KIT Campus Nord (Karlsruhe)

Begonnen von Prospektor, 02. Mai 2021, 10:31

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NoLi

Zitat von: Henri am 04. Juni 2021, 22:42

https://nuklearchemie.uni-koeln.de/fileadmin/einrichtungen/nuclearchemie/Diverses/Cs-137_Standards_rev.pdf ist ein tolles Paper über die Herstellung von Referenzstrahlern mit Cs-137 für die Gammaspektrometrie. Der Verfasser hat Böden unterschiedlicher Dichte und Zusammensetzung, Sand und Pilze jeweils in eine definierte (jedoch Probenkategorie-übergreifend uneinheitliche) Geometrie gebracht, homogen mit immer der selben Aktivität Cs-137 Lösung versetzt, und dann die Effizienz seines Detektors bestimmt.
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Noch schwieriger wird es, wenn die Probe vor dem Messen nicht getrocknet wird (wie übrigens bei der Untersuchung, die das KIT gemacht hat), weil dann der Wassergehalt nicht bekannt ist. Oder wenn Fremdkörper (Steine...) nicht entfernt werden oder keine Homogenisierung durchgeführt wird.
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Oder die nachgewiesene Proben-Aktivität an nur einem Staubteilchen abgelagert wurde (wo liegt dieses dann im Probenbehälter?)...oder sind es viele aktive Staubteilchen...oder haben die Staubteilchen bzw. "Aktivitätsdepots" alle die gleiche Aktivität, oder nicht...

Letztendlich bliebe nur ein radiochemischer Aufschluß der Probe, um ein genaues Ergebnis zu bekommen.
Und die Frage, ob dieser Aufwand aus radiologischer Sicht überhaupt notwendig wäre.

Norbert

opengeiger.de

Zitat von: NoLi am 04. Juni 2021, 23:54

Oder die nachgewiesene Proben-Aktivität an nur einem Staubteilchen abgelagert wurde (wo liegt dieses dann im Probenbehälter?)...oder sind es viele aktive Staubteilchen...oder haben die Staubteilchen bzw. "Aktivitätsdepots" alle die gleiche Aktivität, oder nicht...

Letztendlich bliebe nur ein radiochemischer Aufschluß der Probe, um ein genaues Ergebnis zu bekommen.
Und die Frage, ob dieser Aufwand aus radiologischer Sicht überhaupt notwendig wäre.

Norbert

:o :o :o Meinst Du jetzt am Hirschgraben könnte es auch heiße Teilchen geben??? Mach mir jetzt keine Angst ...   :o :o :o

NoLi

#107
Zitat von: opengeiger.de am 05. Juni 2021, 06:22
Zitat von: NoLi am 04. Juni 2021, 23:54

Oder die nachgewiesene Proben-Aktivität an nur einem Staubteilchen abgelagert wurde (wo liegt dieses dann im Probenbehälter?)...oder sind es viele aktive Staubteilchen...oder haben die Staubteilchen bzw. "Aktivitätsdepots" alle die gleiche Aktivität, oder nicht...

Letztendlich bliebe nur ein radiochemischer Aufschluß der Probe, um ein genaues Ergebnis zu bekommen.
Und die Frage, ob dieser Aufwand aus radiologischer Sicht überhaupt notwendig wäre.

Norbert

:o :o :o Meinst Du jetzt am Hirschgraben könnte es auch heiße Teilchen geben??? Mach mir jetzt keine Angst ...   :o :o :o


Mein Beitrag bezieht sich nur ergänzend auf die allgemeinen Betrachtungen möglicher Ergebnisunterschiede und Fehlerquoten einer Probenauswertung, wenn man seine Messanlage, wie in Henri`s Verlinkung   https://nuklearchemie.uni-koeln.de/fileadmin/einrichtungen/nuclearchemie/Diverses/Cs-137_Standards_rev.pdf   angegeben, mit einem aktivitätshomogenen Kalibrierstandard abgleicht.
Am besten eignen sich für unbearbeitete Proben und NaJ-Sonden die Marinelli-Becher.

Gruß
Norbert

Prospektor

Hallo zusammen!

Ich wurde eben auf diesen neuen Artikel in der regionalen Zeitung aufmerksam gemacht:

https://bnn.de/nachrichten/baden-wuerttemberg/kit-kernforschung-strahlung-radioaktivitaet-hirschgraben-hardtwald-dokumente-hintergruende-verschwiegen

Leider handelt es sich hierbei um einen "Bezahl-Artikel", was ich bei dem Thema tatsächlich nicht so gelungen finde. Naja, über einen Testzugang (ist ganz simpel, zur Not via Temp-Mail  :secret: ) kann man problemlos lesen. Aber ich kann halt daher den Text hier leider nicht hin zitieren  :mda:

EDIT: Ich habe gesehen, eine freie Kurzfassung gibt es auch bei anderen Nachrichtenportalen, z.B.:

https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/karlsruhe/atomare-strahlung-am-kit-aus1970er-jahren-entdeckt-100.html

https://www.badische-zeitung.de/erhoehte-strahlung-womoeglich-wegen-pumpendefekts-1972--203361729.html



Ich hoffe stark, dass wir demnächst mal noch was zu den Gehalten an Pu erfahren werden...

Viele Grüße

Henri

Wo die sich das immer herziehen mit "die Grenzwerte wurden eingehalten"... Für was? Für wen? Wo? Welchen Expositionszeitraum und -pfad?
Das war so eine massive Freisetzung, da wurde gar nichts eingehalten. Vielleicht irgendwann mal wieder, nachdem sich alles verteilt und verdünnt hatte. Oder wie hoch waren die "zu dieser Zeit geltenden" Grenzwerte? Und was bedeutet das mit dem heute gewonnenen Wissen, das ja zur Anpassung eben dieser Grenzwerte geführt hat?

Immerhin: "Kotting-Uhl, die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ist (...)" Das Thema scheint ja mittlerweile ziemlich weit oben angekommen zu sein. Nur, allein mit Schimpfen und Stänkern ist der Sache nicht geholfen (siehe Artikel der Badischen Zeitung), und das KIT als "schlampig" und "leichtsinnig" zu bezeichnen ist auch eine ziemlich gewagte Behauptung. Ob das korrekt zitiert wurde??

Statt dessen könnte man sich doch jetzt in "maximaler Transparenz" üben in unserem Super-Wahljahr, und mal die Ergebnisse der Plutoniumbestimmung veröffentlichen und Überlegungen zur Sanierung machen. Mit dem Blick nach vorne gerichtet, nicht nach hinten.

Viele Grüße!

Henri

Prospektor

Zitat von: Henri am 14. Juli 2021, 22:18
Wo die sich das immer herziehen mit "die Grenzwerte wurden eingehalten"... Für was? Für wen? Wo? Welchen Expositionszeitraum und -pfad?
Das war so eine massive Freisetzung, da wurde gar nichts eingehalten. Vielleicht irgendwann mal wieder, nachdem sich alles verteilt und verdünnt hatte. Oder wie hoch waren die "zu dieser Zeit geltenden" Grenzwerte? Und was bedeutet das mit dem heute gewonnenen Wissen, das ja zur Anpassung eben dieser Grenzwerte geführt hat?


Ja, gute Fragen. Aus Sicht des Strahlenschutzes ist es vermutlich eine reflexartige Formulierung. Wie ich schon mal ausgeführt habe, war es auch nach Bekanntwerden vor ein paar Monaten schon erstaunlich, wie schnell man sich sicher war, dass keine Gefahr besteht. Und das, obwohl man die Situation vor Ort noch nicht vollständig kannte.

In den öffentlich zugänglichen Dokumenten findet man zwar was über den besagten Vorfall, es bleibt aber sehr vage. So heißt es in KFK 1638 ("Strahlenschutz am Arbeitsplatz; Tagung vom 17. - 19. Mai 1972 in Karlsruhe"):

"Bei einem Pumpenschaden gelangten Spaltprodukte in die Regenwasserkanalisation und von dort ein Teil in den Hirschgraben. Während in der Kanalisation eine Kontamination zurückblieb, die zu einer Dosisleistung bis zu 2 mR/h (Impulsrate bei Direktmessung mit Kontaminationsmonitor größer als 10^5 ipm) führte, wurden im Hirschgraben die MZK-Werte der ersten Strahlenschutzverordnung nicht überschritten. Insgesamt ist Aktivität in der Größenordnung 10 mCi in den Hirschgraben gelangt. Die Untersuchung des Zwischenfalles ist zum Zeitpunkt der Niederschrift dieses Manuskriptes noch nicht völlig abgeschlossen."

Sollten es "nur" Spaltprodukte gewesen sein, so erklärt sich nicht, wie das Am-241 (und Pu?) da in den Dimensionen hingekommen ist.

Den historischen Aufzeichnungen kann man aber eben auch entnehmen, dass es mehrere Ereignisse gab, die Aktivität in den Hirschkanal eingebracht haben.

NoLi

In diesem BNN-Artikel vom 17.06.21 (frei voll verfügbar) werden die erfolgten Äußerungen der MdB S. K.-U. teilweise widerlegt:

https://bnn.de/karlsruhe/karlsruher-norden/erhoehte-strahlungswerte-am-kirschgraben-kit-weist-vorwurf-der-intransparenz-zurueck

>>>   Karlsruhe / Karlsruher Norden
Anfrage von Kotting-Uhl
Erhöhte Strahlungswerte am Hirschgraben: KIT weist Vorwurf der Intransparenz zurück

Die Anfang Mai festgestellten erhöhten Strahlungswerte am Hirschgraben nahe des KIT Campus Nord gehen auf einen Störfall im Kernforschungszentrum im Jahr 1972 zurück. Das KIT betont nun, dass damals die Öffentlichkeit informiert worden ist.
ARCHIV - Ein Schild warnt am 11.11.2014 in Nord Lubmin bei Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) vor Radioaktivität. Foto: Stefan Sauer/dpa (Zu dpa "Seltsame Strahlen - wie Henri Becquerel die Radioaktivität entdeckte" vom 23.02.2016) +++ dpa-Bildfunk +++
Gefährliche Strahlung: Ein ,,Ereignis" im Kernforschungszentrum Karlsruhe 1972 hat 49 Jahre später erhöhte Strahlungswerte am Hirschgraben nahe des Campus Nord zur Folge. Das KIT wehrt sich gegen den Vorwurf der Intransparenz. Foto: Stefan Sauer/dpa
von Martin Ferber
17. Juli 2021, 07:56 Uhr
2 Minuten

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wehrt sich entschieden gegen den Vorwurf der mangelnden Transparenz im Zusammenhang mit den erhöhten Strahlungswerten am Hirschgraben nahe des KIT Campus Nord.

,,Die Existenz künstlicher Radionuklide im Hirschgraben, die aus den ehemaligen kerntechnischen Anlagen des damaligen Kernforschungszentrums stammen, sind sowohl uns als auch den Aufsichtsbehörden und der Öffentlichkeit bereits seit Jahren bekannt", heißt es in einer Stellungnahme des KIT. ,,Sie wurden zu jeder Zeit ordnungsgemäß und wahrheitsgetreu berichtet."

Auf eine Anfrage der Karlsruher Grünen-Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl hatte das Bundesumweltministerium eingeräumt, dass die Anfang Mai festgestellten erhöhten radioaktiven Werte auf ein ,,Ereignis" im Mai 1972 zurückzuführen seien.

KIT Campus Nord Luftbild
Ein Ereignis vor fast 50 Jahren auf dem Gelände des früheren Kernforschungszentrums Karlsruhe führt zu erhöhten Strahlungswerten am Hirschgraben. Foto: KIT KIT

Damals sei ,,aufgrund eines Pumpendefekts bei der Hauptabteilung in einem Dekontaminationsbetrieb eine Ableitung von Spaltprodukten (Caesium-137, Ruthenium-103, Ruthenium-106 und weitere) in den Hirschgraben mit einer Gesamtkapazität von etwa 925 Mega-Becquerel" erfolgt.

Über das Vorkommnis hatte der Pressedienst der Gesellschaft für Kernforschung m.b.H Karlsruhe die Öffentlichkeit am 19. Mai 1972 mit der Pressemitteilung ,,Nr. 25/72" informiert. Auf 13 Zeilen wurde mitgeteilt, dass wenige Tage zuvor, am 13. Mai 1972, ,,radioaktive Flüssigkeit" in das Regenwasser-Abflusssystem übergetreten sei. ,,Da der Vorfall rechtzeitig erkannt wurde, konnten entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden."
Messungen des KIT haben erhöhte Strahlung beim Campus Nord bestätigt

Messungen hätten ergeben, dass ,,die maximal zulässige Aktivitätskonzentration nur zu etwa einem Fünftel erreicht wurde", hieß es weiter, ohne nähere Angaben zu den konkreten Spaltprodukten und den Strahlungswerten zu machen. ,,Der Vorwurf eines intransparenten Vorgehens trifft also nicht zu", so das KIT mit Blick auf die damalige Vorgehensweise des Kernforschungszentrums.

Das KIT verweist vielmehr darauf, dass es am 2. Mai dieses Jahres den Hinweis auf einen aktuellen Blog-Beitrag mit einem zugehörigem YouTube-Video zur Kontamination des Hirschgrabens mit Caesium-137 erhalten habe. ,,Wir haben daraufhin – zusätzlich zu der ohnehin regelmäßigen radiologischen Umgebungsüberwachung – Messungen durchgeführt." Diese habe die in dem Blogbeitrag angeführten Messwerte bestätigt.

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Das KIT habe ,,unmittelbar" das Umweltministerium Baden-Württemberg als zuständige Aufsichtsbehörde informiert, das seinerseits am 7. Mai eine Pressemitteilung veröffentlichte. ,,Darin bestätigte das Umweltministerium, dass zu keiner Zeit eine akute Gefährdung für Mensch und Umwelt bestand", so das KIT.

Allerdings war in der Pressemitteilung des Ministeriums mit keinem Wort von dem 49 Jahre zurückliegenden Störfall im Kernforschungszentrum die Rede.

Das Ministerium nannte vielmehr die Auskleidung des Bachbetts und der Böschung mit großen Granitbausteinen als mögliche Ursache für die erhöhten Strahlungswerte. Granit habe einen leicht erhöhten Gehalt an natürlicher Radioaktivität, hieß es da. Erst die Anfrage von Sylvia Kotting-Uhl brachte den Störfall des Jahres 1972 als mögliche Ursache ans Licht.  <<<

Gruß
Norbert

opengeiger.de

Zitat von: NoLi am 18. Juli 2021, 16:40
Damals sei ,,aufgrund eines Pumpendefekts bei der Hauptabteilung in einem Dekontaminationsbetrieb eine Ableitung von Spaltprodukten (Caesium-137, Ruthenium-103, Ruthenium-106 und weitere) in den Hirschgraben mit einer Gesamtkapazität von etwa 925 Mega-Becquerel" erfolgt.
Über das Vorkommnis hatte der Pressedienst der Gesellschaft für Kernforschung m.b.H Karlsruhe die Öffentlichkeit am 19. Mai 1972 mit der Pressemitteilung ,,Nr. 25/72" informiert.

Mmmmhhh, Noli, eigentlich bist Du doch da der Experte: Ist Americium-241 ein Spaltprodukt???  :unknw: :unknw: :unknw:
Also ich meine mal gehört zu haben, dass das Am-241 durch Beta-Minus Zerfall aus Pu-241 entsteht. Und Pu-241 ist kein Spaltprodukt, sondern ,,gut" spaltbares Material. Und Americium hat es da ja einiges am Hirschgraben. Also irgendwas stimmt da doch nicht! Oder wie siehst Du das?

Ich denk mal, das KIT müsste doch erst mal untersuchen, wieviel Plutonium da am Hirschgraben noch in der Erde steckt und dieses Ergebnis dann auch veröffentlichen! Meinst Du nicht auch? Aber klar, es ist hinsichtlich der Tragweite natürlich schon was anderes, wenn da spaltbares Material rumliegt. Da tut man sich möglicherweise doch auch etwas schwerer damit, das als Störfallfolge einzugestehen. Vielleicht meint die Frau Kotting-Uhl das mit Transparenz, könnte das nicht sein?

NoLi

Am-241 entsteht aus Pu-241 durch den Beta-Zerfall, kann aber vom Pu-241 auf Grund der unterschiedlichen Chemie sehr gut abgetrennt werden (z.B. für die Produktion von Ionisationsrauchmeldern, Alpha-Strahlenquellen, Neutronenquellen, Americium-Chemie, Tracer, ...) und in reiner Form als umschlossene, aber auch offene Präparate mit weitem Aktivitätsgehalt vom Fachhandel für die Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten beschafft werden. Dabei fallen auch Abfälle in fester und flüssiger Form an. Daher ist es nicht unabdingbar, dass am Feststellungsort von Am-241 auch zwingend Pu-241 vorhanden sein muß.

Gruß
Norbert

opengeiger.de

Gut, dann kommt jetzt mein Weltbild nicht ganz durcheinander. In einem Brutreaktor ist das Americium-241 ja ganz einfach aus U-238 herstellbar. Durch die intensive Bestrahlung von U-238 mit Neutronen entstehen die verschiedenen Plutonium-Isotope in einer Kette inklusive des Pu-241. Durch den Zerfall des Pu-241 mit einer HWZ von 14,5 Jahren entsteht dann das Americium-241 ganz von selbst. Das ist z.B. in der Dissertation von Frau Bisinger am IRS sehr schön beschrieben(Bestimmung von Pu in der Umwelt https://www.irs.uni-hannover.de/fileadmin/irs/Arbeiten/Doktor/drbising.pdf) Das bedeutet, wenn ein entsprechendes Brennelement lange genug abbrennt, bekommt man ne Menge Am-241. Deswegen findet man Am-241 auch im Zusammenhang mit der Wiederaufbereitung von Brennelementen, z.B. in Sellafield. Aber eben auch in Karlsruhe, denn da hat man ja viel zum Thema Wiederaufbereitung für Wackersdorf geforscht. Aber allzulange brennen die Brennelemente ja nicht bis zur Wiederaufbereitung im Vergleich zur ihrer Halbwertszeit. Deswegen entsteht das Am-241 ja meist auch erst in der Umwelt, wenn z.B. bei einem entsprechenden Unfall Pu-241 freigesetzt wird. Ein Pumpendefekt bei dem nur Spaltprodukte freigesetzt wurden, kann es also kaum gewesen sein. Pu-241 ist eben kein Spaltprodukt, höchstens Material was sich für die Spaltung gut eignet, also Spaltmaterial ... Von daher kann von Transparenz bei der Aufarbeitung des Fundes am Hirschgraben nur dann die Rede sein, wenn offengelegt wird, wie viel Pu-Isotope vor allem Pu-241 dort noch rumliegen. Oder sehe ich das falsch? Was meinen die Experten?  :-\

Prospektor

Hallo zusammen,

ich habe den Radiacode-101 mal mit ans KIT genommen und dort einige Dinge ausprobiert.
Wie zu erwarten war, schlägt das Gerät vor Ort am Hirschgraben deutlich an und die Zählrate geht von 4 cps (Hintergrund) auf ca. 18 cps am Ufer hoch. Lokal werden auch über 20 cps erreicht.

Die Spektren-Funktion funktioniert mit dem Cs-137 ebenfalls sehr gut. Die Hintergrundmessung muss eigentlich nicht wirklich sein, denn das Cs-137 springt einem schon nach kurzer Zeit (ca.  1 min.) ins Auge und das Am-241 sieht man trotz Abzug des Hintergrunds (mindestens bei Messzeiten von einigen Minuten) nicht. Irritierend ist der massive Anstieg des "Untergrunds" bis ca. 300 keV in der Messung im Vgl. zum Hintergrund. Das kenne ich so von den Proben vom Hirschgraben bisher nicht.

Und auch die Tracking-Funktion hat zum Auffinden einer weiteren kleinen Auffälligkeit geführt. Leider kann ich hier bisher nicht sagen, was dort die geringfügig erhöhten Werte verursacht. Zurückzuführen könnte das Thema aber auf die HDB sein, wie man hier lesen kann (die Karte ist ebenfalls interessant):

https://www.bfs.de/DE/themen/ion/notfallschutz/ueben/luft/ergebnisse/2011-messuebung.html

Zitat:
,,Messergebnisse für das Betriebsgelände des Karlsruher Institutes für Technologie, Campus Nord

Die gemessenen Gesamtzählraten der Natriumjodid-Detektoren im Energiebereich von 250 bis 3.000 Kiloelektronenvolt in 100 Metern Höhe für das Betriebsgelände des Karlsruher Institutes für Technologie, Campus Nord, zeigen, dass die Aktivität hier nicht gleichmäßig über die Fläche verteilt ist. Daher kann im Bereich dieses Messgebietes nicht wie bei den Standorten der Kernkraftwerke die Gamma-Ortsdosisleistung am Boden berechnet werden.
Die Abbildung zeigt im Vergleich zum übrigen Gelände des Karlsruher Institutes für Technologie, Campus Nord, deutlich erhöhte Gesamtzählraten in einem räumlich begrenzten Gebiet über der Hauptabteilung Dekontaminationsbetriebe (HDB). Diese werden im Wesentlichen durch die Radionuklide Cobalt-60 und Cäsium-137 hervorgerufen. Sie resultieren nach Angaben des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in Baden-Württemberg und der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK) aus atomrechtlich genehmigten betrieblichen Vorgängen. Auch die im weiteren Umfeld um die HDB gemessenen erhöhten Gesamtzählraten sind durch Direkt- und Streustrahlung aus dem HDB Anlagenkomplex erklärbar und spiegeln ausschließlich die radiologischen Gegebenheiten in 100 Metern Höhe wider."


Ich weiß zwar nicht, was genau mit ,,atomrechtlich genehmigten betrieblichen Vorgängen" gemeint ist, die Distanz vom Weg zum Gebäude beträgt aber ca. 170 m Luftlinie.

Hier mal der Test des Geräts vor Ort:



Grüße

NoLi

Zitat von: Prospektor am 31. August 2021, 21:26
Ich weiß zwar nicht, was genau mit ,,atomrechtlich genehmigten betrieblichen Vorgängen" gemeint ist, die Distanz vom Weg zum Gebäude beträgt aber ca. 170 m Luftlinie.

Das ist die Anlieferung von radioaktiven Rohabfällen, die Bereitstellung und Verarbeitung dieser Abfälle zu endlagerfähigen Gebinden sowie die Einlagerung dieser Gebinde bis zum irgendwann mal erfolgenden Transport in ein Endlager.

https://www.kte-karlsruhe.de/startseite-kte/themen/dekontamination

https://www.kte-karlsruhe.de/startseite-kte/themen/zwischenlagerung



Gruß
Norbert

Prospektor

Zitat von: NoLi am 31. August 2021, 23:00

Das ist die Anlieferung von radioaktiven Rohabfällen, die Bereitstellung und Verarbeitung dieser Abfälle zu endlagerfähigen Gebinden sowie die Einlagerung dieser Gebinde bis zum irgendwann mal erfolgenden Transport in ein Endlager.

Gruß
Norbert

Hallo Norbert!

Ja, richtig, das ist das Aufgaben- und Tätigkeitsgebiet der HDB, soweit so klar. Der Punkt ist ja aber, dass aus der schönen Formulierung jetzt (mindestens für mich) nicht klar wird, ob das nun Direktstrahlung/Streustrahlung von dem dortigen Lager (bzw. der stattfindenden Operationen) ist, oder ob die Quelle quasi rings um die HDB verteilt ist (Freisetzungen).

NoLi

Zitat von: Prospektor am 01. September 2021, 20:32
Der Punkt ist ja aber, dass aus der schönen Formulierung jetzt (mindestens für mich) nicht klar wird, ob das nun Direktstrahlung/Streustrahlung von dem dortigen Lager (bzw. der stattfindenden Operationen) ist, oder ob die Quelle quasi rings um die HDB verteilt ist (Freisetzungen).

Es handet sich um Gamma-Direktstrahlung/Skyshine. Der Westzaun musste auf Grund der Novellierung der Strahlenschutzverordnung 1978 (Einführung des "30 mrem-Konzept") wegen der Jahresdosis von seiner damaligen Position weiter nach Westen verlegt werden, um den Abstand von den HDB-Anlagen zum "allgemeinen Staatsgebiet" zu vergrößern.

https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/2LABGTKJIPR2GPLDU3U742APIUGAQWBC

Gruß
Norbert

DG0MG

Dann müsste man ja mit einer portablen, zylinderförmigen, einseitig offenen Bleibabschirmung für den RadiaCode eine Richtungsabhängigkeit/Richtung feststellen können?
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!