UNIRAD der Wismut (alle Modelle)

Begonnen von DG0MG, 05. August 2019, 20:40

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DG0MG

Die WISMUT hatte ein eigenes wissenschaftlich-technisches Zentrum, das für den Bergbau nötige Spezialgeräte selbst entwickelt und hergestellt hat. Dazu gehören u.a. auch die Radiometer vom Typ "UNIRAD" (ugs. "WISMUT-Geigerzähler").

Davon gab es verschiedene Ausführungen (Aufzählung mglw. unvollständig):


  • UNIRAD-H
  • UNIRAD-Z
  • UNIRAD MG/G
  • UNIRAD MG/T
  • UNIRAD MB/A

Der UNIRAD-H ist die Ausführung für den Hauer, der selbst kontrollieren konnte, wie "gut" das Erz war, an dem er gerade arbeitete. Es wurden in den Geräten unterschiedliche Zählrohre und Anzeigen verwendet, die Ausführung MG/T ist bspw. ein Szintillationsmessgerät mit Digitalzähler und LCD-Anzeige. Allen gemeinsam ist das hammerschlaggrüne Gehäuse, wie es auch beim militärischen Radiometer RR-66 verwendet wurde mit der Stromversorgung durch 2 Monozellen. Diese Gehäuse wurden auch für andere Geräte verwendet, ich hatte mal ein sog. "Bohrlochthermometer", das sah auf den ersten Blick wie ein Geigerzähler aus, war aber eben was ganz anderes - im gleichen Gehäuse.
Die Sonde (Zählrohr oder Szintillationsdetektor) ist abgesetzt und über einen Schlauch mit dem Grundgerät verbunden. Das diente dazu, den Detektorkopf auch mal in ein Bohrloch zu schieben, um zu sehen, ob "weiter hinten" noch Erz kommt.

Auf dem Foto ein UNIRAD-Z, fotografiert im Besucherbergwerk 'St. Lampertus' Hohenstein-Ernstthal.

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

DG0MG

Schon einige Jahre bin ich im Besitz eines original "gefahrenen", funktionierenden UNIRAD-H, den man nun hier auch mal dokumentieren kann. Man sieht im die harte Benutzung unter Tage an, deshalb wird das Gerät auch heutzutage gerne von Mineraliensammlern verwendet - weil, so schnell bekommt man es nicht kaputt.

Der Schlauch zum Messkopf in Form eines schlanken Alurohrs ist reichlich 2 Meter lang. Die Anzeige erfolgt über ein Zeigerinstrument mit 2 Skalen 0..5 und 0..25 , welche je nach gewähltem Messbereich zu verwenden sind. Das einzige Bedienelement ist ein Drehschalter mit 6 Schalterstellungen:


  • Aus
  • UB
  • UTR.
  • 25000
  • 2500
  • 500

Mit "UB" kann die Batterie überprüft werden, mit "UTR." wird das Vorhandensein der Hochspannung angezeigt. Die Stromversorgung erfolgt durch zwei Monozellen, das Batterierohr ist mit einem Schraubdeckel verschlossen. Natürlich kann man das Prasseln der Impulse vom Zählrohr auch mit schicken, robusten, russischen Kopfhörern abhören.
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DG0MG

Die Elektronik ist auf 2 Leiterplatten verteilt, die kleinere dürfte die Spannungsversorgung und Hochspannungserzeugung sein. Einen  Schaltplan habe ich noch nie gesehen, aber der darauf befindliche Schalenkern hat recht viele Wicklungen, so dass man annehmen kann, die Betriebsspannung für die Messelektronik wird ebenso durch den Transverter aus der Batteriespannung erzeugt.

In der Sonde befindet sich nichts anderes, als ein Zählrohr vom Typ SBM-20 und dessen Vorwiderstand von 4,7 MOhm. Als Leitung durch den Schlauch zur Sonde sind einfach 2 dickere Litzen verbaut (vllt. 0,5 mm2).
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DL3HRT

Zitat
In der Sonde befindet sich nichts anderes, als ein Zählrohr vom Typ SBM-20 und dessen Vorwiderstand von 4,7 MOhm. Als Leitung durch den Schlauch zur Sonde sind einfach 2 dickere Litzen verbaut (vllt. 0,5 mm2).
Mal wieder das unverwüstliche SBM-20. :clapping: Für den Verwendungszweck reicht das vollkommen aus. Betastrahlung wird zumindest ein wenig durch das Rohr abgeschirmt. Ist es dickwandig?

Der "Schlauch" ist relativ lang (1.50 m ?). Mich wundert es, dass es da keine Probleme mit der Kapazität der Leitung gibt. Die ist sicher größer, als im Datenblatt des Zählrohrs angegeben wird. Vermutlich aus diesem Grund befindet sich der Vorwiderstand direkt an der Sonde.

DG0MG

Zitat von: DL3HRT am 06. August 2019, 06:57
Der "Schlauch" ist relativ lang (1.50 m ?). Mich wundert es, dass es da keine Probleme mit der Kapazität der Leitung gibt. Die ist sicher größer, als im Datenblatt des Zählrohrs angegeben wird. Vermutlich aus diesem Grund befindet sich der Vorwiderstand direkt an der Sonde.
Zitat von: DG0MG am 05. August 2019, 21:04
Der Schlauch zum Messkopf in Form eines schlanken Alurohrs ist reichlich 2 Meter lang.
;)

Genau, prinzipiell soll man ja immer den Widerstand direkt am Zählrohr anbringen, wenn da etwas Kabel dazwischen ist, damit sich die Kabelkapazität beim Zünden nicht durch das Zählrohr entlädt und dessen Totzeit unnötig verlängert und die Lebensdauer verkürzt. Wäre es Koaxkabel, wären es etwa 200 pF (1pF/cm bei RG58 oder RG174), die beiden lockeren Litzen im Schlauch haben vielleicht etwas weniger.

Die Wandstärke des Alurohres wird schon bei 3-4mm liegen, das muss ja auch mal einen drauffallenden Brocken aushalten. Viel Beta wird da nicht mehr kommen.
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GeräteGuru

Glückauf in die Runde,
um es vorweg zu nehmen: mit dem UNIRAD-H (für Hauer) oder UNIRAD-Z (für Geophysiker) kann mann nur die Gammastrahlung (bei beiden Radiometern in µR/h) messen.
Betastrahlung (Elektronen) werden durch die Alu-Sonde nahezu vollständig abgeschirmt.
Der 4,7 MOhm-R dient als Arbeitswiderstand für das SBM-20 (VAJ 221 oder M7000 beim UNIRAD-Z). Betriebsspannung ca. 450V statische Hochspannung. Der (dort noch vorhandene) C von 2,2pF bildet mit dem 4,7 MOhm-R ein RC-Glied. Später wurde er weggelassen und durch ein kleines Stück doppelseitige Leiterplatte ersetzt (gleiche Wirkung).
Die Schaltpläne aller UNIRAD-Gerätetypen inklusive Beschreibungen liegen mir vor. Eventuelle Reparaturen(Solange der Ersatzteilvorat noch reicht...) und Graduierungen (Abgleich der einzelnen Messbereiche (Schalterstufen)) mit E-Talons (spezielle Prüfstrahler) sind möglich.
Zu den einzelnen Stufen: UB ist die Batteriespannung. Der Zeiger sollte bei vollen Batterien am rechten (End-)Anschlag voll ausschlagen.
UTR ist der Status der Transverterspannung. Der Zeiger sollte sich hier im Bereich zwischen den beiden Markierungen (im letzten Drittel der Skala) befinden.
Die 3 Messbereichsstufen legen den Messbereich (Ende der Skala) fest. Bei UNIRAD-H also 25000 µR/h (entspricht 250000 nSv/h oder 250 µSv/h) Skalierung benutzen... usw (2500 und 500).
Bei UNIRAD-Z sind die Sufen in 40000, 10000 und 250 eingeteilt.
Alle "Geräteserien" sind im RG-66 "Gehäuse-Stil" aufgebaut. Außer das UNIRAD ST. Das war ein fest eingebautes RKS-Messgerät (Radiologische Kontrollstation) im Prüfstand der Förderung zur Messung und Sortierung der gefördeten Hunte. Es ist in einem Schaltschrank eingebaut und hat im in "Herz" ein K1520-System...
Es ist der Nachfolger des "Gamma-4-S" Prüfstandmessgerätes...
Falls ihr noch Fragen habt könnt ihr gerne posten...

Das Gerät auf dem Foto stammt übrigens vom Schacht 371...   


DG0MG

Ah, interessant, herzlich willkommen!

Zitat von: GeräteGuru am 14. August 2019, 22:12
mit dem UNIRAD-H [..] in µR/h) messen.

So, da haben die aus Konspirativitätsgründen einfach die physikalische Einheit weggelassen. Ich hatte angenommen, dass es vielleicht eine einheitenlose Zahl ist, z.B. Impulse pro Minute oder so.
Auf der Halde 65 in Bad Schlema traf ich vor einer Weile mal einen älteren WISMUT-Hauer, der dort mit seinem Enkel "Steine suchen" war. Die Halde ist recht unergiebig und so waren die beiden noch nicht sehr erfolgreich, ich dagegen hatte in kurzer Zeit bissl was gefunden - ich hatte aber einen Szinti, er einen UNIRAD-H. Von den Einheiten wußte er nichts, er meinte nur, wenn das Erz im 25.000er Messbereich den Zeiger hinten anschlagen ließ, klingelte die Brigadekasse. Bei einem meiner pflaumengroßen Steinfunde war das so. Er meinte nur so: "Gutes Erz!"

Zitat von: GeräteGuru am 14. August 2019, 22:12Das Gerät auf dem Foto stammt übrigens vom Schacht 371...

Welches Foto? Das im ersten Beitrag oder die Fotos von meinem Gerät mit der roten "176"?
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GeräteGuru

Ja, die rote 176... Die Nummern wurden unabhängig von der 4-Stelligen Fabriknummer (außer bei Z-Geräten, da ist es nicht ganz eindeutig) vergeben und im Unterteil eingraviert und farblich gekennzeichnet. Dabei war es so das die Hauer-Geräte im Grubenbereich (GB) 1 bis 3 (Schacht 371) rot geschrieben wurden. Im GB 6 (Pöhla) waren sie weiß. Genau umgedreht war es bei den UNIRAD-Z (Geophysiker-Geräte). Wie es im GB 4 (Schacht 366) weiß ich momentan nicht genau. Aber ich glaube es war analog wie GB 1-3...
Ist aber auch egal. Ist lange her und man vergisst auch viel...
Naja, falls der der ein oder andere Hilfe (Reparatur) bei defekten UNIRAD-Geräten oder auch neueren Strahlungsmessgeräten braucht... Vielleicht kann ich helfen...

GeräteGuru

Kleine Korrektur noch: im Beitrag vom 14.08.2019 hat sich ein Tippfehler eingeschlichen: Das GM-Zählrohr heist VAZ 221 (nicht VAJ 221) und stammt von robotron Dresden. Sorry  :(

DG0MG

Ok, also von der 371 - das ist eine prima Erkenntnis, für die sich die Erstellung dieses Threads ja schon gelohnt hat.
Ich hab auch Steine von der dortigen Halde .. die beiden muss ich mal aneinanderhalten, vielleicht erkennen sie sich wieder :)

Kannst Du eine Größenordnung geben, wieviele solche Geräte (also UNIRAD-H) es gab, bzw. wieviele strukturmäßig im Einsatz waren?
Vor Jahren waren die immermal bei ebay im Angebot, mittlerweile hat offenbar jedes Gerät ein neues Heim gefunden.


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GeräteGuru

Ich habe mal einen Scan von einer Geräteeinsatzliste (Hauerliste) vom Schacht 371 gemacht. Hier sind alle UNIRAD-H aufgelistet welche es auf der 371 und 366 (400er Nummern)(zuletzt) gab...
Deine 176 wurde zum letzten Mal am 22.08.1990 ausgegeben und kam in der Zeit vom 29.08 - 04.09.1990 wieder von UT in die Werkstatt zurück...

DG0MG

Uiii, das ist ja mal ein toller Beleg! Nicht nur irgendein Zettel, sondern mein UNIRAD drauf!

Ich mag es, wenn sich solche Kreise schließen und man nach langer Zeit irgendwelche Verbindungen zwischen Objekten oder Personen herstellen kann.

In einem verlassenen Gebäude hab ich mal eine Reihe von Dias gefunden und dann "ermittelt", wo sie aufgenommen wurden und sowohl mit dem Fotograf, wie auch mit den als Kindern abgebildeten Personen gesprochen. Das fetzt!
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GeräteGuru

Für alle die es interessiert: hier mal die originale Bedienungsanleitung des UNIRAD-H...

DL3HRT

Mich erstaunt die sehr kurze abgegebene Lebensdauer des Zählrohrs. Ich habe mit den im Handbuch angegebenen Werten gerechnet.

Bei durchschnittlich 100 µR/h und 0.02 ips pro µR/h ergeben sich 2 Impulse pro Sekunde. Bei der angegebenen Nutzungsdauer von 6 Stunden pro Tag macht das 172800 Impulse pro Tag bzw. 39744000 Impulse in den angegebenen 230 Tagen. Für das SBM-20 wird eine Lebensdauer von ca. 1010 Impulse angegeben. Das STS-5 dürfte doch in einem  ähnlichen Bereich liegen.? Wodurch kommt es zu einem Unterschied von mehreren Zehnerpotenzen?

Habe ich mich verrechnet oder wird das Zählrohr mit zu hohem Strom betrieben, was die Lebensdauer natürlich reduzieren würde? Oder handelt es sich nur um einen Druckfehler im Handbuch?

DG0MG

Das ist mir auch aufgefallen.

Zitat von: DL3HRT am 04. September 2019, 11:01
wird das Zählrohr mit zu hohem Strom betrieben

Glaube ich eher nicht, denn der Vorwiderstand in der Sonde ist standardmäßig 4,7 MOhm.

Mir erscheint eine Annahme einer mittleren Aktivität von 100µR/h an der Scheibe im Uranbergbau ziemlich niedrig angesetzt? Kann da der Fehler liegen, dass das höher liegen muss?
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