Herfurth Babyline 31 Nardeux Type E 433 A

Begonnen von Zugpferd, 23. Januar 2023, 12:15

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Radiohörer

...gut! DANKE!
DAS waren halt noch Handbücher: da kann man was lernen :yahoo:

515 cm³ Volumen der Messkammer ist schon ne Hausnummer.
@Peter-1: sicher kein Spaß, damit um und über ne Anlage zu turnen ;)

Auch die Materialauswahl der Ionisationskammer ist ungewöhnlich: Kapitel 4.1.
Eingangstransistor P-MOS-FET: MEM551 (=SMY50 (=MY50)):
Eingangsimpedanz 10^10 Ohm.
EDIT:
PARTB         Vass               Isss,          Vss (th)        rOSlOnl
NUMBER    VOLTS·MIN.    nA·  TYP.   V·MIN/MAX.   OHMS·TYP
MEM551    -30                -0.03pA        -3/-6           250
aus https://www.wass.net/othermanuals/GI%20MicroElectronics%20Data%20Catalog%201978%20index.pdf

4.5 in http://www.bitsavers.org/components/siliconix/_dataBooks/1977_Siliconix_FET_Data_Book.pdf
Pinbelegung https://www.edaboard.com/threads/help-me-identify-this-ic-mem551c.43704/
Abb.4: Korrekturfaktoren für Druck und Temperatur.
Anscheinend geht die rel. Luftfeuchte bei 30-96% nicht ein
--> geigerzaehlerforum.de/index.php/topic,2305.0.html

Erik3

Hallo @Zugpferd
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, es zu scannen.
der Link funktioniert nicht mehr. Können Sie noch einmal versuchen, es hochzuladen?

DG0MG

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Erik3

Diesmal habe ich es geschafft. Vielen Dank

DL3HRT

Vom Innenleben des Babyline 31 gibt es im Netz nur wenige Abbildungen. Dem möchte ich hiermit abhelfen  ;).

Interessanterweise sind die Messbereiche meines Geräts nicht in R/h, sondern in µSv/h angegeben. Man kann zwischen folgenden Messbereichen auswählen:
- 10 µSv/h
- 100 µSv/h
- 1000 µSv/h
- 10 mSv/h
- 100 mSv/h
- 1000 mSv/h

Der Dosisbereich ist auf 1 mSv festgelegt.
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Mit aufgesetzter Wandverstärkungskappe ergibt sich einen Flächendichte von 300 mg/cm2 zur Messung der Gewebedosisleistung.
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Ohne diese Kappe hat die Wand der Ionisationskammer eine Flächendichte von 7 mg/cm2 und dient zur Messung der Hautdosisleistung. Die Wand besteht aus schwarz lackierter Seide, aufgespannt auf einem Rahmen aus Phenolpapier.
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Auch das Eintrittsfenster besteht aus dem gleichen Material.
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Am Batteriehalter kann man zwischen normalen Batterien oder Akkumulatoren umschalten. Die Umschaltung erfolgt über einen drehbaren Metallbügel, den man in der entsprechenden Position festklemmt.
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Ich habe das Gerät mit eingelegter Batterie bekommen. Sie hatte noch eine Spannung von 1,4 V, jedoch hat mich der Aufdruck "Made in West-Germany" stutzig gemacht. Und tatsächlich ist auf der Unterseite der Batterie "12-85" eingeprägt. Entweder war Dezember 1985 das Herstellungsdatum oder das Verfallsdatum. Varta hat damals offensichtlich gute Qualität produziert, denn viele andere Batterien wären zwischenzeitlich ausgelaufen.
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Nach dem Lösen von vier Schrauben lässt sich das Gehäuse abziehen. Es ist mit der Elektronik über ein Kabel verbunden.
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Im Gehäuse befinden sich das große Anzeigeinstrument und der Batteriehalter.
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Der verwendete Konnektor ist von hoher Qualität. Ich habe diesen Typ schon oft in militärischen Funkgeräten gefunden.
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DL3HRT

Das folgende Foto zeigt die Platine zur Spannungsaufbereitung. In der Mitte ist der Übertrager des Spannungswandlers zu sehen. Die drei Potis in der Mitte der oberen Metallplatte dienen zur Einstellung der verschiedenen Messbereiche. Sie sind bei aufgesetztem Gehäuse nicht von außen zugänglich und dürfen nur bei der Kalibrierung im Werk eingestellt werden. Links unterhalb der Metallplatte ist die Buchse für den Konnektor des Gehäuses zu sehen. Die Transistoren tragen als Datumscode das Jahr 1982. Das dürfte in etwa auch das Herstellungsjahr des Geräts sein.
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In der seitlichen Aufnahme ist der sandwichartige Aufbau der Elektronik gut zu sehen.
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Der Doppel-FET MEM551 von GE ist direkt mit der Fangelektrode der Ionisationskammer verbunden. Er ist recht "alternativ" montiert.
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Hier sieht man den nachgeschalteten Operationsverstärker.
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Im Gegenkopplungszweig werden sehr hochohmige Widerstände eingesetzt: 100 MOhm, 10 GOhm und 1 TOhm. Es handelt sich um die bekannten Hochohm-Widerstände im Glasgehäuse von Victoreen. Laut Datenblatt haben sie eine Toleranz von 2% und waren sicher die teuersten Einzelkomponenten auf den Elektronikplatinen.
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DL3HRT

Vielleicht kann jemand, der in der Materie steckt weiterhelfen:
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"As we know", das ist schon fast eine Provokation ;). Konkrete Frage: Woher wissen wir, dass eine Dosisleistung von 1 mRad/h = 10 µGy/h in 1 cm3 trockener Luft einen Strom von 1.06*1016 A liefert? Die Kammerspannung beträgt 300 V. Das ist Jonglage mit SI-Einheiten...

Kann das bitte jemand herleiten? Wenn ja, dann gehe ich auch etwas näher auf die Schaltung ein  :).

NoLi

Zitat von: DL3HRT am 17. Mai 2025, 19:06Konkrete Frage: Woher wissen wir, dass eine Dosisleistung von 1 mRad/h = 10 µGy/h in 1 cm3 trockener Luft einen Strom von 1.06*1016 A liefert?

Nun, man kann doch ein Photonenstrahlenfeld mit der Dosisleistung 10 µGy/h generieren und darin den Kammerstrom bestimmen, oder? 
Ok, 1.06*10E16 A werden schwierig, aber die im Manual 1,06*10E-16 A sollten doch möglich sein.

Norbert

DL3HRT

Ich hätte gerne eine mathematische Herleitung denn so wie es im Handbuch formuliert ist, scheint es ein allgemein gültiger Zusammenhang zu sein.

DL3HRT

Der Übersichtsschaltplan aus dem Handbuch stellt die verschiedenen Schaltungskomponenten und ihre gegenseitige Verschaltung dar.
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Als Spannungquelle dient eine 1,5 V Batterie (Monozelle) oder ein 1,2 V Akku gleicher Bauform. Aus der Batteriespannung werden mittels eines Spannungswandlers (Converter) drei Spannungen erzeugt: -5,5 V, +5,5 V und +300 V.

Die +300 V dienen zur Versorgung der Ionisationskammer (Chamber), während die beiden anderen Spannungen die Elektronik versorgen.

Der Ausgang der Ionisationskammer geht zu einem MOSFET-Differenzverstärker (MOS) und von dort auf einen Operationsverstärker (Operational Amplifier). Der Ausgang des Operationsverstärkers ist über einen Hochohm-Widerstand (HV Resistor) mit der Eingangsstufe verbunden, so das sich in Kombination ein Transimpedanzverstärker ergibt.

Gleichzeitig geht der Ausgang des Operationsverstärkers zum Messinstrument (Galvanometer), welches den Messwert anzeigt.

Um die MOSFET-Eingangsstufe vor einer zu hohen Eingangsspannung von der Ionisationskammer zu schützen gibt es eine zusätzliche Überlast-Schutzschaltung (Circuit breaker), welche bei Bedarf die Erzeugung der +300 V abschaltet und die Überlast durch eine rote LED signalisiert.

Die einzelnen Komponenten werde ich nach und nach detailliert vorstellen.

DL3HRT

Die Funktion des Spannungswandlers ist im Handbuch wie folgt beschrieben:
ZitatAus der Batteriespannung von 1,25 V werden folgende Spannungen erzeugt: +5,5 V, -5,5 V, +300 V. Der Spannungskonverter besteht aus einer Gegentaktschwingstufe mit den Transistoren T3 und T4 und einem Transformator, der zwei Sekundärwicklungen für 5,5 V und eine für die Hochspannung besitzt. Für die 300 V Kammerspannung wird eine Dreifachkaskade verwendet. Zur Stabilisierung dient eine Rückführung über Zenerdioden auf den Transistor T5.
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Die 300 V sind also geregelt und die Regelung wirkt sich parallel auch auf die +5,5 V und -5,5 V aus. Die Spannungen +5,5 V und -5,5 V werden über 10 µF Tantal-Elkos geglättet. Ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich die Tantal-Elkos austausche oder drin lasse. Immerhin sind sie bereits 43 Jahre alt.

Mit einem Multimeter konnte ich folgende Spannungen messen:
- +5,47 V
- -5,45 V
- +295 V

Da das Multimeter mit seinen 10 MOhm Eingangswiderstand die 300 V Strecke bereits mit 30 µA belastet, habe ich die Spannung zusätzlich mit einem Hochspannungstastkopf (1 GOhm) gemessen. Mit dem Hochspannungstastkopf sind es 323 V.

Interessant ist natürlich der Ripple auf den Spannungen.
+5,5V:
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-5,5V:
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Auf beiden Spannungen liegt ein Ripple von ca. 30 mV. Ich finde das in Ordnung, da diese Spannungsschwankungen im Operationsverstärker nochmals um viele dB unterdrückt werden. Im Oszillogramm sieht man auch die Schwingfrequenz des Spannungswandlers, die bei ca. 1,9 kHz lag. Im Handbuch ist eine Schwingfrequenz von 1,6 kHz angegeben. Bei der Gegentaktschwingstufe gehen aber viele Parameter in die Schwingfrequenz ein, vor allem die Induktivtät und Kapazität des Trafos. Insofern ist diese Abweichung kein Grund zu Sorge.

Interessant ist natürlich die Frage, wie es sich mit dem Ripple auf den 300 V für die Ionisationskammer verhält. Es ergaben sich etwas über 400 mV mit der Schwingfrequenz des Spannungswandlers von 1,9 kHz. Das scheint gering genug zu sein, um stabile Messwerte zu erreichen.
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Zuletzt habe ich die Stromaufnahme in Abhängigkeit von der Eingangsspannung gemessen:
- 1,1 V -> 38 mA
- 1,2 V -> 43 mA
- 1,3 V -> 44 mA
- 1,4 V -> 48 mA
- 1,5 V -> 49 mA
- 1,6 V -> 51 mA

Die Stromaufnahme sinkt mit fallender Batteriespannung. Auch bei 1,1 V erreichen die drei Spannungen noch ihre Sollwerte.

Bei einer Batteriespannung von 1, V beträgt die Leistungsaufnahme 1,5 V * 0,049 A = 0,0735 W = 73,5 mW. Im Handbuch aus den 1980ern wird für Standard-Monozellen eine Laufzeit von 60 Stunden angegeben. Mit modernen Alkali-Mangan Batterien werden es eher 150 bis 200 Stunden sein.





Dsl71


DL3HRT

Danke für die Blumen :). Ionisationskammern sind durchaus auch für den Selbstbau interessant und das Babyline 31 ist ein Gerät, bei dem man sich Vieles für eigene Projekte abschauen kann. Das Design ist zwar schon fast 50 Jahre alt aber die Entwickler haben damals das technisch Machbare realisiert. Nicht umsonst waren die Geräte so lange im Einsatz.

Peter-1

Selbstbau geht  ;D
Vor über 25 Jahren habe ich das kleine Gerät mit einer 120 ccm Kammer gebaut. Läuft heute noch gut, nur müßte ich mal auf Sv/h umstellen.
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Gruß  Peter

DL3HRT

Das empfindliche Volumen der Ionisationskammer beträgt 515 cm3 +/- 10 cm3. Sie arbeitet mit Luft unter athmosphärischem Druck.

Die eigentliche Ionisationskammer besteht aus gewebeäquivalentem Material mit einer Flächenmasse von 7 mg/cm2. Die dünnwandige Kammer besteht aus einem Gerüst aus Phenolharz-Papier von 140 mg/cm2 Flächenmasse und ist mit lackierter Japan-Seide überzogen. Die Kammer ist lichtdicht und mit einem leitenden Überzug versehen. Dieser besteht aus 53 % Graphit, 25 % Tannin und 22 % Magnesiumfluorid. Die Durchlässigkeit der Kammer, einschließlich der Stirnseite, beträgt 70 %.

Die Entwicklungsingenieure haben bei der Konstruktion der Ionisationskammer ganze Arbeit geleistet. Hier die Zusammenfassung der Anforderungen:
- großes Volumen von ca. 0,5 Liter
- geringe Flächenmasse von 7 mg/cm2
- leitfähig
- lichtdicht
- luftdurchlässig

Ich finde die Lösung mit der Seide nahezu genial :clapping:.

Über der dünnwandigen Ionisationskammer kann eine gewebeäquivalente Wandverstärkung mit einer Flächenmasse von 300 mg/cm2 befestigt werden. Sie wird einfach über die Ionisationskammer geschoben und mit eine Bajonettverschluss verriegelt. Die Wandverstärkung besteht aus einer Mischung von Polyethylen und Magnesiumfluorid.

Die zylindrische Sammelelektrode in der Ionisationskammer hat 12 mm Durchmesser und besteht aus Nylon, welches ebenfalls mit demselben leitenden gewebeäquivalenten Überzug wie die dünnwandige Kammer versehen ist. Der Kontakt zum Gate des MOSFETs erfolgt über einen Messingstift. Der Stützisolator besteht aus Teflon, wobei der Teflonisolator mit einem Schutzring versehen ist.

Die Ionisationskammer enthält nur ein Minimum an Metallteilen zur Befestigung die so angeordnet sind., daß sie das Elektronengleichgewicht nicht stören. Sie wird mit einer Spannung von +300 V betrieben. Der Pluspol liegt dabei am Kammergehäuse.

Die nachfolgende Zeichnung aus dem Handbuch zeigt den Aufbau und die Abmessungen der Ionisationskammer.
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Im nachfolgenden Foto ist der Teflonisolator mit der durchgeführten Elektrode zu sehen.
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