RikamIno - Radon-Ionisationskammer Break-Out für den Arduino

Begonnen von opengeiger.de, 29. April 2024, 21:49

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Da wir es ja im Radon Thread öfters vom Granit haben, hab ich gestern abend mal eine Ladung vom berühmten Flossenbürger Granit, gelb (ca. 1.9kg) in den 10 Liter Eimer gepackt und die Ionisationskammer dazugestellt. Aber das war wohl etwas zuviel. Heute früh nach etwa 11h stieg bereits die Zykluszahl auf fast 10 pro Stunde. Jetzt habe ich von den ursprünglich 14 Gesteinsstücken 9 wieder raus und mache nochmal einen Versuch. Ist schon krass wie empfindlich das Rikamino-Breakout reagiert. 

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DL8BCN

Hallo, handelsübliche Konservendosen haben ja innen eine Kunstoffbeschichtung bzw. Lackierung.
Das ist ja aus hygienischen Gründen.
Diese Isolierschicht muss dann doch sicher entfernt werden, wenn man so eine Dose als Ionisationskammer verwenden möchte?
Das geht sicherlich nicht gut ab...

PS: Ich hätte auch noch eine zweite Frage: Warum nimmt man als Mittelelektrode keine Drahtwendel, oder sogar einen Blechstreifen. Dann hätte man doch eine größere Fläche zum Elektronenfangen.
Oder stört dann die größere Kapazität?

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Ich hatte zwar auch etwas Bedenken wegen der Kunststoffbeschichtung innen, aber ich habe meinen Prototypen dennoch mit einer Konservendose mit Kunststoffbeschichtung hergestellt. Dabei habe ich mir folgende Gedanken gemacht: Wenn Luft ionisiert wird, bilden sich positive und negative Ionen die im elektrischen Feld getrennt werden. Dabei wird ein positives Ion (Kation) durch die elektrische Feldstärke in Richtung Draht beschleunigt und gibt die Ladung an den Draht ab, das ist das wichtige Ion für die Messung, wenn die Dosenwand auf positivem Potential liegt. Bei der Schichtdicke der Kunststoffbeschichtung und dem Verhältnis Dosendurchmesser zu Drahtdurchmesser (73mm/0.25mm) merkt man schnell, dass die Schichtdicke auf die Feldstärke keinen nennenswerten Einfluss haben kann, das ist wie ein dünnes zusätzliche Dielektrikum im geschichteten Kondensator. Das heißt, bei der Beschleunigung der Kationen zum Kammerdraht hin und der Abgabe der Ladung dort spielt die Kunststoffbeschichtung der Dose keine Rolle. Was aber passiert nun mit Anionen? Die Feldstärke zu Dosenwand hin nimmt mit dem Radius ab. Dennoch haben wir da immer noch ein Feld, das die Kunststoffschicht durchsetzt. Die Kunststoffschicht wirkt dabei als Dielektrikum an dessen Oberfläche durch Polarisation Polarisationsladungen entstehen. Das heißt wenn die Dose auf positivem Potential liegt, dann haben wir auf der nach innen weisenden Oberfläche der Kunststoffschicht positive Ladungen, die nun diejenigen negativ geladenen Anionen neutralisieren, die unterwegs nicht mit Kationen wieder zu Molekülen (oder Atomen) rekombiniert sind. Dabei werden diese Ionenrümpfe auf der Kunststoffschicht deponiert und laden diese ggf. auch auf. Das aber stört niemanden, da diese Ladungen sehr klein sind im Vergleich zur Polarisationsladung in der Kunststoffschicht bedingt durch die 20V Quelle. Soweit meine Theorie. Ich konnte bei den Messungen bisher aber auch keinen bösen Einfluss der Kunststoffschicht in der Praxis erkennen.

Zur zweiten Frage: Wie oben erklärt, spielt die Feldstärke eine entscheidende Rolle, dass ein Kation kräftig zum Draht hin beschleunigt wird und dort seine Ladung abgibt und nicht vorher mit einem negativ geladenen Teilchen rekombiniert. Dabei nützt man wie beim Geiger-Müller-Zählrohr den Effekt eines dünnen Drahts aus, dass nämlich in der Umgebung eines dünnen Drahts die Feldstärke sehr hoch wird und so die Ionen stärker beschleunigt werden. Dabei gilt wie im Koaxialkabel :

E(r) = U0/(r*ln(Ra/Ri))

Dabei ist r der Abstand von der Mittelachse, Ri Radius des Kammerdrahts, Ra Radius Aussenelektrode, U0 Kammerspannung. Direkt an der Drahtoberfläche ist die Feldstärke am höchsten, da kommt dann raus:

E(Ri) = U0/(Ri*ln(Ra/Ri))

Setzen wir dann meine Zahlen ein, dann kommt für 1/Ri*ln(Ra/Ri) ein Faktor von 0.7 raus und man bekommt E(Ri) = 14V/mm. Bei einem Plattenkondensator und einem Plattenabstand von Ra hätte man dagegen nur E = U0/d, d.h. wenn man mal Ra/2 als d nimmt kommt auf nur 0.5V/mm. Das aber bedeutet, es hilft schon ungemein, eine Innenelektrode mit möglichst kleinem Umfang zu nutzen und das ist ein dünner Draht. Das reduziert dann auch die Kapazität, denn die wird auch kleiner bei kleinerem Umfang und dann steigt die Spannung schneller, wenn sich der Draht lädt. 

Was man aber noch machen kann, ist, mehrere oder gar viele dünne Drähte in der Kammer zu spannen und diese an einer archimedischen Spirale als Leiterbahn für die Verteilung der Kammerspannung anzuschließen, das gibt dann eine ,,Vieldraht-Ionisationskammer", die im Impulsbetrieb für hochempfindliche Radonmessungen (z.B. als Sekundärnormal) genutzt wird. Aber so weit wollen wir es hier nicht treiben  ;) .

DL8BCN

Ok, danke für die ausführliche Antwort.
Ich werde auf jeden Fall auch so ein Teil nachbauen.
In meinen Flächenzählrohren der Kontaminationsmonitore sind in den Messkammern ja auch extrem dünne Drähte gespannt.
Die sind so dünn, das man sie kaum sehen kann!
Das hat dann wohl denselben Hintergrund.
Stichwort Feldstärke.
Ich werde dann einen dünnen aber ausreichend stabilen Draht nehmen, da er ja nur an einer Seite gehalten wird.
Es wird ja AWG24 bis AWG22 empfohlen.
Das müssten rund 0,5mm Durchmesser sein.
Was mich wundert ist, das so eine Ionisationskammer mit solch geringer Spannung funktioniert!
Das sollte doch um so besser gehen, je höher die Betriebsspannung ist.


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Zitat von: DL8BCN am Gestern um 15:38Was mich wundert ist, das so eine Ionisationskammer mit solch geringer Spannung funktioniert!
Das sollte doch um so besser gehen, je höher die Betriebsspannung ist.

Das hab ich versucht hier zu erklären:
https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php?msg=30114

DL8BCN

Es wird ja der SMP4117A empfohlen.
Offensichtlich ist das ein ganz normaler J-FET Transistor.
Was spricht dann gegen die Verwendung eines BF245A, den viele in der Bastelkiste haben?
Ok, der Exot hat 40V und der BF245 hat nur 30V.
Muss aber nicht unbedingt ein Problem sein.
Vielleicht teste ich Morgen mal mit dem BF245A.
Die Messkammer ist schon fertig.
Interessant finde ich auch die Lösung von unserem Forenkollegen ,,Stoppi". Er hat den Messverstärker aus einer Brückenschaltung von NPN und PNP Darlingtontransistoren gebaut.
In der Mitte der Brücke befindet sich das Messgerät.
Außerdem gibt es einen Offsetabgleich.



DL3HRT

Der Gate-Leckstrom des BF245A dürfte zu groß sein.

DL8BCN

Ok, Datenblätter findet man ja von beiden Typen. Weiß jemand, mit welcher Bezeichnung bzw. Abkürzung der Gate Leckstrom in den Datenblättern zu finden ist? Oder ob das gar nicht angegeben wird?
Ich habe den ,, Gate cutoff current"  -IGss des BF245 gefunden.
Da steht <= 5nA. Ist stark temperaturabhängig.
Ok, beim SMP4117A steht -IGss: -1pA.
Wenn der Gate Reverse Current die richtige Bezeichnung ist, dann ist der SMP4117A wohl um einiges besser geeignet.


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Zitat von: DL8BCN am Gestern um 20:05Ok, Datenblätter findet man ja von beiden Typen. Weiß jemand, mit welcher Bezeichnung bzw. Abkürzung der Gate Leckstrom in den Datenblättern zu finden ist? Oder ob das gar nicht angegeben wird?
Ich habe den ,, Gate cutoff current"  -IGss des BF245 gefunden.
Da steht <= 5nA. Ist stark temperaturabhängig.
Ok, beim SMP4117A steht -IGss: -1pA.
Wenn der Gate Reverse Current die richtige Bezeichnung ist, dann ist der SMP4117A wohl um einiges besser geeignet.


Ich weiß ja, meine Texte lesen ist immer etwas mühsam :(  Aber vielleicht schaust Du Dir das doch nochmal an, speziell auf Seite 3:

https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php?action=dlattach;attach=32984

Da stehts: "Wichtig ist, der Buchstabe A am Ende bei allen Gehäuse-Varianten, weil das den
Gate-to-Source Reverse Current Igss betrifft, der dann als max. -1pA spezifiziert ist."
 ;)

DL8BCN

Ja, ok, deine Texte sind meistens recht lang, beinhalten dann aber auch sehr viele Infos.
Da übersieht man schnell wichtige Details.
Sorry Bernd🤷🏼
Aber die gute Nachricht:
Es sollte auch der 2N4117A gehen.
Und der ist bei Ebay hier erhältlich:
https://www.ebay.de/itm/235085812225
10 Stück kosten 12,90 Euro bei kostenlosem Versand.

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Wie schon oben gesagt, ich habe nun die Menge an Flossenbürger-Granit Stücken, die ich zusammen mit dem Rikamino-Breakout in den 10Liter Eimer gepackt habe drastisch reduziert, damit mir die Radon-Konzentration nicht davonläuft. Jetzt habe ich also nur noch 5 Stücke Flossenbürger Granit in der Kammer.
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Mit einem normalen Geigerzähler misst man über den Granitstücken nichts mehr. Dennoch ist es beachtlich wie schnell sich immer noch eine Radonatmosphäre im Eimer aufbaut, die man mit dem low-cost Rikamino-Breakout recht deutlich nachweisen kann. Ich habe nach dem ersten Versuch mit etwa 1.9Kg Granit den Datenlogger nicht gestoppt, sondern habe auch das Öffnen des Eimers zum Rausnehmen von 9 der ursprünglich 14 Stücke und den Neustart mit nur noch etwa 700g an Granit im Eimer mitgeloggt. Man sieht dabei jetzt den ersten Versuch, der mit deutlich höherer Steigung losgelaufen war, dann ein Absacken der Aktivität in Zyklen/h auf ungefähr den Anfangswert und dann das Loslaufen mit deutlich niedriger Steigung was der geringeren Menge Granit geschuldet ist.

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Jetzt werde ich das Logging mit dieser Menge weiterlaufen lassen um damit mal zu sehen ob man sowas wie eine negativ-exponentielle Sättigung mit grob 3.82Tagen Halbwertszeit sehen kann. Das wird natürlich mehr als eine HWZ dauern und ich hoffe, dass die Messung solange stabil bleibt.

Ich glaube aber, dass die Messkurve am Ende von der idealen Kurve schon etwas abweichen wird, aus zwei Gründen: Zum einen wird der Deckel nicht ganz dicht schließen und auch die Kabeldurchführungen werden nicht ganz perfekt gedichtet sein. Damit werde ich Aktivität verlieren. Und zum anderen ist der Eimer aus einem billigen Plastik, das sich statisch auflädt. D.h. es wird einen gewissen "Plate-Out" Effekt geben, wo die Alpha-aktiven Zerfallsprodukte ähnlich wie Hausstaub auf dem geladenen Plastik kleben bleiben und dann zur Gesamtaktivität nicht mehr beitragen. Das ergibt also auch einen Verlust an Aktivität. Aber warten wir es mal ab, wie es rauskommt.