Aerosol-Sampler / Luftsammler

Begonnen von opengeiger.de, 26. Februar 2022, 22:11

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opengeiger.de

Ich will mich -aus gegebenem Anlass :( - nun doch mal etwas konkreter mit der Messung luftgetragener Aktivität befassen und würde dazu gerne einen einfachen und billigen Aerosolsammler bauen. Auf eine ganz einfache Methode, die aus den Zeiten der oberirdischen Atombombentest stammt, hat Marco in dem Thread:

https://www.geigerzaehlerforum.de/index.php/topic,895.msg11196.html#msg11196

hingewiesen (siehe Grafik im Anhang). Bei der Methode wurde eine Klebefolie in einen Rahmen geklebt und ins Freie gestellt. Die Partikel, die in einem aktiven Aerosol enthalten sind, bleiben an dem Klebstoff haften und können dann gemessen werden. Die vom Merril Eisenbud entwickelte Methode wird in der Literatur so beschrieben: 

,,Other methods consist of exposing plastic sheets covered with grease or adhesive. In the United States, a gummed film network was kept in operation from 1952 to 1961. The sampling medium consisted of a rubber base cement spread on a 13 X 13 inch cellulose acetate backing and covered with glassine paper for protection. In sampling, the glassine was removed and the film attached to a cadmium-plated steel frame having a one foot square opening. The frame was held three feet above the ground on a stand as shown in Figure 26. Each film was exposed for 24 hours, then stripped off, folded with the gummed sides together, and mailed to the laboratory. The results of the method have been found rather variable and unreliable in particular when used in quantitative assessments. One obvious source of error is the wash-out of soluble radionuclides from the papers by rain. The method is, however, a very simple one which requires a minimum of equipment and attention and can be set up at short notice at any number of locations. It continues to be useful for certain monitoring procedures and is used around many establishments for both radioactive and inert dust deposition measurements."

Die von Marco genannte Methode verwendet statt der Klebefolie eine Vaseline-Platte.

Ich hab mir nun einiges an Literatur dazu durchgelesen. Ich komme aber zu dem Schluss, dass es dazu schon einen massiven Fallout braucht und recht empfindliche Messgeräte. Das Problem ist offensichtlich auch der Niederschlag, der natürlich enorm störend sein kann. Nichtsdestotrotz ist diese Methode mega-einfach und super-billig und man sollte sie definitiv testen. Dazu eignet sich sicher auch das natürliche Radon.

Das andere ist der Eigenbau eines einfachen klassischen Aerosol-Samplers (Luftsammler). Dazu saugt man möglichst viel Luft durch einen Filter mit passendem Abscheidegrad für die richtige Partikelgröße. Aus meine Feinstaub-Messerfahrung weiß ich, dass es wichtig ist, das Aerosol möglichst gut vor dem Abscheiden zu trocknen. Eine thermische Trockenstrecke wird das einfachste und billigste sein. Man könnte also die Luft erstmal durch ein Geflecht von beheizten Drähten und dann durch den Filter saugen. Meine bisherige Erfahrung aus der Partikelphysik sagt mir, dass wir ein Filter-Gewebe brauchen, das PM2.5 mit einem brauchbaren Abscheidegrad (ca. 50%) aus dem Luftstrom abtrennen kann. Das wäre also in etwas das, was eine FFP2 Maske oder ein HEPA Filter leistet. Die Turbine dazu braucht daher schon etwas ,,Schmackes". Die Effizienz könnte man mit einem Partikelsensor testen. Das gibt es zwischenzeitlich recht billig als Laser-Scattering PM-Sensoren (z.B. der SPS30 von Sensirion). Wenn der dann genügend PM2.5 kumulativ gemessen hat, legt man den Filter unter das Gamma-Spektrometer. Wenigstens sollte man dann das Pb214 als Zerfallsprodukt des natürlichen Radons sehen.

Eine andere Alternative sehe ich in einem Heizlüfter, den man geeignet modifiziert. Ganz so heiß brauchen es die Partikelchen nämlich nicht um zu trocknen. Ich denke, wenn man die Heizung etwas drosselt und so einen etwa 50°C warmen Luftstrom erreicht, dann hat man die meiste Feuchtigkeit schon verdampft. Dann denke ich, könnte man auch das Filterpapier am Luftaustritt anbringen ohne dass es verkokelt.

Wer hat noch ne gute Idee dazu?

Ich hoffe allerdings nicht, dass wir mit dieser Anlage am Ende wirklich mehr als das Radon oder das Be-7 sehen. Mein Gefühl sagt mir aber, gerade steigt die Gefahr gewaltig, dass sich auch Iod-131 oder Cs-137 im Filter verfangen könnte, nach dem die Schlacht um die Kernkraftwerke der Ukraine wohl schon begonnen hat. Da wäre es sicher nicht schlecht und auch gesellschaftlich durchaus wertvoll, so etwas funktionierend zu haben um wenigstens eine grobe Detektion hinzubekommen.

NoLi

Sehr gute Abscheidegrade (> 99 %) für Schwebstoffe bis zu einer Größe  < 1 µm erhält man mit Glasfaserfilter, z.B. von Whatham. Diese sind allerdings für elementares Jod nicht geeignet.

Am einfachsten ist die Verwendung einer Atemschutzpatrone mit Partikelfilterung P3 (z.B. vom Baumarkt). Sollte diese neben den Schwebstoffen auch noch das Jod abscheiden können, dann ist eine Filterpatrone "Reaktorfilter" (z.B. von AUER oder DRÄGER) die beste Wahl. Oder aus der Ebucht:  https://www.ebay.de/itm/254803041258?mkevt=1&mkcid=1&mkrid=707-53477-19255-0&campid=5338748320&toolid=20006&customid=oSvI7wQOAAAAR0HcfVzsND_KOFcFAAAAAA 

Gruß
Norbert

Henri

Zum Iod:

Wie ist das eigentlich mit der Iod-Stärke-Reaktion? Gibt es da Literatur zu? In der üblichen Mess-Praxis wird das ja nicht genutzt, aber Stärke bindet Iod und ist wirklich in jedem Haushalt zu finden. Ich habe einen Link dazu gefunden, der allerdings etwas seltsam ist, deshalb zitiere ich den hier lieber mal nicht - da findet man allerdings eine hohe Abhängigkeit von der Struktur der Amylose. Und je feuchter das Milieu, desto besser wohl auch die Bindung.

Und dann gibt es noch die Bindung von Ioddämpfen an elementares Silber, was wohl sehr gut funktioniert. Hier fällt mir Silberbesteck (allerdings vergleichsweise kleine Oberfläche) oder Wasserdesinfektionstabletten mit Silberchlorid ("Micropur") ein. In der Literatur findet man einen Abscheidungsgrad von 98-99%. Allerdings kann man nur begrenzte Mengen Luft durch eine Lösung saugen, also wäre elementares Silber wohl geeigneter. Soweit ich weiß, wird in den Reaktorfiltern mit Silber präparierte Aktivkohle verwendet. Silbernitrat ("Höllenstein" aus der Apotheke) zersetzt sich unter Lichteinfluss zu elementarem Silber (das Prinzip des Schwarz-Weiß-Films). Man könnte sich damit seine Aktivkohle also auch selber präparieren, indem man Silbernitratlösung auf Aktivkohle oder Sägemehl träufelt und dann belichtet. Auch Silberchlorid ist (gering) lichtempfindlich.

Aerosole:

Ein möglichst hoher Luftdurchsatz lässt sich wohl nur mit einem Staubsauger erzielen. Der ist sehr laut und frisst Unmengen Strom, natürlich...
Ich habe bereits mal FFP2-Masken und handelsübliche Feinstaub- und Aktivkohle-Maskenfiltereinsätz in Verbindung mit einem PC-Lüfter getestet. Das funktioniert überhaupt nicht.

Zum Vortrocknen könnte man einen Haartrockner nehmen. Aber da besteht wohl Brandgefahr, weil selbst bei kleiner Heizstellung die Wärme ggf. nicht ausreichend abgeführt werden kann.

Wenn man Filterpatronen verwendet, stellt sich noch die Frage, wie man den Filter aus dem Gehäuse ausgebaut rausbekommt und auf ein so kleines Volumen bringt, dass er sich gut vermessen lässt. Ich weiß nicht, wie das bei den alten KatSchutz-Filtern ist, aber es gab alte BW ABC-Filter, in denen Asbest verbaut ist. Die darf man keinesfalls öffnen.

Zuguterletzt gibt es auch noch die sehr effektive elektrostatische Abscheidung.

https://de.wikipedia.org/wiki/Elektrofilter

Vorteil: kein nennenswerter Strömungswiderstand. Nachteil: je kleiner die Partikel, desto geringer der Abscheidegrad. Da muss man dann allerdings schon ein bißchen basteln und produziert sich Ozon und Stickoxide. Also eher was für Leute mit Gartenlaube...


Viele Grüße!

Henri




etalon

Hallo zusammen,

auch wenn ich die Notwendigkeit nicht sehe, dass da in absehbarer Zeit Messwerte ermittelt werden müssen (denn je nachdem, wie der Wind dreht würde das ja dann auch die Gegenseite betreffen), mal ein paar Gedanken meinerseits:
Es ist nicht nur wichtig, einen Filter irgend wie zu bestäuben, mann muss schon auch das zugehörige Luftvolumen kennen, um dann eine Aktivitätskonzentration ermitteln zu können. Sonst kenne ich nur (bei passender Messgeometrie) die Aktivität auf dem Filter, was aber erst mal noch nicht mehr aussagt als ,,da" oder ,,nicht da"...
Weiters werden im Professionellen Bereich für die Aerosolabscheidung Papierfilter mit einer entsprechenden Porengröße verwendet. Geheizt wird dabei nicht. Jod wird elementar an Aktivkohlebetten abgeschieden, organisch gebunden an speziellen Silbersubstraten (z.B. DSM 11). Auch hier sind die Durchsätze zu kennen und Sammelzeiträume sollten nicht zu lange sein, sonst hat man einen Mittelwert. Die Jodfilter sind teilweise beheizt, um einen geringen Rohrfaktor zu erhalten d.h. ein vorheriges Abscheiden an der Rohrwandung zu verhindern. Sollte man aber bei einem Selbstbausammler nichts vor dem Filter haben, ist auch hier das Heizen nicht unbedingt notwendig...

Soweit mal ein paar Denkanstöße meinerseits.

Einen schönen Sonntag noch,
Markus

NoLi

Seit Anfang der 1980er Jahre werden keine Atemschutzfilter mit Asbest mehr verwendet, die damals noch vorhandenen mussten vernichtet werden. Die Methode zur Schwebstoffsammlung mittels Atemschutzfilter ist in der Praxis eine gängige Methode, wenn man eine quantitative Auswertung mittels Gamma-Messung durchführt (z.B. Spektrometrie); allerdings stellt sich auch hier die Frage nach dem Kalibrierfaktor... :unknw:

Glasfaserfilter (keine Zellulosefilter!) werden in der Umwelt- und Kerntechnik routinemäßig zur quantitativen Bestimmung von alpha- und betastrahlenden Radionukliden benutzt; hier lässt eine Auswertung mit genügender Genauigkeit zur Not auch mit einem entsprechenden Kontaminationsmessgerät (als Altgerät z.B. Minicont) bewerkstelligen.

Norbert

opengeiger.de

Super, danke, sehr gute Inputs!  :yahoo:

Ich denke im Augenblick mehr an Detektion als an quantitatives messen. Prinzipiell wäre mal der erste Erfolg, wann man eine Fluktuation des natürlichen Pb214 sehen könnte, die nur ganz grob mit einer offiziellen Messstation korreliert. Was ich sagen kann, ist dass der Gang des Pb214 der Messstationen aus der Kraftwerksfernüberwachung ganz grob zur PM2.5 Konzentration passt, wie sie ein Partikelsensor (z.B. SDS011 von nova fitness, SGP30 von sensirion) sieht, so nach dem Motto viel PM2.5 Konzentration, viel Aktivitätskonzentration und umgekehrt. Das habe ich selbst schon untersucht. Dazu gibts auch einige Forschungsberichte vor allem aus Italien (Mailand). Allerdings enthalten die Partikel in urbaner Umgebung viel hygroskopische Salze, die unter dem Einfluß der Luftfeuchte stark anwachsen. Deswegen misst man an einem kalten Wintermorgen mit Inversionswetterlage infolge des Bodennebels meist Hausnummern mit den low-cost Sensoren, da gibt es aus Stuttgart viele Beispiele (siehe auch luftdaten.info). Da haben sich die Trockenstrecken eben bewährt. Profis machen das mit Silika-Gel oder mit Nafion-Membranen z.B. die Firma Grimm. Die Firma Palas setzt dagegen auf den thermischen Trockner. Das ist aber alles zu teuer für den Hobbybereich. Zum Abscheiden nimmt man meist Impaktoren, die teilweise auch mit "gummed films" belegt sind. Die Wirkung eines Impaktors sieht man gut an einem Lüfter eines alten PCs der schon "einiges auf dem Buckel hat", der hat dann typischerweise auch einen dicken pelzigen Belag aus Staub auf den Flügelrädern. Aber auch solche Impaktoren, wie sie von der EPA für PM Messungen vorgeschrieben sind, sind viel zu teuer und zu aufwändig.

Man könnte allerdings die Flügel eines Lüfters mit doppelseitigem Klebeband bekleben, dann sieht das Klebeband ein Vielfaches mehr an Partikel gegenüber einer statischen "gummed-film" Platte. Dazu bräuchte man einen Lüfter mit großen Flügeln. Man könnte dann auch versuchen, die Klebefolie auf den Lüfter-Flügeln leichter tauschbar zu machen. Aber prinzipiell denke ich, das wär schon mal ein greifbarer Ansatz.

Bei Luftreinigern und Allergiestaubsaugern kommen HEPA Filter zum Einsatz. Das Problem dabei ist, dass der Luftdurchsatz da relativ gering wird, wenn man keinen kräftigen Motor nimmt. Glasfaserfilter, da kenn ich nur die ganz dichten, für die Filtration von radonhaltigem Wasser von Macheray&Nagel. Aber ich werd mal schauen, was es da an weniger dichten gibt, damit man auch etwas Luft durch bekommt. Allerdings gibt es 12V Staubsauger fürs Auto und den Campingbereich.

Und was es da auch noch "vorgefertigt" gibt, sind Heizlüfter mit 12V für die Windschutzscheibe, die haben in der Regel ein ordentliches Gebläse. Bei einer 12V Versorgung hat man die Heizung gut unter Kontrolle. Da kann man mit einem Power-MosFET leicht eine PWM-Regelung der Temperatur des Luftstroms einbauen, oder eben die Heizung ganz abschalten, wenn das ungünstig ist oder das Filtergewebe thermisch zu sehr gestresst wird. Ich denke damit bekommt man dann schon einige Kubikmeter Luft pro Stunde durch das HEPA Filter. Das werde ich auf jeden Fall mal testen.

Mit der Chemie des Jods kenn ich mich jetzt leider gar nicht aus. Wenn es natürlich so ist, dass Aktivkohle das Jod rein physikalisch gut bindet, so wie auch das Radon (Physisorption), dann spricht natürlich nichts dagegen, die Klebefolie mit Aktivkohlepulver aus der Apotheke zu bestreuen oder nach einer Aktivkohle-Filterpatrone zu schauen, durch die man die Luft ansaugt.

Luftfilter im Auto sind natürlich auch immer ein altbewährtes Mittel nach Kontaminationen in der Luft zu suchen. Das wurde ja von den Safecast-Leuten in Fukushima so praktiziert. Die moderneren Pollenfilter in  der Lüftungsanlage der neueren Autos sind natürlich fast noch interessanter. Ich werd mal an meinem Auto schauen, wie leicht man diese Filter  getauscht bekommt. Dann könnte man sich einige auf Vorrat legen und und dann immer mal wieder wechseln und messen. Das wäre auch keine schlechte Idee im Stile einer "low hanging fruit". An einem Tag mit viel Feinstaub in Stuttgarts Straßen müsste sicher auch was mit dem Gammaspektroskop zu sehen sein :P . Vielleicht testet das ja noch jemand mal und postet die Ergebnisse hier!  :good3:
 

NoLi

Glasfaserfilter haben auch für Radon-Folgeprodukte einen Abscheidegrad von > 99 %. Somit kann man mit diesen Filtertypen auch sehr gut die beiden Alphastrahler Po-218 und Po-214 sowie die beiden Betastrahler Pb-214 und Bi-214 bestimmen. Die Gesamthalbwertszeit dieser Filteraktivität liegt bei ca. 45 - 50 min, d.h. nach ein bis zwei Tagen nach Bestaubung ist auf dem Filter keine Aktivitätserhöhung mehr feststellbar, der Filter kann für weitere Bestaubungen wieder verwendet werden (Laufzeitbegrenzung nur die Staubbelegung, grau/schwarz).
Damit sich für die natürliche Filteraktivität während der Probennahme ein einigermaßen Gleichgewicht der oben benannten Radionuklide einstellen kann, sollte die Bestaubungzeit möglichst nicht unter einer Stunde liegen.

Norbert

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Noch ne Idee: die Drohne als Aerosolsammler. Es spricht nichts dagegen, die abnehmbaren Rotorblätter einer Drohne in verflüssigte Vaseline zu tauchen und die Drohne nach dem Erkalten der Vaseline in höhere Luftschichten aufsteigen zu lassen. Auf Grund der hohen Impaktorwirkung der Rotorblätter wird das Aerosolsammeln sehr schnell gehen. Nach dem Flug kann man die Rotorblätter dann abnehmen, in Frischhaltefolie einwickeln und ins Gamma-Spektrometer legen.  :P

Henri

Zitat von: opengeiger.de am 02. März 2022, 06:31
Noch ne Idee: die Drohne als Aerosolsammler. Es spricht nichts dagegen, die abnehmbaren Rotorblätter einer Drohne in verflüssigte Vaseline zu tauchen und die Drohne nach dem Erkalten der Vaseline in höhere Luftschichten aufsteigen zu lassen. Auf Grund der hohen Impaktorwirkung der Rotorblätter wird das Aerosolsammeln sehr schnell gehen. Nach dem Flug kann man die Rotorblätter dann abnehmen, in Frischhaltefolie einwickeln und ins Gamma-Spektrometer legen.  :P

Dann nimm aber ne Drohne mit Rotorschutzring, damit am Ende überhaupt noch Vaseline auffindbar ist ;D

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Ja gut, den Versuch der Haftung auf den Rotorblättern einer Drohne werd ich demnächst mal machen - aber im gefliesten Badezimmer -  :D

Allerding kann ich bereits einen Erfolg schon verbuchen, bei niedrigerer Drehzahl. Ich hab von Reichelt einen 5V USB Lüfter geliefert bekommen (GOOBAY 62061 11.50Eur), von dem ich denke, das könnte passen. Ist natürlich auch super billige China-Ware, aber für den Zweck scheint er es zu tun. Er ist mit 2.5W recht sparsam im Stromverbrauch, könnte auch von nem Solar-Panel weg laufen. Erläuft auch recht leise. Hinten am Gehäuse hat er eine Hohlstecker-Buchse. Das Frontgitter ist mit Maschinenschrauben befestigt und leicht zu öffnen. Das Rotorblatt ist aufgeschraubt und ist aus sehr dünnem Alu aber man kann gut Streifen von nem breiten Tesafilm aufkleben und mit Vaseline bestreichen. Das fliegt nicht weg, ich hab auch keine besondere Wirkung einer Unwucht bemerkt. Ich denke wenn der Ventilator in einem Raum so nen Tag lang läuft, werden die Streifen schon sichtbar bestaubt sein. Die Fläche kommt einem natürlich zunächst sehr klein vor, wenn man  aber bedenkt, welche Drehzahl das Rotorblatt hat, dann kollidieren da schon ein Vielfaches mehr an Partikeln in der Luft mit der Vaseline auf dem Tesastreifen, als wenn man eine deutlich größere Platte einfach hinstellt und darauf wartet bis die Partikel sedimentieren.

Richtig sinnvoll ist es natürlich nur dann, wenn man einen Aerosolsammler draußen aufzustellt (in Innenräumen hängt das ja stark vom Putzfimmel ab,oder ob jemand raucht etc.). Draußen ist ganz hilfreich, man schaut auf die Feinstaubmessstationen entweder von den Landesvermessungsämtern oder von luftdaten.info . Wenn es dann mal mehr als 20ug/m^3 PM2.5 hat, dann wirds spannend, dann sollte man das Ding rausstellen. Das ist typischerweise nach längerem Hochdruckwetter an kalten Wintertagen der Fall (Inversionswetterlage). Dann hängt der Feinstaub wie eine Glocke über Tälern und die sonstige vertikale Zirkulation ist unterbrochen. Dann konzentriert sich der Staub vor allem durch die Heizungen und den Verkehr hoch. An diesen feinen Aerosol Partikelchen heften sich dann die Zerfallsprodukte des Radon. Das wird dadurch begünstigt, dass sich die Zerfallsprodukte beim Zerfall der Mutter elektrisch aufladen. Die Radonzerfallsprodukte sind in der Regel eher dem Ultrafeinstaub zuzuorden, also < 100nm aerodyn. Durchmesser, da hätte man keine Chance die einzusammeln, daher ist man auf den Prozess der Agglomeration angewiesen. Diese sogenannte "attached Fraction" ist auch fürs Lungengewebe kritischer, denn sie werden erst im alveolaren Bereich der Lunge an den feinen Verästelungen abgeschieden und verbleiben da relativ lange, den im Lungenepithel gibts keine Flimmerhäarchen mehr, die eine mukozilliäre Klärung machen und die Partikel im Schleim nach oben bewegen, wie in den Bronchien (Raucherhusten). Die 0.1-2.5um großen Partikelchen bleiben also im Lungenepithel haften bis sie ausgestrahlt haben. Daher bräuchte man auch ein superfeines Filter (Hepafilter) wenn man das aus nem Luftstrom ausfiltern wollte. Beim eingefetteten Rotorblatt hat man eine Impaktion, das heisst das Partikelchen bekommt auf Deutsch "so was von eins auf die Mütze", dass es im Fett stecken bleibt. Daher finde ich diese Methode sehr vielversprechend. Nach einer gewissen Laufzeit, zieht man den Tesastreifen vom Rotorblatt ab und klebt ihn auf ein Plastikdeckel und schaut sich das im Gammaspektrometer oder unter  einem Pancake GM Rohr an. Das müsste dann deutlich mehr ticken, so der Plan. :P

Im Prinzip ist das auch vergleichbar zum Hochspannungsdraht, der ja auch nur Staub durch Beschleunigung der Partikel auf den Draht sammelt. Auch die Partikelabscheider bei modernen Kamin- und  Holzöfen arbeiten mit Hochspannung. Aber so einfach ist das nicht mal kurz 10kV zu erzeugen und das noch draußen wo die Luftfeuchte relativ hoch werden kann. Da denke ich ist es einfacher mit 5V zu hantieren und vielleicht noch ein Regendach über den  Lüfter zu basteln wie ein Vogelhäuschen. Aber wir werden ja sehen, was noch an Kreativität dazu entsteht.  ;)

opengeiger.de

Hier mal ein Status zum Aerosolsammler. Ich denke der Goobay Lüfter ist wirklich gut geeignet und sehr kostengünstig (GOOBAY 62061 11.50Eur). Ich habe mittlerweile einige Klebetechniken für den ,,gummed film" getestet, komme aber zu dem Schluß, dass folgendes Rezept bisher das Beste zu sein scheint: Man reinigt die Rotorblätter gut mit Waschbenzin aus der Drogerie damit diese nicht fettig sind und das Klebeband gut haftet. Die Fliehkräfte sind nämlich schon ganz ordentlich und die Klebestreifen können sich dann über Zeit ablösen, wenn sie nicht gut aufgeklebt sind. Das beste Klebeband, das ich gefunden habe ist das Paketklebeband Tesapack® Paper ecoLogo®. Es hat von der Haftung her einen gut ausgewogenen Klebstoff, der gut auf dem Alu-Rotorblatt haftet, sich aber dennoch auch wieder so ablösen lässt, dass sich das Papierband nicht komplett zerlegt. Davon schneidet man ca. 2cm breite Streifen quer ab und beklebt damit die Rotorbätter. Man schneidet die überstehenden Ecken sauber ab, so dass nichts von dem Klebeband über die Rotorblätter raussteht was dem Luftdruck Anlass geben könnte, das Klebeband abzulösen (man sollte da sorgfältig arbeiten, denn die Drehzahl des Lüfters ist hoch).  Dann bestreicht man das Klebeband dünn mit Vaseline aus der Drogerie. Der Vorteil des Paketbands ist dabei, dass es eine rauhe Oberfläche hat und die Vaseline auch bei starker Sonneneinstrahlung noch gut haftet. Dann schraubt man das Gehäuse wieder zu und kann den Lüfter über ein dünnes Verlängerungskabel mit Hohlstecker auf der Fensterbank oder dem Balkon mit einem 5Volt Netzteil (1A) im Innenraum versorgen. Man kann je nach Luftverschmutzung schon nach 1 Tag mit dem Mikroskop oder einer guten Lupe Partikel in der Vaseline erkennen. Also das Staubsammeln scheint gut zu funktionieren.

Nun zur Frage, kann man denn auch aktive Radionuklide aus der Luft fischen, vor allem die Radon-Zerfallsprodukte, und so beweisen, dass der Sammler auch in Ernstfällen funktionieren würde? Mein Eindruck ist, das ist schwierig. Die Kraftwerksfernüberwachung auf dem Fernsehturm in Stuttgart, die sich in meiner Nähe befindet, hat gestern grade mal 10Bq/m^3 gemessen, dann hat wohl aufkommender Wind das Radon wieder verblasen obwohl wir geeignetes kaltes Wetter mit viel Sonne hatten. Bei mir in der Umgebung hat es selten über 20Bq/m^3 Radon in der Luft, selbst bei länger anhaltenden Inversionswetterlagen. Das ist das erste. Dann ist es vermutlich so, dass die Vaseline zwar an größere Staubpartikel angelagerte Zerfallsprodukte des Radons einsammelt, aber das Radon selbst nicht bindet, so wie es vielleicht eine Kohlekomprette macht, die man zusammen mit einem Uranmineral in ein Twist-Off Glas gelegt hat. So eine Kohlekomprette muss man zur Messung dann auch radondicht einschließen, wenn man z.B. die Halbwertszeit des Radons über dessen Zerfallsprodukte bestimmen will. Macht man das nicht, sieht man eine Halbwertszeit von nur wenigen Minuten, die von den initial vorhandenen Zerfallsprodukten stammt. Das Radon desorbiert sehr schnell, entweicht dann und bildet keine Zerfallsprodukte auf der offenen Kohlekomprette mehr nach. Wenn also das Radon in der Luft, sofern es nennenswert vorhanden wäre, auf den Vaselinestreifen gar nicht gebunden wird, haben wir da also auch nur die Zerfallsprodukte von der Menge Radon, die gerade in der Luft ist. Eine Akkumulation kann daher nicht stattfinden, dafür sind die Halbwertszeiten der Zerfallsprodukte zu kurz. Man könnte daher die Radonaktivität also quasi nur ,,in-situ" messen. Dafür braucht man aber eine Anlage mit entsprechend hoher Zählrate, man hat nur ein paar Minuten Zeit zum Mitteln. Das wird also mit Hobbymitteln kaum gehen. Ich habe bei der Messung gestern jedenfalls nur den üblichen Background mit der Klebestreifen-Probe gesehen.

Beryllium-7 aus der Atmosphäre könnte da mit 52Tagen HWZ schon besser gehen. Aber dazu müsste man den Sammler in den Regen stellen. Das weiß ich nicht, ob er das lange aushält, denn er hat einen brushless Motor, der mit Elektronik angesteuert wird. Fürs Messen des Be-7 glaube ich, ist ein Ionenaustausch-Filter im Regenablaufrohr dann doch besser geeignet.

Bei dem hier gezeigten Aerosolsammler würde man daher vermutlich erst was sehen, wenn wirklich auch was Böses in der Luft wäre, das auf den vaselinierten Klebstreifen akkumuliert werden kann, wie eben die typischen Spaltprodukte, so wie das auch von den Amis von deren ,,Gummed Film" Experimenten aus der Wüste von Nevada und von anderen über Fallout von Atomwaffentests publiziert wurde. Der hier beschriebene Aerosolsammler ist also eher etwas für "Prepper". Und ich hoffe inständig, dass ich damit nie etwas Nennenswertes messen werden kann. Aber denen, die sich viele Sorgen zu dem Thema machen, hilft es vielleicht zur Beruhigung.

Oder hat dazu jemand noch andere Ideen oder eine andere Meinung?  :unknw:

Henri

Hallo Bernd,

für mich sieht es so aus, als würde sich der Propeller gegen den Uhrzeigersinn drehen und die Luft vom Betrachter weg schaufeln. Dann wären die Vaselinestreifen doch auf der falschen Seite der Propellerblätter, da, wo eher ein Unterdruck entsteht, oder?

Viele Grüße!

Henri

opengeiger.de

Ja, ich geb zu, so ganz einfach ist das nicht zu verstehen mit der Aerodynamik. Der Lüfter ist ein "Axial Flow Fan" dessen Rotorblätter außen spitz nach vorne geführt sind. Er sticht also mit der Spitze außen zuerst in die träge Luft. Ich illustriere das mal am besten in einem 3D Bildchen aus dem Internet. Der Lüfter bläst einem ins Gesicht wenn man davor steht. Diese Seite (da steht das Logo auf dem Gehäuse) ist die Pressure Side. Die Klebstreifen mit der Vaseline müssen auf diese "Druckseite".  Im Foto vom GooBay Lüfter dreht das Rotorblatt also gerade andersrum als in der Illustration.

Die Partikel sind um so träger je schwerer sie sind.Sie werden nicht so leicht von der Strömung verdrängt wie die super leichten Luftmoleküle sondern sie bekommen eine ordentliche "Ohrfeige" von dem Rotorblatt und bleiben durch diese Impaktor Wirkung dann in der Vaseline stecken. Ich habe auch einige Pollen in der Vaseline gefunden. Allergiker könnten den Sammler also auch als Messgerät für die Pollenkonzentration benutzen. ;D




Ich hänge auch einige Bilder aus dem Mikroskop an, da sieht man, dass das schön funktioniert mit der "Ohrfeige". Es sind die unterschiedlichsten Partikel, die da drin stecken geblieben sind, kleine und große. "Hot  Particles" scheinen aber nicht dabei gewesen zu sein.  :dance:

Ich lass den Lüfter nun mal einige Tage laufen und hoffe, daß ich die Rotorblätter etwas dichter bestaubt bekomme und schaue dann noch mal mit einem besseren Mikroskop drauf.  :P

Henri

Ah so! Man lernt nie aus :D

Auf dem einen Vaselinebild sieht es so aus, als würden sich die Teilchen alle in einer eng begrenzten Linie angefunden haben. Täuscht das, oder ist das wirklich so? Vielleicht kann man die so sogar anhand ihrer Masse separieren (die schweren schlagen zuerst auf)?

Viele Grüße!

Henri

opengeiger.de

Ja, die Linien kommen daher, dass ich die Vaseline mit den Fingern ausgestrichen habe und sie dadurch "Riefen" bekommen hat. (Radio-)Aerosolpartikel werden daher an den "Hangkanten" dieser Riefen bevorzugt abgeschieden.

Dass die Vaseline-Technik durchaus zeitgemäß ist, beweist übrigens ein Beitrag des schweizerischen Paul-Scherrer Instituts in dem Bericht "Umweltradioaktivität und Strahlendosen in der Schweiz 2020" (Bundesamt für Gesundheit BAG Abt. Stahlenschutz). In ihrem Beitrag mit dem Titel "8.4 Überwachung des zentralen Zwischenlagers (ZWILAG)", gemeit ist das ZWILAG Würenlingen, berichten die Autoren des PSI Zitat:

>>> Seit 1997 führt das PSI im Rahmen der Immissionsüberwachung Radionuklidmessungen an
Waldbodenproben und Staubfangplatten aus der Umgebung des Zwischenlagers für radioaktive Abfälle (Zwilag Würenlingen) durch. Die Staubfangplatten sind mit Vaseline beschichtet und werden g-spektrometrisch ausgewertet, wobei anthropogene Radionuklide wie 241Am und 137Cs sowie natürliche Radionuklide wie 7Be, 210Pb gemessen werden. <<<

und

>>>Staubfangplatten
Die 4 Staubfangplatten, eine pro Himmelsrichtung, befinden sich entlang der Umzäunung des Zwilag-Areals. Die Probenerhebung erfolgt monatlich, d.h. die Staubfangplatten werden jeweils ausgewechselt. Im Labor wird die Vaselineschicht von der Kunststoffplatte abgezogen und in einem Metallschälchen eingeschmolzen. Mittels hochauflösender Gamma-Spektrometrie werden photonenemittierende Radioisotope wie 7Be, 241Am, 137Cs und 131I gemessen. Die g-Messung dauert 15 Stunden.
<<<<

Von daher denke ich, ist die Vaseline-Technik wohl immer noch "zeitgemäß" und durchaus erfolgversprechend, was die in dem Artikel aufgelisteten Radioaerosole anbelangt.  :good2:


(siehe auch S. 153: https://www.bag.admin.ch/dam/bag/de/dokumente/str/ura/jahresberichte/JB_2020_internet.pdf.download.pdf/JB_2020_internet.pdf)