Röntgenstrahlung Bildröhren

Begonnen von DL8BCN, 15. April 2023, 18:16

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etalon

Zitat von: NoLi am 27. April 2023, 23:17Wenn ich mit einem H*(10) Dosisleistungsmessgerät die wahre Dosisleistung von 10 keV/15 keV Röntgenstrahlung bestimmen möchte...

Genau genommen gilt das H*10 Modell bei Energien <20 keV nicht, da die Strahlung nicht mehr durchdringend genug ist, um nach dem Modell eine Dosis zu verursachen. Da greift dann die H'(0,07) Richtungs-Äquivalentdosis. Aber dann wird die Rückrechnung ja noch komplizierter...

Da wir aber ja
Zitat von: opengeiger.de am 27. April 2023, 22:14...ich weiß dann grob, ob das echte H*(10) pro Zeiteinheit eher in der Nähe von 100mSv/h oder 100uSv/h liegt...
eh drei Größenordnungen Toleranz bei unserer Messung zulassen, ist das Rechnen mit H*10 wohl eine zulässige Vereinfachung.  ;D

Zitat von: opengeiger.de am 27. April 2023, 19:55...
Ich denke auch, dass genau auf dieser Überlegung auch die Energiekompensation des Radiacode mit der neuen Firmware funktioniert. Der RC-101 wird auch nicht den Anspruch erheben H*(10) richtig messen zu können. Die Radiacode-Leute kennen die Detektoreffizienzkurve ihres kleinen Kristalls und bekommen dann pro Energie eine Zählrate aus der Messung, was das Spektrum ohne Kompensation darstellt. Dann multiplizieren sie das Spektrum mit der inversen Detektoreffizienzkurve, so dass sie eine Energieunabhängigkeit bekommen. Dann summieren sie das Spektrum hoch und verwenden dann einen werkseitige Kalibrierpunkt (zum Beispiel mit Cs137 bei 662keV) um das energiekompensierte Spektrum auf den richtigen Hr Wert zu bringen, der dann in uSv/h angezeigt wird. Als so stell ich mir das vor. Oder denkt jemand, dass das anders funktioniert?     

Und um abschließend noch auf diese Frage zu antworten:
Ich denke, das effizienzkalibrierte Spektrum wird in n Energieabschnitte zerlegt, welche dann jeweils aufintegriert werden. Dann wird jeder Energieabschnitt mit einer passenden Dl-Konstante verrechnet und am Ende die Summe daraus gebildet. So würde ich es zumindest machen. Das ist ja der Vorteil einer spektrometrischen Messung, dass man das dE beliebig genau berücksichtigen kann (natürlich im Rahmen einer ausreichenden Zählstatistik), was bei einer integralen Messung halt nicht geht. Da muss dann halt über einen weiten Energiebereich ein entsprechend konstruktiver Aufwand getrieben werden...

Damit ist meinerseits eigentlich alles gesagt. Ich wünsche viel Erfolg beim Röntgendosisleistungmessen...  ;D  ;)

opengeiger.de

Wir hatten beim Strahlenschutzverband nen Sitzungsleiter, der die Treffen immer von Donnerstag auf Freitag gelegt hat. Am Donnerstag hat man hitzig diskutiert und spülte dann abends in der Kneipe nach dem Abendessen die trockenen Themen ordentlich runter. Dann ging vielen Teilnehmern bis Freitagmittag das Durchhaltevermögen aus und sie verließen den Ring, spätestens nach dem Mittagessen. Und so konnte er dann, nach dem Mittagessen die wichtigen Beschlüsse relativ zügig fassen und war bis Freitag 15Uhr fertig. Aber wir haben ja noch einige kompetente Leute im Ring und es ist erst Freitagvormittag.  ;D


Ok, also Noli bestätigt, ein H*(10) taugliche Messinstrument braucht eine eingebaute Energiekompensation, aber wenn ich nicht gerade eine Strahlung habe, die über einen großen Energiebereich verteilt ist, und ich wie beim Ranger/Inspector die Detektoreffizienz über der Energie kenne, dann kann ich zumindest diese Energieabhängigkeit auf dem Blatt Papier so ganz grob von Hand kompensieren. Das wäre also der Faktor 2 beim Pancake-Zählrohr des Ranger/Inspector für die 10keV im Vergleich zu 662keV. Damit ist doch schon mal ein Meilenstein auf dem Weg zur Poor Man's Lösung erreicht.

Während nun Peter die Diskussion mit immer weiteren chicen Bildechen von potenziell Röntgenstrahlung im Millisievert-Bereich emittierenden antiken Röhren befeuert, steht jetzt noch der einigermaßen korrekt abschätzenden Low-Cost Messung im Weg, dass die von den antiken Röhren emittierte Röntgenstrahlung ja unter Umständen auch noch eine Sekundärstrahlungstrahlung hervorrufen könnten, die vor allem bei niedrig energetischer Strahlung auf unangenehme Weise auftreten kann und Kerma heißt. Die sekundär entstehende Kermaleistung kann genauso schädigende Wirkung haben und muss daher, wenn sie nennenswert auftritt, von einem in diesem Energiebereich H*(10) tauglichen Messgerät zusammen mit der primär auftretenden Dosisleistung entsprechend berücksichtigt werden, wenn man tatsächlich ICRU-konform H*(10) pro Zeiteinheit mit einem Messgerät messen möchte.

Wenn man nur abschätzend rechnet und nicht misst, dann kann man auch Dosisleistungskonstanten ins Rennen werfen, wie von Etalon und Noli erwähnt. Dann nimmt man z.B. den Strahlstrom, bestimmt den Abstand vorm Brennfleck und sucht sich die zum Beispiel die passende Äquivalentdosisleistunskonstante GammaR für Röntgenstrahler und bekommt so die Äquivalentdosisleistung Hx pro Zeiteinheit im Nutzstrahl in der Entfernung r vom Brennfleck. Das ist jetzt aber immer noch nicht H*(10), wenn ich es richtig verstehe.

Genauso kann man natürlich auch die sekundäre Kermaleistung Ka in Luft messtechnisch bestimmen, dann gibt's dafür wieder eine andere Dosisleistungskonstante, so dass man jetzt Ka tatsächlich in H*(10) umrechnen kann. Das ist Noli's Vorschlag. Die Frage ist, wie zum Teufel messen wir denn nun als Hobbyist das Ka? Vielleicht gibt es da ja auf Ebay was Bezahlbares? Aber immerhin gibt es an der von Noli zitierten Stelle (etwas weiter unten auf Seite 24) eine Tabelle 3.1, wo jetzt die Konversionsfaktoren zwischen H*(10) und Ka für monoenergetische Photonenstrahler genannt sind. Und das hilft uns jetzt unter Umständen weiter mit den alten Röhren und den Messmitteln, die für den Hobbyisten bezahlbar sind. Da steht nun in Tabelle 3.1, dass z.B. bei Photonenstrahlung mit 1000keV der Umrechnungsfaktor H*(10)/Ka 1.17Sv/Gy beträgt und bei 10keV nur noch 0.008Sv/Gy. Man kann das jetzt spaßesshalber auch mal invertieren, unter der Annahme man kennt H*(10) und will daraus die Kermadosis berechnen. Dann heißt das, ich bekomme für 1000keV den Faktor 0.85Gy/Sv und für 10keV 125Gy/Sv. In anderen Worten gesagt: Angenommen Peter hätte ein H*(10) taugliches Messgerät für 10keV Röntgenstrahlung und würde damit in 1m Entfernung von seiner Röhre, die er mit 10kV betreibt, 10uSv/h für H*(10) messen, dann würde er jetzt in der Luft eine Sekundärstrahlung mit einer Energiedosisleistung von 1250Gy/h generieren, richtig? Das ist ne Menge Holz! Wir kennen jetzt mit dieser Rechnung aber wieder nicht die Ortsdosisleistung der Primärstrahlung in 1m Abstand von der Röhre, aber wir können aus dem Vergleich mit den moderaten Verhältnissen bei 1000kV doch mal annehmen, dass die Kermaleistung für die schädigende Wirkung eine gewaltige Rolle spielt. Das heißt, auch wenn Etalon andeutet, dass er den Ring nun verlassen will, dann sind wir durch seinen Einwand doch darauf gekommen, dass die kostengünstige Inspectormessung mit dem Pancake-Detektor und die nachfolgende Papierrechnung zur Energiekompensation zwar in ungefähr die Ortsdosisleistung der primären Röntgenstrahlung liefert, aber dass da noch was Anderes auftreten könnte, was nen Tickchen unangenehmer sein könnte, nämlich die Sekundärstrahlung. :o  Dafür müssen wir ihm doch enorm dankbar sein!  :good2:

Jetzt misst das Pancake leider nicht die Luftkermaleistung, das heißt mit der Pancake-Messung kann man H*(10) kaum bestimmen und deswegen können damit den Gesamtschaden, den Peter's Röhrchen (und vergleichbare) im menschlichen Gewebe anrichten könnten, messtechnisch nicht richtig bestimmen, sondern wir sehen eben nur die schädigende Wirkung der primären Röntgenstrahlung. Die Frage ist nun reicht uns das? Ein mulmiges Gefühl bleibt da in der Tat. Aber ich werde nun mal schauen, ob man den Zusammenhang zwischen primärer Röntgen-Ortsdosisleistung, die wir grob messtechnisch bestimmen könnten und dem entstehenden Luftkerma irgendwie abschätzen kann. Aber ich weiß jetzt nicht, ob ich das bis heute 15:00h noch finde, ich muss ja auch noch was anderes arbeiten. Und ich hoffe natürlich, dass Etalon noch ne Weile im Ring bleibt!  :)         

Peter-1

Hallo Bernd,

ich staune was man einer kleinen alten Gleichrichterröhre zutraut  :yahoo:
Wie sieht es aus wenn ich in 10cm Abstand gerade mal 1 µSv/h messen (schätzen) würde, also gerade der Nachweis dass es über dem Hintergrund ist?
Was stoppi zeigt und beschreibt ist eine ganz andere Schublade.

Peter
Gruß  Peter

etalon

Zitat von: opengeiger.de am 28. April 2023, 09:36...
Und ich hoffe natürlich, dass Etalon noch ne Weile im Ring bleibt!  :)         


Ich weiß nicht. Mir scheint, dass ich mich sehr kompliziert und unverständlich ausdrücke, was zur laufenden Wiederolung des von mir geschriebenen führt. Dazu habe ich eigentlich keine Lust.  ;)
Aber einmal probier ich's noch... (Vorsicht mit Wünschen, sie könnten in Erfüllung gehen  :D )

Zitat von: opengeiger.de am 28. April 2023, 09:36...
Das wäre also der Faktor 2 beim Pancake-Zählrohr des Ranger/Inspector für die 10keV im Vergleich zu 662keV.
...   
Nur in Relation zu 662 keV! Das trifft alleine noch keine Aussage über den Detektorwirkungsgrad bei 662 keV. Den muss man dann noch bei 662 keV wissen (aus Angaben berechnen), um einen Photonenfluss an der Stelle des Detektors messen zu können.

Zitat von: opengeiger.de am 28. April 2023, 09:36...dass die von den antiken Röhren emittierte Röntgenstrahlung ja unter Umständen auch noch eine Sekundärstrahlungstrahlung hervorrufen könnten, die vor allem bei niedrig energetischer Strahlung auf unangenehme Weise auftreten kann und Kerma heißt. Die sekundär entstehende Kermaleistung kann genauso schädigende Wirkung haben und muss daher, wenn sie nennenswert auftritt, von einem in diesem Energiebereich H*(10) tauglichen Messgerät zusammen mit der primär auftretenden Dosisleistung entsprechend berücksichtigt werden, wenn man tatsächlich ICRU-konform H*(10) pro Zeiteinheit mit einem Messgerät messen möchte.
...

Das Luftkerma Ka ist eine international gebräuchliche Maßeinheit für die Ionendosis, genau so, wie es das nur in DE verwendete Hx quasi auch war. Es beschreibt die in einem definierten Luftvolumen durch ionisierende Strahlung deponierte Energie durch Wechselwirkung mit den Luftatomen (Ionisation). Dieser Energieeintrag ist erst mal eine energieunabhängige Größe, nämlich einfach der Betrag der deponierten Energie (natürlich sind die Wechselwirkungen nicht energieunabhängig, sonst wäre Hx oder Ka immer gleich groß).
Um dann einen Bezug zu H*10 zu bekommen, benötigt man energieabhängige Koeffizienten. Das sind diese von Norbert angeführten Werte.

Wie du der Formel aus dem von mir zuvor verlinkten Paper entnehmen kannst, ergeben die Dosisleistungskonstanten nicht dHx/dt, sondern dH*10/dt und somit deinen gesuchten Wert.
Dabei sind die Aktivität/Röhrenstrom und das Abstandsquadrat nur zur Berechnung des Photonenflusses bei punktförmigen Quellen und bestimmtem Abstand in der Formel enthalten. Das kannst du dir sparen, wenn du diesen gemessen hast, was du ja mit den ips/theta*Zählrohrfläche (theta=Detektorwirkungsgrad) machst. Somit kannst du aus der Messung des Photonenflusses in einem Strahlenfeld mit bekanntem, kleinen dE dH*10/dt direkt berechnen, was auch schon die Sekundärstrahlung berücksichtigt. Sonst würdest du ja mehr Energie deponieren, als du zuführst. Das scheint mir nach dem Energieerhaltungssatz ausgeschlossen.  ;)

Zitat von: opengeiger.de am 28. April 2023, 09:36...
Genauso kann man natürlich auch die sekundäre Kermaleistung Ka in Luft messtechnisch bestimmen, dann gibt's dafür wieder eine andere Dosisleistungskonstante, so dass man jetzt Ka tatsächlich in H*(10) umrechnen kann. Das ist Noli's Vorschlag. Die Frage ist, wie zum Teufel messen wir denn nun als Hobbyist das Ka? Vielleicht gibt es da ja auf Ebay was Bezahlbares? Aber immerhin gibt es an der von Noli zitierten Stelle (etwas weiter unten auf Seite 24) eine Tabelle 3.1, wo jetzt die Konversionsfaktoren zwischen H*(10) und Ka für monoenergetische Photonenstrahler genannt sind. Und das hilft uns jetzt unter Umständen weiter mit den alten Röhren und den Messmitteln, die für den Hobbyisten bezahlbar sind. Da steht nun in Tabelle 3.1, dass z.B. bei Photonenstrahlung mit 1000keV der Umrechnungsfaktor H*(10)/Ka 1.17Sv/Gy beträgt und bei 10keV nur noch 0.008Sv/Gy. Man kann das jetzt spaßesshalber auch mal invertieren, unter der Annahme man kennt H*(10) und will daraus die Kermadosis berechnen. Dann heißt das, ich bekomme für 1000keV den Faktor 0.85Gy/Sv und für 10keV 125Gy/Sv. In anderen Worten gesagt: Angenommen Peter hätte ein H*(10) taugliches Messgerät für 10keV Röntgenstrahlung und würde damit in 1m Entfernung von seiner Röhre, die er mit 10kV betreibt, 10uSv/h für H*(10) messen, dann würde er jetzt in der Luft eine Sekundärstrahlung mit einer Energiedosisleistung von 1250Gy/h generieren, richtig? Das ist ne Menge Holz!
...

Ich glaube, da liegst du um den Faktor e6 zu hoch... An sonsten wüsste ich nicht, was überraschend an der Erkenntnis ist, dass man bei 10 keV eine Ionendosis von 1,25 mGy benötigt, um eine biologisch wirksame Äquivalentdosis von 10 uSv zu erhalten. Bei 1000 keV reichen schon 8,5 uGy Ionendosis, um 10 uSv biologisch wirksame Äquivalentdosis zu generieren. Das ist ja genau die nichtlineare Energieabhängigkeit, von der ich die ganze Zeit rede...

Genaugenommen kommt noch dazu, dass wenn Peter an der Röhre eine Beschleunigungsspannung von 10 kV anlegt die meisten emittierten Photonen eine Energie im ersten Drittel der Verteilung haben, also um die 3,3 keV (die Aufhärtung durch die Filterung der Glasröhre und der Luft mal nicht berücksichtigt). Aber das ist erst mal vernachlässigbar.

Ich hoffe, dass es jetzt etwas klarer wird, worauf ich raus will. Mir scheint es hauptsächlich an unterschiedlichem Verständnis über die Bedeutung der Dosisbegriffe zu hapern...

Peter-1

Ist es richtig, dass bei einer Messung mit einer Ionisationskammer (Luft gefüllt) die Energieabhängigkeit zum Großteil nur von der Wandung abhängig ist?
Gruß  Peter

Radioquant98

Hier gibt es auch noch ein Buch : http://www.kronjaeger.com/hv/buch/index.html

Bei VA-J-15A besteht die Kammer aus Styropor innen Graphit beschichtet.

Viele Grüße
Bernd

opengeiger.de

Zitat von: etalon am 28. April 2023, 11:10Ich weiß nicht. Mir scheint, dass ich mich sehr kompliziert und unverständlich ausdrücke, was zur laufenden Wiederolung des von mir geschriebenen führt. Dazu habe ich eigentlich keine Lust.  ;)
Aber einmal probier ich's noch... (Vorsicht mit Wünschen, sie könnten in Erfüllung gehen  :D )



Dass Du Dich kompliziert ausdrückst, das hast Du nun selbst gesagt!  :D Aber Du siehst doch, dass wir lernfähig sind, Du musst einfach nur Geduld haben, steter Tropfen höhlt den Stein!  :))

Und ich sagte auch schon mal, wo Du recht hast, hast Du recht, ich darf bei der Anwendung des Faktors 125Gy/Sv für das Verhältnis von Ka/H*(10) auf die 10uSv/h von Peters Röhre nicht einfach das "u" vergessen. Gut, dass Du es gemerkt hast!  :good3:

Die Thematik um die Kerma und wie sie in den Dosisgrößen zu berücksichtigen ist bzw. wie man das messtechnisch korrekt erfassen kann, da muss ich mich in der Tat noch etwas tiefer einlesen, das gebe ich gerne zu. Niederenergetische Röntgenstrahlung war tatsächlich bisher noch nicht so ganz mein Spielfeld, zumal es ja im Hobbybereich mit dem Betrieb solcher Anlagen so gewisse Vorschriften gibt.  ;) 

etalon

Zitat von: Peter-1 am 28. April 2023, 12:00Ist es richtig, dass bei einer Messung mit einer Ionisationskammer (Luft gefüllt) die Energieabhängigkeit zum Großteil nur von der Wandung abhängig ist?

Ein klares Jain  :D
Abhängig ist es vor allem von der Wahrscheinlichkeit einer Wechselwirkung mit Atomen. Diese ist sehr energieabhängig. Da es in der Wandung idR aufgrund der Materialien und deren Dichte eine größere Anzahl an Atomen/Volumen gibt, als es in der Luft der Fall ist, trägt die Wandung zu einem Großteil der Wechselwirkungen bei, aber ist nicht ursächlich für die Energieabhängigkeit. Die Wandung spielt aber bei der messbaren Grenzenergie nach unten eine Rolle..

Zitat von: opengeiger.de am 28. April 2023, 12:36Dass Du Dich kompliziert ausdrückst, das hast Du nun selbst gesagt!  :D Aber Du siehst doch, dass wir lernfähig sind, Du musst einfach nur Geduld haben, steter Tropfen höhlt den Stein!  :))
...

 :D  :D  Ja, aber wir sind hier ja nicht in der Kirche, wo man krampfhaft versucht, die Leute auf seine Seite zu ziehen...  ;D  Hier darf ja jeder glauben, was er will...

Zitat von: opengeiger.de am 28. April 2023, 12:36...
Die Thematik um die Kerma und wie sie in den Dosisgrößen zu berücksichtigen ist bzw. wie man das messtechnisch korrekt erfassen kann, da muss ich mich in der Tat noch etwas tiefer einlesen, das gebe ich gerne zu. Niederenergetische Röntgenstrahlung war tatsächlich bisher noch nicht so ganz mein Spielfeld, zumal es ja im Hobbybereich mit dem Betrieb solcher Anlagen so gewisse Vorschriften gibt.  ;) 

Das Luftkerma beschreibt die Anzahl an Wechselwirkungen von Photonen in einem Luftvolumen. Dabei sind bei den niedrigen Energien hauptsächlich der Photoeffekt und die Comptonstreuung maßgeblich. Dabei entsteht jedesmal ein ß-Teilchen (Elektron mit kinetischer Energie). Wenn dieses Elektron im Coulomb-Kraftfeld eines Atomkerns eine Richtungsänderung erfährt, gibt es Energie in Form von Röntgenbremsstrahlung ab. Dieses Bremsstrahlungs-Kontinuum hat eine Emax = Ekin des Elektrons und ein Epeak bei rund 1/3 Emax des Elektrons. Das ist dann die Sekundärstrahlung, welche entsteht. Diese muss aber nicht an dem selben Ort wieder dosiswirksam wechselwirken, sondern das kann irgend wo sein, da sich die elektromagnetischen Welle ja mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet. Somit ist die Dosiswirksamkeit der Sekundärstrahlung nur sehr schwer zu berechnen und wird normalerweise über Monte-Carlo-Simulationen angenähert.
Nachdem bei einem Photoeffekt die gesamte Energie des Photons auf das Elektron übertragen wird, bei der Comptonstreuung nur ein Teil der Energie des Photons stoßwinkelabhängig übertragen wird ist es nachvollziehbar, dass das Energiespektrum der Sekundärstrahlung von der Primärenergie des Wechselwirkenden Photons abhängt, und die Intensität der Sekundärstrahlung eine Funktion der Wechselwirkungen/Volumen darstellt, was mit Temperatur und Druck der Luft zusammenhängt.

Somit ist die Sekundärstrahlung bei niedrigen primären Photonenenergien eher vernachlässigbar, wird aber zu hohen Energien zunehmend Dosisrelevant...

opengeiger.de

Ok, das war nun mal ne richtig gute Erklärung von Etalon zur Kerma und der zu erwartenden Sekundärstrahlung ich denke, das ist nun verstanden. :good2:

Ich will nun aber nochmal für die Fraktion der lernfähigen Dummies zusammenfassen, wo wir stehen. Wir hatten ja ursprünglich die Aufgabe die Röntgenemission von Osziröhren und Bildröheren von DL8BCN zu klären. Da gabs die ausführliche Antwort in Form des Berichts vom KfK. Da kommt also nicht viel raus und schon gar nicht an einem alten Hameg Oszi. Ich hab auch mal an meinem mit dem Inspector gemessen, da sieht man rein gar nichts.

Aber es sind ja im Laufe des Threads noch weitere Aufgaben zur Lösung aufgetaucht:
 
1.   Offensichtlich gibt's bei der Funkamateurfraktion noch einige, die Freude an alten Röhren haben und die auch noch ans Laufen kriegen. Und wir wissen, dass es dabei ein paar Röhren gibt, die im vom Hersteller vorgesehenen Betrieb durchaus niederenergetische Röntgenstrahlen emittieren.  :wacko2:

2.   Dann gibt es im Forum noch berufserfahrene Heathineers, und Physiker, die private Röhrensammlungen für die Nachwelt angelegt haben, wo es durchaus auch Röntgenröhren dabeihat aber auch hübsche Gleichrichterröhrchen, die man ganz entsprechend der vorgesehenen Anwendung in Betrieb nehmen könnte. Da wäre es dann ganz interessant zu sehen, welche Dosisleistung die so im niederenergetischen Röntgenbereich abgeben.  :unknw:

3.   Dann gibt es noch Leute, die frickeln sich eine Röntgenanlage zusammen und machen ziemlich verrückte Experimente und stellen das auf youTube. Da wird dann auch ein Radiascan in die Höhe gehalten und zeigt absolut verrückte Werte an. Da wäre dann z.B. die Frage, müssen diese Verrückten nach einigen Jahren Latenzzeit mit einer erheblichen Abnahme der Sehkraft durch Kataraktbildung rechnen, weil der Dosisgrenzwert für die Augenlinse mehrfach massiv überschritten war, weil sie ins direkte Röntgenlicht geschaut haben?  :o

4.   Und es gibt so Physik-Freaks, die bauen so eine Anlage etwas vernünftiger auf. Da ist nun die Frage, könnte man bei so einer Anlage irgendwie die Legalität nachweisen oder postet man sowas besser nicht im Internet?  :-\

Interessant ist auch, ähnliche Fragen kamen schon mal in anderen Threads hoch, man muss nur eine Kategorie zurück auf Hochspannung gehen, dann sieht man das. Also irgendwie scheinen Hochspannung und Röhren nicht nur Röntgenstrahlen, sondern auch einen gewissen Thrill auszustrahlen  :sun_bespectacled: . Umso mehr wäre es eigentlich interessant, wie misst man das richtig und was sagt uns eigentlich ein Wert, den so ein Radiascan mit Pancake-Rohr anzeigt, wenn man ihn im Strahlungsfeld einer Röhre einfach hochhält?  :(

Dann haben wir noch nen trockenen Theorie-Brocken  :padonak: . Bei niederenergetischer Röntgenstrahlung ist die einigermaßen korrekte Messtechnik nicht so ganz trivial. Unsere Berufsprofis haben uns da mit Dosisbegriffen und Dosisleistungskoeffizienten und den Profimessgeräten konfrontiert, aber nur am Stammtisch nachplappern will man das ja auch nicht einfach. Man will es auch verstanden haben. Und ich weiß das mittlerweile aus anderen Bereichen, wenn man im professionellen Bereich an einem Thema arbeitet, wo es um viel Geld geht, dann stellt einem der Arbeitgeber schon auch mal ein Messgerät hin, für das man sich auch ein Eigenheim kaufen könnte. Das Dumme ist nur, man gewöhnt sich dran und setzt das mit der Zeit als selbstverständlich voraus, obwohl es oft auch deutlich billiger und einfacher gehen würde, aber die Firma zahlts ja  :D . Dass man mit schickem Equipment arbeiten darf, ist auch ne gewisse Anerkennung, das lehnt man in der Regel nicht ab. Im Prinzip aber ist es die größere Herausforderung das Gleiche auch mit low-cost Equipment hinzubekommen und wenn man es tatsächlich schafft, letzten Endes der größere gesellschaftliche Verdienst. Von daher lohnt es sich durchaus zu versuchen, die oben gestellten Aufgaben mit einem gewissen Verständnis im Hintergrund mal mit low-cost Ansätzen anzugehen. Ich hab so was bei den Partikelmessungen (Feinstaub) schon erfolgreich hinbekommen, mittlerweile versuchen die großen Hersteller von teurem Equipment nun auch fieberhaft Produkte im low-cost Bereich zu entwickeln und auch anzubieten. Im Prinzip ist der Radiacode und der Raysid genauso ein low-cost Ansatz, der einen hohen gesellschaftlichen Wert hat, weil er eben Citizen-Science in brauchbarer Weise ermöglicht  :i-m_so_happy: . Also sollten wir auch mit der Theorie dranbleiben. :paint3:

Nun haben unsere Berufsprofis ja schon angedeutet wie man so ne niederenergetische Röntgendosisleistung professionell bestimmt und uns das SSK Dokument (Band43) genannt, wo es drinsteht. Jetzt muss ich aber genau sein:

Um die Umgebungs-Äquivalentdosisleistung H*(10)/dt regelkonform zu bestimmen, muss ich die Luftkermaleistung Ka/dt bestimmen und dann mit Hilfe der Dosisleistungskoeffizienten (Tabelle 3.1) umrechnen. Das macht zum Beispiel ein Ionisationskammer-Messgerät wie der TOL/F von Berthold für Photonenstrahlung bis 10keV.

Und die andere Variante ist, ich bestimme das aus den Kenndaten der Anlage. Also für so eine Tiermedizin-Röhre, wie Peter oder Etalon sie gezeigt haben, könnte man den Strahlstrom bestimmen und bekommt dann die Umgebungs-Äquivalentdosisleistung H*(10)/dt durch Multiplikation mit der Dosisleistungskonstante GammaRH*, wie in der Abbildung 3.3 gezeigt und Division durch das Abstandsquadrat. Den Strahlstrom könnte ich über einen Vorwiderstand im Hochspannungskreis vor der Kathode messen.

Wenn an der Röhre also beispielsweise 30kV anliegen, der Strahlstrom 1mA beträgt, dann bekäme ich an einem 1kOhm Widerstand eine Spannung von 1V und das ändert die Hochspannung dann nur vernachlässigbar. Die Hochspannung kann ich mit nem Spannungsteiler messen, ich brauch also einen ausreichend hochspannungsfesten Widerstand mit beispielsweise 1GOhm, das kann man kaufen. Wenn dann mein Spannungsmessgerät einen Innenwiderstand von 10Megohm hat, sehe ich bei 30kV eine Spannung von 297V (wenn ich jetzt nicht wieder ein paar wichtige Buchstaben verschlampert habe). Bei einer 1mm Alu-Filterung des Strahls (Kurve c in Abb. 3.3) wäre dann der Dosisleistungskoeffizient GammaRH* etwa 0.7mSv*m^2/mA/min. Also bekämen wir so in 1m Abstand 0.7mSv/min oder 42mSv/h.  :o

Die Röhre hätte dann hochspannungsseitig eine Leistungsaufnahme von 1mA*30kV=30Watt wenn das Hochspannungsnetzteil den Strom hergibt. Mit der Heizleistung zusammen ist die thermische Situation also etwa so wie ne gute alte Glühbirne etwa, das bekommt man also für kürzere Zeit auf jeden Fall in Griff. Aber 42mSv/h in 1m Abstand bei 1mA Strahlstrom! Kann das mal einer zur Vorsicht nochmal nachrechnen? :unknw:

Wenn wir jetzt mal ganz theoretisch die Hochspannung weiter absenken würden, sagen wir auf 20kV, den Strahlstrom beibehalten und ohne spezielle Filterung des Strahls arbeiten würden (das Glas filtert allerdings wie Peter gezeigt hat) dann liegt der Dosisleistungskoeffizient vielleicht so in der Nähe bei 1 mSv*m^2/mA/min, dann kämen wir mit der gleichen Rechnung auf 60mSv/h in 1m Abstand. Das könnte dann doch so etwa den Verhältnissen bei den verrückten Typen in dem youTube entsprechen, oder nicht? Dann würde es nicht so sehr wundern, dass die zwei Radiascan Geräte an den Anschlag gehen, wenn das Pancake auf die 20keV Strahlung noch anspricht.

Es bleibt aber die Frage, zu welcher physikalischen Größe ist jetzt die Radiascan-Anzeige proportional? Und was spiegelt der Verlauf der Dosisleistungskonstanten wider, wenn diese bei noch niederer Energie bei gleicher Filterung immer dramatischer kleiner werden? Das müsste doch nahelegen, dass die Dosiswirksamkeit im Gewebe mit abnehmender Energie viel viel stärker abnimmt, als beispielsweise die Kermaleistung, die ich mit nem TOL/F noch messen kann? Dann müsste es ja bei 10keV fast unkritisch werden, wenn die Röntgenstrahlung aus dem Glas der Röhre noch rauskommt. :-*

Aber was ist es denn, was die biologische Wirksamkeit der niederenergetischen Röntgenstrahlung mit abnehmender Energie so dramatisch abnehmen lässt? Selbst UV-C Licht mit 4.5eV (275nm) generiert doch auch noch mächtig Radikale im Zellwasser, die DNA bekommt noch Brüche und das zu erwartende Detriment ist Hautkrebs mit erschreckender Statistik? So eine UV-C LED mit 2W für ein paar Euros aus dem Internet erzeugt nach wenigen Minuten in ein paar cm Abstand förmlich Strahlungs-Verbrennungen, wie man ganz einfach zeigen kann. Was ist denn da der Unterschied? Weiß das jemand? 

DL8BCN

Moin Bernd, interessante Gedanken, die du hier schreibst!
Arbeiten handelsüblige Röntgenröhren nicht eher mit 60 kV bis 150 kV?
Den Anodenstrom kenne ich so nicht.
Die Dosisleistung bleibt ja nur deshalb im Rahmen, weil es meistens nur ein ganz kurzer Röntgenblitz ist. Da bleibt es im Millisekundenbereich, oder noch kürzer ?
Eine Ausnahme bildet die Untersuchung mit einem CT Gerät.
Da sind es dann um die 20 mSv. So ein Scan dauert ja auch wesentlich länger.
Ich erinnere mich noch an die gesetzlich vorgeschriebenen Röntgen Reihenuntersuchungen auf Tuberkulose.Das ging ja, glaube ich bis in die 1970 er Jahre.War vor allem nach dem WW2 und in den 1960ern weit verbreitet.Gab es so etwas eigentlich nur in Deutschland?
Auch ich war als Jugendlicher in dem Röntgenbus mit dem Anhänger, wo ein Dieselstromgenerator die nötige Energie lieferte :o
Ich weiß gar nicht mehr, ab welchem Lebensalter man da rein musste. Ich fand es schrecklich, daß es Pflicht war und hatte tatsächlich schon damals Angst vor der Röntgenstrahlung.
Der Typ der die Anlage bedient hat sagte allen, daß es gar nicht weh tut :rofl:
Später hat man dann eingesehen, daß man mit den Untersuchungen eventuell mehr Schäden angerichtet hat, als es Nutzen hatte >:(


Peter-1

Hallo Bernd,

nur mal zu Punkt 4.  Im Hobbybereich Röntgen legal  :yahoo:
Nie und nimmer !!! Ich versuche mich auch entsprechend zurückzuhalten. Ja die genannte Firma kenne ich sehr gut  :)  Thema Röntgenphysik war mir nicht fremd. Toll war die Versuchsanlage mit dem ganzen Meßpark von der PTW Freiburg. Aber auch die Besuche bei der PTB fand ich immer sehr interessant.
Zum Punkt der Hochspannung: ab 60 kV für die Mammographie um einen guten Kontrast vom Mikrokalk noch zu erkennen. Die etwas gewichtigen Texaner mit >150 kg Lebendgewicht brauchten dann schon 120 kV oder bis zur Grenze. Die Generatoren dazu liefern 100 kW, aber nur für kurze Zeit. Richtig fette Röhren sind für CT. Die DURA war so ein Exemplar. Aber selbst die kleine Röntgenkugel konnte Respekt einflößen.
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.
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Peter
Gruß  Peter

etalon

Dann trage ich halt noch ein wenig zur Theorie bei...  :D  :D

Zitat von: opengeiger.de am 29. April 2023, 09:28...
Die Röhre hätte dann hochspannungsseitig eine Leistungsaufnahme von 1mA*30kV=30Watt wenn das Hochspannungsnetzteil den Strom hergibt. Mit der Heizleistung zusammen ist die thermische Situation also etwa so wie ne gute alte Glühbirne etwa, das bekommt man also für kürzere Zeit auf jeden Fall in Griff. Aber 42mSv/h in 1m Abstand bei 1mA Strahlstrom! Kann das mal einer zur Vorsicht nochmal nachrechnen? :unknw:
...

Ich habs jetzt nicht nachgerechnet, aber von der Größenordnung her stimmt das mit dem überein, was Peters Programm ausgespuckt hat, daher würde ich da jetzt keine groben Fehler unterstellen wollen...  ;D

Zitat von: opengeiger.de am 29. April 2023, 09:28...
Aber was ist es denn, was die biologische Wirksamkeit der niederenergetischen Röntgenstrahlung mit abnehmender Energie so dramatisch abnehmen lässt? Selbst UV-C Licht mit 4.5eV (275nm) generiert doch auch noch mächtig Radikale im Zellwasser, die DNA bekommt noch Brüche und das zu erwartende Detriment ist Hautkrebs mit erschreckender Statistik? So eine UV-C LED mit 2W für ein paar Euros aus dem Internet erzeugt nach wenigen Minuten in ein paar cm Abstand förmlich Strahlungs-Verbrennungen, wie man ganz einfach zeigen kann. Was ist denn da der Unterschied? Weiß das jemand? 


Die Verwendung von dH*10/dt für Photonen <20 keV ist, wie oben schon mal geschrieben, eigentlich nicht repräsentativ und daher auch nicht vorgesehen. Das liegt an der zunehmend geringer werdenden Durchdringungsfähigkeit der Strahlung. Das H*10 Modell sieht ja vor, dass die Dosiserhebung hinter 10 mm körperäquivalentem Material gemacht wird. Da kommt die niederenergetische Strahlung aber zunehmend gar nicht mehr an, da sie in den vorgelagerten Schichten absorbiert wird. Das macht die Rechenmodelle dann extrem ungenau, da ja, wie Bernd schon bemerkt hat, trotzdem durch die Strahlung Dosis appliziert wird, aber halt nicht am ,,Detektor". Daher ist für solche Photonenenergien die Richtungs-Äquivalentdosis H'(0,07) zu verwenden. Diese ist aber (wie der Name schon sagt) nicht mehr richtungsunabhängig zu betrachten wie H*10, was bei der Ermittlung der Äquivalentdosis zu berücksichtigen ist (es reicht also nicht, an einer Referenzstelle ein Dosimeter zu tragen).

Dabei ist es so, ähnlich wie bei den Alphas auch, dass zwar die durch die niederenergetischen Photonen übertragene Energie nicht so hoch ist, aber diese dann in einem recht kleinen Volumen deponiert wird, was uU zu einer räumlich begrenzt höheren biologischen Wirksamkeit führen kann. Dann schaut man sich aber nicht mehr die mittleren Dosiskoeffizienten für den ganze Körper an, wie bei den dH*10/dt Dosisleistungskonstanten, sondern muss das zunehmend Organspezifisch betrachten, da ja auch nur einzelne Organe davon betroffen sind (Richtungsabhängigkeit!)

Daher passen dann solche Berechnungen wie von Bernd im Energiebereich <20 keV nur sehr, sehr näherungsweise...  ;)

Das ist dann übrigens auch der Grund, warum man Röntgenstrahlung über Filter aufhärtet. Diese niederenergetischen Anteile tragen nicht zur Bildgewinnung bei, verursachen aber nicht unerheblich Dosis. Durch das Aufhärten wird quasi nur der technisch nutzbare Anteil der Röntgenstrahlung auf den Patienten losgelassen...

opengeiger.de

Zitat von: etalon am 29. April 2023, 12:39Dann trage ich halt noch ein wenig zur Theorie bei...

 :good2:

Zitat von: Peter-1 am 29. April 2023, 10:53Hallo Bernd,

nur mal zu Punkt 4.  Im Hobbybereich Röntgen legal :yahoo:

Ein sehr schönes Museum hast Du! Hat es auch Öffnungszeiten?
 :))

Ich habe ein paar Mal als kleines Kind im Schuhgeschäft meine Schuhe in einem Pedoskop auf Passform prüfen dürfen. Laut Wikipedia 4-6mGy/h (siehe  https://de.wikipedia.org/wiki/Pedoskop)

Im englischen Wikipedia habe ich etwas mehr Angaben zum ,,Shoe-Fitting Fluoroscope" gefunden (https://en.wikipedia.org/wiki/Shoe-fitting_fluoroscope):
Large variations in dose were possible depending on the machine design, displacement of the shielding materials, and the duration and frequency of use. Radiation surveys showed that American machines delivered an average of 13 roentgen (r) (roughly 0.13 sievert (Sv) of equivalent dose in modern units) to the customer's feet during a typical 20-second viewing, with one capable of delivering 116 r (~1 Sv) in 20 seconds.

Und in der Literatur (
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1963031/pdf/brmedj03132-0034.pdf):
In both fluoroscopes the voltage in the tube was rated at 46 kV and the current intensity at 2-3 mA. It could not be elucidated to what extent the primary beam of x rays was filtered.

In der englischen Wikipedia Seite hat der Autor nun munter Gray = Sievert gesetzt (so wie ich früher auch), ich hab es nun aber mal korrekt mit einer Dosisleistungskonstante für 46keV mit 1.57Sv/Gy umgerechnet und komme so von der Luftkerma von 0.13Gy (13Röntgen) auf ein H*(10) von 0.2Sv oder 200mSv, die da in den 20Sekunden Beobachtungszeit als Dosis im Röntgenlicht entstanden sind. Stimmt doch, oder? Damit wäre die Dosisleistung der Röhre an der Stelle der Füße 36Sv/h wenn die Maschine kontinuierlich gelaufen wäre  :o

Wenn ich nun mit Etalons Vorschlag über den Strahlstrom (2.5mA) gehe, dann könnte man sagen, der Strahl war ungefiltert, also in etwa vergleichbar mit einem 1mm Be-Fenster in der Grafik der Dosisleistungskonstanten, dann hätte man bei 46keV die Dosisleistungskonstante von etwa 10mSv*m/mA/min, das wären also bei einem Abstand von 20cm zwischen Röhre und Fußplattform etwa 625mSv/min oder eben 37Sv/h, wenn der kontinuierliche Betrieb möglich gewesen wäre. Das könnte also so grob zusammenpassen.

In mir steigt das Gefühl auf, da sind wir als Hobbyisten, die mit frei zugänglicher Radioaktivität spielen doch auf nem Ponyhof. Der Schuhverkäufer hatte sicher eine andere Exposition, wenn man mal von einem gut frequentierten Schuhgeschäft ausgeht. 

Ich habe ich mir noch in der Medizin ein paar Werte geholt. Von meinem Zahnarzt kenne ich die Anlage ganz gut, das ist eine Carestream CS2200. Da steht im User Manual für die Luftkerma direkt am Konus bei 60keV und einem Strahlstrom von 7mA zum Beispiel ein Wert vom 6.09mGy in der Tabelle, für eine Belichtungszeit von 1Sekunde. Also bei 60kV sagen wir doch mal Sievert=Gray, dann sind das 6.09mSv pro Sekunde! Auch nicht schlecht. Dann kenn ich noch jemand, der arbeitet öfters im Herzkatheder an einem C-Bogen. Manchmal fummeln die da ewig, vor allem wenn es ein noch kleines Kind ist und ein Schirmchen von der Leiste durch ein langes Gefäß ins Herz bugsiert werden muss und sich dort dann auch noch richtig auffalten soll. Allein durch die Streustrahlung der Röntgenmaschine haben die da einige mGy/h an Exposition. Für eine C-Bogen vom Typ Arcadis Varic (70kV 6.8mA) von Siemens wird für den Operateur mit 0.5m Abstand vom Patienten eine Dosisleistung H*(10) von 2.68mSv/h angegeben. Der braucht also ne gute und dichte Strahlenschutzschürze und viel Vertrauen, dass die Strahlenschützer richtig rechnen. Und das ist ne moderne Anlage.

Also von daher wundert mich jetzt bei den Typen aus dem youTube Video jetzt auch nichts mehr. Da muss der Radiascan einfach prazzeln, wenn man so ne Röhre ganz ungeschirmt mit einigen 10kV anschaltet und den Heizdraht dann so richtig leuchten lässt. Das ist also wirklich ziemlich bescheuert so was zu machen.  :suicide2:

PS: Vielleicht kann jemand die Rechnungen nochmals genau anschauen, ich trau dem Excel nicht  :D !

etalon

Zitat von: opengeiger.de am 29. April 2023, 14:50...
Ich habe ein paar Mal als kleines Kind im Schuhgeschäft meine Schuhe in einem Pedoskop auf Passform prüfen dürfen. Laut Wikipedia 4-6mGy/h (siehe  https://de.wikipedia.org/wiki/Pedoskop)
...


Diese Dinger kenne ich nicht mehr, da bin ich zu jung, aber die Röntgenbusse zur TBC-Vorsorge, die kenne ich auch noch...  ;D

Es kam an den Schuhröntgengeräten ja öfters vor, dass sich die Leute (vor allem Kinder beim faszinierten Spielen) darin die Füße verbrannt haben...
Das ist auch nicht weiters verwunderlich wenn man überlegt, dass der Röntgenschirm, welcher ja nichts anderes ist als eine Bildverstärkerfolie, so hell leuchten musste, dass man bei Tageslicht etwas erkennen konnte. Da muss aus der Röhre schon was kommen  :D  Die Filterung haben dann wahrscheinlich Strukturmaterialien und Schuhe übernommen...

Aber ich will nochmal auf etwas anderes hinweisen, was mir bei deinen Rechnungen auffällt: Auch wenn es sehr davon abhängig ist, wie die Röhre gefiltert ist und was für ein Anodenmaterial sie hat, aber meistens kommt der Großteil der abgegebenen Röntgenstrahlung aus dem Röntgenbremskontinuum. Ein kleinerer Teil aus dem charakteristischen Spektrum des Anodenmaterials, auch wenn es Röhren mit spezieller Filterung gibt, welche hauptsächlich die charakteristische Strahlung passieren lässt (monochromatische Röhren zur Strukturanalyse). Diese finden sich aber eher nicht in medizinischer Anwendung.

Jetzt wurde hier bislang immer mit der Beschleunigungsspannung gerechnet. Das ergibt zwar immer beeindruckende (oder verängstigende) Werte, entspricht aber halt überhaupt nicht der Realität. Ich hatte es schon des öfteren angesprochen, aber scheinbar war es mal wieder nicht eindeutig genug formuliert  :D .

Das Bremsstrahlungskontinuum hat eine maximale Grenzenergie entsprechend der Ekin der Elektronen. Das wäre dann äquivalent der Beschleunigungsspannung. Allerdings hat sogut wie keines der emittierten Photonen diese Energie! Die Verteilung hat ungefähr im ersten 1/3 ihr Maximum. Das heißt, dass die meisten Photonen bei 60 kV Beschleunigungsspannung irgend wo um die 20 keV Energie haben. Dabei sind der davon ausgehende höherenergetische Anteil und der niederenergetische Anteil flächenmäßg ganz grob gleich groß, so dass ein Veranschlagen der 1/3 Emax aus dosisrelevanter Sicht sicher zulässig ist. Es wäre also zielführender und ehrlicher, wenn man für die Rechnung (je nach Filterung) nur ca. 1/3 der Beschleunigungsspannung ansetzt...  ;)

P.S.: Wobei ich tatsächlich nicht weiß, in wieweit das bei den Kurven für die Dl-Konstante schon berücksichtigt ist...  :unknw:

DL8BCN

8) Ich hätte nie gedacht, daß meine kleine unschuldige Frage nach der Oszillographenröhre eine so lange Diskussion auslöst!
Echt super was für einen Avalanche-Effekt etwas haben kann ;D