Wird dann nur Xenon an den Stuzen angeschlossen der beim Abkühlen der Kammer hinein strömt. Das Ganze muss nun noch an ein Manometer gekoppelt sein um bei Erreichen von 20°C annähernd 0,2bar zu haben, dann wird abgekniffen.
Wie und in welchem Verhältnis wird aber zu Löschung benötigtes Gas hinzugefügt?

Diese Methode würde zumindest keine Vakuumpumpe benötigen.

Hat einer von Euch Erfahrung wie das geht oder welches Löschgas Verwendung findet und wie man das Verhältnis berechnet?

Danke Keule



DL8BCN

Hallo, bei einem runden Zählrohr mit Metallmantel könnte es etwas einfacher sein.
Ich wollte das immer schon mal probieren, ob man ein ZR komplett selber bauen kann.
Am einfachsten sollte das mit einem Glaszählrohr möglich sein.
Da kann man schön die Elektroden einschmelzen und einen zusätzlichen seitlichen Pumpstutzen anbringen, den man später zuschmelzen kann.
Irgendwann versuche ich das mal.


DG0MG

Na, ob das Ersetzen von Xenon durch Argon/Butan so ganz ohne Auswirkungen bleibt? Die Xenon-gefüllten sind doch die Beta/Gamma-Rohre? Erstaunlich immerhin, dass das beschriebene Gerät überhaupt wieder geht.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Henri

Hallo,

bei Vacutec gibt es eine tolle Präsentation zum Download über den Herstellungsprozess von Glaszählrohren. Da sind einige Schritte dabei, die man nicht ohne weiteres selber machen kann.

https://www.vacutec-gmbh.de/fileadmin/VacuTec-Files/produkte/umwelt/Zaehlrohre__GM-__P-__N-_/Geiger-Mueller_Zaehlrohre/Produktionsablaeufe_bei_der_Herstellung_von_Strahlungsdetektoren_Gerolf_Fiegler_10.05.19.pdf


Das heißt nicht, dass man Zählrohre nicht selber bauen kann - schau mal auf

https://www.rapp-instruments.de/index5.htm

Aber Du kannst nicht davon ausgehen, dass das Zählrohr danach irgendwas mit dem zu tun hat, was es mal war. Du wirst eine andere Betriebsspannung haben, ein sehr kurzes Plateau, eine andere Ansprechwahrscheinlichkeit, brauchst womöglich noch eine Löschschaltung.

Glimmer-Zählrohre mit Folie reparieren wird nicht funktionieren, da die Folie nicht dauerhaft gasdicht ist. Selbst Haushalts-Aluminiumfolie hat viele kleine Poren. Und einen diffusionsdichten Kleber zu finden, der zudem nicht ausgast dürfte auch nicht einfach sein. Es gibt vakuumtaugliche Kleber, die sind aber nicht billig. Soweit ich weiß, wird das Glimmer normalerweise mit Glas mit der Zählrohrwand verschmolzen.
Wo hast Du denn die Ersatzfolie für Dein Großflächen-Zählrohr her? Die Frage nach der Verklebung kann Dir dann ja der Lieferant beantworten. Ich vermute, die Folie wird elektrisch verschweißt, nicht verklebt, da die Verbindungsfläche ja sehr groß ist - das dürfte sonst schwierig dauerhaft abzudichten sein.

Xenon gibt es in "Minicans" - schau Dir mal die Preise an, und überlege Dir, ob die Reparatur dann noch wirtschaftlich ist. Du musst ja auch eine ganze Zeit lang durchspülen, um Restgase zu entfernen. Ein nennenswertes Vaḱuum zum vorherigen Evakuieren kannst Du wegen des dünnen Fensters nicht anlegen, das würde gleich implodieren.


Als "Proof of concept" und für den Bastelspaß ist eine Reparatur immer einen Versuch wert. Aber ansonsten würde ich sagen: kaputt ist kaputt. Vor allem wenn das Zählrohr aus einem Gerät stammt, in das es nach der "Reparatur" wieder eingebaut werden soll, wirst Du hier leider stranden.

Viele Grüße!

Henri


Zugpferd

Zitat von: DL8BCN am 21. Dezember 2022, 09:08Hallo, bei einem runden Zählrohr mit Metallmantel könnte es etwas einfacher sein.
Ich wollte das immer schon mal probieren, ob man ein ZR komplett selber bauen kann.
Am einfachsten sollte das mit einem Glaszählrohr möglich sein.
Da kann man schön die Elektroden einschmelzen und einen zusätzlichen seitlichen Pumpstutzen anbringen, den man später zuschmelzen kann.
Irgendwann versuche ich das mal.


Ob Metall oder Glas, ich gleub beides kann man zu Hause schon vernünftig genug bearbeiten um da nicht zu sehr rumzufuschen... An den Metall ZR´s sind ja Kupfer Röhren anlötbar die abgekniffen werden können usw.

Gruß Keule

Zugpferd

Zitat von: DG0MG am 21. Dezember 2022, 09:09Na, ob das Ersetzen von Xenon durch Argon/Butan so ganz ohne Auswirkungen bleibt? Die Xenon-gefüllten sind doch die Beta/Gamma-Rohre? Erstaunlich immerhin, dass das beschriebene Gerät überhaupt wieder geht.
Jep, genau wie Henri auch schreibt, ist das Zählrohr mit anderem Gas dann irgendwie mit dem Original vergleichbar, selbst wenn man durch Wissen oder Zufall die Löschung hinbekommt. Einzig weiter daran denken tue ich weil ich einige defekte 100XEP und auch funktionierende habe...
Ich muss mir sicherlich Sorgen machen um andere HV, anderes Plateau, also wird es nicht nur ein reiner mechanischer Workshop ggf. muss das LB1210 angepasst werden - ok, auch hier hätte ich Ersatzgeräte...

Zugpferd

Zitat von: Henri am 21. Dezember 2022, 14:38bei Vacutec gibt es eine tolle Präsentation...über den Herstellungsprozess
sehr schöner Fund, vielen Dank. Nicht verwunderlich das der Prozess bei Röntgenröhren wie wir sie herstellen zumindest zu 90% genauso abläuft.
Trotzdem sind hier erstaunliche Details zu lesen. Neon und Brom werden genutzt, hm.

Zitat von: Henri am 21. Dezember 2022, 14:38https://www.rapp-instruments.de/index5.htm
ja diesen Link wollte ich Euch nach Recherche auch zukommen lassen, auch sehr interessant zu lesen, evtl. ist es für reine Gamma Zählrohre ein deutlich einfacheres Handwerk.

Zitat von: Henri am 21. Dezember 2022, 14:38Aber Du kannst nicht davon ausgehen, dass das Zählrohr danach irgendwas mit dem zu tun hat, was es mal war. Du wirst eine andere Betriebsspannung haben, ein sehr kurzes Plateau, eine andere Ansprechwahrscheinlichkeit, brauchst womöglich noch eine Löschschaltung.

Glimmer-Zählrohre mit Folie reparieren wird nicht funktionieren, da die Folie nicht dauerhaft gasdicht ist. Selbst Haushalts-Aluminiumfolie hat viele kleine Poren. Und einen diffusionsdichten Kleber zu finden, der zudem nicht ausgast dürfte auch nicht einfach sein. Es gibt vakuumtaugliche Kleber, die sind aber nicht billig. Soweit ich weiß, wird das Glimmer normalerweise mit Glas mit der Zählrohrwand verschmolzen.

Zitat von: Henri am 21. Dezember 2022, 14:38Wo hast Du denn die Ersatzfolie für Dein Großflächen-Zählrohr her? Die Frage nach der Verklebung kann Dir dann ja der Lieferant beantworten. Ich vermute, die Folie wird elektrisch verschweißt, nicht verklebt, da die Verbindungsfläche ja sehr groß ist - das dürfte sonst schwierig dauerhaft abzudichten sein.

https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php?msg=3792

Zitat von: Henri am 21. Dezember 2022, 14:38Xenon gibt es in "Minicans" - schau Dir mal die Preise an, und überlege Dir, ob die Reparatur dann noch wirtschaftlich ist. Du musst ja auch eine ganze Zeit lang durchspülen, um Restgase zu entfernen. Ein nennenswertes Vaḱuum zum vorherigen Evakuieren kannst Du wegen des dünnen Fensters nicht anlegen, das würde gleich implodieren.
Ja, die Preise schaue ich mir seit einigen Jahren, also seit dem ich darüber nachdenke an...
Es gibt auch Firmen mit denen ich telefonierte die aus genau dem Grund die Reparatur nicht mehr durchführen.
Einerseits wurde Xenon aus irgendeinem Grunde als "high machend" entdeckt andererseits wurde mir gesagt das Xenon hauptsächlich in Russland hergestellt wird - beides Faktoren die in die heutige Welt nicht passen oder es schwierig werden lassen.

Zitat von: Henri am 21. Dezember 2022, 14:38Als "Proof of concept" und für den Bastelspaß ist eine Reparatur immer einen Versuch wert. Aber ansonsten würde ich sagen: kaputt ist kaputt. Vor allem wenn das Zählrohr aus einem Gerät stammt, in das es nach der "Reparatur" wieder eingebaut werden soll, wirst Du hier leider stranden.

Viele Grüße!

Henri

Ich werde es einfach mal versuchen, vielleicht kündige ich hier schonmal den Bedarf an Hilfe an wenn es darum geht die Spg. am LB1210 zu verändern um dann ein gefülltes Zählrohr mal betreiben zu können.

Folgende Ersatzgase hab ich zumindest jetzt aufgeschnappt:
Argon-CO2 80/20
Argon-Methan 90/10
Neon-Brom (?/?)

Neon und Brom wird schwierig... Argon-Co2 wird sehr unrein sein - dafür günstig. Argon-Methan ist deutlich teurer, verspreche mir davon aber auch eine gewisse Reinheit.

Zugpferd


Henri

Zitat von: Zugpferd am 23. Dezember 2022, 13:26Einzig weiter daran denken tue ich weil ich einige defekte 100XEP und auch funktionierende habe...

Na, dann ist doch alles klar - los geht's, würde ich sagen  :)

Ich dachte zuerst, Du hättest einen defekten Kontaminationsmonitor erstanden - die tauchen ja öfters mal in der Bucht auf, weil der Vorbesitzer in Anbetracht der auf ihn zukommenden Reparaturkosten vom Stuhl gekippt ist.

Aber als Bastel-Spielwiese ist das doch prima! Es spricht ja nichts dagegen, günstiges Zählgas öfters mal auszutauschen, wenn das Zählrohr nicht mehr funktionieren sollte.

Es wäre auch interessant, einfach mal verschiedene Varianten auszuprobieren. Mit einem selbstgebauten KCl-Flächenprüfstrahler und einer Halterung, die die Messgeometrie fest vorgibt, könnte man dann gut vergleichen und auch eine Verschlechterung der Zählrohreigenschaften schnell feststellen.

Von Neon-Brom würde ich aber Abstand nehmen. Das Neon ist ja teuer, Brom bekommt man nur mit "Lizenz" und es ist sehr giftig und flüchtig... und reagiert mit vielen Metallen und ist dann "weg". Aber (gefiltertes) Feuerzeuggas könnte noch mit auf die Liste.

Zugpferd

Norbert beschrieb das mit dem Feuerzeuggas ja mal sehr gut, das man es nicht einfach so nutzen sollte.
Naja, ich hab 10 Folien, Grösse müsste ich nochmal prüfen und auch nochmal den Unterschied der Dicke überprüfen... auch die Rettungsdecke gefiel mir, damit werde ich zu Testzwecken beginnen... Handling erproben...
Ansonsten sind Gasflaschen an Berthold Geräten mit Argon-Methan zu sehen, scheinen dann aber Spül-Detektoren zu sein.
Bei Linde und Co wird von dem Gasgemisch Argon-Methan auch von technisch reine Gase für Messgeräte gesprochen. Sicherlich eine andere Qualität als Schweisser Argon-CO2.

Ich werde das einfach mal probieren und protokolliere dann alles. Werde mich wojl an die erste Anleitung halten, dort scheint das ja erfolgreich gewesen zu sein.
Ich meld mich dann... Keule

DL8BCN

Die selbstgebauten Zählrohre beschrieben bei rapp-instruments benötigen jedenfalls eine verhältnismäßig sehr hohe Anodenspannung von 3kV. Sie arbeiten dann aber bei Atmosphärendruck.
Auf jeden Fall wäre es mal interessant das zu testen.

Zugpferd

Los gehts habt ihr gesagt und so werde ich es machen... Habe mir hoffentlich alles parat gelegt um einen Versuch zu starten.

Folgende Dinge habe ich eingekauft oder hatte ich liegen:
1. Argon zwei ein Liter Glasflaschen
2. Eine zwei Liter Argon/CO2 Gasflasche
3. Neue Folie und gerissene Folie
4. Tesafilm zum Verschießen der defekten Folie
5. Gas Brenner zum Löten
6. Aquarium Schlauch 6mm 3000mm
7. Drei Wege Adapter 6mm
8. 6 Hähne zum Öffnen und Schließen von 6mm Schläuchen
9. Lot mit Blei
10. Lötwasser
11. Kupferrohr 3-4mm
12. 6mm Aderendhülse
13. Aceton
14. Universal Verdünnung
15. Kleb und Dicht Silikon
16. Silikon Entferner
17. Spachtel
18. Messer


Mal sehen ob ich die Liste noch weiter ausführen muss.

Als erstes habe ich das Gitter von der Berthold Messkammer genommen, war nicht so einfach! Zum Teil scheint die verlötet zu sein - tolle Idee aber ich wollte erst eine defekte, reparierte Folie testen.
Die Titan Folie entfernt, vorsichtig behandeln!
Kammer mit Aceton und dann doch mit universal Verdünnung gesäubert. Gitter und Folie gesäubert. Scheinbar ist da eine Art Bitumen drunter.
Klebereste auf Folie hartnäckig. Zum Teil nur mit Spachtel entfernbar.

Hm, Bilder kann ich via Android scheinbar nicht einfügen... Also erstmal Bilder auf meinen Rechner schieben...