Tragbares DIY-Dosimeter mit Alpha-Detektor?

Begonnen von Bastelwastel, 06. März 2022, 21:00

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Bastelwastel

Hallo,

aufgrund von aktuellen Geschehnissen habe ich kürzlich angefangen, mich mit Dosimetern zu beschäftigen. Ich gehe zwar nicht komplett unter die Prepper, würde aber trotzdem gerne ein vertrauenswürdiges Dosimeter mein Eigen nennen können. Da es (meinen Recherchen nach) auf dem Markt kein Gerät gibt, welches meinen Ansprüchen entspricht (siehe unten), habe ich vor, mein eigenes Gerät zu bauen. Besonders stachen mir Projekte wie [dieses](https://www.tomshardware.com/news/raspberry-pi-zero-geiger-counter) ins Auge. Leider misst ein solches Gerät nur Beta- und Gammastrahlung, weshalb ich mich mehr über Sonden mit Glimmerschicht informierte. Dazu habe ich ein paar Fragen, bei denen ich um Hilfe von Experten bitte.

Mein Eigenbau soll folgendes können:
- erschwinglich sein (ich mache absichtlich keine genaue Angabe, da ich keine Vergleichswerte habe)
- transportabel sein (etwa die größer eines Multimeters)
- Beta, Gamma und Alphastrahlung erkennen (ich weiß, dass Alphastrahlung vergleichsweise ungefährlich ist; ich möchte jedoch testen können, ob Nahrung mit einem Aphastrahler belastet ist)
- Daten an einen Raspberry Pi weitergeben können (zur digitalen Verarbeitung; gerne auch im Kontext des MultiGeiger-Projekts)
- physisch robust sein (Stabilität > rohes Ei)

Hier die Fragen, die sich mir stellen:
- Wie (physisch) empfindlich sind Sonden mit Glimmerschicht? In einem [Kommentar](https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php/topic,569.msg5366.html#msg5366) in diesem Forum wurde erwähnt, dass selbst alltägliche Druckunterschiede zu Defekten führen können.
- Können alle Sonden mit Glimmerschicht Alphastrahlung erkennen? Ich habe zum Beispiel ein [Datenblatt](http://lampes-et-tubes.info/rd/ZP1400.pdf) einer Phillips ZP1400 Sonde gefunden, in welchem Alphastrahlung nicht aufgeführt wird.
- Ist so etwas überhaupt umsetzbar? Sind meine Vorstellungen realistisch oder überhaupt sinnvoll? Kann ein Raspi eine ausreichend präzise Berechnung der Strahlendosis durchführen oder ist spezialisierte Hardware unumgänglich?

Gerade die Abwesenheit von Projekten, die Alphastrahlung messen, ist für mich ein Zeichen, dass ich eventuell völlig auf dem Holzweg bin.
Ihr dürft gern brutal ehrlich sein :)

DG0MG

Alphastrahlung messen ist eine Frage des Zählrohrs. Die üblichen (bezahlbaren) Quellen dafür waren bisher die russische Föderation und die Ukraine. Aus beiden würde ich monentan nicht mehr bestellen, weil man ja nicht sicher sein kann, das es ankommt. Ich wüsste nicht, wo man jetzt in der EU ein Alpha-empfindliches Zählrohr kaufen sollte, das für einen Hobbyisten erschwinglich ist, man also eine Preisgrenze von vllt. 100 EUR setzt. Ohne Zählrohr keine Alpha-Detektion.

Ein Fensterzählrohr ist schon mechanisch empfindlich. Man kann das abmildern, indem man ein engmaschiges Metallgitter davorbaut, aber aus 1 Meter Höhe auf Fliesen runterfallenlassen würde ich das Gerät trotzdem nicht.

Das ZP1400 ist da tatsächlich nicht Alpha-empfindlich, da es gar kein Endfenster-Zählrohr ist.
Du könntest höchstens das ZP1410 meinen,
das hat die gleiche Größe und auch ein Fenster. Ist aber für Lebensmittel viel zu klein, IMHO.

edit: falsch, s.u.

Ein Raspi ist für einen GZ vollkommen oversized. Nimm dir als Beispiel einfach den GammaScout: Der enthaltene MSP430-Prozessor läuft mit einer Batterie 10 Jahre. Das ist schwer nachzubauen, aber 10 Tage mit einer Akkuladung/Batterie kann schon das Ziel eines Bastlers sein. Also stromsparender Arduino, oder PIC, das geht alles. Display muss nicht bunt sein.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Bastelwastel

Dabke für die schnelle Antwort!
Also sollte ich eher in Richtung SBT-10A gehen?

Habe auch das hier gefunden:

Fraglich ist, ob man mit einem solchen Kit auch auch Sonden ansteuern kann, die nicht speziell im Bausatz vorkommen.

DG0MG

Ja, schon - SBT10A ist für Lebensmittel wohl noch am ehesten geeignet. Suche auf youtube nach dem russischen Gerät "BETA", das verwendet ein SBT-10A in einer Bleiburg. Die Elektronik dazu ist keine Zauberei, die Russen haben das vor 30 Jahren nur mit CMOS-Schaltkreisen gebaut.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Zitat von: DG0MG am 06. März 2022, 21:26
...
Das ZP1400 ist da tatsächlich nicht Alpha-empfindlich, da es gar kein Endfenster-Zählrohr ist.
Du könntest höchstens das ZP1410 meinen, das hat die gleiche Größe und auch ein Fenster. Ist aber für Lebensmittel viel zu klein, IMHO.
...
Das ZP 1400 (http://lampes-et-tubes.info/rd/rd095.php?l=e) ist ein Endfenster-GM-Zählrohr mit einem Fensterflächengewicht von 2 - 3 mg/cm² und damit alphaempfindlich.
Es wurde im Gamma-Scout auch als Äquivalent zum LND 712 verwendet.

Norbert

Henri

Zitat von: Bastelwastel am 06. März 2022, 21:00

- Beta, Gamma und Alphastrahlung erkennen (ich weiß, dass Alphastrahlung vergleichsweise ungefährlich ist; ich möchte jedoch testen können, ob Nahrung mit einem Aphastrahler belastet ist)


Also, speziell für diese Aufgabe gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste ist eine oberflächliche Kontamination mit Staub, in dem sich alphastrahlende Nuklide befinden. Die könnte man abwischen und dann mit einem Endfenster-Zählrohr mit dünnem Fenster nachweisen. Im Katastrophenfall wird man aber eh immer alles abwaschen oder schälen, bzw. nur verpackte Dinge essen. Also brauchst Du das hierfür nicht.

Möglichkeit zwei: die alphastrahlenden Nuklide befinden sich im Nahrungsmittel selbst. Dann bleiben die Alphateilchen komplett im Essen stecken. Nichts davon dringt nach außen und kann Dein Zählrohr erreichen. Das kann man also nicht mit einem Endfenster-Zählrohr nachweisen, sondern nur mit höchst aufwändigen Labormethoden wie z.B. Alpha-Spektrometrie, die man privat nicht machen kann.

Dann hast Du noch das Problem, dass im Katastrophenfall eine sehr hohe Hintergrundstrahlung herrscht. Da ist eine leichte Oberflächenkontamination, die bei Inkorporation aber bereits gesundheitsschädlich sein kann, schlicht nicht mehr auszumachen, sondern geht im hohen "Hintergrundrauschen" unter. Es sei denn, man verwendet einen Detektor, der ausschließlich für Alphastrahlen empfindlich ist. Das sind Zinksulfid-Szintillatoren, oder entsprechend eingestellte Kontaminationsmonitore.

Alphastrahlung ist zwar "am gefährlichsten", aber im Katastrophenfall ist der Nachweis am wenigsten relevant. Und schon eine kleine Druckwelle in der Nähe (ich male jetzt mal den Teufel an die Wand), und Dein Zählrohr ist kaputt.

Ja, alle möchten am Anfang ein Gerät, das alles kann. In der Praxis braucht man aber für jede der vielen unterschiedlichen Fragestellungen das geeignete Gerät. Und natürlich die geeignete Messmethode. Strahlenmessgeräte sind in aller Regel "Spezialisten", keine "Generalisten".

Viele Grüße!

Henri


PS: Das SBT10A ist ein geniales Zählrohr, aber erstens nicht zu beschaffen zur Zeit, und zweitens ist es für Betastrahlung konzipiert. Für Alphastrahlung ist es im wesentlichen ungeeignet, da das Fenstermaterial zu dick ist. Bei den alphaempfindlichen Pancake-Zählrohren ist das Fenster so dick wie eine Küchen-Frischhaltefolie, aber halt aus Glimmer. Du kannst Dir vorstellen, wie viel das aushält. Ein Grashalm, der sich versehentlich durchs Schutzgitter schiebt, und Plopp! - sind ein paar 100,- hin.

DG0MG

Zitat von: NoLi am 06. März 2022, 22:51
Das ZP 1400 (http://lampes-et-tubes.info/rd/rd095.php?l=e) ist ein Endfenster-GM-Zählrohr mit einem Fensterflächengewicht von 2 - 3 mg/cm² und damit alphaempfindlich.

NoLi hat - wie immer - recht, da hab ich nicht richtig geschaut, bzw. mit dem ZP1200 verwechselt.
Es steht ja auch im Datenblatt drin - "End Window halogen-quenched beta and gamma radiation counter tube".
Ich habs oben als falsch markiert. Warum sie aber im Datenblatt das Alpha nicht angeben .. ?  :unknw:
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!