Giftigkeit von NaI(Tl)

Begonnen von Radium, 24. Oktober 2023, 19:27

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Radium

Es kommt ja ab und zu mal vor, dass ein Kristall undicht wird, und sich in Brei verwandelt, der dann auch aus der Kapsel auslaufen kann. Mal liest viel unterschiedliches darüber, wie Giftig dieses Zeug ist, da ja Tl Enthalten ist. Wie Giftig ist das denn nun wirklich? Und wie entsorgt man das, wen einem eine ,,Sauerei im Messgerät" über den Weg läuft?
Gruß Fiete
Geigerzähler: DP-66, FH 40 TV, IT-65, Szintillationszähler: RAM-63

NuclearPhoenix

An und für sich ist Thallium hochgiftig. Aber was soll passieren, wenn wirklich mal was auslaufen sollte? Kristall entsorgen, die Stellen gut reinigen und nichts mit der bloßen Hand anfassen wäre mein Ansatz... Das Zeug fliegt dir ja nicht einfach in den Mund ;)

https://de.wikipedia.org/wiki/Thallium#Toxizit%C3%A4t

Ich weiß gar nicht, ob im Kristall überhaupt genug Thallium enthalten ist um Probleme zu verursachen (natürlich im vernünftigen, möglichen Rahmen). Das ist ja nur die Dotierung... deshalb trotzdem auf Nummer sicher gehen und nichts anfassen :unknw:

Falls man sich mit meinen Tipps doch irgendwie in Lebensgefahr bringt, bitte mir das mitzuteilen, falls mir mal sowas passieren sollte :D  :D

NoLi

Thallium = Rattengift. O:-)  :girl_devil:  >:D
Thalliumgehalt von NaI(Tl) = 0,1 %.

Norbert 

Kermit

Zitat von: Radium am 24. Oktober 2023, 19:27dass ein Kristall undicht wird

Ein weiteres Problem ist das Iod im Na(I) Kristall  :( , die Verfärbung durch das "Auslaufen" des Na(I) Kristalls ist im warsten Sinne des Wortes "echt". Die gelblich orange Pampe klebt überall, stinkt und die Verfärbung bekommt man nicht mehr ab.

Der Na(I)-Kristall ist hygroskopisch, wenn die dünne Koppelglasscheibe, die den Kristall hermetisch in Richtung PMT abschließt einen noch so kleinen Riss hat, ist die Sauererei vorprogrammiert.

Wer das mal erleben durfte, hat dannach gehörigen Respekt vor einem möglichen Defekt des Na(I)-Szintilators

Wie giftig der ganze Vorgang ist, kann ich nicht beurteilen.

Aja, vergessen, die Verfärbung wechselt dann irgendwann zu schwarzblau violetter Farbe ;)

Henri

Zitat von: NoLi am 24. Oktober 2023, 20:30Thallium = Rattengift. O:-)  :girl_devil:  >:D
Thalliumgehalt von NaI(Tl) = 0,1 %.

Norbert 

Das wären bei einem 2" Kristall dann ca. 60 mg. Tödliche Dosis  ca. 800 mg, aber es wird sicherlich schon vorher unangenehm.

NaI allein ist aber auch schon ungesund, immerhin haben wir ja einen recht sensiblen Iod-Stoffwechsel. Wenn man Probleme mit der Schilddrüse hat, dann ja noch mal besonders.

Wo man so was entsorgt, hatte ich doch schon mal geschrieben?  :unknw:

Radium

Zitat von: NoLi am 24. Oktober 2023, 20:30Thallium = Rattengift. O:-)  :girl_devil:  >:D
Thalliumgehalt von NaI(Tl) = 0,1 %.

Norbert 
Korrektur  ;D : Thallium = Allesgift  O:-)  :girl_devil: >:D
Aber mal im Ernst, auch 60 mg will ich nicht abbekommen, da wird man bestimmt Irre von oder so etwas :crazy: Wonach stinkt das denn?
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Oliver

Zitat von: Radium am 24. Oktober 2023, 21:32
Zitat von: NoLi am 24. Oktober 2023, 20:30Thallium = Rattengift. O:-)  :girl_devil:  >:D
Thalliumgehalt von NaI(Tl) = 0,1 %.

Norbert 
Korrektur  ;D : Thallium = Allesgift  O:-)  :girl_devil: >:D
Aber mal im Ernst, auch 60 mg will ich nicht abbekommen, da wird man bestimmt Irre von oder so etwas :crazy: Wonach stinkt das denn?

Die 60 mg bekommst du aber nicht versehentlich ab. Da müsstest du den ganzen Kristall essen. Selbst wenn man äußerst unvorsichtig ist würden in einem realistischen Fall höchstens 2 mg in den Körper gelangen. Dies ist 1/400 der lethalen Dosis, die Konsequenzen sollten nicht äußerst groß sein. Iod ist ein Halogen, ich vermute mal, dass der Geruch an Chlor oder Brom erinnert.

Radium

OK, also ist das nicht so Giftig, wie es manchmal im Internet steht. Wenn man sich einen NaI(Tl) Kristall bestellt und das draußen kalt ist und das Paket kalt geworden ist, muss man sich den besonders langsam aufwärmen, damit der nicht bricht?
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Prospektor

Zitat von: Henri am 24. Oktober 2023, 21:10
Zitat von: NoLi am 24. Oktober 2023, 20:30Thallium = Rattengift. O:-)  :girl_devil:  >:D
Thalliumgehalt von NaI(Tl) = 0,1 %.

Norbert 

Das wären bei einem 2" Kristall dann ca. 60 mg. Tödliche Dosis  ca. 800 mg, aber es wird sicherlich schon vorher unangenehm.

NaI allein ist aber auch schon ungesund, immerhin haben wir ja einen recht sensiblen Iod-Stoffwechsel. Wenn man Probleme mit der Schilddrüse hat, dann ja noch mal besonders.

Wo man so was entsorgt, hatte ich doch schon mal geschrieben?  :unknw:

Bei einem 2"x2" Kristall komme ich für wasserfreies NaI (3.67 g/cm3) und 0,1% Tl auf deutlich mehr an absoluter Menge Tl  :scratch_one-s_head: 
Aber ich stimme Dir trotzdem zu, bei Ingestion wird das Iodid vorher zum akuten Problem  :)

Kermit

Zitat von: Radium am 25. Oktober 2023, 06:12muss man sich den besonders langsam aufwärmen, damit der nicht bricht?

Insgesamt ist ein NaI Szintillator mit Vorsicht zu behandeln. Bei Outdoor-Einsätzen (früher hätte man Außeneinsätze gesagt  :D ) sind neben Stoß und Schlag eben die Temperaturunterschiede zu beachten. Die mechanischen Spannungen zwischen dem Glas (siehe obige Post), dem Kleber, dem Metall der Umhüllung und dem Kristall sind eben nicht so einfach "ableitbar".
Die meisten Hersteller reden in ihren Betriebsanweisungen davon, die Szintillatoren 24h an die Raumtemperatur anzupassen. Manche packen die Szintillatoren bzw. die kompletten Baueinheiten extra in dicke Decken ein.
Der Hintergrund ist sicher der, das beim Betrieb der Geräte eine durchaus höhere Temperatur als die Raumtemperatur erzeugt wird.

Allerdings gab und gibt es Szintillator-PMT-Kombinationen auch für militärische Messgeräte. Inwieweit hier besondere Vorkehrungen getroffen wurden, kann ich nicht sagen, da müsste man mal in der DV der NVA für die Kernstrahlungsmessgeräte nachsehen ;)

DL3HRT

Was passiert wenn man nicht auf Temperaturschwankungen achtet, sieht man am Kristall meines PSC-1  :mda:
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.
Ich hatte im letzten Winter vergessen, das Gerät mit ins Haus zu nehmen, also klassisches Eigenverschulden. Das Resultat sind Risse im Kristall und allmählich scheint er auch Feuchtigkeit zu ziehen.

Kermit

Zitat von: Oliver am 24. Oktober 2023, 21:59Selbst wenn man äußerst unvorsichtig ist

Dem stimme ich zu ,

die hygroskopische NaI-"Pampe" ist derartig eklig, das nimmt niemand mit zum Frühstückstisch  ;)

Unabhängig davon habe ich inzwischen schon sehr viele Szintillatoren gesehen, die äußerlich am Metall mehrfach zerkratzt waren oder Dellen hatten, gelblich geworden sind oder der Kristall mehrfache Sprünge hatte und trotzdem waren diese Kristalle noch Jahre im Einsatz ;)

Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.

Anbei mal ein Beispiel: der NaI wird bei der Ausbildung zum "rum zeigen" benutzt, die Bläschen und die Farbe sind echt und der ist bestimmt auch schon ein paar mal runter gefallen... aber er ist immer noch dicht  ;)
Zum Messen würde ich den aber nicht mehr nehmen.

Henri

Zitat von: Prospektor am 25. Oktober 2023, 09:07Bei einem 2"x2" Kristall komme ich für wasserfreies NaI (3.67 g/cm3) und 0,1% Tl auf deutlich mehr an absoluter Menge Tl  :scratch_one-s_head: 
Aber ich stimme Dir trotzdem zu, bei Ingestion wird das Iodid vorher zum akuten Problem  :)

Ups! Habe ich mich vertippt??

2" = ca. 5 cm.
pi * r² * h = pi * 2,5² cm² * 5 cm = 3,14 * 6,25 cm² * 5 cm = 98 cm³
98 cm³ * 3,67 g/cm³ = 360 g
360 g * 0,001 = 360 mg  :blush:

Henri

Zitat von: Kermit am 25. Oktober 2023, 11:14Die meisten Hersteller reden in ihren Betriebsanweisungen davon, die Szintillatoren 24h an die Raumtemperatur anzupassen. Manche packen die Szintillatoren bzw. die kompletten Baueinheiten extra in dicke Decken ein.
Der Hintergrund ist sicher der, das beim Betrieb der Geräte eine durchaus höhere Temperatur als die Raumtemperatur erzeugt wird.

Allerdings gab und gibt es Szintillator-PMT-Kombinationen auch für militärische Messgeräte. Inwieweit hier besondere Vorkehrungen getroffen wurden, kann ich nicht sagen, da müsste man mal in der DV der NVA für die Kernstrahlungsmessgeräte nachsehen ;)

Im Kristall selber sollte meines Wissens keine Temperaturänderung größer 1°C pro Stunde erfolgen, weil es sonst zu Rissen kommen kann.

Es gibt aber moderne Kristalle, die nicht mehr als Einkristalle gezogen werden, sondern aus vielen winzigen Kristallen bestehen, die dann sozusagen zusammengesintert werden (z.B. Polyscin (R) von Saint-Gobain). Für die Erdölförderung ist so was z.B. wichtig, weil Sonden in das Bohrloch hinabgelassen werden und somit nicht nur extreme Erschütterungen verkraften müssen, sondern auch sehr schnell auf sehr hohe Temperaturen aufgeheizt werden. Ich kann mir vorstellen, dass so was dann bei militärischen Geräten ebenfalls verbaut wird - Geld spielt da ja oft nur eine untergeordnete Rolle.

Radium

Zitat von: DL3HRT am 25. Oktober 2023, 11:21Was passiert wenn man nicht auf Temperaturschwankungen achtet, sieht man am Kristall meines PSC-1  :mda:
Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.
Ich hatte im letzten Winter vergessen, das Gerät mit ins Haus zu nehmen, also klassisches Eigenverschulden. Das Resultat sind Risse im Kristall und allmählich scheint er auch Feuchtigkeit zu ziehen.
Woran hast du gemerkt, das der Kristall gerissen ist?
Geigerzähler: DP-66, FH 40 TV, IT-65, Szintillationszähler: RAM-63