Tännichtgrund zwischen Meißen und Dresden

Begonnen von Banev, 15. Juni 2024, 21:46

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Banev

Der Tännichtgrund liegt westlich von Oberwartha und gehört zu den linkselbischen Tälern zwischen Dresden und Meißen; durch das Tal verläuft auch die Kreisgrenze. Früher gab es im Tal neben vielen Steinbrüchen auch ein Steinbrecherwerk zur Schottergewinnung und eine Feldbahn für den Transport; von den beiden letzteren finden sich jedoch nur noch wenige Anzeichen in der Landschaft.

Bei dem vor allem an der östlichen Talflanke aufgeschlossenen Gestein handelt es sich um Monzonitoide; zumeist Monzodiorit (in der geologischen Karte rot), der hauptsächlich aus Alkalifeldspaten, Plagioklasen, Hornblende und Biotit besteht. Daneben sind aber auch geringe Anteile an Uran und Thorium enthalten, die im mittleren Teil des Tales für eine Dosisleistung sorgen, die z.T über 0,3 µSv/h liegt.
Im unteren Teil des Tales ist der Monzodiorit des Meißner Massivs von einer Gneisscholle (Augengneis, in der geologischen Karte violett dargestellt) überlagert, was sich im deutlichen Absinken der Dosisleistung bemerkbar macht. Die selbe Gneisscholle prägt auch das Oberflächengestein des benachbarten Kleditzschgrunds, was erklärt, warum dieser in radiologischer Hinsicht unauffällig ist (siehe Track 1).

Bei meinen Begehungen habe ich darauf geachtet, mit dem Gerät nicht zu dicht an Gesteinsaufschlüsse heranzukommen, damit die Werte der Dosisleistung halbwegs realistisch bleiben. Eine Ausnahme bildet die in einer Felsspalte vorgenommene Messung, die unten im Foto zu sehen ist und für die ich die Trackaufzeichnung unterbrochen habe.

Die radioaktiven Minerale sind im Gestein offenbar nur in sehr feinen Spuren verteilt, denn an dem kleinen Handstück unten im Bild ist bei direktem Kontakt eine Erhöhung der Impulsrate um lediglich ca. 10 % gegenüber dem Hintergrund zu messen – von durchschnittlich 9,1 auf etwa 10 Impulse pro Sekunde (Messzeit ca. 180 Minuten).
Auch fanden sich bei Messungen an verschiedenen Stellen im großen Steinbruch keine Hotspots.

Die Werte an der Farblegende des Tracks sind als µR/h zu lesen, da die RadiaCode-App die Dosisleistung in dieser Einheit als Höhenangabe in Meter in den GPX-Track exportiert.

miles_teg

Danke für die Vorstellung, als Neu-Dresdener finde ich das immer gut. Es gibt in der Ecke ja eine Menge Diorit, der tickt. Auch in Klipphausen, Podemus und natürlich im Zschonergrund misst man höhere Ortsdosisleistungen:
https://raysid.com/map/#14-13.59893-51.06921-dark-raysid_doserate-1-sv-cps-global
Das Gestein wird vermutlich auch teilweise in der "näheren" Umgebung verwendet, das sieht man bei der Straßenausbesserung dann rötlich-gemaserte Gestein welches eine deutlich höhere Zählrate aufweist.

Banev

Zitat von: miles_teg am 17. Juni 2024, 09:52Es gibt in der Ecke ja eine Menge Diorit, der tickt. Auch in Klipphausen, Podemus und natürlich im Zschonergrund misst man höhere Ortsdosisleistungen
Naja, quasi das ganze Meißner Massiv ... Scharfenberg und das Saubachtal habe ich auch schon »abgeklappert« und auch auf der anderen Elbseite, z.B. im Spitzgrund-Steinbruch, sieht es nicht anders aus.
In Scharfenberg gibt es etwas unterhalb des Hoffnungsschachts auf der talwärts gesehen linken Straßenseite eine Stützmauer aus rotem Granit mit einer geschotterten Fläche davor; unmittelbar über dem Schotter liegt die ODL bei über 0,5 µSv/h; die Granitmauer strahlt dagegen nur wenig.

Zitat von: miles_teg am 17. Juni 2024, 09:52Das Gestein wird vermutlich auch teilweise in der "näheren" Umgebung verwendet, das sieht man bei der Straßenausbesserung dann rötlich-gemaserte Gestein welches eine deutlich höhere Zählrate aufweist.
Das ist im Track 1 gut zu sehen: Die Ursache für die hellen Stellen in Weistropp und am Ausgang des Tännichtgrundes in Niederwartha sind Mauern aus dem lokalen Gestein.

Interessieren würde mich noch das Uran/Thorium-Verhältnis, aber ohne Bleiburg wird das erstmal nix, denn das wenige, was an Handstücken messbar ist, geht fast im Hintergrund unter.

NoLi

Zitat von: Banev am 18. Juni 2024, 22:52...
Interessieren würde mich noch das Uran/Thorium-Verhältnis, aber ohne Bleiburg wird das erstmal nix, denn das wenige, was an Handstücken messbar ist, geht fast im Hintergrund unter.
Dann stellt doch dein Gerät einfach vor eine Mauer mit erhöhter Untergrundzählrate... ;D

Norbert

Banev

Zitat von: NoLi am 19. Juni 2024, 00:33Dann stellt doch dein Gerät einfach vor eine Mauer mit erhöhter Untergrundzählrate
Naja, ich könnte das Gerät für ein paar Tage in einer Felsspalte versenken; da sind immer so zwischen 30 und 50 cps. Aber die Möglichkeit von Regen und/oder Menschen mit klebrigen Fingern lassen mich zögern  ;D
Für 30 Minuten habe ich das mal versucht (das Messen in der Felsspalte), aber das reicht nicht aus, um im Spektrum etwas zu erkennen.

Banev

Noch ein Nachtrag: Ich habe mir das mitgebrachte Handstück mal unter UV (395 nm) im Mikroskop angesehen und an der frischen Bruchfläche überall in den Feldspatanteilen winzige grünlich floureszierende Stellen gefunden. Beim Aktivator würde ich auf Uranyl-Ionen tippen, wobei ich allerdings kein Experte auf dem Gebiet bin.
Leider hat mein altes Zeiss keine Kamera, deshalb habe ich einfach mal meine kleine Nikon ans Okular gehalten. Die Vergrößerung war ca. 20fach.

Nachtrag zum Nachtrag: Der Akku der UV-Lampe war doch schon recht leer, deshalb gibt es neue Bilder – einmal UV und einmal Mischlicht und mit 30facher Vergrößerung.

miles_teg

Zitat von: Banev am 25. Juni 2024, 20:24Noch ein Nachtrag: Ich habe mir das mitgebrachte Handstück mal unter UV (395 nm) im Mikroskop angesehen und an der frischen Bruchfläche überall in den Feldspatanteilen winzige grünlich floureszierende Stellen gefunden. Beim Aktivator würde ich auf Uranyl-Ionen tippen, wobei ich allerdings kein Experte auf dem Gebiet bin.
Leider hat mein altes Zeiss keine Kamera, deshalb habe ich einfach mal meine kleine Nikon ans Okular gehalten. Die Vergrößerung war ca. 20fach.

Nachtrag zum Nachtrag: Der Akku der UV-Lampe war doch schon recht leer, deshalb gibt es neue Bilder – einmal UV und einmal Mischlicht und mit 30facher Vergrößerung.
Sehr hübsch! Ich wünschte manchmal, ich hätte mein Zeiss-Bino nach dem Studium nicht verkauft.  :unknw:

Banev

Was die Floureszenz angeht, war ich wohl ein wenig vorschnell; mit Uran scheint diese offenbar nichts zu tun zu haben. Jedenfalls zeigt sich im Vergleich mit dem sowohl in mineralogischer als auch radiologischer Hinsicht sehr ähnlichen Monzodiorit aus dem Spitzgrund-Steinbruch (andere Elbseite; in den Fotos in der untere Hälfte zu sehen) so gut wie keine Floureszenz. :unknw:

Beide Fotos zeigen den selben Ausschnitt der beiden Proben; die UV-Beleuchtung stammt aus einer LED-Lampe 365 nm @ ~7 W mit ZWB2-Filter, Abstand ca. 20 cm. Die UV-Aufnahme ist absichtlich unterbelichtet, um den Unterschied deutlicher zu machen.

Banev

Nachtrag: Nach über einem Jahr fluoresziert an der Probe aus dem Tännichtgrund nichts mehr.
Nach einem Optik-Upgrade meiner Mikroskopkamera habe ich sie mir eben noch einmal unter UV (365 und 395 nm) angesehen und kann nichts mehr entdecken. Auch unter dem Zeiss ist nichts mehr zu erkennen.

Meine Vermutung: Die Fluoreszenz war wohl ein Effekt, der durch die frische Bruchfläche entstanden ist – mechanische Spannungen oder Mikrorisse vielleicht?
Das würde auch den Unterschied zur Spitzgrund-Probe erklären, denn die habe ich nicht abgeschlagen, sondern einfach aufgesammelt.

miles_teg

Zitat von: Banev am 07. Oktober 2025, 00:25Nachtrag: Nach über einem Jahr fluoresziert an der Probe aus dem Tännichtgrund nichts mehr.
Nach einem Optik-Upgrade meiner Mikroskopkamera habe ich sie mir eben noch einmal unter UV (365 und 395 nm) angesehen und kann nichts mehr entdecken. Auch unter dem Zeiss ist nichts mehr zu erkennen.

Meine Vermutung: Die Fluoreszenz war wohl ein Effekt, der durch die frische Bruchfläche entstanden ist – mechanische Spannungen oder Mikrorisse vielleicht?
Das würde auch den Unterschied zur Spitzgrund-Probe erklären, denn die habe ich nicht abgeschlagen, sondern einfach aufgesammelt.
Interessant! Also vielleicht die Bildung von Oxidschichten, die dann die Emission ver/behindern?

NoLi

Zitat von: Banev am 07. Oktober 2025, 00:25Nachtrag: Nach über einem Jahr fluoresziert an der Probe aus dem Tännichtgrund nichts mehr.
...
Manche Sekundäruranmineralien sind hygroskopisch und verlieren mit zunehmender Feuchte ihre Fluoreszenzkraft.

Norbert

Banev

Zitat von: miles_teg am 07. Oktober 2025, 09:45Also vielleicht die Bildung von Oxidschichten, die dann die Emission ver/behindern?
Was da fluoresziert hat, waren – wenn ich das richtig gedeutet habe – Feldspat-Anteile, und das sind ja schon Oxide. Wenn man genauer hinsieht, sind es auch nicht die Kristalle selbst, die da leuchten, sondern eher ihre (Bruch-?)Kanten.

Zitat von: NoLi am 07. Oktober 2025, 15:59Manche Sekundäruranmineralien sind hygroskopisch und verlieren mit zunehmender Feuchte ihre Fluoreszenzkraft.
Das wäre auch eine Möglichkeit. Allerdings sind die floureszierenden Stellen, wie man oben in dem Mischlicht-Foto erkennen kann, farblose bzw. weiße Kristalle, was für Sekundäruranmineralien m.W. eher untypisch ist. Auch bei höherer Vergrößerung konnte ich damals keine (floureszierenden) Einsprengsel erkennen.

Kurzerhand habe ich nun am selben Stück eine frische Bruchstelle »erzeugt«. Aber auch da zeigt sich keine Fluoreszenz mehr  :unknw:
Hätte ich nicht die Fotos, wäre ich geneigt anzunehmen, dass ich mich damals getäuscht habe.

Kermit

Zitat von: Banev am 07. Oktober 2025, 00:25Nachtrag: Nach über einem Jahr fluoresziert an der Probe aus dem Tännichtgrund nichts mehr.

Spannend  :)
Hast Du zwischendrin bis heute immer mal wieder nach der Fluoreszenz geschaut?

Ich habe kaum Ahnung von Mineralien, daher ist das schon spannend für mich.

Besteht die Möglichkeit, das es Triboluminezenz war? Die entsteht durch mechanische Belastung, Druck oder Reibung. Da Du das Stück abgebrochen hast, könnte es sein, das sich die Spannungen im Gestein/ Kristallgitter noch eine ganze Zeit lang halten und erst mit der Zeit sich wieder geordnete Verhältnisse im Kristallgitter einstellen.

In Verbindung mit der von NoLi geäußerten Vermutung hat das Gestein eventuell diese Fluorezenzeigenschaft verloren.

Wenn Du da eventuell wieder hinkommst, wo das Gestein her ist, könntest Du eine frische Probe holen und gleichzeitig nach der im Fels verbleibenden Bruchstelle schauen.

Mächtig spannend Egon, würde Benny sagen (oder so ähnlich  ;) )

Banev

Zitat von: Kermit am 07. Oktober 2025, 23:06Hast Du zwischendrin bis heute immer mal wieder nach der Fluoreszenz geschaut?
Ich glaube, ich hatte vielleicht ein oder zwei Wochen später nochmal nachgesehen, aber seitdem hat das Stück sicher mindestens ein Jahr lang im Schrank gelegen. Ich hab's eigentlich nur bemerkt, weil ich gestern meiner Kamera ein neues Objektiv verpasst hatte und das mal testen wollte.

Zitat von: Kermit am 07. Oktober 2025, 23:06Besteht die Möglichkeit, das es Triboluminezenz war?
Lumineszenz halte ich für unwahrscheinlich, denn erstens trat das Ganze nur unter UV auf und zweitens lag das Stück schon 10 Tage bei mir in der Werkstatt, bevor ich es mir mit dem Mikroskop unter UV angesehen habe und mir das Leuchten auffiel.
Und wie gesagt – an der Bruchfläche des heute abgeschlagenen Stücks passierte seltsamerweise überhaupt nichts. Aber mal sehen – vielleicht leuchtet's ja auch erst in 10 Tagen?