KIT Campus Nord (Karlsruhe)

Begonnen von Prospektor, 02. Mai 2021, 10:31

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NoLi

Zitat von: Henri am 06. September 2021, 15:42
Die Halbwertsdicke von 18keV Röntgenstrahlung in Sand ist 1,36mm, habe ich gerade mal rausgesucht, das heißt von der maximal entstehenden Bremsstrahlung kommt aus dem (Sand)boden nur das raus, was in den ersten 1,4cm (10 Halbwertsdicken) entsteht. Da das Maximum bei nur 5,2 keV liegt (Halbwertsdicke 0,037mm!), ist hier bereits bei weniger als einem halben mm Schluss. Und die 5,2 keV beziehen sich ja auf die Betastrahlung, dh. das Bremsstrahlungs-Maximum dürfte noch mal deutlich darunter liegen.

Hallo Henri.

Seinerzeit an einem Tritium-Glowring-Schlüsselanhänger gemessen: das Bremsstrahlungsmaximum, also die größten Häufigkeiten der Photonen, lag zwischen 3,5 keV und 4,5 keV.
Messgerät: Reinstgermaniumdetektor für Niederenergie mit hauchdünnem Berylliumfenster.

Gruß
Norbert

Samarskit

Herzlichen Dank für die Daten, Opengeiger!

Abgesehen davon, dass du völlig recht hast mit der Annahme, dass bei dem geringen Wert für Pu241 dieses Nuklid nicht die Ursache sein kann für die gemessene DL des Radiacode, ist noch eine andere Tatsache interessant:

Die Werte für Pu241 und Am241 sind inkompatibel mit der Annahme, das Am241 sei komplett von dem ursprünglich vorhandenen Pu241 aufgebaut worden. Nimmt man für Pu241 grob 3 HWZ an seit dem besagten Ereignis, so wäre
dessen Anfangsaktivität bei ca. 1400 Bq/kg gelegen. 7/8 davon wären bis heute in Am241 übergegangen. Dessen
heutige Aktivität läge also nur bei gut 40 Bq/kg (Eigenzerfall vernachlässigt), also nur einem Achtel des
vom KIT gemessenen Wertes.

Entweder müssen in der Zwischenzeit also extrem hohe Migrationen der Nuklide geschehen sein, was sehr unwahrscheinlich ist, oder das Am war bereits unabhängig von Pu von Anfang an vorhanden, und Pu hat nur untergeordent zu dessen Präsenz mitgewirkt.

Wie auch immer, ist doch der Pu-Isotopenvektor der KIT-Erde meilenweit unterhalb dem des heutigen Trinitits angesiedelt, was ja auch selbstverständlich ist. Aus der besten mir bekannten Analysearbeit von Parekh et.al. "Radioactivity in Trinitite six decades later" (www.elsevier.com/locate/jenvrad)  gehen folgende aktuellen Werte hervor:

Pu238:  >3000 Bq/kg
Pu239:  86000 Bq/kg
Pu240:   4000 Bq/kg
Pu241:   3000 Bq/kg

sowie

Am241:   2500-3000 Bq/kg,

was einem breit gestreuten Verhältnis zwischen 8:1 für Am241 bis über 2000:1 für Pu239 entspricht!
Da kann man sich doch eher beruhigt etwas zurücklehnen, oder nicht?
 

opengeiger.de

Ja, dann können wir die Hirschgraben-Erde nun wirklich bedenkenlos vermarkten!  ;D

Samarskit

Seinerzeit an einem Tritium-Glowring-Schlüsselanhänger gemessen: das Bremsstrahlungsmaximum, also die größten Häufigkeiten der Photonen, lag zwischen 3,5 keV und 4,5 keV.
Messgerät: Reinstgermaniumdetektor für Niederenergie mit hauchdünnem Berylliumfenster.

Und das ist noch längst nicht die physikalische Realität:

In einem Beitrag zu dem KATRIN-Experiment, das zur Zeit noch läuft, ist u.a. ein Diagramm enthalten, in dem der Verlauf des  Betakontinuums sowie auch des Bremsstrahlungskontinuums von H3 abgebildet ist.

Die 5,6keV sind ja nur die "durchschnittliche" Energie für die H3-Betas. Das Emissionsmaximum liegt noch wesentlich tiefer, nämlich bei nur etwas mehr als 2keV. Das Bremsstrahlungsmaximum liegt noch einmal deutlich
tiefer, nämlich bei nur ca. 0,5keV (500eV!).

Damit ist klar: Die allermeisten Detektoren messen bei H3 nur einen sehr untergeordneten Anteil der Bremsstrahlung, je nach Empfindlichkeit mit einem Maximum bei ca. 12-13keV (NaI-Szintillatoren), 10-11keV bei
Niederenergieszintillatoren wie z.B. der RAP47-Sonde o.ä., oder eben wie bei dir erwähnt mit extrem empfindlichen Germaniumdetektoren bei ca. 4keV.

Die Tatsache, dass man trotz des Glases, das "normalerweise" alle Photonenenergien unterhalb von 6-8keV absorbiert (je nach Dicke), dennoch die 4keV messen kann, liegt allein an der sehr hohen Aktivität des Nuklids sowie dem Gesetz der exponenziellen Absorption.

Ich suche noch nach dem Bild des Diagramms und werde es demnächst hier einstellen.

opengeiger.de

Vielleicht misst Du das auch mal mit Deinem RC-101 nach, mich würde das echt interessieren, ob das an meinem Gerät und den 3 Röhrchen (schon ziemlich alt) nur ein Artefakt war oder ob der RC-101 das wirklich konsitent über alle Geräte im Kanal 2 sieht. Kanal 1 ist bei mir immer leer und Kanal 2 normalerweise nur schwach besetzt, aber bei dem Röhrchen Experiment schoß er auf über 1k Pulse hoch. Wär dann vielleicht auch ein sicherer Energiekalibrierpunkt. :)

Samarskit

Ja, mache ich gerne demnächst mal. Zur Zeit läuft der Radiacode in einem Akkulaufzeitdauertest in meiner
Burg. Ich möchte die maximale Laufzeit eines voll geladenen Akkus ermitteln bei minimaler Belastung des
Gerätes (alle Signale ausgeschaltet, Zählrate minimal bei ca. 0,24 cps). Momentan sind 207 Stunden vergangen, und die Akkuanzeige ist immer noch "voll", es sind also noch mehr als 60% drin.

Ich habe dein Spektrum gesehen - ist schon beeindruckend. Warum sollte es nicht stimmen? Einen Grund für eine Fehlanzeige sehe ich nicht, es sei denn, dass beim Abzug des HG was "verschoben" wurde energiemäßig. Aber das ist eher unwahrscheinlich.

Nun, eine derart scharfe Linie werde ich vermutlich nicht hinbekommen, denn für Windows gibt es immer noch keinen HG-Abzug in der Software. Aber ein erster optischer Kurztest in der Burg (von oben visuell abgelesen)
scheint eine leichte Erhöhung um ca. 0,2 cps anzudeuten. Aber Aussagen kann aber nur ein längerer Test mit Spektrum liefern.

opengeiger.de

Ich hab gerade nochmal ein Spektrum einer SparkGap Röhre auf meinem RC101 angeschaut. Wenn also die Tritium Gaslichter den Kanal2 so krass belegen, dann kann man doch auch sagen, dass das Ba137m der SparkGap Röhre hier in Kanal3 so deutlich rauskommt. Der Cs137 Peak kommt in Kanal62 raus auf meinem Gerät und sieht ohne Amplifikation gegen den Ba137m Peak echt klein aus. Und ja, Kanal1 scheint bei mir immer unbesetzt zu sein. Das würde ja bedeuten:
1) Der RC101 beginnt immer in Kanal2 und das ist in etwa die Bremsstrahlung eines GTLS
2) Kanal3 ist in etwa das Ba137m eines Cs137 Prüfstrahlers
3) Der RC101 überhöht die niedrigen Energien gewaltig
4) Der RC101 ist bei diesen niedrigen Energien aber auch sehr rauscharm und damit supersensibel
5) Vermutlich ist deswegen auch der erste gewaltige Peak in Kanal7 bei einer Probe vom Hirschgraben eine Mischung einer XRF-Linie und des Am241, weil ein Rauchmelder sein Maximum eher in Kanal6 zeigt. Mich würd jetzt mal interessieren wie das bei anderen Geräten rauskommt?

opengeiger.de

Zum Vergleich noch mal die Hirschgraben Erde im Anhang mit dem Peak vorne in Kanal7. Da Kanal1 immer unbesetzt scheint müsste man also rechnen 59/(7-1) für das Tritium Bremsstrahlungsmaximum. Nimmt man den Rauchmelder wärs 59/(6-1). :unknw:

Prospektor

Zitat von: Samarskit am 08. September 2021, 03:33
Herzlichen Dank für die Daten, Opengeiger!

Abgesehen davon, dass du völlig recht hast mit der Annahme, dass bei dem geringen Wert für Pu241 dieses Nuklid nicht die Ursache sein kann für die gemessene DL des Radiacode, ist noch eine andere Tatsache interessant.

Die Werte für Pu241 und Am241 sind inkompatibel mit der Annahme, das Am241 sei komplett von dem ursprünglich vorhandenen Pu241 aufgebaut worden. Nimmt man für Pu241 grob 3 HWZ an seit dem besagten Ereignis, so wäre
dessen Anfangsaktivität bei ca. 1400 Bq/kg gelegen. 7/8 davon wären bis heute in Am241 übergegangen. Dessen
heutige Aktivität läge also nur bei gut 40 Bq/kg (Eigenzerfall vernachlässigt), also nur einem Achtel des
vom KIT gemessenen Wertes.

Entweder müssen in der Zwischenzeit also extrem hohe Migrationen der Nuklide geschehen sein, was sehr unwahrscheinlich ist, oder das Am war bereits unabhängig von Pu von Anfang an vorhanden, und Pu hat nur untergeordent zu dessen Präsenz mitgewirkt.

Wie auch immer, ist doch der Pu-Isotopenvektor der KIT-Erde meilenweit unterhalb dem des heutigen Trinitits angesiedelt, was ja auch selbstverständlich ist. Aus der besten mir bekannten Analysearbeit von Parekh et.al. "Radioactivity in Trinitite six decades later" (www.elsevier.com/locate/jenvrad)  gehen folgende aktuellen Werte hervor:

Pu238:  >3000 Bq/kg
Pu239:  86000 Bq/kg
Pu240:   4000 Bq/kg
Pu241:   3000 Bq/kg

sowie

Am241:   2500-3000 Bq/kg,

was einem breit gestreuten Verhältnis zwischen 8:1 für Am241 bis über 2000:1 für Pu239 entspricht!
Da kann man sich doch eher beruhigt etwas zurücklehnen, oder nicht?


Ja, ich habe mir nun bezüglich der Mengen der einzelnen Isotope auch nochmal meine Gedanken gemacht. Anfangs hoffte ich ja noch, dass man anhand der gefundenen Aktivitäten der einzelnen Isotope u.U. eine Quelle etwas näher eingrenzen könnte. Stattdessen ergeben sich bei mir eigentlich nur neue Fragen, die vermutlich so nicht wirklich beantwortet werden können. In den Kopf kommen mir z.B. spontan folgende:

-   Kann man aus dem Verhältnis Cs-137 : Sr-90 von 250 : 1 ggf. noch Infos ableiten? Beim Gau 1986 lag das Verhältnis in D meines Wissens nach bei ca. 100:1

-   Sowohl das Am-241 als auch die (wenn auch nur leicht) erhöhten Werte von Pu zeigen doch eigentlich, dass es definitiv nicht nur ein Ereignis gewesen sein kann, bei welchem Spaltprodukte freigesetzt wurden (wie in der letzten Pressemitteilung zu lesen war)?!

-   Wenn es allerdings auch ,,Brennstoff-Suppe" oder eine Actiniden-Fraktion gewesen ist, die da auf welchen Wegen immer in den Kanal gekommen ist, dann sollten doch eigentlich auch U-Isotope freigesetzt worden sein. Man sieht aber weder U-235 noch Th-234, was zwischenzeitlich aus U-238 in nachweisbaren Mengen gebildet worden sein sollte... wieso?

-   Das Verhältnis Pu-241/Am-241 deutet wie schon von Samarskit geschrieben darauf hin, dass das Am-241 nicht allein aus dem Pu-241 gewachsen ist, sondern dass initial auch Am-241 freigesetzt worden sein sollte. Am-241 kann aber bei den Pu-Werten auch nicht allein freigesetzt worden sein

-   Ggü. Sandfang 4 findet man viel Am-241, aber quasi kein Cs-137. Was sagen die Pu-Werte hier?

-   Müsste man nicht generell mal eine anständige und repräsentative Untersuchung inkl. Tiefenprofilen vornehmen, so wie das früher mal gemacht wurde? Bei der untersuchten Probe handelte es sich meines Wissens nach um eine Mischprobe von ca. 0-20 cm Tiefe. Es ist doch aber gut möglich, dass die eigentliche Quelle nur von einer relativ dünnen Sedimentschicht nah am Wasser ausgeht, von welcher die einzelnen Elemente dann eben aufgrund ganz unterschiedlicher chemischer Eigenschaften auch unterschiedlich schnell wandern (Mobilität!) 


Im Endeffekt deutet eigentlich alles darauf hin, dass es mehrere Ereignisse/Quellen gewesen sein müssen, die für den Eintrag in den Hirschkanal verantwortlich waren.
Diesbezüglich bin ich natürlich auch sehr gespannt, ob es zum diesem Thema mal noch einen offiziellen Bericht geben wird (KIT/UM/LUBW).

Und ich will doch stark hoffen, dass die LUBW die Thematik in ihren Jahresbericht "Umgebungsüberwachung kerntechnischer Anlagen" aufnehmen wird. Nicht nur weil es per se ja wirklich zwingend dort hinein gehört, sondern auch, weil es diesbezüglich in den vergangenen Jahren eigentlich immer nur ruhiges Fahrwasser war (alles ist wie immer i.O.) und der Großteil der Berichte vom Wording her von Jahr zu Jahr einfach so übernommen werden konnte. Jetzt gibt's endlich mal was Spannendes zu berichten  ;D

Henri

Wie hat das KIT denn die Proben genommen? Nur an einer Stelle, oder an mehreren, und dann gemischt? In welcher Tiefe? Welches Substrat - eher Oberfläche-organisch, oder eher tiefer - Sand, oder was man dort findet? Stammt die Probe aus der "beschlagnahmten" und abgetragenen Uferstelle?

Die Nuklide sind ja alle unterschiedlich mobil in der Umwelt. Dann zerfallen sie auch noch unterschiedlich schnell. Und wenn es mehr als eine Freisetzung gab, möglicherweise noch mit etwas Abstand, wird es richtig kompliziert. Dann stammte die "Suppe" vielleicht auch nicht nur aus einem Brennelement, sondern aus mehreren, mit unterschiedlichem Abbrand, oder sogar von unterschiedlichen Reaktoren, unterschiedlicher Abklingdauer...

Die Fragen sind richtig gut, aber ich fürchte, es wird schwer, eine Antwort dazu zu finden. Zumindest mit nur einer Probennahme. Vielleicht sieht es einen Meter weiter alles ja schon ganz anders aus.

Eigentlich müsste man vor Ort noch mal eine ganze Reihe Gammaspektren aufzeichnen, sowohl an Stellen mit hoher Aktivität als auch am Übergangsbereich zu Stellen, wo sich nichts mehr nachweisen lässt. Dann bekommt man zumindest einen groben Eindruck davon, ob sich vielleicht was separiert hat.  Dann Proben ziehen, diese klassifizieren und zu Hause noch mal das Gesamt-Beta bestimmen. Aber da ist man dann schon eine Zeitlang mit beschäftigt.

Viele Grüße!

Henri

Prospektor

Hallo zusammen,

auch wenn dem ein oder anderen das Thema hier möglicherweise auf den Nerv geht, habe ich beim Sortieren der Literatur eben nochmal zwei schöne Stellen gefunden, die ich hier noch zitieren möchte. Sie zeigen einerseits eine – mindestens retrospektiv – klare Fehleinschätzung, andererseits zwei weitere, gröbere Zwischenfälle, bei denen offenbar mindestens teilweise auch Transuran-Aktivität in die Regenwasserkanalisation (und damit in den Hirschgraben) gelangte.


KFK36 (1960); DIE BEHANDLUNG DER ABWASSER AUF DEM GELANDE DES ATOMFORSCHUNGSZENTRUMS KARLSRUHE

,,Sammlung, Ableitung und Aufbereitung der konventionellen, radioaktiv nicht kontaminierten Abwässer

Die Regenwässer (I) der gesamten Station werden in Betonrohren einem kleinen Vorfluter, dem sog. Hirschgraben zugeführt. Das Wasser des Hirschgrabens dient zur Bewässerung von Wiesen und Feldern. Es ist ausgeschlossen, daß das Regenwasser über die vorhandene natürliche Radioaktivität hinaus, zusätzlich durch radioaktive Stoffe seitens der Station kontaminiert werden könnte."



KFK 1346; Abteilung Dekontaminationsbetriebe; Jahresbericht 1969

"Von den Alarmeinsätzen sollen zwei wegen des grossen Umfanges etwas näher beschrieben werden. In beiden Fällen handelte es sich um stärkere Plutonium-Kontaminationen. Bei dem Vorfall am SNEAK wurden aus einem undichten Brennelement etwa 10 bis 100 mg Plutoniumoxid-Staub freigesetzt und durch die Kühlluft des Elementblocks im ganzen Containment verteilt. Dadurch mussten nicht nur der Elementblock, sondern auch Luftkanäle, Treppen und grössere Fussbodenflächen gereinigt werden. Der Dekontaminationstrupp, unterstützt vom Betriebspersonal des SNEAK, war hierbei 681 Stunden im Einsatz.

Die Plutoniumkontamination in der Gerätedekontamination war der bisher grösste Unfall dieser Art im Zentrum. Er ereignete sich an einem Sonntag und machte einen Soforteinsatz erforderlich, da eine kleine Menge aktiven Abwassers ins Freie gelangt war. Deshalb wurden sofort insgesamt 35 Mann, bestehend aus Dekontaminationstrupp, Strahlenschutz, Strahlenmessdienst und Feuerwehr eingesetzt. Die Beseitigung der kontaminierten Stellen ausserhalb des Gebäudes war nach 4 Tagen abgeschlossen. Es mussten hierbei 40 m2 Strassenbelag abgetragen und in Fässern einbetoniert werden. Die Regenwasserleitung konnte nach mehrmaligem Spülen und Auspumpen dekontaminiert werden. Im Gebäude der Gerätedekontamination waren etwa 800 m2 Fussboden kontaminiert. Die Reinigung der Anlagen gestaltete sich deshalb schwierig, weil die Räume durch zahlreiche Arbeitsgeräte und Maschinen vollgestellt waren, die vor der Dekontamination abgebaut werden mussten. Erschwerend kam hinzu, dass alle Arbeiten in Vollgasschutzanzügen auszuführen waren. Die Dekontaminationsarbeiten waren Ende des Jahres soweit fortgeschritten, dass der Betrieb wieder aufgenommen werden konnte. Der Kontaminationsvorfall erforderte den Einsatz der gesamten Einsatzgruppe. Bis Jahresende wurden ca. 5600 Stunden aufgewendet, von denen 4600 die Gerätedekontamination und 540 der Dekontaminationstrupp aufbrachte.

Eine Rekonstruktion des Vorfalls ergab folgenden Tatbestand: In der Plutonium-Abwasseraufbereitung, die vorübergehend in einem Raum der Gerätedekontamination untergebracht war, lagerten in einer grossen Box 180 l Abwasser mit etwa 1 g Pu und 0,5 g Am. Durch Abplatzen eines in der Box angebrachten Wasserschlauches und durch Undichtigkeit des dazugehörigen Ventils lief Wasser in die Box und sprengte, nachdem die Box zur Hälfte gefüllt war, die Handschuhe ab. Das Wasser verteilte sich dann auf dem Fussboden der Gerätedekontamination und trat schliesslich durch das Eingangstor des Lagers ins Freie. Einige Liter des aktiven Wassers liefen in einen Regengulli.

Über den gesamten Vorfall folgt nach Beendigung der Arbeiten ein ausführlicher Bericht."

Henri

Zitat von: Prospektor am 16. Oktober 2021, 12:26
auch wenn dem ein oder anderen das Thema hier möglicherweise auf den Nerv geht

Also, wenn, dann geht es höchstens den Leuten vom KIT auf den Nerv ;D

Bei jedem Heizöltank gibt es Auffangwannen bzw. äquivalente Maßnahmen, bei den Behältern mit Plutonium-Lösung hat man sich das anscheinend gespart...?   :-\

Ich habe gerade so eine Halle vor Augen, überall zugerümpelt mit Kram und Gerätschaften, die entweder nicht mehr gebraucht werden oder auf Dekontamination warten, und irgendwer schiebt da noch schnell eine Glovebox mit 180l Pu-Lösung rein, weil woanders grade kein Platz war... Und dann der Arbeiter, der morgens die Tür aufschließt und in einer Pfütze steht und sich wundert, was das sein könnte... Na ja, war in Wirklichkeit sicherlich alles ganz anders.

Boehri_de

Zitat von: DG0MG am 02. September 2021, 12:16
Dann müsste man ja mit einer portablen, zylinderförmigen, einseitig offenen Bleibabschirmung für den RadiaCode eine Richtungsabhängigkeit/Richtung feststellen können?

Das Video von "Uraninit" fand ich derart spannend dass ich mir die Sache auch mal anschauen wollte:
https://www.boehri.de/publications/KIT_Strahlung_am_Westzaun.pdf

Vielleicht ist es sogar so dass die Strahlung eher von oben kommt, was ja für den Skyshine-Effekt sprechen würde. Aber das muss ich mir beim nächsten Mal anschauen.

DG0MG

Prima Darstellung des Versuches!

Vielleicht kannst Du noch einen Link zu diesem Thread hier in das PDF aufnehmen, damit Außenstehende, die nur das PDF lesen, auch die bereits hier zusammengetragenen Informationen finden.

ZitatWas mich massiv verwundert hat ist dass die Zählrate mit weiter rein geschobenem "radiacode-
101" derart klein wurde. Ich hätte erwartet dass sie, wenn ich direkt auf die Strahlenquelle ziele,
wesentlich höher hätte sein müssen.

Ich denke schon, dass es nicht ungewöhnlich ist, dass die Impulsrate bei "stärkerer Richtwirkung" (also weiter in der Bleiabschirmung drin) stark abfällt. Das "Nutzsignal" ist ja erstmal eh nur ~0,5 cps groß: Im "Weitwinkel" zwischen 2 und 2.5 cps und im "Tele" noch etwa 0,25 cps zwischen 0,65 und 0,867 cps. Das heisst, man verliert durch die Richtwirkung 3 db Signal. Das ist in der Optik ähnlich: Ein Teleobjektiv ist weniger lichtststark als ein Normalobjektiv (außer man greift tiefer ins Portmonee und macht die Frontlinse wieder größer).
Die Bleiabschirmung verstärkt oder bündelt ja nicht die in die Öffnung fallenden Quanten (wie das der Begriff "Kollimator" vielleicht suggeriert), sie schirmt nur die aus anderen Richtungen kommenden ab.

Eventuell ist noch interessant, wie groß die Frontöffnung in den Taucherbleien ist, um den "Öffnungswinkel" abschätzen zu können, wenn der Kristall ca. 4 cm eingeschoben ist. Wenn die Quelle der Strahlung eine breitere Front als der Öffnungswinkel hat, dann ist es auch erklärlich, dass mit schmalerem Messwinkel das Nutzsignal sinkt.

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Henri

Zitat von: Boehri_de am 19. Oktober 2021, 02:22
Zitat von: DG0MG am 02. September 2021, 12:16
Dann müsste man ja mit einer portablen, zylinderförmigen, einseitig offenen Bleibabschirmung für den RadiaCode eine Richtungsabhängigkeit/Richtung feststellen können?

Das Video von "Uraninit" fand ich derart spannend dass ich mir die Sache auch mal anschauen wollte:
https://www.boehri.de/publications/KIT_Strahlung_am_Westzaun.pdf

Vielleicht ist es sogar so dass die Strahlung eher von oben kommt, was ja für den Skyshine-Effekt sprechen würde. Aber das muss ich mir beim nächsten Mal anschauen.


Toller Versuch, sehr interessant!!

Ich weiß nicht, ob Du schon die quadratischen Alpha Spectra / Bicron Szintillatoren kennst, die gelegentlich mal auf Ebay auftauchen:

https://fusor.net/board/download/file.php?id=18580&sid=32657b2553f8077dd962f4a4758663fc&mode=view

Mit so etwas dürfte es noch mal deutlich besser gehen. Erstmal macht so ein Teil ca. 70-100cps  bei natürlicher Hintergrundstrahlung, und dann ist der Kristall auch noch länglich, dh. man kann ihn sehr gut kollimieren mit recht wenig Blei, und er hat gleichzeitig eine gute Effizienz auch für höhere Energien. Stammt ja im Prinzip auch aus einer Art "Gamma-Kammera" (bzw. korrekterweise PET-Scanner).

Wenn Dich diese Art von Messungen interessiert, wäre das vielleicht eine Richtung, in die sich das Weitergehen lohnt.

Viele Grüße! (und Danke für Deinen Beitrag)

Henri


PS: im Fusorboard-Thread steht auch, wie man so ein Teil aufmacht und modifiziert:

https://fusor.net/board/viewtopic.php?t=5926&start=10