Uranglasur

Begonnen von DG0MG, 03. Juli 2022, 08:12

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DG0MG

Bei meiner Mutter habe ich kürzlich eine Vase im Müll gefunden, sie war heruntergefallen und zerbrochen. Die Glasur sah interessant aus, so dass ich sie zur näheren Begutachtung erst nochmal geborgen habe. Die Außenseite tickert etwas, aber die fahl-orange Glasur im Inneren tickert erheblich. Wie immer natürlich nur Beta-Strahlung, Gamma ist kaum nachweisbar.

Die "Überlieferung" sagt, die Vase stammt von der Töpferei Unterstab in Langenhessen, die sie als "3. Wahl" im Betrieb meines Vaters verkauft haben. Die Stücke, die "1. Wahl" waren, gingen "in den Westen". Das war etwa vor 40-45 Jahren.

@DG0JN Du hattest doch auch mal eine - nicht ganz so farbenfrohe Vase von dort?


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Der RadiaScan 701A bringt es auf knapp 100 cps, der RadEye B20 auf 17.100 cpm.

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DG0JN

Zitat von: DG0MG am 03. Juli 2022, 08:12@DG0JN Du hattest doch auch mal eine - nicht ganz so farbenfrohe Vase von dort?

Ja, richtig. Ich habe aus der gleichen Töpferei im werdauer Ortsteil Langenhessen auch so eine Vase, die meine Mutter mal in ihrem Betrieb (Gärtnerische ProduktionsGenossenschaft  GPG Werdau) erhalten hat. Die jetzt dort in der Töpferei tätige Meisterin erkannte das gute Stück sofort und konnte mir auch die Bezugsquelle für die Glasur nennen. Die hier als Innenglasur verwendete Uranglasur bezog man aus der Meissener Porzellanmanufaktur.

Die habe ich jetzt mal schnell auf den Gartentisch gestellt und mittels FH 40F2M und externem Zählrohr CBM-19 gemessen.

DL8BCN

#2
Heute habe ich noch mal 2 schöne Teststrahler bekommen.
2 Uranglasvasen mit kompletter Uranglasur ;D
Die Gammadosisleistung direkt am Glas ist nicht wirklich beängstigend:
Mit RD1008, RC101/102 und Graetz X5cPlus messe ich übereinstimmend ca. 0,30 bis 0,40 μSv/h.
Bei Beta sieht das natürlich ganz anders aus.
Der Berthold LB1210B erkennt das Teil aus ca. 2m Entfernung.
Direkt an der Glasur zeigt der Berthold ca. 2000 Impulse/s.
Im Gammaspektrum zeigen sich 2 mir unbekannte Photopeaks:
Einmal bei ca. 750keV und einmal bei ca. 1000 keV.
Kann das jemand erklären?
Irgendein Escape-Peak oder ähnliches?
Normalerweise hat man ja nur Radium in diesen Glasuren.

Harald der Strahler

Protactinium-234m?

DL3HRT

Zitat von: DL8BCN am 06. Januar 2024, 17:44Normalerweise hat man ja nur Radium in diesen Glasuren.
Du meinst sicher Uran, denn Radium ist gerade nicht drin. ;)

Zitat von: Harald der Strahler am 03. Juli 2025, 23:03Protactinium-234m?
Das ist korrekt.

Übrigens schau mal hier: https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php?topic=1553.0

Da waren die Peaks bei 766 keV und 1001 keV auch gut zu sehen. Der Post stammt von dir, also können die Peaks gar nicht unbekannt sein.  :yahoo: In dem Thread wird auch auf diese Peaks kurz eingegangen.


Spalter

Zitat von: DL8BCN am 06. Januar 2024, 17:44.
2 Uranglasvasen mit kompletter Uranglasur
.
.
Normalerweise hat man ja nur Radium in diesen Glasuren.

Kein Uranglas sondern Keramik, genauer Steingut!
Radium ist normalerweise nicht in den Glasuren, das Uran wird chemisch getrennt und dabei bleibt Radium im Rückstand und es bildet sich auch nicht so schnell nach, dass messbare Mengen enthalten wären.
Eine Ausnahme sind die Unterglasur-Umdrucke aus gemahlener Pechblende aus Böhmen bis 1850.

Floppyk

Ich kann auch erklären, warum man damals Uran zur Färbung von Glas und Keramikglasuren benutzt hat. Man hat auch Porzellan mit zermahlener Pechblende bemalt.
Da jedes Glas, wie auch Keramiken zum Brennen hohen Temperaturen ausgesetzt sind, kann man kaum organische Farbstoffe bzw. -Pigmente einsetzen. Diese verbrennen in der Schmelze. Daher hat man Schwermetalle, wie Blei, Uran, Selen, Kobalt... benutzt, die der Hitze widerstanden.
Die Verwendung von Uran wurde verboten. Nicht weil der fertige Gegenstand gefährlich strahlt, sondern weil der Umgang mit fein zermahlenen Uran(oxid) gefährlich ist.

Ich habe einige Stücke aus Urankeramik. Diese strahlen im Vergleich zu Uranglas ungleich höher. Mit Pechblende bemalte Porzellanstücke sind schwer zu finden, da sie keine Fluoreszenz unter UV-Licht zeigen und zudem zum Schutz der Bemalung glasiert sind. Das schirmt die Alphapartikel ab. Urankeramik strahlt deutlich stärker und ist schon bei kurzer Messung mit einem alphaempfindlichen GMZ schnell und unmissverständlich zu finden. Bei Uranglas geht das schneller mit einer UV-Lampe, sofern diese sich auf Flohmarkttischen in der Sonne nicht von selbst verraten.

Schade, dass man bei Gläsern und Keramiken nicht so einfach die Verwendung von Natururan zu abgereicherten Uran unterscheiden kann. Denn abgereichertes Uran stand erst nach 1945 zur Verfügung, so dass das auf das Alter des Gegenstandes schließen lassen könnte.

Letztlich ist aber wichtig, dass nicht jede orangene Keramik und nicht jedes fluoreszierende Glas Uran enthalten muss. Es kommt auf das Alter des Gegenstandes an.

DL8BCN

Ahh, mein Beitrag ist schon eineinhalb Jahre her...
Inzwischen bin ich auch schon schlauer geworden und weiß, das kein Radium drin ist.
Bei den Vasen hatte ich ja Uranglasur geschrieben nicht Uranglas das ist also im Prinzip richtig!
Danke für die Info zu Protactinium-234m.
Das hatte ich nicht "auf dem Schirm".

Radioquant98

Zitat von: DL8BCN am 04. Juli 2025, 09:10Bei den Vasen hatte ich ja Uranglasur geschrieben nicht Uranglas das ist also im Prinzip richtig!


Doch: "2 Uranglasvasen mit kompletter Uranglasur ;D"

Na gut, wir verzeihen, Buchstaben sind teuer geworden :))

Viele Grüße
Bernd

DL8BCN

ok, du hast gewonnen Bernd ;)

NoLi

Zitat von: Floppyk am 04. Juli 2025, 08:17...
Die Verwendung von Uran wurde verboten.
...
Nicht ganz (siehe § 41 (5) Strahlenschutzgesetz). Die zulässige Grenze für natürlich radioaktive Stoffe in Konsumgütern liegt bei 0,5 Bq/g.
Dies bedeutet aber auch, dass das Dekor z.B. auf einem Zierzeller deutlich eingebrannte Uranglasur enthalten darf, wenn in der Gesamtmasse des Tellers die 0,5 Bq/g nicht überschritten werden. Allerdings gibt es auch Höchstwerte für Uran in mg/cm² für Aufglasuren und Unterglasuren.

Norbert

Floppyk

Ich meinte eher, die Verarbeitung ist im Sinne des Arbeitsschutzes gefährlich, weil das Zeugs sicherlich fein gemahlen in die Schmelze muss. Zudem wird die Arbeitsstelle bzw. Schmelzofen damit kontaminiert.

NoLi

Das Zeugs (Uranfarbe) wird in flüssiger Form entweder auf den Keramikkörper gemalt oder, bei gleichmäßiger oder einfarbiger Glasur, a la Airbrush aufgespritzt.

Norbert

Radiohörer

...es gibt noch ein paar Techniken Farbe auf Keramikkörper zu bringen:
- Stempeln
- mit dem Pinsel auftragen
- tauchen
- Umdruck/Transfer von Papieren/Folien nach Siebdruck/2-D-Druck ++
und ich hab sicher noch ein paar vergessen.

Gibt auch zwei schöne Bücher zum Thema:
www.radioaktivitaet-zum-anfassen.com/uranglas-mehr/
Uranfarben, Urangläser, Uranglasuren, radiometrisch, technisch, historisch
Philipsborn & Geipel
ISBN 3-925690-55-7; Band 46; 2005

und
Uranglas, Uranglasuren
Verein der Freunde und Förderer der bergbau- und Industriemuseums Ostbayern Schloss Theuern
ISBN 3-925690-44-1; Band 40; 2000

Radiohörer

Zitat von: Floppyk am 04. Juli 2025, 20:01Ich meinte eher, die Verarbeitung ist im Sinne des Arbeitsschutzes gefährlich, weil das Zeugs sicherlich fein gemahlen in die Schmelze muss. Zudem wird die Arbeitsstelle bzw. Schmelzofen damit kontaminiert.
...bin in der NO-OPf, Oberfranken & Cz dran:
- Hirschau: an den alten Fertigungsstätten keine Erhöhung bzw. abgeschoben und verbuddelt
- Weiden 3x: fast nur von außen: nichts
- Horni Slakov (Schlaggenwald): nichts

- die ich noch kenne: Vohenstrauß, Speichersdorf, Creussen, Kirchenlamitz, Erbendorf, Windischeschenbach, Tirschenreuth, Mitterteich, Waldsassen, Arzberg, Schirnding, Hohenberg, Marktleuthen, Röslau, Oeslau, Küps, Selb, Schönwald, Tettau, Brezova: radiometrisch?

Weitere: http://www.porzellanstrasse.de/de/porzellanstrasse/orte/arzberg.html
https://porzellan-selb.de/porzellanindustrie-nordostbayern/2/
de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Porzellanhersteller_(Deutschland)
de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Porzellanmanufakturen_und_-herstellern

Vergeßt die vielen Glashütten nicht: viele stellten lange Jahre U-Glas her...