Beta-Sonde POLON SGB-3P

Begonnen von DG0MG, 07. September 2020, 20:08

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DG0MG

Ich habe hier eine Kontaminationssonde des polnischen Herstellers POLON vom Typ SGB-3P.

Es handelt sich um ein Stahlblechgehäuse von 23 x 23 cm, 4 cm hoch, mit einem Handgriff auf der Oberseite. Im Inneren befinden sich 6 russische Zählrohre SBM-19 sowie zu jedem Zählrohr jeweils ein Vorwiderstand 5,1 MOhm an den Anoden. Die Kathoden liegen alle auf dem Gehäuse, also GND. Nach den Widerständen sind die Signal auf einen Anschluss geschalten, der mit ca. 1 Meter Koaxkabel auf einen BNC-Stecker endet. Die Sonde kann z.B. am "Universalradiometer RUST-3" betrieben werden.

Der verchromte Deckel der Unterseite enthält 6 Aussparungen parallel zu den Zählrohren, die mit einer dünnen Kunststofffolie abgedeckt sind, um auch die beta-Empfindlichkeit der SBM-19 zu nutzen.

Zuletzt noch der Scan eines Original-Begleitheftes zu einer SGB-3P, das gehört aber zu einer anderen Seriennummer.
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Zugpferd

Das Ding sieht aber toll aus... was für eine Grösse.
Berthold und Co baut immer Flächenzählrohre, der Osten bedient sich einfach an mehreren Zählrohren um eine Fläche zu schaffen. Wie sind deren Empfindlichkeiten gegenseitig? Hat jemand beides?

NoLi

Die Empfindlichkeit dieser Sonde ist bestimmt nicht ganz so hoch wie bei einem Proportional- oder Szintillationskontaminationsgroßflächendetektor, aber sicherlich völlig ausreichend, um eine strahlenbiologisch relevante Kontamination von Beta-/Gamma-Strahlern nachweisen bzw. messen zu können.

Hiesige Geräte bzw. Detektoren werden mit immer größerem Aufwand auf immer niedrigere Nachweisgrenzen getrimmt, um Aktivitäten messen zu können, welche zwar in der radiologisch Wirkung völlig vernachlässigbar sind, aber bei einem positiven Nachweis immer wieder zu "kritischen Individual-Reaktionen" führen (siehe "10 µSv Konzept").

Du hast doch bestimmt einen "30-Gramm-Pottasche-Prüfstrahler"; vielleicht kannst Du hiervon mal die Zählrate (cps oder cpm) posten...dann könnten andere Mitglieder mit ihren Proportionaldetektoren etc. ebenfalls ihre "Pottasche-Messwerte" zum (Empfindlichkeits)Vergleich mitteilen.


Nachtrag:
Gemäß dem Sonden-Manual liegt der Messbereich für Sr-/Y-90 Betaaktivität ab 1 Bq/cm² bis 74 Bq/cm². Die Sonden haben eine Wandstärke von < 50 mg/cm², die Folie von < 7mg/cm²; somit kann man von einem Zählrohr-Wandflächengewicht von max. 50 mg/cm² (entspricht einer Wandstärke von ca. 0,5 mm Dicke) ausgehen (zum Vergleich: das SBM-20-1 hat ein Wandflächengewicht von 40 mg/cm², ~ 0,4 mm). Dies ist natürlich deutlich dicker als bei den hiesigen Großflächendetektoren mit einer Folienstärke von ca. 0,5 mg/cm² bei Propan-Butan-Detektoren/Szintillations-Detektoren und ca. 5 - 10 mg/cm² bei Xenon-Detektoren/Argon-Detektoren.
Das Prüfprotokoll ergibt bei einem 150 cm² Sr-/Y-90 Strahler von 1,75 Bq/cm² (= 262,5 Bq) eine Zählrate von 46 cps, der Zählwirkungsgrad beträgt hiermit ca. 17,5% (im Prüfprotokoll bei vorgedruckten 1,85 Bq/cm² (= 277,5 Bq) sind es 16,6%). Man kann somit mit einem Sr-/Y-90 Wirkungsgrad von 17% rechnen.


Gruß
Norbert

Turbo-Tom

Hi Norbert,

mit Deinen Angaben zu den Wandstärken der Zählrohre bin ich nicht ganz einverstanden  :unknw: ...

Gehen wir bei dem Material der Rohrwand mal ganz überschlägig von Edelstahl mit einer Dichte von etwa 8g/cm³ aus, dann komme ich auf eine Dicke von 0.05g/cm² : 8g/cm³ = 0,00625cm oder 62,5µm. Was auch die Empfindlichkeit der Rohre erklärt, denn man kann sie ohne weiteres "zwischen den Fingern zerquetschen", und ebenso die Notwendigkeit der eingewalzten "Verstärkungswellen", sonst würde schon die Druckdifferenz (Unterdruck innen - Atmosphärendruck außen) zum Kollaps der Rohrwandung führen.

Viele Grüße,
Thomas

NoLi

Na ja, nur etwa den Faktor 10 daneben... :D :P  :o :unknw:

In vielen Fotos vom SBM-19 sieht das Gehäuse nicht nach Edelstahl, sondern auf Grund der Farbe mehr nach (z.T. oxidiertem) Aluminium aus; in diesem Fall wäre dann die Wandstärke etwa 210 µm.

Zur Ergänzung und zum Vergleich hier das Flächengewicht und die Dicke der Eingangsfenster von Großflächen-Proportional-/-Szintillationsdetektoren (siehe unter "technische Daten"):

https://www.berthold.com/de/strahlenschutz/produkte/kontaminationsmonitore/alpha-und-beta-gamma-kontaminationssonden-lb-1342-lb-1343/

Gruß
Norbert

Turbo-Tom

Ich bin ziemlich sicher, dass es sich bei dem Material der Gehäuse der russischen Zählrohre um Stahl, martensitischen Edelstahl oder aber eine fast reine Nickellegierung handelt. Zum einen sind die Rohre punkt- bzw. rollnahtgeschweißt, zun anderen ferromagnetisch. Und dann ist die Anode noch über eine Glasdurchführung mit der einen Abschlussplatte verschmolzen und (zumindest beim SBM20 ohne Stecksockelkontakte) das Abschmelzröhrchen ebenfalls aus Glas. All diese Befunde schließen Aluminium als Werkstoff praktisch aus.

NoLi

Dann ist bei Beta-Energien < 500 keV nicht mehr allzuviel zu messen, so wie beim SBM-20.

Gruß
Norbert

DG0MG

Zitat von: NoLi am 09. September 2020, 09:50
Du hast doch bestimmt einen "30-Gramm-Pottasche-Prüfstrahler"; vielleicht kannst Du hiervon mal die Zählrate (cps oder cpm) posten...dann könnten andere Mitglieder mit ihren Proportionaldetektoren etc. ebenfalls ihre "Pottasche-Messwerte" zum (Empfindlichkeits)Vergleich mitteilen.

Ja, habe ich gemacht.

Nullrate: 434,405,443,414,432,456 cpm ==> 431 cpm

Ein 30g-"Müllers-Pottasche"-Beutel: 1094,1083,1129,1168,1049,1100 cpm ==> 1104 cpm brutto

1104 cpm - 431 cpm = 673 cpm netto.

Ich hatte dann noch mit zwei Beuteln nebeneinander probiert und mich gewundert, dass da nicht eine ungefähre Verdopplung der Nettoimpulszahl rauskam. Dabei stellte sich raus, dass von den 6 Zählrohren eines (das untere) vollkommen taub ist.  :( Ich muss also erstmal ein SBM-19 beschaffen. Das wird dann dazu führen, dass die Nullrate etwas steigt, während die Bruttorate für einen Beutel so bleibt (Prüfstrahler lag über den funktionierenden Rohren).

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Henri

Wenn man das mit einem Endfenster-Zählrohr vergleicht, ist das ziemlich wenig. Mein SBT10A hat ein Verhältnis von ca. 2 cps zu ca. 10 cps mit Pottasche, also Faktor 5. Bei Dir sind es Faktor 2,6.

Allerdings deckt das Tütchen bei Dir ja auch nicht die ganze Zählrohrfläche ab?. Dadurch hoher Nulleffekt, aber aus dem Tütchen kommt ja bei Dir trotzdem nicht mehr raus als bei mir. Da sollte also noch was drin sein.

Bei Deinem 2-Tütchen-Experiment: hast Du vielleicht ein Totzeitproblem durch einen viel zu großen Anodenwiderstand? 

Viele Grüße,

Henri

DG0MG

Zitat von: Henri am 10. September 2020, 19:00
hast Du vielleicht ein Totzeitproblem durch einen viel zu großen Anodenwiderstand?

Neinein, es ist schon so, eins der 6 Zählrohre ist defekt. Ich habe sie heute nochmal aus dem Gehäuse rausgenommen und einzeln an anderer Hardware probiert, das eine geht halt einfach nicht und bringt keinerlei Pulse.
Deshalb: Gegen funktionsfähiges SBM-19 ersetzt und Testreihe nochmal gemacht. Die Tütchen habe ich bei jeder Messung etwas bewegt, da sie ja kleiener als die Messfläche der Sonde sind:

Nullrate: 546,544,561,525,498,522 ==> 533 ipm
eine Tüte: 1197,1257,1171,1207,1209,1197 ==> 1206 ipm
Zwei Tüten: 1742,1859,1886,2043,1839,1897 ==> 1878 ipm

1206 ipm (1T.) - 533 ipm (Nullrate) = 673 ipm (1T., netto)

1878 ipm (2T.) - 533 ipm (Nullrate) = 1345 ipm (2T., netto)
1345 ipm/2 = 672 ipm
             =======   


Das haut jetzt prima hin! Zwei Tüten bringen fast exakt eine Verdopplung der Nettoimpulsrate gegenüber einer Tüte.  :yahoo:
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NoLi

Zitat von: DG0MG am 12. September 2020, 20:48
Das haut jetzt prima hin! Zwei Tüten bringen fast exakt eine Verdopplung der Nettoimpulsrate gegenüber einer Tüte.  :yahoo:

Aber nur so lange, wie die beiden Tütchen zusammen kleiner oder max. gleich groß sind wie die Messfläche... ;D
Und nicht aufeinander liegen ;)

Gruß
Norbert

DG0MG

Diese Sonde musste für einen Umbau herhalten.

Das Koax-Kabel samt Durchführung wurde entfernt und in das Loch ein Messingblech eingesetzt, in das eine "M8"-Steckerbuchse eingesetzt ist.
Näheres zu diesen Steckerverbindungen und deren Belegung habe ich hier geschrieben: Mein "Persönlicher Standard GZF446".

Ins Gehäuse hinein kam ein Theremino Geiger-Adapter GA500. Dessen Spannung wurde auf 400 V festgelegt und der 5,1-MOhm-Anodenwiderstand entfernt, da ja eh schon jedes Zählrohr einen eigenen hat. Der GA500 wurde wie beschrieben leicht umgeändert, so dass er negative Impulse liefert, also im Ruhezustand H-Potential.

Jetzt kann die Sonde an verschiedenen Eigenbauprojekten weiterverwendet werden, z.B. mit dem "Atom Poor".  ;D
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