Schacht 235 "Weißer Hirsch" bei Antonsthal

Begonnen von Lennart, 29. April 2024, 12:29

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Lennart

Die Halden von Schacht 235 "Weißer Hirsch" befinden sich an der Hauptstraße zwischen den Ortsteilen Erla (Schwarzenberg) und Antonsthal (Breitenbrunn/Erzgeb.). Wie Schacht 318, der nur wenige hundert Meter entfernt ist, gehört auch die Lagerstätte "Weißer Hirsch" zum Wismut Objekt 08. Im Abbauzeitraum von 1948 bis 1959 wurden 747,4 t Uran gewonnen.


Die Halden erreicht man, wenn man den Ortsteil Erla in südwestlicher Richtung verlässt. An der Abfahrt nach Bermsgrün fährt man vorbei und sieht kurz nach der Brücke linkerhand einen steilen Waldweg. Diesem folgt man eine Weile lang und stellt dann das Auto seitlich ab. Auf der Halde wird werktags Schotter gewonnen, ein Besuch sollte auf ein Wochenende gelegt werden. Das Parken ist an mehreren Stellen entlang des Weges möglich, ich habe z.B. relativ weit unten angehalten.

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Der gesamte Weg ist ungefähr einen Kilometer lang. Danach sieht man eine Abzweigung. Rechts befindet sich die Einfahrt auf das Gelände. Es gibt nur eine Kette als Sicherungsmaßnahme, vermutlich um ein Befahren zu verhindern. Zäune oder Verbotsschilder gibt es keine. Bei meinem Besuch wurde das Gelände von Spaziergängern, Mineraliensammlern und Motocross-Fahrern aufgesucht.

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Nach dem Betreten wird einem das ganze Ausmaß klar: Halden so weit das Auge reicht. Ein ganzer Fuhrpark inklusive schwerem Gerät zeugt von der andauernden Schottergewinnung. Von oben sieht man auch die ungefähr parallel verlaufende Straße (und Bahnstrecke) nach Antonsthal.

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Das Thema "Fundmöglichkeiten" ist so eine Sache für sich. Grundsätzlich kann man dort allerhand finden, jedoch gilt wie auch bei Schacht 318: ohne empfindliches Messgerät wird es schwer. Zufallsfunde sind natürlich immer möglich. Das folgende Stück lag z.B. offen herum, sogar in der Nähe der Einfahrt:

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Trotzdem war ich von den eingeschränkten Fundmöglichkeiten etwas überrascht. Die Raysid-Karte gibt einen Überblick über die Ortsdosisleistung auf dem Gelände. Wichtig: es handelt sich nicht um eine korrekt ermittelte ODL in einem Meter über dem Boden, sondern direkt in Bodennähe. Link zu der Karte weiter unten.

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Wie man sehen kann, ist die ODL weitestgehend unauffällig. Von wenigen Hotspots mal abgesehen. Bei Impulsraten von 100-300 CPS (Raysid) habe ich an einigen Stellen etwas gegraben. Häufig findet man kleine und unansehnliche Fragmente von Uraninit. Der Großteil davon ist derb und ohne ersichtliche Blasenstruktur. Mineralogisch also eher uninteressant und den Kraftakt beim Graben nicht wert.

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Etwas verwunderlich sind auch offenporige Schlackensteine, die man ab und zu findet. Sowas kenne ich aus Helbra. Eine merklich erhöhte DL konnte man nur an einem Exemplar feststellen, das habe ich aber nicht fotografiert. Im direkten Kontakt einstellige µSv/h.

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Wo sollte man also am besten suchen? Bei Schacht 318 war meine Einschätzung noch, dass die Suche in den überwachsenen Bereichen lohnenswert ist. Hier habe ich die gegenteilige Erfahrung gemacht. Die überwachsenen Hänge waren Zeitverschwendung, wohingegen man in den angeschnittenen Bereichen häufiger Hotspots lokalisieren konnte. Das ist im Grunde auch logisch. Die Raysid-Karte sollte man mit Vorsicht genießen, da die Schottergewinnung zu einer ständigen Veränderung der Halde führt.

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Der einzige "besondere" Fund wurde bei den blauen Punkten gemacht. Es handelt sich um einen kleinen Reicherzklumpen mit ordentlicher DL. Fundort war der seitliche Wall zur Straße hin. Unter den Pflanzen kann man das gegrabene Loch erkennen:

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Lange habe ich mich mit dem Stück nicht beschäftigt, nur kurz abgespült und mal in ~ 150 mm Entfernung gemessen. Die Seite, wo sich die Pechblende-Adern erkenne lassen, zeigt Richtung Boden. > 10 µSv/h wird vom Automess angezeigt. Auf die Entfernung ist das nicht wenig.

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Fazit:

Die Halden von Schacht 235 sind einen Besuch wert. Auch wenn die Fundmöglichkeiten begrenzt sind, werden durch den fortlaufenden Anschnitt immer neue Schichten freigelegt. Darüber hinaus ist die Landschaft idyllisch und der Ausblick grandios. Wenn man dort nicht fündig wird, kann man sein Glück bei Schacht 318 versuchen. Durch die Höhenunterschiede kann man leider zwischen den beiden Halden nicht ohne Weiteres hin und her wechseln, trotz der geringen Entfernung. Der Fällbachschacht (Schurf 23) ist auch nicht weit entfernt.



Quellen u. Links:

https://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/Deutschland/Sachsen/Erzgebirgskreis/Schwarzenberger%20Kuppel/Antonsthal/Schacht%20235%20%28Wei%C3%9Fer%20Hirsch%29

https://de.wikipedia.org/wiki/Wismut_Objekt_08

https://raysid.com/map/#16-12.77454-50.50628-hybrid-raysid_doserate-1-sv-cps-global

https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php/topic,2107.0.html

Bücher:

https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php/topic,302.45.html (siehe Antwort #45 / Infos im Buch auf S. 179)




DG0MG

Entgegengesetzte Blickrichtung vor 5 Jahren:

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Wenn Du von Erla hochzu gelaufen bist, dann bist Du am Schauplatz eines Unfalls vorbeigekommen:

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Ich hatte damals an Himmelfahrt 2018 extra eine Wanderung gemacht und versucht, das Mundloch anhand dieses Pressebildes zu lokalisieren - und gefunden:

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Kann aber sein, das ist inzwischen verwahrt.

Direkt im Bereich der Halde war auch mindestens ein Stollen, weiter oberhalb im Wald noch weitere. Die waren aber schon in Verwahrung, als ich das erste Mal dort war. Man sieht im ersten Bild die Abstützung des Mundlochs, ich weiß nicht, ob das in real jetzt noch zu erkennen ist. Es sollte wohl Fledermausstollen werden.

Gefunden hab ich auf der Halde auch nur mäßige Mengen, man musste lange suchen, bis mal ein tickerndes Bröckchen kam.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Lennart

Hier noch ein zusätzliches Bild, welches aus einer ähnlichen Perspektive aufgenommen wurde:

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Aus Spaß an der Freude noch Vorder- und Rückseite vom Fund. Tatsächlich liegt das Erz in Form kleiner Blasen ("Mausaugen") vor:

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Zitat von: DG0MG am 29. April 2024, 19:58Wenn Du von Erla hochzu gelaufen bist, dann bist Du am Schauplatz eines Unfalls vorbeigekommen:

Es gibt auch einige Videos, wo Leute privat irgendwelche ehemaligen Uranschächte der Wismut befahren. Genaue Positionen werden aber selten genannt. Sowas ist natürlich brandgefährlich. Da muss man noch nicht mal abstürzen, Sauerstoffmangel reicht schon. Bei dem "Rekultivierungs-Wahn" sollte man meinen, dass solche Mundlöcher zuerst verfüllt werden...

Zitat von: DG0MG am 29. April 2024, 19:58Direkt im Bereich der Halde war auch mindestens ein Stollen

Vielleicht war der hier:

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Hans_K

Danke für den interessanten Bericht.
Was mich verwundert ist die in weiten Teilen geringe ODL der angeschnittenen Halde.
Das sind doch oft unter 0,2µSv/h. Waren die damals so effizient mit der Sortierung der Erze?
Immerhin war das mit über 700t eine der reicheren Abbaugebiete.
Anderseits habe ich bei der Lage der Fundstücke oft den Eindruck, dass da ist eine Schubkarre umgefallen oder ein Förderband übergelaufen. :-\

NoLi

Zitat von: Lennart am 30. April 2024, 01:18...
Es gibt auch einige Videos, wo Leute privat irgendwelche ehemaligen Uranschächte der Wismut befahren. Genaue Positionen werden aber selten genannt. Sowas ist natürlich brandgefährlich. Da muss man noch nicht mal abstürzen, Sauerstoffmangel reicht schon. Bei dem "Rekultivierungs-Wahn" sollte man meinen, dass solche Mundlöcher zuerst verfüllt werden...
...
Nicht zu verachten auch die Radon-Konzentrationen in solch unbelüfteten Schächten.

Norbert

DL8BCN

Ich habe auch schon solche Videos von "Hobbybergleuten" gesehen.
Manchmal denke ich, die wissen nicht, wie gefährlich das ist.

DG0MG

Man darf die Gefährlichkeit, sich ein altes Bergwerk anzuschauen, aber auch nicht überbewerten. Mountainbiking, Downhill oder Freiklettern, Snowboarden, selbst Holz drechseln oder Motorradfahren ist auch gefährlich. Manch einer bricht sich auch beim Fensterputzen die Knochen. Es gibt "good practices", was man eben wie macht und was man besser sein lässt. Helm auf dem Kopf und mehrere Lampen am Mann gehören Unter Tage immer dazu, aber es gibt auch Leute, die in Badeschlappen und kurzen Hosen ein Bergwerk befahren. Gesunden Menschenverstand benutzen ist schonmal ein gutes Vorhaben.

Dem hier Verunfallten gehts übrigens trotz seiner damaligen sehr schweren Verletzungen inzwischen wieder gut  :yahoo:
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Lennart

Zitat von: Hans_K am 30. April 2024, 08:32Was mich verwundert ist die in weiten Teilen geringe ODL der angeschnittenen Halde.
Das sind doch oft unter 0,2µSv/h. Waren die damals so effizient mit der Sortierung der Erze?

Diese Frage habe ich mir auch schon gestellt und auch eine mögliche Antwort gefunden. Vermutlich hat man damals gründlicher gearbeitet, weil jedes Kilogramm aus den frühen Abbaugebieten besonders kostbar war und keine wirklichen Arbeitsschutzmaßnahmen etabliert waren.

Zitat bezüglich der Fundmöglichkeiten um Johanngeorgenstadt:

"Aus der Lagerstätte wurden 3585 t Uranmetall gewonnen. Aber was uns, den Nachfahren der letzten Bergmannsgeneration, davon übrig gelassen wurde, ist recht bescheiden. Man könnte erwarten, dass wegen der in den Anfangsjahren des WISMUT-Bergbaus doch erhebliche Verluste auf dem Pfad Vorrichtung / Abbau / Transport noch manches zu finden sein müsste. Höchst interessant und dem entgegenstehend ist allerdings folgende Aussage vom in Johanngeorgenstadt tätig gewesenen Geologen Karl-Heinz Schwarze: "Uranschwärze, die lokal von Bedeutung war, wurde mit Erzhammer, Bauklammer und Kratze vom Stoß gewonnen. Anomaliebereinigung fand mittels Drahtbürste statt."
Leider konnte trotz intensiver Suche vieler Sammler weder untertage noch auf den Halden große Funde gemacht werden. Sicher findet man fast immer "irgendetwas", aber meist sind die gefundenen Stücke unscheinbar und kaum attraktiv zu nennen. Das Material beweg sich überwiegend im Micromountbereich und hat oft nur Belegcharakter."

Quelle: Seite 165 in "Uranmineralien in Sachsen - Was Carl Schiffner noch nicht wissen konnte", geschrieben und veröffentlicht von Jörg Stark als 2. Auflage im Jahr 2019

Zitat von: DG0MG am 30. April 2024, 11:29Man darf die Gefährlichkeit, sich ein altes Bergwerk anzuschauen, aber auch nicht überbewerten. Mountainbiking, Downhill oder Freiklettern, Snowboarden, selbst Holz drechseln oder Motorradfahren ist auch gefährlich. Manch einer bricht sich auch beim Fensterputzen die Knochen. Es gibt "good practices", was man eben wie macht und was man besser sein lässt. Helm auf dem Kopf und mehrere Lampen am Mann gehören Unter Tage immer dazu, aber es gibt auch Leute, die in Badeschlappen und kurzen Hosen ein Bergwerk befahren. Gesunden Menschenverstand benutzen ist schonmal ein gutes Vorhaben.

Richtig, am Ende ist es wieder die alte Diskussion, welche persönliche Risikoabschätzung jemand für sich trifft. In den meisten Videos die ich gesehen habe, waren die Leute professionell ausgerüstet.

Taschenlampen habe ich immer im Rucksack. Vor einiger Zeit waren mal Kinder in einer Höhle in Thailand eingeschlossen. Ich habe das medial verfolg und mir immer gedacht "zumindest hätte ich die ganze Zeit lang Licht gehabt"  :D