Szintillations-Radiometer SRP-68-01 (СРП 68-01)

Begonnen von DG0MG, 11. Februar 2019, 22:35

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DG0MG

Vor einiger Zeit bekam ich ein defektes  :o SRP-68-01 in die Hand gedrückt, mit der Bitte, nachzuschauen, ob sich noch etwas machen ließe.

Gleich noch vornweg: Das Gerät lebt wieder.  8)

Bei der Gelegenheit hab ich das Teil gleich mal dokumentiert.

Das SRP-68-01 ist ein recht empfindliches russisches Szintillations-Radiometer, verwendet zur Strahlungsmessung u.a. bei geologischen Erkundungen und anderswo. Es besteht aus einem Grundgerät in robustem Alu-Druckgussgehäuse mit Stromversorgung und analoger Anzeige sowie der abgesetzten zylinderförmigen Messsonde samt NaI(Tl)-Kristall, Sekundärelektronenvervielfacher, Hochspannungserzeugung und Signalformung. Es wurde über lange Jahre hinweg gebaut und dabei immermal wieder konstruktiv geändert: Es gibt Geräte die transistorbestückt sind, und welche mit integrierten Schaltkreisen (CMOS). Rein äußerlich sieht man es den Geräten weder an der Bauform noch an der Bezeichnung an, welche Variante letztendlich drinsteckt.

Die hier gezeigte ist eine moderne Produktion aus 1988 und mit CMOS-Schaltkreisen bestückt.

Die Stromversorgung mit 12 V  erfolgt über 9 "Baby-"Zellen (Typ C), alleine die machen im Betrieb schon einen guten Teil des Gerätegewichts aus. Es gab aber auch schon Fotos von anderen Geräten mit anderen Batteriehaltern zu sehen.

Auf der rechten Schmalseite unter dem Schraubdeckel befindet sich ein Co-60-Prüfstrahler, der trotz bereits einiger vergangener Halbwertszeiten noch deutlich zu bemerken ist.

Die Messbereiche sind in 2 Gruppen angeordnet:

Einmal Impulse pro Sekunde (s-1) und zum anderen µR/h:

  100 Ips
  300 Ips
1000 Ips
3000 Ips
10000 Ips

   30 µR/h
  100 µR/h
  300 µR/h
1000 µR/h
3000 µR/h


Die "altmodisch" erscheinende, analoge, gut gedämpfte Anzeige mit einem Drehspulinstrument macht sich beim Einsatz im Auto während der Fahrt ausgesprochen gut: Mit einem kurzen Blick kann man die Zeigerstellung oder eine Tendenz erfassen.
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DG0MG

#1
Nach Öffnen des Gerätes befinden sich im Unterteil die Aufnahmerohre für die 3x3 Batterien, die Elektronik am Oberteil.

Die etwa europakartengroße Platine ist wartungsfreundlich nach Lösen von zwei Schrauben ausklappbar und bleibt mit dem Rest (Messinstrument, Messbereichsschalter usw.) durch einen aufwändig gebundenen Kabelbaum verbunden.

Besonders aufwändig ist die Elektronik nicht: 5 Standard-CMOS-Schaltkreise, einige Elkos, Widerstände und Transistoren. Letztere teilweise in einer Bauform, wie ich sie noch nie gesehen habe: Gelbe Plasteteilchen mit 3 Beinchen in einer Reihe - das würde man einzeln eher für einen Keramikresonator oder ZF-Filter halten. Die beiden großen runden "Dinger" sind vergossene Induktivitäten, vermutlich Schalenkerne.

Beim Erkennen der Schaltkreisbeschriftung sind Grundkenntnisse der kyrillischen Buchstaben hilfreich - wer hätte das vor 40 Jahren - im verhassten Russischunterricht - gedacht :unknw:


  • K561TM2 (3x) ==> CD4013 (2 D-FlipFlop)
  • K561LN2      ==> CD4049 (6fach-Puffer)
  • K561IE8      ==> CD4017 (Dezimalzähler)

Auf einer offenbar später hinzukonstruierten hochkantstehenden Sub-Platine befindet sich ein weiterer CMOS-IC, der für die Erzeugung des Warntones zuständig ist. Das zugehörige Poti ist der Drehknopf im Bedienfeld links unten. Man wählt seinen gewünschten Messbereich mit dem Drehschalter und stellt den Drehknopf so ein, dass es noch nicht piept. Werden die gemessenen Impulse pro Sekunde mehr, so tönt aus dem seitlich nach außen zeigenden Schallwandler ein nerviges "tüüt--tüüt---tüüt", bis man das Poti höherdreht oder die Impulszahl wieder geringer wird.
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DL3HRT

Kann man auf den Fotos erkennen, welche Teile du tauschen musstest?

DG0MG

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DG0MG

#4
Die vollständig zylinderförmige Messsonde ist unhandliche 45cm lang und mit 1,30 m flexiblem Gummikabel ohne Trennmöglichkeit mit dem Grundgerät verbunden. Die Schwachstellen der Kabeleinführungen sind zur Vermeidung von Kabelbrüchen - wie auch bei anderen russischen Geräten - mit Spiralfedern verstärkt.

Es gibt auch noch eine Variante der Sonde mit einem teleskopisch ausziehbaren Pistolengriff, da braucht man sich bei einer punktgenauen Messung am Boden nicht bücken. An dem ist dann auch ein Riemen befestigt, so dass man sich die Sonde umhängen kann.

Die Sonde wird über das Gummikabel mit 5 Volt versorgt und liefert die Impulse zurück. Das Kabel hat also nur 3 Adern. Die Signalader ist allerdings abgeschirmt. Die Hochspannungserzeugung findet direkt im Inneren der Sonde statt.

Das Alugehäuse ist über diverse Sprengringe, Gewindestücke und O-Ringe gut abgedichtet.

Wozu der gezeigte Mikroschalter im Sondeninneren genau gut ist, weiß ich noch nicht, er wird durch nichts betätigt. Vermutlich hat das was mit einer Kalibrierung der Impulshöhen zu tun, denn er schaltet als Öffner einen Widerstand einem anderen im Vorverstärkerbereich parallel.
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DG0MG

Im vorderen Teil der Sonde sind der Spannungsteiler für den Photomultiplier, der PMT selbst und natürlich der Szintillationskristall untergebracht.

Der SEV/PMT ist ein FEU-85 (ФЭУ-85) mit 11 Dynoden und einem Durchmesser des Lichteintrittsfensters von 30mm.

Der Kristall ist etwas größer im Durchmesser (35mm) und leider nicht mehr ganz klar: Es sind Schlieren unter der abschließenden Glasplatte zu sehen. Ohne jetzt aber einen direkten Vergleich zu einem "guten" Kristall zu haben, merkt man das nicht - das Gerät ist immer noch sehr empfindlich.
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DG0MG

#6
Wie im ersten Beitrag geschrieben, war das Gerät defekt.

  • Fehlerbild
    Der Defekt zeigte sich so, dass beim Einschalten auf "BAT" (Batteriekontrolle) der Zeiger des Messgerätes richtigerweise bei ~3/4 des Vollausschlages stand, beim Umschalten auf "2.5" oder "5" (Zeitkonstante) der Zeiger aber an den Vollausschlag knallte - völlig unabhängig vom eingestellten Messbereich. Nach einigem Rumprobieren war noch festzustellen, dass es nach längerem Ausschalten (mehrere Stunden) und schnellem Einschalten auf "Messen" mal ganz kurz ging - höchstens 3 Sekunden, dann war der Zeiger wieder hintendran. Mit "ging" ist gemeint, dass der Zeigerausschlag einer schnellen Annäherung und Entfernung eines Prüfstrahlers folgte. Eine Reparatur schien also nicht gänzlich aussichtslos.
  • Fehlersuche
    Noch bevor ich den Schaltplan des Gerätes hatte, sind mir 2 Sachen aufgefallen: Die Schaltkreise wurden leicht warm. Gut, es sind 30 Jahre alte, RUSSISCHE CMOS-Schaltkreise. Da kann man sich eine Stromaufnahme von einigen 10mA durchaus vorstellen. Schließlich ist ja auch eine fette Stromversorgung aus Babyzellen vorgesehen. Die 12V lagen auch an den CMOS-ICs an, was ja immerhin noch innerhalb der Spezifikation liegt. Bis ich dann das Stückchen Hartpapier mit 3 Lötösen entdeckt habe, an denen das Kabel zur Sonde angeschlossen ist: Dort lautet die Beschriftung "K C +5B". "K" ist "KORPUS", also GND und "C" (S) vielleicht SIGNAL. "+5B" (B=W) könnten "+5 Volt" bedeuten, dort lagen aber auch 12 Volt an. Ein Messen der Hochspannung in der Sonde ergab ~1700 V, auch etwas sehr viel. Das sah also wie ein Problem in der Stromversorgung aus.
  • Reparatur
    Mit Schaltplan war das dann alles etwas einfacher. Die Stromversorgung erfolgt über einen Step-Down-Wandler, ein Großteil der Elektronik wird mit 5 V betrieben (nicht alles!). In Frage kam zuallererst VT5, da der - egal, welcher Pegel über VT3, VT1, VT2 kam - immer durchgesteuert bzw. leitend war. Den also ausgelötet und getestet: Kollektor-Emitter-Schluss (KT351A). Ersetzt durch einen gerade vorhandenen MPSA92, ging es schonmal besser: Die 12 V waren weg, aber der Schaltregler brauchte nach dem Einschalten immer erst einen "Stups", um loszulaufen und dann die 5 V zu liefern. Deshalb VT6 überprüft: Der war kein Transistor mehr, nur noch eine Diode. Zwischen Basis und Emitter war nicht zu messen. Diesen (KT315A) also auch ersetzt - durch einen SF828. Danach lief das Gerät ordentlich - die für 5 Volt ausgelegten Schaltungsteile inklusive der Sonde hatten die 12 V offenbar unbeschadet überstanden. Bis auf den Pieper. Der war nicht zum Piepen zu überreden. Hier hatte es noch einen Transistor gehimmelt: VT9 auch durch SF828 ersetzt, dann piepte es wieder.

Wodurch nun der Defekt ursächlich aufgetreten ist, war bisher nicht zu ermitteln. Allerdings finden sich im russischsprachigen Forumsthread zum Gerät mehrere ähnliche Fehlerbilder. Ein Bastler hat sogar den kompletten Buck-Stromversorgungsteil ausgebaut und durch einen 78L05 ersetzt - wie er schreibt, mit gutem Erfolg.

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DL3HRT

Es ist schon erstaunlich, dass man die Probleme bei den NaI-Kristallen nie 100%ig in den Griff bekommen hat. Eingeschlossen in ein Alugehäuse mit einer abgedichteten Scheibe oben drauf sollte doch nichts passieren - so meint man zumindest. Die Realität sieht oft anders aus. Viele der bei Ebay angebotenen Kristalle sind nicht mehr ganz klar. Das deutet eher auf einen konstruktiven, als auf einen Produktionsfehler hin.

Bei der Anwendung als Szintillationszähler spielt das glücklicherweise keine große Rolle. Die Empfindlichkeit wird ein wenig absinken aber das bemerkt der Anwender meist gar nicht. In einem Gammaspektrometer sind diese Kristalle dann allerdings nicht mehr zu gebrauchen.
Hast du den Kristall dann wieder vorschriftsmäßig mit Silikonfett angekoppelt?

DG0MG

Zitat von: DL3HRT am 14. Februar 2019, 07:13
Hast du den Kristall dann wieder vorschriftsmäßig mit Silikonfett angekoppelt?

Ja klar.
Ich nehm dazu lebensmittelechtes Silikonfett für Kaffeemaschinen, das ist auch als großer Tropfen schon so klar, wie Duosan-Leim.
Hast Du noch was besseres?

Ich sprach schonmal mit jemand, der nimmt Silikon-ÖL, da hab ich nicht so ganz das Vertrauen, dass das nicht mit der Zeit rausläuft und Luftblasen bildet. Aber wahrscheinlich sind die Flächen sooo plan und der Spalt sooo klein, dass die Kapillarwirkung jedes noch so dünnflüssige Medium drinhält.

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DL3HRT

Ich habe auch immer das Silikonfett für Kaffeemaschinen verwendet und bisher gute Erfahrungen damit gemacht.

DL3HRT

Wie hoch ist jetzt die Stromaufnahme? Mit welcher Betriebszeit kann man mit einem Satz moderne Alkalibatterien rechnen? Eventuell lohnt sich ja der Umbau auf Lithium-Akkus. Der zulässige Eingangsspannungsbereich ist recht groß, so dass man mit 3 18650-Zellen sicher gut hinkommt.

DG0MG

Zitat von: DL3HRT am 15. Februar 2019, 13:30
Wie hoch ist jetzt die Stromaufnahme? Mit welcher Betriebszeit kann man mit einem Satz moderne Alkalibatterien rechnen? Eventuell lohnt sich ja der Umbau auf Lithium-Akkus. Der zulässige Eingangsspannungsbereich ist recht groß, so dass man mit 3 18650-Zellen sicher gut hinkommt.

Also ich hab jetzt dreimal gemessen - es wird nicht anders. 10mA Stromaufnahme @12V in Schalterstellungen "100cpm" und "2,5". Wenns piept, dann 43 mA. Da würde ich mich mit Akkuadaptern nicht beschäftigen, der Batteriesatz dürfte ewig halten.
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DG0MG

Im ersten Beitrag die Messbereiche ergänzt.

Bloß mal, um einen Eindruck zu bekommen, in welcher Empfindlichkeitsregion sich das Gerät bewegt:

Mit der Sonde *IM* Probebohrloch an bekannter Stelle ist der Zeiger in beiden UNEMPFINDLICHSTEN Stellungen (10000 s-1 und 3000 µR/h am rechten Anschlag!

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DL3HRT

Das SRP-68-01 wird oft mit einem pistolenförmigen Handgriff am Detektor abgebildet, mit dessen Hilfe sich der Detektor konfortabler tragen lässt. Mein Gerät hat solche einen Handgriff leider nicht.

Abhilfe schaffte ein Handgriff für Bohrmaschinen. Diese Handgriffe gibt es in den verschiedensten Durchmessern. Das Detektorgehäuse des SRP-68-01 hat einen Außendurchmesser von 50mm.  Die Fotos zeigen einen passend ausgewählten Handgriff. Die Handhabung des Detektors ist damit viel einfacher.

DL3HRT

Endlich habe ich einen passenden Kopfhörer für das SRP-69-01 bekommen. Das Problem war weniger der Kopfhörer an sich sondern der passende Stecker. Es kommt bei russischen Geräten sehr oft vor, dass spezielle/unübliche Stecker verwendet werden.

Bei angeschlossenem Kopfhörer hört man in den empfindlichen Messbereichen bei jedem Szintillatorimpuls einen Knackton, welcher relativ laut ist und ziemlich "aggressiv" klingt. In den
unempfindlicheren Messbereichen werden die Szintillatorimpulse heruntergeteilt, so dass sich auch die Knackrate des Kopfhörers reduziert.

Ich werde wohl eine kleine Schaltung mit einem VCO und Soundausgabe aufbauen, die am Kopfhörerausgang angeschlossen wird. Die Tonhöhe ist dann eine Funktion der Impulsrate.