Siemens / Plessey PDRM82D

Begonnen von SAL-87, 17. April 2020, 15:32

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SAL-87

Nachdem bereits ein sehr ausführliches Thema über das PDRM82 existiert, in dem viele technische Details aufgeführt sind, möchte ich hier mal die militärische Version dieses Strahlenmessgerätes vorstellen.
Diese unterscheidet sich in einigen Punkten deutlich von der bekannten orangefarbenen Variante.



Die Geschichte des PDRM82 begann ursprünglich damit, dass das britische Verteidigungsministerium 80000 Einheiten dieses Gerätes für einen Gesamtpreis von 4 Millionen Pfund bestellte.
1000 Einheiten waren für die 850 Bunker der Royal Observer Corps Association bestimmt ( PDRM82F ). Einem Netzwerk, dass bei einem Atomschlag warnen und die Strahlung in den betroffenen Gebieten dokumentieren sollte. Die in den unterirdischen Bunkern verwendeten Geräte besaßen eine externe Sonde, welche oberirdisch in einer geschützten Messstelle angebracht war. Das eigentliche Gerät befand sich unten im Bunker.
Die restlichen 79000 Einheiten besaßen ein internes Zählrohr und einen weißen Tragegurt. Auch von diesem Typ bekam die Royal Observer Corps Association eine unbekannte Anzahl an Geräten. Damit sollte nach dem Atomschlag die Bunkerbesatzung in Schutzkleidung und zu Fuß, mit dem Fahrrad oder einem Land Rover die betroffenen Gebiete erkunden und die gemessenen Werte an eine zentrale Sammelstelle weiterleiten. Ziel war es eine sogenannte "fall-out map" zu erstellen.
Die restlichen Geräte dieses ersten Großauftrages gingen an die Polizei, Feuerwehren und andere Organisationen.

Die Auslieferung der ersten Geräte begann dann im April 1983 und zog sich über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren.
Der Stückpreis lag damals bei 50 Pfund und die Geräte waren dafür ausgelegt, 20 Jahre gelagert und genutzt werden zu können.



Wann die ersten Geräte für das Militär gefertigt und ausgeliefert wurden ist mir leider nicht bekannt. Das hier gezeigte PDRM82D wurde 1991 hergestellt.
Die militärische Version unterscheidet sich gegenüber der oben besprochenen und ursprünglichen Variante dadurch, dass sie ein externes Zählrohr und einen Tongeber besitzt. Abgesehen von der nun bronzegrünen Farbe natürlich. Auch die Darstellung des Displays ist anders.
Als Hersteller ist auf dem Gerät Siemens angegeben, auf dem Tongeber Siemens / Plessey. Es könnte sich also um eine Lizenz- oder Auftragsfertigung durch Siemens handeln.

Betrieben wird das Gerät mit 3 C Batterien. Eine Besonderheit ist hier, dass der Drehknopf zum Ein- und Ausschalten gleichzeitig auch der Deckel des Batteriefaches ist.

Nach dem Einschalten und dem automatischen Selbsttest, den das Gerät bei jedem Start durchführt, erscheint die Anzeige der aktuellen Dosisleistung in cGy/h. Also Centigray.
In der Annahme, dass sich der Dezimalpunkt der Anzeige nicht verschiebt lässt sich daraus schließen, dass das Gerät ab einer Dosisleistung von 0.0001 cGy/h bis 0.9999 cGy/h anzeigen kann. Das entspricht einer Anzeige von 1 µSv/h bis 9999 µSv/h = 9,99 mSv/h. Jeweils in Schritten von 0.0001 cGy/h, also 1µSv/h.
Ein Messintervall wird durch die sich auf- und abbauende Balkenanzeige unterhalb des Messwertes angezeigt und dauert ca. 2 Sekunden.

Zur Entstehung der Einheit cGy/h hat NoLi in einem anderen Thema einen schönen Post geschrieben, den ich hier gerne zitieren möchte:

ZitatDie Maßeinheit "cGy/h" ("Zenti-Gray pro Stunde") ist eine im militärischen Bereich kreierte Kunstmaßeinkeit. Offizielle SI-Einheit für die Energiedosis ist das "Gy" mit seinen Untereinheiten Milli-Gray "mGy", Mikro-Gray "µGy", Nano-Gray "nGy".

Vor etwa 1978 (Einführung der SI-Einheiten) zeigten Dosisleistungsmessgeräte in "rad/h" (rad = radiation absorbed dose) an. Nach der Umstellung auf SI-Einheit (rad --> Gy) wechselte nicht nur die Benennung, sondern auch der Zahlenwert. Aus 100 rad wurden auf einmal 1 Gy (warum auch immer...wurde halt so mal festgelegt). Weil nun die bisher produzierten Militär-Dosisleistungsmessgeräte immer noch Skalen in den Maßeinheiten "rad/h" enthielten und ein Skalenaustausch nicht so einfach zu bewerkstelligen war (vor allem in dieser vorhandenen Menge), wurde für den militärischen Bereich die Einheit "cGy/h" (= ein hundertstel Gray pro Stunde) erschaffen, denn ein hundertstel Gray/h = 10 mGy/h = 1 cGy/h = 1 rad/h. Somit wurde flugs per Aufkleber (z.B. beim SV-500 der Bundeswehr) aus 1 rad/h = 1 cGy/h; und der "gemeine Soldat" konnte nun einfach weiterhin die "alten Messzahlen" ablesen und in der "neuen Einheit" cGy/h melden...und die Militärs sparten sich den Umbau der Dosisleistungsmeßgeräte mit neuen Messskalen, die Militärangehörigen, bisher jahrelang auf "rad/h" getrimmt, mussten nicht umlernen, alte Vorschriften und Grenzwerte nicht umgeschrieben werden.







Die externe Sonde ist nicht abnehmbar und fest mit dem Gerät verbunden. Ein internes Zählrohr scheint das PDRM82D also nicht zu besitzen. Der Tongeber hingegen kann durch Abschrauben deaktiviert und entfernt werden.









Mit der am Tragegurt befestigten Halterung kann die Sonde während des Betriebs bequem eingehangen und auf Bauchhöhe getragen werden.





Nachfolgend ein paar Vergleichsmessungen zwischen dem PDRM82D und einem Automess 6150AD6E.

Bei der Messung eines alten Glühstrumpfes zeigt das PDRM82D 0.0001 cGy/h an ( 1 µSv/h ). Das Automess 0,91 µSv/h.







Die thoriumhaltigen WT20 Elektroden erhöhen die Anzeige des PDRM82D auf 0.0002 cGy/h ( 2 µSv/h ). Die Anzeige des Automess steigt auf 2,14 µSv/h.







Zuletzt noch eine Vergleichsmessung mit einem Stückchen Metaautunit, welches beim PDRM82D mit 0.0005 cGy/h ( 5 µSv/h ) zu Buche schlägt. Beim Automess dagegen mit 5,96 µSv/h.







Abschließend lässt sich sagen, dass das PDRM82D im Gegensatz zum PDRM82 ein durchaus brauchbares Gerät ist, welches auch abseits eines Atomkrieges und ohne Modifikationen Verwendung finden kann.



Grüße
Marcel

NoLi

#1
Hallo Marcel.

Ich habe (vielleicht) was interessantes gefunden.
Eine Kalibrieranleitung für das PDRM-82D  " Protocol 61 Doserate Meter RADIAC Type PDRM82D ":

Guckst Du mal hier  https://idoc.pub/download/radiac-british-radiation-meters-manual-klzz9k7zvvlg
Datei öffnen oder herunterladen, PDRM-82D ist Protocol 61, ab Seite 298.

Dat Dingens muß übrigens wohl eine Gleitkommafunktion und somit einen recht hohen Messbereichsumfang besitzen, denn der Kalibrierumfang geht bis etwa 3500 µGy/h.

Hier auch noch ein Auktionsangebot des brit. Verteidigungsministeriums aus dem Jahr 2015:  https://www.bidspotter.co.uk/en-gb/auction-catalogues/wca/catalogue-id-witham1-10000/lot-fce848d7-4bbe-45e0-989c-a9b501146558

Gruß
Norbert

SAL-87

#2
Servus Norbert.

Das ist doch mal ein amtliches Dokument zu dem Gerät.  :)
Ich habe auch lange im Internet recherchiert, aber leider nichts dazu gefunden. Außer die Auktion, die du hier auch verlinkt hast.

Was wiederum jedoch nicht zu meinem PDRM82D passt, ist die Darstellung des Displays beim Selbsttest und während dem laufenden Betrieb.
In dem Dokument wird explizit geschrieben, dass dabei "tES.t"  im Display erscheint. Bei meinem erscheint einfach nur "tESt". Ohne den Dezimalpunkt.
Auch die Darstellung nach dem Selbsttest ist anders. Beschrieben wird, dass das Display "0.0" mit einem blinkenden Punkt anzeigen muss.
Meines zeigt ".0000" an und der Punkt erscheint dauerhaft.

Dass sich der Dezimalpunkt verschiebt, kann ich mir fast nicht vorstellen. bei normaler Hintergrundstrahlung registriert die Sonde ca 21 Impulse pro Minute. Viel mehr als die 9,99 mSv/h werden wahrscheinlich nicht drinnen sein. Leider lässt sich die Sonde nicht öffnen um mal nach dem verbauten Zählrohr zu schauen.

Auffällig ist ebenfalls, dass das Display µGy/h und cps anzeigen kann. Jedoch nur vor dem Selbsttest, wenn alle Segmente des Displays kurz aktiviert werden.
Eine Möglichkeit den Modus zu wechseln ist mir nicht ersichtlich. Dass sich der Modus mit einer anderen Sonde automatisch umschalten würde kann man auch ausschließen, da sie fest mit den Gerät verbunden und nicht abnehmbar ist.







Das PDRM82D befand/befindet sich auch in einem recht schlichten Aluminiumkoffer ohne irgendwelche Aussparungen für das Gerät im Schaumstoff.
Eigentlich eher untypisch für ein militärisches Gerät welches so an die Truppe ausgeliefert werden soll.





Grüße
Marcel

NoLi

Hi Marcel.

Möglicherweise kann man den Modus wechseln durch Umstecken einer Steckerbrücke auf der Platine.

Bei der Fa. Berthold war dies beim Kontaminationsmessgerät LB-122 so: Feuerwehrversion nur cps...Stecker umgesteckt = Expertenversion mit cps und Bq/cm² mit Leitnuklidauswahl.

Gruß
Norbert