Radonstollen Bad Kreuznach

Begonnen von DG0MG, 06. April 2023, 22:43

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

DG0MG

In Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz) gibt es einen Radon-Heilstollen zur Schmerztherapie, den "Rudolf-Stollen" von 1773, in dem ursprünglich nach Quecksilber gesucht wurde:

https://acuradon.de/ihr-weg-in-den-acuradon-radonstollen/, dieser befindet sich hier: 49.8395° 7.8514°

Tom Scott hat ein Video darüber gemacht:


Die Besonderheit des Radonstollens ist die Tatsache, dass das Radon mittels eines Lüfters aus einer tieferen Sohle in den Behandlungsraum geblasen wird. Man kann den Lüfter also auch abstellen und dann ist der Raum irgendwann radonfrei. Das würde die Möglichkeit eröffnen, eine wissenschaftliche Doppelblindstudie zur Wirksamkeit einer Radon-Schmerzbehandlung durchzuführen. In anderen Heilstollen mit dauerhafter Radon-Emanation geht das naturgemäß nicht.

Der Geschäftsführer sagt, die "Dosis" betrüge bei einstündiger Behandlung zwischen 30.000 und 60.000 Bq. Man bräuchte im Durchschnitt 10 einstündige Behandlungen und komme dabei auf eine Dosis von 2,2 mSv. Er vergleicht das mit einer Röntgenaufnahme der Hüfte oder des Knies, das wäre ähnlich.

Um den Heilstollen betreiben zu können, müsse garantiert sein, dass der Radongehalt bei einer Behandlung nicht unter 30.000 Bq und nicht über 100.000 Bq läge (gemeint ist wahrscheinlich Bq/m3?).

Es wird ein Radonmessgerät GENITRON ALPHA GUARD gezeigt, das 1230 Bq/m3 ausweist, aber Tom Scott erklärt, dass bei seinen Filmaufnahmen das Radon "ausgeschaltet" war und er nur deshalb überhaupt filmen durfte.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Zitat von: DG0MG am 06. April 2023, 22:43...
Die Besonderheit des Radonstollens ist die Tatsache, dass das Radon mittels eines Lüfters aus einer tieferen Sohle in den Behandlungsraum geblasen wird. Man kann den Lüfter also auch abstellen und dann ist der Raum irgendwann radonfrei.
...
"radonärmer" ist treffender, radonfrei wird dieser Raum nie sein.

Norbert

nukulus

sehr interessantes video und post!

ja, eine doppelblindstudie wäre echt spannend.

liest man ein bisschen ins thema klingt es für mich als laien plausibel dass es hilft.

ist radon atmen gut? nein, natürlich nicht - aber!
ist schmerzmittel (NSAR) essen gut? nein, natürlich nicht - aber!

die frage ist was das kleinere übel ist bei chronischen schmerzen: täglich schmerzmittel einwerfen oder ein mal pro monat begasen lassen. selbst wenn beides die lebenserwartung statistisch senkt erhöht es die lebensqualität merklich.


NoLi

Zitat von: nukulus am 07. April 2023, 09:58...
die frage ist was das kleinere übel ist bei chronischen schmerzen: täglich schmerzmittel einwerfen oder ein mal pro monat begasen lassen. selbst wenn beides die lebenserwartung statistisch senkt erhöht es die lebensqualität merklich.


Genau dieses kann ich aus meinem engeren Bekanntenkreis (Rheumatiker) bestätigen.
Vor den Radon-Kuren (Bad Gastein) mußten immer stärkere Schmerzmittel angewandt werden, mit den entsprechenden zunehmenden Problemen, vor allem der Leber. Mit Beginn der Radon-Kuren (jeweils einmal jährlich) konnte der Schmerzmittelkonsum deutlich reduziert und mit entsprechend geringerer Wirkstoffkonzentration herabgesetzt werden, die Probleme mit der Leber verringerten sich entsprechend stark. Und die Beweglichkeit nahm deutlich positiv zu, die starken Rheumaschübe nahmen ab.

Alles Fake??

Norbert

NoLi

Wirkung von niedrig dosierter Strahlung auf das Immunsystem
Frey B 1
, Donaubauer A 1
, Becker I 1
, Gryc T 1
, Rödel F 2
, Deloch L 1 und Gaipl US 1
1: Strahlenklinik, Universitätsklinikum Erlangen, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
2: Klinik für Strahlentherapie und Onkologie, Universitätsklinikum Frankfurt, Frankfurt am Main[/i]

https://www.euradon.de/CMS/tinymce/jscripts/tiny_mce/plugins/imagemanager/files/pdf/2018_FREY_Euradon_Herbsttagung_Zusammenfassung.pdf

Norbert

nukulus

Zitat von: NoLi am 07. April 2023, 10:22
Zitat von: nukulus am 07. April 2023, 09:58...
die frage ist was das kleinere übel ist bei chronischen schmerzen: täglich schmerzmittel einwerfen oder ein mal pro monat begasen lassen. selbst wenn beides die lebenserwartung statistisch senkt erhöht es die lebensqualität merklich.


Genau dieses kann ich aus meinem engeren Bekanntenkreis (Rheumatiker) bestätigen.
Vor den Radon-Kuren (Bad Gastein) mußten immer stärkere Schmerzmittel angewandt werden, mit den entsprechenden zunehmenden Problemen, vor allem der Leber. Mit Beginn der Radon-Kuren (jeweils einmal jährlich) konnte der Schmerzmittelkonsum deutlich reduziert und mit entsprechend geringerer Wirkstoffkonzentration herabgesetzt werden, die Probleme mit der Leber verringerten sich entsprechend stark. Und die Beweglichkeit nahm deutlich positiv zu, die starken Rheumaschübe nahmen ab.

Alles Fake??

Norbert

doppelt schön zu lesen: dass es für diese person eine merkliche verbesserung gegeben hat UND dass es aus einer quelle (norbert) stammt die ich in sachen ionisierender strahlung für kritisch-kompetent halte :)

Flipflop

Ja, kommt auf meine Todo-Liste, vorausgesetzt ich werde Alt genug. So Alt, dass, wie sagt man? Rheuma/ Arthrose zum Vornamen gehört. ;)

opengeiger.de

Ich will hier auch mal den Vergleich zur ionisierenden Strahlung am unteren Ende der Energieskala (bei etwa 4.5eV bringen):
Es ist erwiesen, dass Photonenstrahlung dieser Energie (UV-B) die DNA und andere Zellbestandteile der Hautzellen schädigt, ganz vergleichbar zum Radon. Wenn die Rate der Schädigungen so hoch ist, dass das Immunsystem mit dem Reparieren nicht mehr nachkommt, dann hat das Immunsystem nur noch eine Waffe, nämlich die betroffene Zelle gezielt abzutöten (Apoptose). Ist die Rate noch höher, dann können ungeordnete Mutationen entstehen und im schlimmsten Fall Hautkrebs. Manchmal passiert das auch wenn genetisch bedingt ein Enzym fehlt, das die Reparatur überhaupt ermöglicht. Kinder, die mit einem solchen genetisch bedingten Enzymdefekt geboren werden (Mondscheinkinder) dürfen nicht raus ans UV-haltige Sonnenlicht sonst bekommen sie relativ schnell Hautkrebs und werden daher nicht sehr alt.

ABER: 90% des Vitamin-D, das der Mensch vor allem für den Knochenaufbau lebensnotwendig braucht, wird in der Haut von Gesicht und Händen unter Einfluß des UV-B-Lichts in der natürlichen Sonnenstrahlung synthetisiert. Deswegen muss man als lichtscheuer Computernerd und Gamer oder als Pflegebedürftiger im Altenheim das Vitamin-D als Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen. Jetzt gibt es eine bereits ziemlich genau bestimmte Dosis des UV-B-Lichts, bei der die Vitamin-D Synthese optimal ist, aber die Rate der Strahlendefekte noch nicht zu hoch ist. Und dann ist die ionisierende Strahlung eben maximal gesund. So was heisst dann im Sinne von Pracelsus (die Dosis macht das Gift) Hormesis.

Und genau das sagen die Balneologen jetzt vom Radon auch. In geringen Dosen soll das Radon das Immunsystem stimulieren. Vermutlich so, dass es dann mit einer höheren Rate Strahlungsdefekte reparieren kann. Warum das so stimulierte Immunsystem dann aber auch besser mit der Arthrose umgehen kann, das, so glaube ich, ist bisher noch nicht so recht verstanden. Vielleicht stellt man sich da so eine Art Grundfitness vor, die dann auch bei anderen Problemen, auf die das abgeschlaffte Immunsystem mit höherer Rate reagieren sollte, dann nach dem Radon-Training eben auch bei der Arthrose wieder nachkommt, ... oder so ähnlich...  :acute:     

NoLi

Zitat von: opengeiger.de am 07. April 2023, 21:19...
Und genau das sagen die Balneologen jetzt vom Radon auch. In geringen Dosen soll das Radon das Immunsystem stimulieren. Vermutlich so, dass es dann mit einer höheren Rate Strahlungsdefekte reparieren kann. Warum das so stimulierte Immunsystem dann aber auch besser mit der Arthrose umgehen kann, das, so glaube ich, ist bisher noch nicht so recht verstanden. Vielleicht stellt man sich da so eine Art Grundfitness vor, die dann auch bei anderen Problemen, auf die das abgeschlaffte Immunsystem mit höherer Rate reagieren sollte, dann nach dem Radon-Training eben auch bei der Arthrose wieder nachkommt, ... oder so ähnlich...  :acute:   

So wie ich es verstanden habe, werden durch das auf Trab gebrachte Immunsystem wiederum Botenstoffe aktiviert, welche die Bildung von entzündungshemmenden Enzymen fördern. Daher tritt eine deutliche Schmerzlinderung erst einige Tage bis wenige Wochen nach der Radonkur ein, hält aber längere Zeit -mehrere Monate- an.

Norbert

Kermit

Zitat von: opengeiger.de am 07. April 2023, 21:19im Sinne von Pracelsus (die Dosis macht das Gift)

Zum Thema zwei interessante Literaturstellen, die leider nicht frei im I-net verfügbar sind. Man kann sie aber als persönliche Kopie bei einer öffentlichen Bibliothek erhalten (u.U. nicht kostenfrei).

Eine weitere Zusammenfassung findet man hier:

https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/umweltbezogener_gesundheitsschutz/physikalische_umweltfaktoren/radonbehandlung_kuren.htm

Literaturstellen

[1] Erickson, Barbra E. (2007): Toxin or medicine? Explanatory models of radon in Montana health mines. In: Medical anthropology quarterly 21 (1), S. 1–21. DOI: 10.1525/maq.2007.21.1.1.

[2] Trott, Klaus-Rüdiger (2005): Radon als Heilmittel. Therapeutische Wirksamkeit, biologischer Wirkungsmechanismus und vergleichende Risikobewertung (Radon therapy. Therapeutic effects, biological mechanism, and relative risk assessment). In: Radiat Environ Biophys 44 (2), S. 157–158. DOI: 10.1007/s00411-005-0005-4.

opengeiger.de

Zitat von: NoLi am 07. April 2023, 22:16So wie ich es verstanden habe, werden durch das auf Trab gebrachte Immunsystem wiederum Botenstoffe aktiviert, welche die Bildung von entzündungshemmenden Enzymen fördern. Daher tritt eine deutliche Schmerzlinderung erst einige Tage bis wenige Wochen nach der Radonkur ein, hält aber längere Zeit -mehrere Monate- an.

Norbert

Ja, genau, da gehts darum, dass die bestrahlten Zellen Zytokine als Botenstoffe ausschütten vor allem das TGF-Beta. Man sieht das auch bei der Tumorbestrahlung, da gibts die ,,Non-targeted effects" in Zellen, in denen keinerlei Energiedeposition durch ionisierende Strahlung stattgefunden hat. Einer von diesen Effekten ist der Bystander-Effekt, auf den die Radon-Balneologen setzen. Bei dem Bystander-Effekt erhalten Zellen, die nicht direkt bestrahlt wurden, Signale über Zell-Zell-Kommunikation durch diese Botenstoffe, die von den bestrahlten Zellen ausgesendet werden. Bei der Strahlentherapie sieht man z.B. eine Reduktion der Metastasen bei der Bestrahlung des Haupttumors, obwohl sich der Tumor selbst in einer ganz anderen Körperregion befindet als die Metastasen. Aber wenn man sich da mal in die einschlägige Literatur reinvertieft, merkt man schnell, dass da noch viel Empirik dabei ist, und die Zellbiologen noch weit weg davon sind, das alles verstanden zu haben. Das ist jedenfalls mein Eindruck.  :unknw:

Man muss halt auch sehen, dass die Kur-Industrie ein Big-Business ist und da will keiner, dass das dem Strahlenschutz zum Opfer fällt!  :rtfm:

opengeiger.de

Zitat von: Kermit am 07. April 2023, 23:50
Zitat von: opengeiger.de am 07. April 2023, 21:19im Sinne von Pracelsus (die Dosis macht das Gift)

Zum Thema zwei interessante Literaturstellen, die leider nicht frei im I-net verfügbar sind. Man kann sie aber als persönliche Kopie bei einer öffentlichen Bibliothek erhalten (u.U. nicht kostenfrei).


Was Freies und sehr Ausführliches gibt es hier:

https://www.gasteiner-heilstollen.com/wp-content/uploads/2016/05/2005_Langfassung-Radon-als-Heilmittel-2005.pdf

Das gibts auch als kleines Buch bei Radiz. An der Schrift war der bekannte Radon-Prof. Henning von Philipsborn beteiligt.

Zugpferd

Ethisch problematisch Leute!

Globoli futtern hilft auch - einigen Leuten.
Ein Betroffener der hier nun mitliest und sich davon Hilfe verspricht kann auch bitter enttäuscht werden, vergesst das bitte nicht.

Der Norddeutsche geht in Bayern zur Kur, er soll Höhenluft bekommen, der Bayer soll Nordseeluft tanken... widersprüchlich aber funktioniert - oder nicht?

Drogenkonsum - Set und Setting, der der sich schlecht fühlt wird anderes erleben als der der schon euphorisch konsumiert (1)

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Set_und_Setting

Es ist eben nicht nur die Dosis die das Gift macht.
Aber auch das ist nur meine Meinung bzw. soll Mitlesenden ein Anhaltspunkt geben.