Radiation Alert Ranger von S.E. International

Begonnen von Prospektor, 17. Oktober 2020, 12:05

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Prospektor

Hallo zusammen!

Hier nun eine kurze Vorstellung des Rangers:

Zunächst vielleicht die Frage: Warum habe ich mir das Gerät zugelegt?

Ich war bereits Besitzer eines GammaScouts (GS) und realisierte früh, dass ich etwas Empfindlicheres haben wollte. Daher suchte ich nach qualitativ guten Produkten mit pancake Zählrohr. Da ich viel Gutes über den Vorgänger (Inspector) gelesen hatte, dieser aber nicht mehr neu erhältlich war, gab ich dem Nachfolger den Zuschlag. Gekauft habe ich das Gerät beim deutschen Vertriebspartner RaTec. Das Gerät ist natürlich etwas teurer als der GS (im Jahr 2018 gut 750 Eur), rückblickend war es aber definitiv ein lohnenswerter Kauf.

Beim Ranger handelt es sich wie bereits gesagt um das Nachfolgemodell des vermutlich etwas bekannteren Inspector, ebenfalls von der US Firma S.E. International.

Beginnen wir mit ein paar technischen Daten (entnommen der Betriebsanleitung) und einer generellen Beschreibung:

Der Ranger ist 140 x 68 x 33 mm groß, wiegt 292 g und besitzt ein halogengelöschtes, nicht kompensiertes pancake Zählrohr (d = 45 mm; Flächendichte Glimmerfenster 1,4 bis 2,0 mg/cm²), welches mit einem Drahtnetz und einer abnehmbaren Kunststoffkappe gesichert ist. Der Arbeitsbereich reicht von 0 - 5000 CPS bzw. 0,01 – 1000 μSv/h (bei >100x Max. wird OVER angezeigt). Die Genauigkeit wird mit ± 15% ab Werk bezogen auf 137Cs angegeben, kann aber wohl mit NIST Quellenkalibrierung auf ± 10% gesteigert werden. Für die Energieempfindlichkeit gibt es eine Grafik, auf die ich hier einfach verweise (https://seintl.com/media/wp-content/uploads/2018/03/ranger_energy_responseCS137_lg.jpg.webp). Detektiert werden kann Alpha bis 2 MeV, ß bis 16 MeV, wobei die typische Detektionseffizienz bei 1 MeV ca. 25% beträgt. Gammastrahlung wird bis zu 10 keV durch das Detektorfenster erkannt. Weiterhin wird die Empfindlichkeit mit 3340 CPM/mR/h für 137Cs angegeben (diese kann via PC-Software geändert/angepasst werden). Der kleinste nachweisbare Wert für 125I beträgt bei Kontakt 0,02 μCi.

Neben der Anzeige cps/cpm kann man wahlweise auch zwischen den eingebauten Effizienzen für 35S, 90Sr/Y, 137Cs, 32P, 14C, 131I, 60Co und Alpha wählen (s.u.).

Das Display besitzt eine aktivierbare Hintergrundbeleuchtung (Leuchtdauer einstellbar), die erfassten Signale werden über einen (deaktivierbaren) Piepser akustisch wiedergegeben und weiterhin über eine kleine rote LED angezeigt. Natürlich existiert auch eine Alarmfunktion mit 70 db in 1 m Abstand. Die Messwerte können wahlweise mit oder ohne Mittelungszeitraum angezeigt werden (<100 CPS: Mittel der letzten 30 s, 100 - 200 CPS: Mittel der letzten 6 s, >200 CPS: Mittel der letzten 3 s).

Der Ranger wird mit zwei AA-Batterien betrieben, die bei Hintergrundmessung ca. 800 h halten (ich habe noch meine ersten drin...). Über den mini-USB-Port kann der Ranger an den PC angeschlossen werden. Hier erlaubt die frei downloadbare Software ,,Observer" neben dem Verwalten von Einstellungen, Kalibrierung etc. auch das Auslesen des internen Speichers sowie das Aufzeichnen von live-Messungen. Darüber hinaus verfügt das Gerät über Bluetooth BLE (4.1), womit eine Kopplung mit dem Smartphone und der freien App Observer BLE, mit der man Messzeiträume etc. recht bequem steuern kann.

Im Lieferumfang ist neben dem Gerät, Batterien und mini-USB-Kabel auch eine Tragetasche (für Hose/Gürtel), eine für den häufigen Gebrauch echt praktische Schutzmanschette aus Gummi, eine Trageschlaufe (Handgelenk), ein Ständer (sicheres aufrechtes Hinstellen des Geräts) sowie eine Kunststoffabdeckung für das Zählrohr enthalten.

Die Haptik insgesamt ist gut, das Gerät liegt schön in der Hand und macht zudem einen recht wertigen und stabilen Eindruck. Die verbauten Folientasten sind allerdings mit Sicherheit nicht die beste Lösung (ich persönlich mag derartige Tasten einfach nicht). Folgende Tasten sind vorhanden: Ein/Aus, Mode, Beleuchtung bzw. + Taste für Navigation, Menü, Audio bzw. – Taste für Navigation und Count (Zählmodus). Das Display ist meiner Meinung nach recht gut gelungen: es gibt z.B. ein kleines angezeigtes Kreuz, das die Mitte des verbauten Zählrohrs markiert, sodass man recht zielsicher Objekte vermessen kann, ohne das Gerät immer umzudrehen und zu schauen, dass man wirklich mittig darüber ist. Die Ausgabe der Messwerte kann in CPS, CPM, uS/h, mR/h oder uR/h erfolgen. Der verbaute Speicher fürs Datenlogging ist offensichtlich nicht so üppig und fasst z.B. im 1 min Intervall nur ca. 90 h. Da der Ranger im Gegensatz zum GS aber eher nicht für den durchgängigen Dauerbetrieb konstruiert ist, kann man das schon verschmerzen.

Neben der Anzeige der Aktuellen Werte ist auch ein Zählmodus vorhanden, in dem über einen Zeitraum x (standardmäßig 5 min) die Counts aufsummiert werden. Der Zählmodus funktioniert auch parallel zur ,,Dosisleistungsmessung".

Im Menü (deutsch) bieten sich folgende Einstellungen: Auto Averanging, Data Logging, Pick Efficiency, Set To Defaults und Bluetooth.

Das Thema mit der ,,Pick Efficiency" ist m. M. nach durchaus interessant. Für die hinterlegten Efficiencies (35S, 90Sr/Y, 137Cs, 32P, 14C, 131I, 60Co und Alpha) gilt laut Bedienungsanleitung: ,,Die Wirkungsgrade, die im Ranger programmiert sind, basieren auf der Geometrie unserer Wischtestplatte, diese platziert die Proben 1 cm vom Endfenster des Detektors entfernt." Ich persönlich besitze keine der o.g. künstlichen Isotope und auch keine reinen alpha-Strahler (z.B. 241Am), von daher kann ich hier bisher leider nicht wirklich viel dazu sagen. Ich denke aber dass sich hier durchaus nette Möglichkeiten bieten, da man beispielsweise selbst weitere Isotope mit Wirkungsgrad hinzufügen kann.

Wer noch genauere Informationen zu den Einstellmöglichkeiten wie z.B. Kalibrierung, der PC Sofware und der Smartphone App haben möchte, den verweise ich an der Stelle an die Bedienungsanleitung. Diese gibt es als dt. Version hier zum download: https://www.radioaktivitaet-zum-anfassen.com/download/

Erwähnen kann ich hier evtl. auch nochmal den Pottasche (K2CO3) Test mit jeweils 5 x 5 min Messungen:

Hintergrund: 202, 215, 212, 224, 251  -->  MW = 221 counts
Pottasche: 2522, 2428, 2336, 2324, 2367  -->  MW = 2395 counts

Zum Schluss noch eine Bemerkung, was ich persönlich mit dem Gerät hauptsächlich mache: Ich denke mal, dass ich die Möglichkeiten und das Potential (noch) nicht richtig ausschöpfe (s.o.). Da ich hauptsächlich natürliche Quellen suche/vermesse, dient mir der Ranger bei einer gezielten Suche als solides Glied zwischen dem GS und meinem LB 1210B. Er reagiert schneller und empfindlicher als der GS und kleinere Quellen lassen sich zuverlässig aufspüren. Er ist außerdem weniger auffällig als der GS, weswegen man ihn z.B. gut mit auf den Flohmarkt schleppen kann. Der GS ist eher mein ,,immer dabei"-Gerät, also wenn ich quasi nicht wirklich mit einem Fund rechne und teilweise lange Messzeiten vorhanden sind. Und der LB 1210B dient mir im Endeffekt zum Aufspüren von Hotspots und in anderen Situationen, bei denen wirklich hohe Empfindlichkeit gefragt ist. Ich bin mit dem Bereich, den diese drei Geräte abdecken, echt sehr zufrieden und kann situationsabhängig immer eine gute Wahl treffen.

Das wars erst mal, ich habe aber vor die Tage noch ein paar Beispielmessungen zu zeigen, z.B. wie viel ß hält die abnehmbare Kunststoffkappe ab? Und eine Messung von Rn-haltigem Wasser bzw. dessen im Filter konzentrierten Zerfallsprodukte (Methode nach Prof. Henning von Philipsborn).

Grüße

Na-22

Vielen Dank für die Vorstellung des Rangers  :good2:.
Ich kann noch zwei Bilder vom Innenleben beisteuern.

Über den Tongeber habe ich Tesa geklebt, damit er etwas unauffälliger tickt  :D.

DG0MG

Prima Bericht! Und die Innen-Fotos sind auch sehenswert  ;)

Das sicher auch in grellster Sonne bestens ablesbare Display mit großen Ziffern ist (natürlich neben dem ZR) ein absoluter Pluspunkt! Das Gehäuse mit eingepressten Messingmuttern sieht gut aus. Der Batteriehalter dagegen wirkt "billig" und hätte besser in die Gehäusepressschalen integriert werden können, damit evtl. auslaufende Suppe aus den Batterien nicht so einfach einen Weg auf die Leiterplatte findet. Interessant wäre die Ruhestromaufnahme bei ausgeschaltenem Gerät. Ich habe z.B. LED-Taschenlampen mit Tastschalter, die lutschen einfach vom Herumliegen mit einigen 100 µA Stromaufnahme einen Akku oder auch Primärzellen einfach leer. Sowas geht überhaupt nicht. Dass man das auch anders machen kann, zeigen dann andere Hersteller.

Bei dem Pottasche-Test: War das in einer Tüte oder "pur"? Wenn Dir mal irgendwo eine Tüte "Müllers Pottasche" aus einem "Kaufland" über den Weg läuft, dann miss bitte mit dieser nochmal.

Die Trageschlaufe gehört also zum Gerät dazu, und ich dachte letztens, das sind zuziehbare Plastebeutel  :)
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Na-22

Zitat von: DG0MG am 17. Oktober 2020, 20:42
...
Interessant wäre die Ruhestromaufnahme bei ausgeschaltenem Gerät.
...

Mein Ranger zieht knapp 2 µA im ausgeschaltetem Zustand.

Prospektor

Zitat von: DG0MG am 17. Oktober 2020, 20:42
Prima Bericht! Und die Innen-Fotos sind auch sehenswert  ;)

Bei dem Pottasche-Test: War das in einer Tüte oder "pur"? Wenn Dir mal irgendwo eine Tüte "Müllers Pottasche" aus einem "Kaufland" über den Weg läuft, dann miss bitte mit dieser nochmal.


Danke  :)

Der Test wurde mit der Müllers Pottasche gemacht, habe die Werte damals auch schon im entsprechenden Thread geposted, wollte sie hier nur nochmal wiedergeben.

Habe am Nachmittag mal noch einen kleinen Versuch mit der Abschirmung gemacht. Resultat: die Kunststoffkappe, die zum Schutz bei mir eigentlich immer montiert ist, hält wie gedacht schon einiges an ß-Strahlung ab (mindestens mit den Energien, welche in der U-Zerfallsreihe vorkommen). Gearbeitet wurde außerdem mit normalem Druckerpapier und Al-Blechen mit 1 mm Stärke.

DG0MG

Zitat von: Na-22 am 17. Oktober 2020, 21:01
Mein Ranger zieht knapp 2 µA im ausgeschaltetem Zustand.

Ich denke, das ist sehr okay. Da kann das Gerät auch mal ein halbes Jahr auf Abruf im Schrank liegen und geht trotzdem sofort los, wenn mans mal braucht.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Na-22

Zitat von: DG0MG am 17. Oktober 2020, 21:24
Ich denke, das ist sehr okay. Da kann das Gerät auch mal ein halbes Jahr auf Abruf im Schrank liegen und geht trotzdem sofort los, wenn mans mal braucht.

((2000 mAh / 0,002 mA) / 24 h) / 365 d = 114 Jahre

also ja, ein halbes Jahr im Schrank ist überhaupt kein Problem  :D

Henri

Zitat von: Na-22 am 17. Oktober 2020, 14:20
Vielen Dank für die Vorstellung des Rangers  :good2:.
Ich kann noch zwei Bilder vom Innenleben beisteuern.

Über den Tongeber habe ich Tesa geklebt, damit er etwas unauffälliger tickt  :D.

Danke für die spannenden Fotos!

Wenn man die Folientastatur nun gar nicht nicht mag, kann man auch richtige Drucktasten nachrüsten - ist ja alles über eine Pfostenleiste gut zugänglich gemacht   ;)

Mir gefällt auch, dass man an alles so gut rankommt - geschraubtes Gehäuse, gestecktes LCD, Zählrohr in Clip, Batteriehalter (ja, tatsächlich ziemlich billig) geschraubt... sehr wartungsfreundliches Design, man kann alles selber reparieren, oder z.B. noch eine Frischhaltefolie unter das Schutzgitter friemeln, wenn man bereit ist, auf ein paar Alphas zu verzichten.

Nicht ganz billig das Gerät, aber sicherlich eine gute Investition und was, mit dem man viel Spaß haben wird.

Schön ist auch, dass diese Zählrohre ja relativ weit verbreitet sind und der Hersteller sich die Mühe gemacht hat, die Effizienz mit verschiedenen Nukliden zu bestimmen. Vorausgesetzt man hat ein weitgehend gleiches Schutzgitter, kann man die Faktoren dann auch für andere Geräte nutzen. Bzw. wenn das Schutzgitter ein anderes ist, man aber selber für ein Nuklid eine Effizienzbestimmung vornehmen kann, kann man die für die anderen zumindest auch grob anpassen - für den "Hausgebrauch" dürfte das reichen... vielleicht sollte ich dazu sagen, dass ich noch eine Handsonde mit so einem Pancake bei mir rumliegen habe  :yahoo:

DG0MG

Hier ein Quick-Start-Video, das kurz die Bedienung zeigt:


"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

AdoCulos

Besten Dank für die ausführliche Vorstellung, sie ist eine gute Hilfe für die Kaufentscheidung.
Nach Lektüre der Bedienungsanweisung ist mir noch nicht ganz klar, wie und wann die hintere Schutzabdeckung über dem Sensor verwendet wird.

NoLi

Zitat von: AdoCulos am 04. April 2022, 09:09
Besten Dank für die ausführliche Vorstellung, sie ist eine gute Hilfe für die Kaufentscheidung.
Nach Lektüre der Bedienungsanweisung ist mir noch nicht ganz klar, wie und wann die hintere Schutzabdeckung über dem Sensor verwendet wird.
Die Plastikkappe über dem Zählrohr ist ein mechanischer Schutz gegen Druckeinwirkungen auf das Zählrohrfenster, aber KEIN Energiekompensator zur Dosisleistungsmessung! Für eine einigermaßen gescheite Dosisleistungsmessung ist zwingend der Einsatz des Edelstahl-Wischtesthalters ("Wipe Test Plate"  https://seintl.com/products/radiation-alert-wipe-test-plates ) als Absorber und Kompensator notwendig.
Das Zählrohr ist gegen mechanische Einwirkungen auf die Fenstermembrane sehr empfindlich, schnelle Druckänderungen, z.B. schnelles Abziehen der Plastikkappe -Unterdruck- oder stärkerer Winddruck oder zu starker Unterdruck -über 3000 Höhenmeter oder im Flugzeug- bringen die Membrane schnell zum zerplatzen (aus "leidvoller" eigener Erfahrung :( ).

Norbert

AdoCulos

Danke für die schnelle und ausführliche Antwort.
Diese Empfindlichkeit des Sensors wird also allen Pancake-Geräten eigen sein.

Klaus-Michael

NoLi

Zitat von: AdoCulos am 04. April 2022, 14:12
Danke für die schnelle und ausführliche Antwort.
Diese Empfindlichkeit des Sensors wird also allen Pancake-Geräten eigen sein.

Klaus-Michael
Wenn Du die mechanische Empfindlichkeit meinst, so sind die US Pancake-Zählrohre wegen dem dünneren Glimmer-Fenster (i.d.R. 2 mg/cm² Flächengewicht) empfindlicher als die russischen Pancakes (i.d.R. 4 - 6 mg/cm² Flächengewicht) ähnlicher Größe.
Beim Strahlungsmessgeräteanbieter MIRION  https://www.mirion.com/products/geiger-mueller-gm-detectors  gelten Glimmerfenster mit ~ 3 mg/cm² Flächengewicht als "military grade" und werden in militärische Strahlungsmessgeräte eingesetzt.

Norbert