Ionisationskammer und pA-Messverstärker mit LMC662 und ADA4530-1

Begonnen von DL3HRT, 02. Mai 2023, 08:41

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

DL3HRT

Wie im Thread "Röntgenstrahlung Bildröhren" versprochen werde ich hier meine Ionisationskammer und die Messverstärker vorstellen.

Fangen wir mit der Ionisationskammer an:
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.
Basis ist ein Puderzuckerstreuer aus Edelstahl der Fa. Fackelmann mit 130 mm Länge und 70 mm Durchmesser. Das ergibt ein Kammervolumen von etwas weniger als 500 cm3. Der Puderzuckerstreuer wird mit einer Abdeckkappe aus Kunststoff geliefert. Damit kann die Kammer verschlossen werden, falls man Beta-, Gamma- oder Röntgenstrahlung messen möchte.

Diese Streuer gibt in vielen Online-Shops, dazu stellvertretend dieser Link:
https://www.amazon.de/FACKELMANN-Netzstreuer-Puderzucker-Kakaostreuer-Gew%C3%BCrzstreuer/dp/B0086UDNFA?th=1
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.
Das Sieb bietet eine sehr gute elektrische Abschirmung, deckt allerdings auch einen gewissen Teil der Öffnung ab. Sofern man jedoch keine Punktquelle messen möchte, lässt sich Alphastrahlung sehr gut damit messen.
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.
Am hinteren Ende der Kammer ist eine UHF-Adapter mit Teflonisolierung isoliert befestigt. Der UHF-Adapter hat auf einer Seite eine Buchse, welche in die Kammer hineinragt und auf der anderen Seite einen Stecker. Damit kann die Kammer später direkt auf den Messverstärker geschraubt werden, ohne weitere Zwischenstücke. Diese Adapter sind schwer zu finden. Ich sehe noch in meinen Unterlagen nach, wo ich sie damals gekauft habe.

Der schwierigste Part ist das Einbringen der großen Bohrung in den Boden der Kammer, da das Blech sehr dünn ist und aus Edelstahl besteht. Ich habe das Loch mit einem 6 mm Bohrer vorgebohrt und danach vorsichtig mit einem Stufenbohrer erweitert.

Der UHF-Adapter muss isoliert montiert werden. Ich habe dazu Polystyrol (PS) verwendet (2 mm dicke Platte von Ebay). Wichtig ist, dass Kunststoffschrauben zur Montage des UHF-Adapters verwendet werden.
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.
Seitlich habe ich noch zwei Bananenbuchsen aus Metall in die Kammerwand geschraubt. Dort können Schläuche aufgesteckt werden, falls man beispielsweise Experimente mit Thoron machen möchte. Ich pumpe dazu Luft über Glühstrümpfe in einem dichten Behälter durch die Kammer.
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.
Zur Spannungsversorgung der Kammer wird eine isolierte Bananenbuchse eingebaut. Von dieser geht ein 2,2 MOhm Widerstand nach unten auf den Boden der Kammer. An die Bananenbuchse wird die negative Kammerspannung angeschlossen. Die Kammer funktioniert bereits mit -30 V sehr gut, mit höheren Spannungen natürlich noch besser. ;) Die Spannung muss absolut "sauber" sein. Da nur extrem geringe Ströme fließen, habe ich mich für 9V-Batterien entschieden. Die bieten den Vorteil, dass man über die Anschlüsse beliebig viele Batterien zusammenstecken kann. Ich verwende 13 9V-Blöcke, was ca. 120 V ergibt. Zur Sicherheit sollte man einen 470 kOhm-Widerstand in Reihe zu den zusammengesteckten Blöcken einbauen. Das hilft ungemein, falls man aus Versehen die Batteriepole berührt. ;)

Ín die UHF-Buchse wird eine 4 mm dicke Fangelektrode eingesteckt. Für den ersten Versuch habe ich 4 mm Messingrohr verwendet. Dabei musste ich feststellen, dass sich auf dem Messingrohr, bedingt durch Oxidation, Photoelemente gebildet hatten. Sprich, bei starker Beleuchtung floss ein Kammerstrom.

Glücklicherweise verarbeiten wir in unserer Firma 4 mm Edelstahlrohr. Aus einem Stück Abfall habe ich mir eine 120 mm lange Fangelektrode geschnitten. Das Rohr passt gut in die PL-Buchse und es gibt keine Einfluss starker Beleuchtung mehr.

Falls jemand ein passendes Stück 4 mm Edelstahlrohr braucht, einfach melden.
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.
Hier sind noch einmal die Einzelteile der Kammer zu sehen.
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.
Und das ist der Blick durch das Sieb in die Kammer hinein.

Soweit zur Konstruktion der Ionisationskammer. Als nächstes folgt der Messverstärker mit dem LMC662 und danach der Messverstärker mit dem ADA4530-1.

Kermit

Danke für das Vorstellen :) Sieht aus wie vom Lehrmittelhersteller!

DL3HRT

Es folgt die Vorstellung des pA-Messverstärkers AS608. Diesen Bausatz habe ich 2018 für den AATiS entwickelt und er kann auch dort bezogen werden.
https://www.aatis.de/content/bausatz/AS608_pA-Me%C3%9Fverst%C3%A4rker

Hier ist der Schaltplan:
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.
Der Messverstärker basiert auf dem Doppel-Operationsverstärker LMC662. Einer der beiden OPVs dient als Messverstärker und der andere zur Bereitstellung der symmetrischen Versorgungsspannung. Über einen Trimmer kann der Offset des Messverstärkers kompensiert werden. Mit dem beigelegten 1 GOhm-Widerstand erhält man am Ausgang ein Ausgangssignal von 1 mV/pA. Der beigelegte 1 GOhm-Widerstand ist eine Standardausführung mit einer Toleranz von 10%. Aus Preisgründen war für den Bausatz nichts hochwertigeres in Reichweite. Bei Bedarf kann man einen hochwertigeren Widerstand einbauen, auch gerne 10 GOhm. Aber auch mit dem Standardwiderstand sind die Ergebnisse schon gut.

R7 begrenzt den Strom durch die Schutzdioden des IC. Auf die Genauigkeit der Messergebnisse hat er kaum einen Einfluss, da er gegenüber dem Gegenkopplungswiderstand R8 sehr klein ist (Verhältnis 1:1000).

Unter folgendem Link finden sich Aufbauhinweise:
https://dl3hrt.darc.de/AATiS-Praxisheft_28-Dateien/AS608-Aufbauhinweise.pdf

Der Messverstärker wird aus einem 9V-Block gespeist. Damit hat man eine "saubere" Spannungsversorgung. Mit einem 1 GOhm-Widerstand ergibt sich ein Messbereich von max. -4.5 nA ... +4.5 nA.

Die gesamte Elektronik ist mit der Batterie in einem Weißblechgehäuse eingebaut. Als Messeingang wird eine UHF-Buchse mit Teflonisolierung verwendet. An diese kann man die Ionisationskammer direkt anschrauben. Wenn man ein hochauflösendes Multimeter anschließt, so kann man Ströme ab ca. 100 fA reproduzierbar messen.

Soweit zum pA-Messverstärker AS608. Den Messverstärker mit dem ADA4530-1 stelle ich als Nächstes vor. Heute schaffe ich das aber nicht mehr.

Henri

Zitat von: DL3HRT am 02. Mai 2023, 08:41Der schwierigste Part ist das Einbringen der großen Bohrung in den Boden der Kammer, da das Blech sehr dünn ist und aus Edelstahl besteht. Ich habe das Loch mit einem 6 mm Bohrer vorgebohrt und danach vorsichtig mit einem Stufenbohrer erweitert.


Danke für die Vorstellung, sieht ja super aus!  :yahoo:

Wenn man häufiger größere Löcher gleichen Durchmessers in dünnes (Gehäuse-)Blech schneidet (weil man immer wieder die gleiche Buchse verbaut), lohnt es sich, mal im Werkzeughandel nach einem Lochschneider Ausschau zu halten, ähnlich dem hier:

https://www.amazon.de/Wolfcraft-8925000-Lochschneider-Set-gr%C3%BCn/dp/B015Q8MI6O

Bei diesem werden zwei Halbschalen mit scharfen Rändern über eine zentrale Schraube durch das Blech gedrückt. Das Ergebnis ist perfekt und der durchbruch präzise zu positionieren, und das Gehäuse verformt sich dabei auch nicht. Aufwändiges Einspannen des Gehäuses kann man sich ebenfalls sparen.

Bin gespannt auf den Elektronik-Teil!

Viele Grüße!

Henri

Radioquant98

Zitat von: Henri am 02. Mai 2023, 10:38
Zitat von: DL3HRT am 02. Mai 2023, 08:41Der schwierigste Part ist das Einbringen der großen Bohrung in den Boden der Kammer, da das Blech sehr dünn ist und aus Edelstahl besteht. Ich habe das Loch mit einem 6 mm Bohrer vorgebohrt und danach vorsichtig mit einem Stufenbohrer erweitert.


Danke für die Vorstellung, sieht ja super aus!  :yahoo:

Wenn man häufiger größere Löcher gleichen Durchmessers in dünnes (Gehäuse-)Blech schneidet (weil man immer wieder die gleiche Buchse verbaut), lohnt es sich, mal im Werkzeughandel nach einem Lochschneider Ausschau zu halten, ähnlich dem hier:

https://www.amazon.de/Wolfcraft-8925000-Lochschneider-Set-gr%C3%BCn/dp/B015Q8MI6O

Bei diesem werden zwei Halbschalen mit scharfen Rändern über eine zentrale Schraube durch das Blech gedrückt. Das Ergebnis ist perfekt und der durchbruch präzise zu positionieren, und das Gehäuse verformt sich dabei auch nicht. Aufwändiges Einspannen des Gehäuses kann man sich ebenfalls sparen.

Bin gespannt auf den Elektronik-Teil!

Viele Grüße!

Henri

Ja, das dünne  Edelstahl geht schon schlecht zu bohren - habe ich auch schon erfahren müssen.

Ich habe klein vorgebohrt, mit einen Stufenbohrer erweitert und dann mit kleinen Schleifsteinen aufs Maß aufgeschliffen. Schleifen geht wunderbar, man muß halt vorher gut sichtbar anreißen.

Viele Grüße
Bernd

DL3HRT

Heute zeige ich den Messverstärker mit dem ADA4530-1: Datenblatt

Die typischen Werte für die Eingangsströme (Input Bias Current und Input Offset Current) liegen bei < 1fA.

Der Schaltplan des Messverstärkers bietet keine Besonderheiten:
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.
Wir haben im Prinzip die Schaltung von AS608 übernommen, nur das jetzt der LMC6482 zur Spannungsaufbereitung benutzt wird. Der Grund dafür ist simpel: Wir hatten genug LMC6482 am Lager  :)

Der Messverstärker passt in das gleiche Gehäuse, welches auch bei AS608 verwendet wird.
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.
Hier ein Foto vom Innenleben.
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.
Ich habe den 10 GOhm-Widerstand nur in dieser Größe bekommen, so dass ich ein wenig improvisieren musste. ;)

Hier noch eine Detailaufnahme des Eingangs.
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.

Bei der Gestaltung der Platine haben wir uns an die Vorgaben des Datenblatts gehalten (Guard etc.).
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.
Als Platinenmaterial für den Prototypen haben wir Standardmaterial (FR-4) verwendet. Die Ergebnisse sind trotzdem sehr gut. Der IC hat eine erfreulich geringe Offset-Spannung mit einer sehr geringen Drift. Damit sind Messungen gut reproduzierbar.

Ich habe noch ein paar Platinen herumliegen. Falls jemand Interesse hat, einfach per PN melden.



opengeiger.de

Super! Das ist ein beeindruckendes Gerätchen!!! Vielen Dank fürs Sharen  :good2: !

Noch ne Frage für die aufwändige Spannungsaufbereitung für den Nullabgleich: Was ist der Hintergrund das mit nem OP zu machen? Ich geh mal davon aus, Du suchst damit genau die Mitte zwischen V+ und V-, wenn der Poti exakt in der Mitte steht? Aber ist es notwendig, dass die Null exakt auf der Mittenstellung des Poti's zu liegen kommt? Oder verstehe ich die Schaltung noch nicht so ganz  :unknw: ?

opengeiger.de

Noch ne Frage: Was würde gegen eine kleine Booster-Stage am Ausgang des ADA4530 sprechen (R2 und R3)?

Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.

Das könnte doch nochmal einen Faktor 4 mehr bringen (zumindest laut Simulation), oder ?

Aber vielleicht brauchen wir das ja gar nicht bei diesen Röhren?  :D

Aber vielleicht für das Gaslicht?  :unknw:

DL3HRT

Zitat von: opengeiger.de am 04. Mai 2023, 10:21Super! Das ist ein beeindruckendes Gerätchen!!! Vielen Dank fürs Sharen  :good2: !

Noch ne Frage für die aufwändige Spannungsaufbereitung für den Nullabgleich: Was ist der Hintergrund das mit nem OP zu machen? Ich geh mal davon aus, Du suchst damit genau die Mitte zwischen V+ und V-, wenn der Poti exakt in der Mitte steht? Aber ist es notwendig, dass die Null exakt auf der Mittenstellung des Poti's zu liegen kommt? Oder verstehe ich die Schaltung noch nicht so ganz  :unknw: ?
Der OPV liefert den Massebezug, wodurch der Mess-OPV symmetrisch mit +/- 4.5 V gespeist wird. Das Poti ist zur Korrektur des Offsets des Mess-OPV da. Im Schaltplan des AS608-Messverstärkers ist das deutlicher zu sehen. Die Schaltung stammt nicht von mir. Ich habe sie vor längerer Zeit im Netz gefunden und sie hat sich sehr bewährt.


DL3HRT

Zitat von: opengeiger.de am 04. Mai 2023, 10:55Noch ne Frage: Was würde gegen eine kleine Booster-Stage am Ausgang des ADA4530 sprechen (R2 und R3)?

Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.

Das könnte doch nochmal einen Faktor 4 mehr bringen (zumindest laut Simulation), oder ?

Aber vielleicht brauchen wir das ja gar nicht bei diesen Röhren?  :D

Aber vielleicht für das Gaslicht?  :unknw:
Es "boostet" aber auch das Rauschen. Zusätzliche Widerstände im Gegenkopplungszweig sind da eher kontraproduktiv.

opengeiger.de

Habe gerade gesehen, es gibt von ADI ein Eval Board zum ADA4530. Das sieht aus als sei es mit aller Perfektion gemacht. Es hat sogar einen Anschluß für Triax Kabel! Und man kann es bei Mouser kaufen für schlappe 711.96 Euro!  8) 

https://www.analog.com/media/en/technical-documentation/user-guides/ADA4530-1R-EBZ_UG-865.pdf

Die Konfiguration ADA4530-1R-EBZ-TIA ist das was wir brauchen (transimpedance amplifier) und es hat auch 10Gohm im Feedback Pfad. Das heisst man bekommt damit ebenfalls 1V am Ausgang für 100fA von der Kammer. Und dann gibt es noch drei unterschiedliche Shielding Gehäuse dazu. Ist ganz amüsant anzuschauen.  :D


 

DL3HRT

Ich bin euch noch einen Link zu dem PL-Adapter schuldig, den ich in der Ionisationskammer eingesetzt habe. Ich musste eine ganze Weile suchen aber hier ist ein Angebot: https://www.ebay.de/itm/284882101505

Radioquant98

Für die, die sich einen solchen Verstärker nicht selbst bauen können oder wollen.
https://www.ebay.de/itm/125688554188

Viele Grüße
Bernd

DL3HRT

Falls jemand die Ionisationskammer in der beschriebenen Form nachbaut, bin ich natürlich an einem Erfahrungsbericht interessiert  ;)

Radiohörer

Ein paar Hinweise für die Nachbauer des Verstärkers.

Mein Hintergrund: habe vor >35a an einem Messverstärker mit dem ersten erhältlichen JFET-OP mit 75fA BIAS für einen FID (CH4) mitgebaut.

Absolute Sauberkeit und ESD-Vorkehrungen! Platine und Bauteile im Eingangs- und Verstärkerkreis NIE! anfassen. Benutzt Handschuhe und Pinzette. Der Fettfilm läßt sich nicht mehr entfernen und füht zu unerklärlichen Schwankungen, Drift und Rauschen der Verstärkung.
Die Widerstände für die Bereichsumschaltung waren aus Glas im Bereich 100M, 1G, 10G & 100G (1T?).  Die Epoxidplatine auf der einen Seite komplett Kupfer, auf der Bauteilseite wurde mit keramischen Lötstützpunkten und für uns speziell gefertigten Reedkontakten gearbeitet. Nach dem Bestücken wurde ein Blechdeckel aufgeschraubt, in dem eine Metallschraube den Zugang zum Zehngangpoti für den 0-Abgleich, bei abgeschalteter Beleuchtung, gewährleistete. Der Rand zur Platine mit selbstklebender Alufolie gegen Licht abgedichtet. Alle Buchsen und Stecker mit Teflonisolierung wurden vor dem Einbau in Freon gereinigt.  Signalleitungen aus Teflon mit Grafitschicht unter dem Schirm gegen Mikrofonie.

Viele OPs starben beim Anschließen des Kabels an den Ausgang des "Kondensators" des  Brenners --> Vorsicht beim Anschließen des Verstärkers an die Ionisationskammer: alles sollte das selbe Potential haben.

Grüße
Wolf