Curit aus dem Kongo

Begonnen von Peter-1, 03. Januar 2022, 16:37

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Peter-1

Liebe Mineraliensammler,

vor einiger Zeit konnte ich ein kleines Stückchen Curit, Shinkolobwe, Haut Katanga, Dem.Rep. Kongo bekommen. Wie bekannt liefert es ein schönes Spektrum der Ra226 Zerfallsreihe. Was liegt näher als zu versuchen nicht nur das Spektrum aufzuzeichnen, sondern auch die Aktivität zu bestimmen.
1. Versuch mit dem RadiaCode 101 zeigt : in 3cm Abstand 2,0 µSv/h über die DLK gerechnet (für Ra226 + Töchter) => 6 kBq !
2. Versuch aus dem Spektrum : Hier komme ich nicht weiter  >:(
Die Auswertung von 2 Pb214 und einem peak Bi214 zeigen.
Für Pb214 295 keV => 2227 Bq
für Pb214 352 keV => 2480 Bq
für Bi214 609 keV => 2407 Bq

Natürlich fehlen noch viele andere Linien, aber wie soll/muß ich jetzt die ges. Aktivität bewerten ?

Gruß  Peter

NoLi

Zitat von: Peter-1 am 03. Januar 2022, 16:37
Natürlich fehlen noch viele andere Linien, aber wie soll/muß ich jetzt die ges. Aktivität bewerten ?
Schau dir mal diese Messanleitungen an:

https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Strahlenschutz/strlsch_messungen_gamma_natrad_bf.pdf

https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Strahlenschutz/leitstelle_k-gamma-spekt-boden-01.pdf

https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Strahlenschutz/strlsch_messungen_k01.pdf

https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Strahlenschutz/strlsch_messungen_k02.pdf

Eine Aktivitätsbestimmung über die Dosisleistungskonstante von Ra-226 kannst Du nur machen, wenn sich das Radium im absolutem Gleichgewicht mit seinen Töchtern befindet, also seit geraumer Zeit gasdicht gekapselt ist. Dies ist bei offenen Mineralien leider nie der Fall, ein Teil des Rn-222 gast immer ab und verfälscht damit diese Konstante!

Gruß
Norbert

Peter-1

Hallo Norbert,

danke für die Links. Die Frage ist einfacher, bzw. es ergeben sich mehr Fragen.

a) läßt sich die Aktivität eines Minerals mittels einer spektroskopischen Messung berechnen ? Mineral nicht gekapselt ! Frei wie in der Natur.
b) falls a) zutrifft, sind dann alle meßbaren Linien und deren Aktivitäten zu addieren?
c) oder wie wird die Aktivität im Hobbybereich bestimmt / gemessen?

Gruß
Peter
Gruß  Peter

NoLi

Zitat von: Peter-1 am 04. Januar 2022, 11:12
Hallo Norbert,

danke für die Links. Die Frage ist einfacher, bzw. es ergeben sich mehr Fragen.

a) läßt sich die Aktivität eines Minerals mittels einer spektroskopischen Messung berechnen ? Mineral nicht gekapselt ! Frei wie in der Natur.
b) falls a) zutrifft, sind dann alle meßbaren Linien und deren Aktivitäten zu addieren?
c) oder wie wird die Aktivität im Hobbybereich bestimmt / gemessen?

Gruß
Peter
Hallo Peter.

Zu a): leider nicht so einfach. Du könntest nur versuchen, die Aktivitäten der verschiedenen Einzelnuklide von U-238, Ra-226, Pb-210 zu bestimmen (  https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Strahlenschutz/strlsch_messungen_gamma_natrad_bf.pdf  ) und diese addieren. Bis zum Radium geht dies noch recht einfach, dann wirds aber wegen gestörtem Gleichgewicht kompliziert.

Zu b): funktioniert nur, wenn dein Auswerteprogramm die verschiedenen Energielinien der jeweiligen Einzelnuklidaktivität mit der dazugehörigen Emissionswahrscheinlichkeit berücksichtigt. Einfach alle Peaks addieren und mit der jeweiligen im zutreffenden Energiebereich gehörigen Efficiency verrechnen geht nicht.

Zu c):  :unknw: , noch keine Gedanken dazu gemacht.

Norbert

opengeiger.de

Also ich denke, eine Bestimmung der Gesamtaktivität von U oder Th Mineralien ist mit Hobbymitteln und einer Gamma-Spektrometrie nur ganz schwer möglich. Einmal hast Du das von Noli angesprochene Problem, dass Mineralien nicht Radon-dicht bzw. nicht Thoron-dicht sind. Beide Gase sind extrem volatil und die Permeabilität von Mineralien für Radon bzw. Thoron ist oft relativ hoch. Von daher sind im U-nat und Th-nat die Radon- bzw. Thoron-Töchter meist nur noch zu nem Bruchteil noch enthalten. Von daher sagen die Gamma-Peaks der Nuklide mit weniger als A=222 bzw. A=220 sehr wenig über die Vorgänger aus, auch wenn das oft Linien in einem sehr brauchbaren Energiebereich sind.

Zum anderen hast Du aber auch das Problem, dass in den U- bzw. Th-Zerfallsketten vor dem Radon bzw. Thoron Zerfälle stattfinden, die eigentlich für uns unbrauchbare Linien erzeugen. Wenn wir beispielsweise eine Lutetium-Kalium Kalibrierung für die Aktivitätsbestimmung machen, dann können wir nicht unter die 202keV Linie des Lu176 hinaus extrapolieren. Da wird die Approximationskurve der Detektor-Efficiency schnell beliebig schlecht. Man muss sich also auf Linien konzentrieren, die zwischen 200keV und 1400keV liegen und deutlich von anderem separiert sind. Aber da gibt es nicht viel für Töchter mit A>222 bzw. A>220. In der U-Reihe ist da ja höchstens noch das U-235 mit 185keV und das Ra226 mit 186keV "in der Nähe", die für einen NaI Detektor mit U-235 aber zusammenfallen. Und auch nichts was wirklich > 200keV wäre.

Wenn man nun eine Kalibrierprobe in Form einer einigermaßen frischen U-Verbindung mit bekannter U-Aktivität hätte, könnte man vielleicht die Th234 Linie nutzen, um auch für < 200keV die Detektor-Effizienz zu kalibrieren. Dieses Th234 müsste eigentlich in gutem Gleichgewicht zum U sein. Und so eine U-Kalibrierprobe könnte dann auch gut haltbar sein. Man müsste also mal schauen was man an U-Verbindungen im Chemikalienhandel in kleinen Mengen legal erwerben darf.

Beim Thorium könnte man die Ac228 Linie bei 338keV hinsichtlich der Aktivität vom Th232 und Ra228 auswerten. Man braucht dazu Thorium was schon alt genug ist (>30Jahre), so dass das Ra228 voll im Gleichgewicht ist. Bei Mineralien wäre das aber sicherlich der Fall. Für das was nach dem Thoron kommt könnte man dann das Tl208 heranziehen und daraus den Rest der Töchter ausrechnen. Vielleicht wäre das noch ein gangbarer Weg. :scratch_one-s_head:

Peter-1

@ Bernd,
hast eine PN.

Peter
Gruß  Peter

Prospektor

Rein rechnerisch müsste es doch möglich sein die Aktivität abzuschätzen, wenn man die Aktivität eines der Glieder in der U-Ra-Reihe kennt, oder nicht?
Man müsste die Probe so verpacken, dass das Rn innerhalb des Behälters bleibt und nicht zu weit weg vom Detektor diffundieren kann (am Besten eingießen oder mit eng anliegender Folie). Dann wartet man halt sicherheitshalber, bis sich alles wieder vom Rn-222 bis zum Pb-210 eingependelt hat. Und unter der Annahme, dass alles im Gleichgewicht ist, sollte ich ja dann aus der Aktivität vom prominenten Bi-214 Peak bei 609 keV über Mathematik den Rest abschätzen können, oder?

NoLi

Zitat von: opengeiger.de am 04. Januar 2022, 13:33
Wenn man nun eine Kalibrierprobe in Form einer einigermaßen frischen U-Verbindung mit bekannter U-Aktivität hätte, könnte man vielleicht die Th234 Linie nutzen, um auch für < 200keV die Detektor-Effizienz zu kalibrieren. Dieses Th234 müsste eigentlich in gutem Gleichgewicht zum U sein. Und so eine U-Kalibrierprobe könnte dann auch gut haltbar sein. Man müsste also mal schauen was man an U-Verbindungen im Chemikalienhandel in kleinen Mengen legal erwerben darf.
Die genehmigungsfreie Menge gemäß § 5 Absatz 1 für abgereicherte Uranylverbindungen beträgt nach derzeit gültiger StrlSchV  für chemisch-analytische und chemisch-präparative Zwecke 30 Gramm (Anlage 3, Teil B, Satz 9. ).

https://www.scienceservices.de/uranylacetat-pulver-a-c-s-25g.html

Zitat von: Prospektor am 04. Januar 2022, 14:09
Rein rechnerisch müsste es doch möglich sein die Aktivität abzuschätzen, wenn man die Aktivität eines der Glieder in der U-Ra-Reihe kennt, oder nicht?
Man müsste die Probe so verpacken, dass das Rn innerhalb des Behälters bleibt und nicht zu weit weg vom Detektor diffundieren kann (am Besten eingießen oder mit eng anliegender Folie). Dann wartet man halt sicherheitshalber, bis sich alles wieder vom Rn-222 bis zum Pb-210 eingependelt hat. Und unter der Annahme, dass alles im Gleichgewicht ist, sollte ich ja dann aus der Aktivität vom prominenten Bi-214 Peak bei 609 keV über Mathematik den Rest abschätzen können, oder?
Beim Pb-210 (Halbwertzeit 22,3 Jahre) musst Du dann aber schon etliche Jahrzehnte warten. Nach knapp 70 Jahren hat sich ca. 90 % der höchstmöglichen Aktivität wieder aufgebaut...und danach kommen noch Bi-210 und Po-210.

Norbert

NoLi

Eine einfache Abschätzung der Ra-226 Aktivität von Mineralienproben kann folgendermaßen aussehen:

a) Gasdichtes Gefäß (verschraubbarer Deckel mit Gummidichtung!), möglichst kaum größer als die Probe, besorgen.
b) Probe in Gefäß geben und sehr gut verschließen.
c) Einen Monat warten (damit die Rn-222 Folgeprodukte, mit Ausnahme von Pb-210+, im Gleichgewicht sind).
d) Am verschlossenen Gefäß in mindestens 5-fachem Abstand (im Verhältnis zur Gefäßgröße) die Gamma-Dosisleistung bestimmen (wird für das Messgerät dann als nahezu "punktförmig" angesehen).
e) Den ermittelten Dosisleistungswert mit der Gammastrahlungskonstante für Ra-226 verrechnen.

Norbert

Peter-1

Norbert,
Du meinst wohl so eine Probe. Existiert schon seit 4 Jahren.
Ist entsprechend beschriftet und H. von Philipsborn war begeistert über die Ausführung.  ;D
Gruß  Peter

NoLi

Zitat von: Peter-1 am 04. Januar 2022, 17:50
Norbert,
Du meinst wohl so eine Probe. Existiert schon seit 4 Jahren.
Ist entsprechend beschriftet und H. von Philipsborn war begeistert über die Ausführung.  ;D
Zum Beispiel. Und in rund 220 Jahren ist sogar das Pb-210 im Gleichgewicht (mal kontrollieren!)... ;D
Ich dachte aber auch an Mineralienproben, die nicht vergossen werden, wie z.B. dein Curit, und deren Ra-226 Aktivität bestimmt werden soll. :)

Gruß
Norbert

opengeiger.de

Ja, kann man sicher so machen, wenn man ein energiekompensiertes und kalibriertes Gamma-Dosisleistungsmessgerät hat, mit einem Messbereich von der ersten darstellbaren Linie bis zur letzten. Also sagen wir mal grob von 63keV (Th234) bis 2204keV (Bi214). Wird auch nicht ganz so billig sein.  :-\ 

opengeiger.de

Hab grad mal nachgeschaut, die Variante 6150 AD5/E von Automess könnte das, Messbereich von 45keV bis 2.6MeV.
Kostet grad mal 1576.75Euro bei Herbach.de .

Bei Seibersdorf-Laboratories bekommt man es dann geeicht (Österreich) für 398Euro.

Nächste Weihnachten also  :D

NoLi

Zitat von: opengeiger.de am 05. Januar 2022, 07:04
Ja, kann man sicher so machen, wenn man ein energiekompensiertes und kalibriertes Gamma-Dosisleistungsmessgerät hat, mit einem Messbereich von der ersten darstellbaren Linie bis zur letzten. Also sagen wir mal grob von 63keV (Th234) bis 2204keV (Bi214). Wird auch nicht ganz so billig sein.  :-\ 
Bei der Ra-226 Dosisleistungskonstante spielt Th-234 keine Rolle, weil in Ra-226+ nicht vorhanden.
In Mineralien ist Th-234 zwar vorhanden, dessen 63 keV-Photonenanzahl (Emissionswahrscheinlichkeit nur 3,7 %) hat aber gegenüber der Gesamtphotonenanzahl der ganzen Uran-Zerfallsreihe nur einen sehr geringen Anteil.

Es reicht also ein normales kalibriertes/geeichtes, professionelles Dosisleistungsmessgerät aus, um die Ra-226 Aktivität abzuschätzen.

Norbert

opengeiger.de

Noli, vielleicht hast Du ja die Erfahrung: was macht denn so ein "normales" Dosisleistungsmessgerät, das einen schmaleren Messbereich hat, wenn ich es mit einem breiteren Spektrum konfrontiere? Also angenommen Th234 und Bi214 sind in der Probe nennenswert drin und das Dosisleistungs-Messgerät hat einen spezifizierten Messbereich von sagen wir 100keV-1500keV. Klar, wenn ich einen energieauflösenden Detektor hätte, könnte ich per Software einen Bandpass draufrechnen und die Energien ausserhalb, wo er nicht kalibriert ist, einfach wegblenden. Aber wie ist das bei einem Zählrohr, das nur in einem gewissen Energiebereich voll kompensiert ist? Da müssten doch eigentlich Gammas ausserhalb des Messbereichs ziemlich stören?

Andere Frage, warum würde man nur die Ra226+ Aktivität einer Mineralie wissen wollen und die Aktivität der andern Nuklide nicht?