Lutetium-Kalium Aktivitäts-Kalibrierung

Begonnen von opengeiger.de, 22. November 2021, 09:35

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opengeiger.de

Bestimmt habt ihr's schon gesichtet, ich hab im Gammaspektroskopie Thread nun mal auch ein La138 Spektrum gepostet. Das nicht ganz ohne Grund. Ich wollt nun nämlich trotz der gänzlich anderen Probengeometrie mal schauen, wie weit ich nun mit der oben aufgeführten Lu-K Kalibrierung der Detektor-Effizienz komme, wenn ich jetzt eine Lanthanoxid Probe vermesse und die Aktivität bestimmen will (obwohl ich sie eigentlich auch ausrechnen kann). Also gerechnet komme ich beim La-nat. auf ganze 0.84Bq/g und beim La2O3 auf 0.71Bq/g.

Nun hab ich bei unserem geschätzten Lieferanten Onyxmet 525g La2O3 besorgt (hat alles vorbildlich geklappt, großes Lob, keine Werbung  :D). Davon haben 350g in einen Gefrierbeutel gepackt gerade so in die Kammer gepasst. Dann schön gemessen und mit Interspec die Peakfläche des 788keV Peaks bestimmt. Das waren immerhin 0.611cps und noch deutlich erkennbar (siehe Bild). Dann hab ich gerechnet: die Gamma-Intensität der 788keV Linie beträgt laut IAEA 34.5%, meine mit der Lu-K Kalibrierung bestimmte Detektor-Effizienz bei 780keV ist 0.0143, also ergibt das:
A = 0.611/(0.345*0.0143) = 123.82Bq . Umgekehrt geht ja aus der obigen Theorie hervor, 350g La2O3 haben 350g*0.71Bq/g = 250.14Bq.

Man sieht also an dieser Übung Messung gegen Theorie, so ganz meilenweit weg liegt man mit so ner Abschätzung nicht, trotz der gänzlich anderen Probengeometrie (Gefrierbeutel voll, gegen ein kleines Döschen mit der Kalibrierprobe). Aber es sind dann halt doch nur die Hälfte was man aus der Messung über die Detektor-Effizienz rausbekommt, weil eben nicht vergleichbar viel der La138-Gammas aus der Probe den Detektor erreichen.

Also ja, das heisst so ganz ideal ist das Lanthanoxid nicht als Probe, wenn man so eine Anlage hat wie ich. Aber ne Hausnummer bekommt man schon. Und das sind wir ja eigentlich gewohnt.  :yahoo:

Peter-1

Hallo Bernd,

das La2O3 habe ich auch, aber nur 100g. Das Spektrum ist recht dürftig und ein Histo. habe ich nicht gemacht, aber kann es gerne nachholen.

Gruß
Peter
Gruß  Peter

NoLi

Zitat von: opengeiger.de am 07. Dezember 2021, 19:40
Also ja, das heisst so ganz ideal ist das Lanthanoxid nicht als Probe, wenn man so eine Anlage hat wie ich. Aber ne Hausnummer bekommt man schon. Und das sind wir ja eigentlich gewohnt.  :yahoo:
Als Hausnummer würde ich die Erkenntnis nicht unbedingt betrachten; immerhin weißt Du jetzt, dass das Verhältnis Gefrierbeutel : Probendöschen ungefähr den Faktor 2 ausmacht.

Norbert

Samarskit

Gerne stelle ich mein letztes Lu-Spektrum auf Opengeigers Anregung hier ein. Es hat ja ein recht mühsames Hin und Her gegeben zwischen uns auf der Suche nach dem unerklärlichen starken Abfall bei den unteren Energien. Der Grund (die zu hohe Aktivität von 200g bzw. auch noch 100g Lu2O3) bei meiner Sonde ist inzwischen aufgeklärt. 13g reichen völlig aus (sollten eigentlich nur 10g werden, aber meine Küchenwaage hat da ein wenig versagt). Danach bin ich auch noch an das La2O3 gegangen. 200g haben meine Bonbondose bis zum Rand gefüllt (1/4 Liter Inhalt). Die Messgeometrie bei K und La war identisch: Sonde direkt auf Bonbondose (9cm Durchmesser, 4cm Höhe) gestellt, Dosenvolumen komplett gefüllt. Bei Lu habe ich das Pulver in einen flachen Deckel gefüllt und gleichmäßig ausgebreitet (9cm Durchmesser), den Deckel dann so unterlegt, dass die Sonde ebenfalls ca. 4cm vom Burgboden abstand. Das Langzeitspektrum hatte mit 101cps brutto bei HG=82cps nur 19 cps netto - die beiden Peaks kommen dennoch ganz manierlich heraus. Opengeiger nahm den 788keV-Peak und hat damit die Zuverlässigkeit meiner Effizienzkurve getestet. Die Rechnung ergab ca. 125Bq bei erwarteten ca. 140Bq. Der Unterschied von gut 10% liegt voll im Rahmen üblicher Messgenauigkeitsschwankungen. Also....ein voller Erfolg der Geduld von Opengeiger - nochmals auch hier vielen Dank für seinen Einsatz an Zeit für Kommunikation und Arbeit am PC! 

Samarskit

Habe noch vergessen, beim La-Spektrum auf den tollen Röntgenpeak bei gut 32keV hinzuweisen. Nach Laraweb ist das (wie auch beim Röntgenpeak von Lu) im wesentlichen die Emission im Zusammenhang des Betazerfalls und
produziert die Energien der Tochter (hier Barium, beim Lu ist das Hafnium). Auch hier kann wie bei Lu die
Frage entstehen, ob nicht auch zusätzliche induzierte Röntgenfluoreszenz eine Rolle spielt, die dann allerdings die Energien der Mutter (La bzw. Lu) mit sich führt, da die Auslösung nur die Atomhülle betrifft und den Kern nicht berührt. Da der Unterschied beider Emissionstypen nur ein Kernproton ist, liegen die Energien so dicht beieinander, dass sie im Peak nicht trennbar sind (zumindest nicht mit NaI, aber auch HPGe hätte da vermutlich Schwierigkeiten).

Peter-1

Auch ich habe noch etwas Zeit verbracht und gemessen und gerechnet.
Mit meinen beiden Referenzen Lu-Metall und KCl habe ich eine 2 Punkt Berechnung für die Ermittlung von Steigung und Offset vorgenommen.
Als Testobjekt dann La2O3 in einer Dose ( Salbenkruke 150 mL ). Theoretisch sollen es 72 Bq sein, mit den ermittelnden 54 Bq bin ich durchaus zufrieden.
Dann noch meine Erdprobe aus Fukushima ( leider unbekanntes Gewicht, da eingegossen ). Die ermittelte Aktivität von 785 Bq sind auch nicht ganz daneben, da ich aus anderen Messungen auf 1 kBq kam.

Jetzt hoffe ich auf 10 Gramm Lu2O3 und werde die Versuche weiter verfolgen.
Großen Dank an Bernd, der die Idee hatte und das Rechenschema aufgezeit hat.

Grüße
Peter
Gruß  Peter

DL3HRT

Onxymet hat heute das Lutetiumoxid geliefert  :yahoo: . Bevor ich es "portioniere", habe ich schnell eine Chemikalienflasche mit 50 g davon unter den Detektor gelegt. Die Geometrie ist noch etwas anders als beim KCl, aber ich wollte es schnell testen. Vielleicht kann ja Bernd die Effizienzberechnung für meinen Detektor updaten?
Der zweite Screenshot zeigt das Spektrum nach lediglich 30 Sekunden Integrationszeit. Der größte Vorteil ist, dass man die Energiekalibrierung sehr schnell durchführen kann und nicht ewig warten muss  :) .

opengeiger.de

Supi, das Lu2O3 ist da!!! :yahoo:

Ja da hab ich mich natürlich gleich drangemacht, die Rechnung upzudaten. Und siehe da: die Efficiency verbessert sich doch deutlich und die Anlage von DL3HRT liegt nun gleichauf mit meiner. Aber auch wenn es natürlich ganz nett wäre, wenn jemand ne ganz vergleichbare Anlage hätte, würd ich dennoch empfehlen, dann nach der Portionierung der 50g in die Teilportionen auch nochmal mit 10g zu messen. Einfach aus der Erkenntnis heraus, die wir mit der großen Lu2O3 Probe von Samarskit gemacht haben. Denn die 50g Dose von DL3HRT hat nun auch stolze 2260Bq. Ich denke, wenn der Pulse Shape Filter im Theremino sauber eingestellt ist, dann rejected er jetzt auch zahlreiche Pulse bei der hohen Zählrate, die nen PileUp zeigen. Also weniger ist manchmal unter Umständen eben mehr. Aber die Idee, das schon mal vorher zu testen ist gut. Dann sehen wir u.U. nochmal den Unterschied.   :good2:

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Zitat von: Peter-1 am 09. Dezember 2021, 17:02

Großen Dank an Bernd, der die Idee hatte und das Rechenschema aufgezeit hat.


Danke für all die Blumen!  :yes3:

Ein kleines Hilfsmittel möchte ich der Community noch zur Verfügung stellen. Es ist ein kurzes Skript das unter der Freeware Octave läuft (natürlich auch unter der Bezahlware Matlab) und Theremino Export Files von Spektren, die im Bin x5 Modus (und anderen xn Modes) gemessen wurden so aufbereitet, dass Interspec sie lesen kann. Dazu konvertiert das Skript das Spektrum in den Bin x1 Modus, der völlig ausreichend ist, um Kalibrierpeaks, die ja schon recht deutlich sein müssen hinsichtlich ihrer Peakfläche zu vermessen.

Was es tut: es rechnet zuerst einen gleitenden Mittelwert über das Bin x5 Spektrum mit einem Rechteckfenster der Größe 5. Damit glättet es das x5 Rauschen auf ein x1 Rauschen. Dann wird das Spektrum mit einer äquidistanten Interpolation entlang der Energieachse auf x1 dezimiert und die Binhöhe so angepasst, dass die Pulsfläche erhalten bleibt. Dann erzeugt das Skript den passenden Header und schreibt das Ergebnis in die Datei THERout.txt . Diese Datei lässt sich dann problemlos in Interspec einlesen. Hintergrund ist, dass Theremino eine unangenehme Eigenheit hat, dass bei sehr engem Binraster z.B. bei Bin x5 eine ungeschickte Energiekalibrierung dazu führen kann, dass zwei aufeinanderfolgende Spektrumwerte denselben Energiewert an ihrem Bin stehen haben. Das mag Interspec nicht und das macht auch keinen Sinn. Wenn man ein Bin x4 Spektrum mit dem Skript passend machen will, muss man die Variable winsize dann auf 4 setzen usw.

Im Bin x1 Modus sind aber die Abstände meist so groß, dass der Effekt nicht auftritt.  Das beste ist daher, wenn man ein Spektrum zur Kalibrierung misst, dass man das möglichst mit Bin x1 misst. Dann braucht man das Skript auch nicht. Der Bin x5 Modus ist mehr für die Analyse sehr schmaler, kleiner Peaks manchmal recht hilfreich.

Octave ist ansonsten ein ganz praktisches Mathe-Tool, das zum großen,kommerziellen Matlab (fast) kompatibel ist (siehe: https://www.gnu.org/software/octave/)   

Und noch was, ich hab mir die japanische Beqmoni MCA Software mal angeschaut. Das scheint mir noch etwas besser weiterentwickelt zu sein als PRA. Jedenfalls hat es auch einen eleganten Lernmodus für den Pulshape wie PRA auch und es kann eben auch eine Pulsflächenanalyse und noch vieles mehr. Das scheint auch ne sehr gute Alternative zu Theremino zu sein. Aber, oh Jammer: Manche Knöpfe sind noch auf Japanisch beschriftet. Von Steven Sesselmann gibts ne Grobanleitung auf Englisch, damit  bekommt man es ans Laufen, und es sieht auch besserals PRA aus. Aber die japanischen Schriftzeichen sind halt ne hohe Barriere für den Durchschnitseuropäer. Falls also jemand eine gute englische Anleitung kennt oder gar weiß, wo es eine englische Software Version gibt, dann sofort her damit. Das wär so cool, wenn man die Messung und die Peakauswertung bzw. die Aktivitätsbestimmung in ein und demselben Tool machen könnte, was dann auch ne gute Pulsfilterung hat, so wie das ansonsten spartanische PRA.   

Curium

#69
Beqmoni Tutorial, damit gehts, optimale Software für die Aktivitätsmessung mit Peakflächen über Background

https://physicsopenlab.org/wp-content/uploads/2017/06/BeqMoniTutorial.docx

Grundeinstellung meiner 2,5Zoll Sonde:Windows Level Mic 0, ACG off
Becqmoni 50% Input Level LLD 1 ULD 95
Shape treshold 60%, Sample With 50, Peak Pos 24, LLD 1, ULD 100; damit in den Anlernmodus gehen, 10000 schaut sie an und dann Save.
P.S. Beqmoni sieht auch 332Bq Kalium über dem Hintergrund, wo Interspec keinen Unterschied mehr gemessen hat!

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ようこそBecqMoni!
Ja, es läuft auch bei mir schon... Aber manchmal steht man wirklich auf dem Schlauch (siehe Bild). >:(

opengeiger.de

Uuuund, was könnte das für ein Radionuklid im dem BecqMoni Spektrum sein??? ルテチウム  :D
Nächste Herausforderung, Energiekalibrierung :new_russian:

Curium

Einfach den Reiter Energy calibration, dann Multipoint , Pickup channel drücken, den Peak markieren und die Energie eindatteln........und das mit 2 Punkten.
Vorher Background fahren und die xml Datei hochladen .

Samarskit

Na das sind ja neue Aussichten, hier auch mit Becqmoni zu arbeiten und zwischendurch noch nen VHS-Kurs Japanisch zu buchen! ;D

Dank Curium logge ich mich da "eventuell" auch noch ein....etwas später....lächel.

Ok, jetzt nochmal zu meiner Lutetiumanalyse mit den zwei besten Spektren (eines war schon eingestellt, das neue von gestern noch dazu - siehe Bilder).

Fazit: Die Intensität, mit der der berüchtigte 88er-Peak erscheint, nur dürftig erscheint oder gar nicht erscheint, hängt m.E. weit überwiegend von der Dicke der Lu-Schicht ab, die unter der Messsonde liegt, und nur untergeordnet von anderen Parametern wie z.B. Einstellung der Auswertungselektronik u.a.
Für die letzte Messung habe ich nur 5,0 Gramm Lu2O3 <=> 4,40 Gramm Lu-nat genommen und das Pulver unter größerem Aufwand möglichst gleichmäßig auf den 9cm-Kreis verteilt, so dass keine Lücken mehr zu sehen waren und auch sonst die Schichtdicke einigermaßen gleich hoch zu sein schien. Übrigens ergibt sich hierfür rein rechnerisch eine Schichtdicke von nur 83µ (0,083mm!!.) für den Fall der porenfreien kristallinen Substanz. Praktisch ist die Schüttdicke natürlich größer..sagen wir vorsichtig mal zweifach.

Folgerichtig ergab sich eine Nettozählrate, die um ca. 25% höher lag, als es dem reinen Materialfaktor entsprochen hätte (also nicht 5 zu 13,2 sondern etwa 6,25 zu 13,2 - entspricht 114,4 cps zu 242 cps).

Diese summarische Erhöhung ist natürlich nur der Mittelwert für alle Energien. Höhere Energien haben einen geringeren Faktor, da dort die Absorption nicht mehr so stark wirkt wie bei niedrigen Energien.

Die Energien 307keV, 202keV und 24keV gehorchten diesem "Gesetz" auch willig:  knapp 10%, gut 20% und 32%
betrugen dort die zusätzlichen Erhöhungen. Aus der Reihe tanzten nur die beiden Peaks bei 88keV und 56keV:
82% und 19% war dort zu lesen, also viel zu hoch für 88 und zu niedrig für 56.

Würde man nun den 88er-Peak derart künstlich "stutzen", dass für ihn ein akzeptabler Faktor von z.B. 25% herauskäme, so würde sich der Wert bei 56keV auf 30% korrigieren, und wir hätten eine "saubere" Reihenfolge von oben nach unten: 10%--21%--25%--30%--32%.

Als Konsequenz würde das bedeuten, dass dem 56er-Peak jetzt einfach DER Anteil fehlt, der ihm beim alten Spektrum durch die mehr als doppelt so große Schichtdicke von 88keV zugespielt wurde in Form von induzierter Röntgenfluoreszenz. Mit anderen  Worten: das 88keV-Photon kann jetzt häufiger aus dem Oxid
entweichen, noch bevor es in eine Röntgenreaktion mit der Hülle eines Lu-Atoms verwickelt wird.

Nachvollziehbar?  Ich auf jeden Fall bin jetzt fest überzeugt, dass es sich so verhält.     


Peter-1

Hallo,
kann es sein, dass bei Theremino unter Options Resolution ein Häkchen gesetzt ist und so die Linien etwas schmäler gezeigt werden?
Peter
Gruß  Peter