Braunschweig: Morddrohung - Polizei findet radioaktive Stoffe

Begonnen von DG0MG, 30. Oktober 2021, 08:44

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NoLi

Zitat von: DG0MG am 06. Dezember 2021, 08:11
Es ist jetzt auch von einem Behälter mit Plutonium die Rede, den man bei dem Beschuldigten gefunden hat:

"...Das Plutonium ist nicht waffenfähig und wird in der Industrie verwendet, etwa um zu prüfen, ob Rohre dicht sind. ..." :unknw: :unknw: :unknw:

Norbert

Prospektor

Zitat von: NoLi am 06. Dezember 2021, 12:04
Zitat von: DG0MG am 06. Dezember 2021, 08:11
Es ist jetzt auch von einem Behälter mit Plutonium die Rede, den man bei dem Beschuldigten gefunden hat:

"...Das Plutonium ist nicht waffenfähig und wird in der Industrie verwendet, etwa um zu prüfen, ob Rohre dicht sind. ..." :unknw: :unknw: :unknw:

Norbert

Wieder mal erstaunlich, dass selbst bei relativ klarer Datenlage so viel Halbwissen verbreitet wird...  :dash2:

Etwas irritiert bin ich aber ehrlich gesagt auch über die Aussage des Strahlenschutzexperten R. Michel:

"Er sagte dem NDR, dass die Angst vor Radioaktivität das Problem sei. Das Wort Plutonium habe eine Wirkmacht: Wer radioaktives Material in seinen Händen halte, könne damit für Chaos sorgen oder Behörden und Unternehmen erpressen. Gelange es in ein städtisches Wassersystem, würde es sich schnell verdünnen und wäre für den Einzelnen ungefährlich - dennoch müsste hinterher vermutlich das gesamte Rohrsystem mit großem Aufwand dekontaminiert werden. Die Vorschriften seien sehr streng."

Das im Zusammenhang mit Pu im Trinkwasser zu sagen, finde ich schon mutig. Klar, Angst und Unwissenheit ist ein Problem bei dem Thema.
Ob es eine solche, eher herunterspielende Aussage und ein (wie ich finde) mitschwingendes Mokieren über die strengen Grenzwerte besser macht, ohne gleichzeitig belastbare Daten zu den Aktivitäten/Mengen etc. zu liefern, weiß ich jetzt allerdings nicht wirklich.
Die Aussage, dass "keine Gefahr für die Bevölkerung" besteht/bestand, kommt tatsächlich häufig regelrecht reflexartig und häufig, ohne dies eben mit Daten zu untermauern.

NoLi

EZAG stellt keine Strahlenquellen mit dem spaltbaren Pu-239 her, sondern mit dem nicht/nur sehr schwer spaltbarem Pu-238, und zwar als Kalibrierquellen mit Aktivitäten von einigen Bq bis zu einigen kBq. Bei den technischen Quellen mit höheren Aktivitäten dagegen werden als Alpha-Strahler überwiegend Po-210 und/oder Am-241 verwendet.
Falls sich die Aussage von Prof. R. Michel in diesem Fall auf eine (möglicherweise aufgefundene) Kalibrierquelle bezieht, kann ich seiner Meinung dazu nur voll und ganz zustimmen.

Norbert

Prospektor

Zitat von: NoLi am 06. Dezember 2021, 21:52
Falls sich die Aussage von Prof. R. Michel in diesem Fall auf eine (möglicherweise aufgefundene) Kalibrierquelle bezieht, kann ich seiner Meinung dazu nur voll und ganz zustimmen.

Norbert

Ja, wie ich sagte, für derartige Aussagen fehlen Daten. "Falls" er "möglicherweise" die Kenntnis über eine solche gefundene Quelle hat, würde ich (fachlich) von einem Experten eben keine Spekulationen/Aussagen/Szenarien über Pu im öffentlichen Wassernetz erwarten, sondern dass es sich bei der gefundenen Quelle um einen Kalibrierstrahler unterhalb der Freigrenze (10 kBq?) handelt und eine Gefährdung Dritter damit zwar nicht ganz ausgeschlossen, aber als sehr unwahrscheinlich angesehen werden kann. Mit dem Rest inkl. der Szenarien führt er doch seine eigene Argumentation mit der übersteigerten Angst ad absurdum.

Henri

Zitat NDR-Bericht:

ZitatIn Unruhe versetzte die Ermittler eine zweite radioaktive sogenannte umschlossene Strahlenquelle: Plutonium. Es befand sich im Wohnhaus in einem Originalgefäß, groß wie ein Joghurtbecher, fest umschlossen von einem Blei- und Stahlmantel.

Klingt für mich nicht wie ein kleines Freigrenzen-Präparat zum Kontamat-Testen... Ein Joghurtbecher Plutonium ist schon was, egal ob es nun der kleine 130g-Becher, der mitlere mit 250 oder die Familienpackung gewesen sein mag. Mich würde es auch unruhig machen, das irgendwo in der Nahrungskette wiederzufinden.

Im übrigen wird so ein Joghurtbecher voll Plutonium aber auch ziemlich heiß:  https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Plutonium_pellet.jpg

ZitatEine ausreichend große, kompakt angeordnete Menge von 238Pu erhitzt sich durch seinen eigenen radioaktiven Zerfall bis zur Weißglut und gibt dabei nur sehr geringe Mengen von Gammastrahlung ab, sodass man mit der dünnsten Abschirmung im Vergleich zu fünf anderen potenziell geeigneten Nukliden auskommt
(Wikipedia)

lucidlynx

Es ist spät hier und ich habe vielleicht einen Fehler bei der Konvertierung gemacht - aber verstehe ich richtig, dass ein paar Dutzend Curies von Ni-63 gestohlen wurden? Mit Tritium wäre diese Zahl nicht so beängstigend, aber dieses Zeug könnte eine Weile in Ihrem Körper bleiben.

Das Plutonium ist auch eher besorgniserregend. Ich bin überrascht von den Einschränkungen rund um das Element, das sogar geklaut werden konnte. Die einzigen Plutoniumstücke, von denen ich dachte, dass sie der Öffentlichkeit auch nur theoretisch zugänglich wären, wären die wenigen Atome, die aus der Neutronenaktivierung von Erzen resultieren, extrem seltene sowjetische Rauchmelder, Schrittmacherbatterien oder ein paar Andenken an Brennstoffe, die Ingenieuren früherer Kernreaktoren gegeben wurden. Ich glaube nicht, dass ich gut schlafen würde, wenn ich der ehemalige Vorgesetzte dieses Mannes wäre

NoLi

Zitat von: lucidlynx am 07. Dezember 2021, 04:53
Es ist spät hier und ich habe vielleicht einen Fehler bei der Konvertierung gemacht - aber verstehe ich richtig, dass ein paar Dutzend Curies von Ni-63 gestohlen wurden?
Ja.

Zitat von: lucidlynx am 07. Dezember 2021, 04:53
Das Plutonium ist auch eher besorgniserregend. Ich bin überrascht von den Einschränkungen rund um das Element, das sogar geklaut werden konnte.
Ob Pu oder in der angegebenen Aktivität Ni-63 inkorporiert wird, ist letztendlich egal...es kommt auf die daraus resultierende Dosis an.
Aber genau das ist ja, was Prof. Michel ansprach: Ni-63 wird in der Presse mal erwähnt, aber wenn das Wort Plutonium auftaucht, wird ein Hype daraus, auch wenn über eine Aktivität dieser Quelle überhaupt nichts bekannt ist.
Da es sich nach Angaben um eine "umschlossene Strahlenquelle" handelte, ist primär eine Kontaminations- und Inkorporationsgefahr nicht gegebenen; selbst die eloxalbeschichteten Kalibrierquellen sind im Sinne der Strahlenschutzverordnung "umschlossene Quellen".

Presse-Zitat:
>> War es Plutonium?
Wie aber Recherchen des NDR nun ergeben haben wollen, soll es sich dabei um Plutonium gehandelt haben. Das niedersächsische Umweltministerium konnte dies auf Nachfrage nicht bestätigen - dementierte es aber auch nicht. "Wir können nur so viel sagen, dass zu keiner Zeit eine Gefahr von dem gefundenen Gegenstand ausging. Der Behälter war fest verschlossen, so dass kein Inhalt austreten konnte", betont Ministeriumssprecher Christian Budde im Gespräch mit regionalHeute.de. Budde stimmt aber auch dem im NDR zitierten Experten zu, dass allein der Umstand, dass Plutonium in privater Hand sei, für Angst und Unsicherheit sorge. "Ich fand das sehr treffend. Nicht von dem Stoff selbst geht zwangsläufig die Gefahr aus, sondern eher von dem psychologischen Aspekt. Daher haben wir auch immer in diesem Zusammenhang betont, dass keine Gefahr von den Stoffen ausging. Selbstverständlich sind wir aber immer mit der entsprechenden Vorsicht und Sorgfalt bei der Durchsuchung und Untersuchung vorgegangen, weil man immer vom schlimmsten Gefährdungspotential aus", so Budde. <<  Quelle: https://regionalheute.de/nach-radioaktiven-funden-war-auch-plutonium-darunter-braunschweig-gifhorn-1638798367/regionalheute.de

Zitat von: lucidlynx am 07. Dezember 2021, 04:53
Die einzigen Plutoniumstücke, von denen ich dachte, dass sie der Öffentlichkeit auch nur theoretisch zugänglich wären, wären die wenigen Atome, die aus der Neutronenaktivierung von Erzen resultieren, extrem seltene sowjetische Rauchmelder, Schrittmacherbatterien oder ein paar Andenken an Brennstoffe, die Ingenieuren früherer Kernreaktoren gegeben wurden. Ich glaube nicht, dass ich gut schlafen würde, wenn ich der ehemalige Vorgesetzte dieses Mannes wäre
Ex-sowjetische bzw. russische Ionisationsrauchmelder werden/wurden fast ausschliesslich mit Pu-239 (!), Aktivität pro Stück ~ 40 MBq (!!), gefertigt und verbaut; somit sind noch größere Mengen davon "im Umlauf".
Und wer weiß, wieviele davon bei Abzug der Sowjettruppen (WGT), z.B. aus der Ex-DDR, in den 1990er Jahren aus den dann leerstehenden Liegenschaften verschwanden...

Norbert


Andre4


Zitat
Ex-sowjetische bzw. russische Ionisationsrauchmelder werden/wurden fast ausschliesslich mit Pu-239 (!), Aktivität pro Stück ~ 40 MBq (!!), gefertigt und verbaut; somit sind noch größere Mengen davon "im Umlauf".

Norbert

Verstehe ich das richtig, 40 MEGA Bq pro Rauchmelder?  :o Gruß André

DG0MG

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Zitat von: Andre4 am 07. Dezember 2021, 11:31
Verstehe ich das richtig, 40 MEGA Bq pro Rauchmelder?  :o Gruß André
Ja, in der Hauptsache. Es gibt/gab allerdings auch Modelle mit teilweise "nur" 33 MBq...

Norbert

Andre4

Zitat von: NoLi am 07. Dezember 2021, 11:51
Zitat von: Andre4 am 07. Dezember 2021, 11:31
Verstehe ich das richtig, 40 MEGA Bq pro Rauchmelder?  :o Gruß André
Ja, in der Hauptsache. Es gibt/gab allerdings auch Modelle mit teilweise "nur" 33 MBq...

Norbert

Die "Russen" sind schon echt "rustikal" unterwegs.  :-\

Da müsste man ja schon fasst eine Initiative starten das Zeug einzusammeln auf den Flohmärkten um Schaden für die Allgemeinheit abzuhalten. Oder erfolgt sowas schon durch den Bund?

Ich kenne jemanden, der macht das mit stark strahlenden Mineralien auf Flohmärkten, um sie aus den Verkehr zu ziehen bevor schlimmeres passiert. Als Ergebnis nach mehreren Jahren einsammeln hat er einen ziemlich stark strahlenden Metallschrank in seinem Garten (Pechblenden, Uranite, etc.), den er dann in Folge auch bei den Behörden abgeben muss. Frage mich was die dazu sagen wenn er damit auftaucht... vermutlich kriegt er als Dankeschön für das Sichern auch noch gehörig Ärger und eine Entsorgungsrechnung..

DG0MG

Zitat von: Andre4 am 07. Dezember 2021, 12:41
Da müsste man ja schon fasst eine Initiative starten das Zeug einzusammeln auf den Flohmärkten um Schaden für die Allgemeinheit abzuhalten. Oder erfolgt sowas schon durch den Bund?

Das lässt einen unbedarften Mitleser zum Eindruck kommen, sowas würde andauernd und in größerer Stückzahl auf Flohmärkten oder Auktionsplattformen verklingelt. Ich bin aus eigener Beobachtung heraus der Meinung, dass das NICHT der Fall ist.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

lucidlynx

Zitat von: DG0MG am 07. Dezember 2021, 13:15
Zitat von: Andre4 am 07. Dezember 2021, 12:41
Da müsste man ja schon fasst eine Initiative starten das Zeug einzusammeln auf den Flohmärkten um Schaden für die Allgemeinheit abzuhalten. Oder erfolgt sowas schon durch den Bund?

Das lässt einen unbedarften Mitleser zum Eindruck kommen, sowas würde andauernd und in größerer Stückzahl auf Flohmärkten oder Auktionsplattformen verklingelt. Ich bin aus eigener Beobachtung heraus der Meinung, dass das NICHT der Fall ist.

Es stimmt, ich wäre ziemlich überrascht, wenn Uraninit häufig auf Flohmärkten auftaucht. Andererseits würde es mich nicht wundern, dass an Orten, insbesondere in ländlichen Gebieten, häufig andere besorgniserregende Dinge auftauchen.

Ich habe es im bevölkerungsreicheren Nordosten der USA nicht gesehen, aber im ländlichen Mittleren Westen habe ich auf Flohmärkten panzerbrechende Patronen gefunden. Ich bin mir nicht sicher, ob es sich um Wolfram oder abgereichertes Uran handelte, aber sie haben eine fantastische Dichte. Früher waren hier Blitzableiter mit einigen mCi Radium üblich, ich bin mir sicher, dass es unzählige vergessene in verlassenen Scheunen gibt, die ihren Weg auf Flohmärkte finden könnten. Ich konnte es in Russland sehen.

Andre4

mhh, also soweit mir bekannt hat er einen vollen Stahlschrank mit gehörigem Gewicht zusammen, den er auch nicht mehr in der Wohnung haben wollte, auch wegen der Gefahr der Inhalation bei dem doch teilweise bröckeligen Zeug. Mir sind allerdings keine Messwerte bekannt noch habe ich das selbst gesehen. Vermutlich ist das meiste Pechblende.  Er selbst ist naturwissenschaftlich ausgebildet und Vorsitzender eines örtlichen Mineralienvereins. Er ist nach meiner Kenntnis mit seinem Detektor auch schon länger und praktisch jedes Wochenende auf mehreren Flohmärkten im Rhein-Main hierzu unterwegs. Ich hatte das mal am Rande mitbekommen, da ich diese Person beim Prüfen von Mineralien mehrmals auf Flohmärkten getroffen hatte und darüber angesprochen hatte. Er hatte mich dann zur Bestimmung des von mir über Jahre auf Flohmärkten und Mineralienbörsen gekauften Mineralien-Konvolutes an den örtlichen Mineralien-Verein weiter vermittelt dessen Vorsitzender er war. Auf Flohmärkten gibt es immer wieder aus Nachlässen oder ähnlichen Ansehnliches zu finden. Das ist aber schon größer 5 Jahre her. Ich versuche ihn mal zu erreichen.

Grüße

André

DG0MG

Ja wie schon gesagt, auf Mineralienbörsen sieht das für Uraninit usw. sicher anders aus. Wenn ich in die Googlesuchstatistik des Forums schaue, steht der Suchbegriff "Uraninit kaufen" ziemlich hoch im Kurs. Auch im Kulturhaus Bad Schlema (wo sich das Uranmuseum befindet) finden Mineralienbörsen statt.  ;D Ich bin sicher, dort wechseln reichlich erzgebirgische Pechblendestückchen den Besitzer. Das ist aber schon immer noch etwas anderes, als z.B. eine "polierte Lampe", die jemand unbedarft als Souvenir auf einem Flohmarkt kauft und wo weder Käufer noch Verkäufer wissen, dass es sich im einen Radiumtrinkbecher handelt. Da ist das Gefahrenpotential in Relation schon erheblich höher.

Aber es ging ja oben eigentlich um russische Rauchmelder mit Plutonium und ob es jemand gäbe, der die von "normalen" Flohmärkten einsammelt.
Nochmals: Nein, gibt es nicht, weil nicht nötig, mMn.

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!