Radiumfarbe, Leuchtfarbe

Begonnen von DG0MG, 08. August 2019, 18:00

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NoLi

Wenn Du die gemessenen Werte beim SOEKS als Dosisleistung angibst, darf nur der reine Gamma-Anteil des Radium-226+ ("+" bedeutet Radium mit Folgeprodukten) betrachtet werden!! Mitgemessene Beta-Strahlung verfälscht die Ergebnisse zu höheren Werten hin und stellt beim SOEKS mit der Angabe "µSv/h" nur einen qualitativen Zahlenwert da!
Der zur Berechnung notwendige Zählrohr-Kalibrierfaktor cps(cpm)/µSv/h gilt nur für reine Gamma-Strahlung.

Setze z.B. einen Edelstahl-Kuchenheber als Beta-Abschirmung auf den Kompass, dann bewertet der SOEKS die nur noch durchkommende Gamma-Strahlung in µSv/h richtig.

Gleiches gilt für alle beta-/gammaempfindlichen Geiger-Müller-Detektoren.

Gruß
Norbert


DG0MG

Es gibt offenbar nicht nur "alte" Kompen, Kompanden, Kompasse  :P , sondern auch welche aus jüngerer Zeit, die noch radioaktive Leuchtfarbe tragen. Der SILVA Expedition 4/54 oder auch SILVA 54NL (wohl von der britischen Armee verwendet) scheinen einen Leuchtfarb-Punkt auf der Nordseite der Magnetnadel zu haben. Sogar ein warnendes Trefoil ist auf der Acrylscheibe jedes Stücks.

Hausaufgabe für die Mirion-MGP-HDS-101G-Besitzer: Ist Radium oder Promethium oder sonstwas in der Leuchtfarbe?  ;)

Die Dinger werden in verschiedenen Gebrauchtzuständen verkauft, von "Excellent" über "mit Kratzern" bis "keine Flüssigkeit mehr drin":
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Ist TRITIUM... ;D
Mit Leuchtfarbenfeld und Betalight-Stäbchen.

Gruß
Norbert


DG0MG

Ha!  :yahoo: Schön gefunden!

80 mCi sind ~ 3 GBq.

Dann stellen wir die Frage eben anders: Kann man am Kompass Bremsstrahlung detektieren?
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DL3HRT

ZitatDann stellen wir die Frage eben anders: Kann man am Kompass Bremsstrahlung detektieren?
Das klappt auf jeden Fall. Habe nur meine RAP47-Sonde gerade verborgt.

NoLi

Intensitätsmaximum bei 5 keV bis 6 keV (gemessen mit TRIGA-Light Schlüsselanhänger; 18,5 GBq / 500 mCi Tritium).
Wird mit der RAP-47 schwierig werden (ab 8 keV).

Gruß
Norbert

Zugpferd

Uff, von den gebrauchten mit trefoil scheint nichts mehr da zu sein, brandnew hat kein trefoil...

Aber das HDS hätte sowohl mit der Energie als auch mit dem automatischem Detektieren sicherlich Probleme, denn promethtium wäre nicht in der Datenbank, Bremsstrahlung ja nicht kategorierbar.

Hätte mor gerne einen solchen Kompass gekauft, aber wenn von heut Mittag bis jetzt keiner mehr da ist... puh

NoLi

TRITIUM, kein Promethium! :rtfm:

Gruß
Norbert

DG0MG

#39
In der "Frankfurter Zeitung und Handelsblatt" vom 12. August 1916(!) befindet sich auf Seite 1 ein durchaus lesenswerter und fachlich untermauerter Artikel über radioaktive Leuchtfarben. Besonders wird auf die physikalischen Hintergründe und die beste Zusammensetzung der beigemnischten radiaoktiven Strahler eingegangen, um möglichst lange eine gleichbleibende Helligkeit des Leuchtstoffes zu garantieren.



Man kann das im PDF im gescannten Originalblatt in Frakturschrift oder in der transskribierten Webseite lesen:
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DG0MG

Zitat von: NoLi am 08. Juli 2020, 20:21
Zitat von: DG0MG am 08. Juli 2020, 19:11
Ich stelle gerade fest, es gab auch noch einen Marschkompass F52:
Dieser abgebildete Kompass scheint keine radioaktive Leuchtfarbe zu enthalten (das gab es u.a. bei den Freibergern auch). Die Nordpfeilmarkierungen sind weiße Farbe, und auch die Markierungen der beweglichen und festen Skalierungen deuten stark auf weiße Farbe hin.
Der F52 müsste ab 1952 und bis zur Ablösung durch den F58 bis 1958 hergestellt worden sein; in dieser Zeit gab es nur Dauerleuchtfarben mit Radium. Wenn aber Radium im Spiel wäre, würden die Leuchtmarkierungen durch im Laufe der Jahrzehnte erfolgte Strahlungsschädigung eine bräunliche Verfärbung aufweisen.

Ich hab jetzt hier für die Kompasssammlung  :blush: zwei weitere, verschiedene "Marschkompasse F52" aus Freiberg, einen mit Blechdeckel (im Bild links) und einen mit Duroplastdeckel (rechts). Die Nummer auf dem Boden ist bei beiden die "37 54 11 50". Trotzdem sind sie unterschiedlich: Radiumfarbe enthalten beide, aber unterschiedlich viel und insgesamt wesentlich weniger, als der "F58" von weiter oben. In dem mit Duroplastdeckel (rechts) zeigen die Ziffern der Kompassrose und der Strich eher den vergilbten Effekt, das ist auch der, der aktiver ist.


  • der mit Metalldeckel: GAMMA+BETA 0,62 "µSv/h"
  • der mit Duroplastdeckel: GAMMA: 2,20 µSv/h / GAMMA+BETA 8,90 "µSv/h"
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Yoshi

Ich habe hier einen alten Drehzahlmesser aus irgendeinem altem Flieger rumliegen den ich in meiner Kindheit Mal irgendwo auf dem Schrott gefunden habe...
Da leuchtet überhaupt nichts dran.
Es sei denn ich leuchte ihn vorher kurz mit ner UV Taschenlampe an.
Dann leuchtet es ein paar Sekunden lang...

Laut dem ersten Thread müsste das ja dann absolut ungefährliche Nachleuchtfarbe sein..

Nun meine Frage:
Wieso rattert dann mein Geigometer los, wenn ich es an die Glasscheibe halte???
Wenn aber die Leuchtfarbe abgebroselt wäre, dürften sie doch auch nicht mehr Leuchten wenn ich sie mit UV Licht anrege??

Also so ganz pauschal würde ich das demzufolge nicht sagen, das nicht alles was nicht von allein leuchtet radioaktiv ist...

Oder wo liegt jetzt mein Denkfehler???

L.g. Georg

DG0MG

Zitat von: Yoshi am 28. November 2020, 14:46
Oder wo liegt jetzt mein Denkfehler???

Ein Fragezeichen reicht.
Dein Fehler liegt schonmal darin, irgendetwas aus dem Kontext dieses mittlweile dreiseitigen Threades zu reißen.

Was ist an der Bezeichnung "ältere Militärinstrumentenskalen" unverständlich?
Zählst Du Dich zu der in der ersten Zeile adressierten Zielgruppe der "besorgten Mutter", die Bedenken haben, ein selbstleuchtendes GITD-Spielzeug im Kinderzimmer radioaktiv sein könnte und deswegen erstmal googlen?
Dass in dem Thread auch das "Altern" von Leuchtfarbe vorkommt, nämlich das Nachlassen der Leuchtkraft, hast Du geflissentlich überlesen?

Kein guter erster Beitrag.






"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Zitat von: Yoshi am 28. November 2020, 14:46
Also so ganz pauschal würde ich das demzufolge nicht sagen, das nicht alles was nicht von allein leuchtet radioaktiv ist...
L.g. Georg

Hallo Georg.

Es gibt phosphoreszierende und selbstleuchtende Leuchtfarben. Der Unterschied ist, dass auch selbstleuchtende (= Leuchtanregung durch radioaktive Stoffe) Leuchtfarben phosphoreszierende Eigenschaften besitzen und bei Beleuchtung mit UV-Licht erhöhte, aber abklingende Leuchteffekte aufweisen, die aber im Prinzip nicht gegen Nullleuchtkraft gehen. Im Gegensatz dazu geht den phosphoreszierenden Leuchtfarben nach einigen Stunden (oder auch früher!) die Leuchtkraft komplett verloren.

Leuchtanregung durch radioaktive Stoffe bedeutet immer wegen Energieabsorption eine Schädigung der Leuchtfarben selbst und deren Matrix, so dass radioaktive Leuchtfarben mit den Jahren ihre Selbstleuchtkraft dadurch einbüßen und die Helligkeit bis zur Unerkenntlichkeit verloren gehen kann, die Radioaktivität aber bei Anwendung von langlebgen Radionukliden wie Radium fast unvermindert anhält.
Durch diese Schädigungen und der Alterung durch Versprödung von Bindelacken in den Farben können sich Farbpartikel oder Farbstückchen bei Berührungen oder Erschütterungen lösen und im Gehäuse verteilen, im ungünstigen Fall aus der Umhüllung herausfallen und somit die Gefahr der unerkannten Kontamination und Inkorporation heraufbeschwören.

Gruß
Norbert

Henri

Leuchtfarbe funktioniert ja so, dass in der Leuchtsubstanz Elektronen angeregt werden, und zwar durch äußere Energiezufuhr. In den angeregten Elektronen ist die Energie dann gespeichert. Wenn die Elektronen irgendwann dann wieder dichter zum Kern rutschen, wird die Energie wieder abgegeben in Form von elektromagnetischer Strahlung (idealerweise sichtbares Licht). Normalerweise geht das sehr schnell, aber wenn man die Leuchtsubstanz mit anderen Substanzen dotiert (Zinksulfid z.B. mit Kupferatomen, oder Silber), dann dauert der Vorgang mehrere Minuten, und es hat auch Einfluss auf die Wellenlänge bzw. Farbe des abgegebenen Lichts.

Wenn Du die Leuchtfarbe mit UV-Licht anstrahlst, werden die Elektronen genau so angeregt, als würdest Du es mit Radium tun. Nur dass das Radium natürlich permanent neue Energie zuführt, die dann (sozusagen wellenlängenkonvertiert) in Form von Licht wieder abgegeben wird.

Manches gängige Szintillatormaterial speichert Energie auf die gleiche Weise. Wenn man es bei Licht herumliegen lässt und dann in einen Detektor einbaut, hat man die ersten Stunden bis Tage ein erhöhtes "Grundrauschen". Und es gibt die Thermoluminiszenz-Dosimeter, deren Material die Energie sogar gar nicht mehr abgibt, sondern speichern und dann beim Erhitzen erst anfängt zu leuchten.

Auch nachleuchtende Leuchtfarben ohne Anregung durch radioaktive Substanzen altern übrigens. Es gibt ja z.B. Fluchtwegschilder, die 10-15 Minuten nachleuchten, wenn sie neu sind. Bei mir auf der Arbeit wurden mal welche ausgetauscht, die es nach 30 Jahren nur noch auf 1-2 Minuten gebracht haben - reichlich knapp, um im Dunkeln noch den Ausgang zu finden...

Viele Grüße,

Henri