Video "Schacht 371 gewährt Einblicke."

Begonnen von NoLi, 05. Mai 2025, 18:33

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

NoLi

Schacht 371 gewährt Einblicke
TV Westsachsen (Television Zwickau GmbH)
07.08.2024



Ab 3:40 min eine Vitrine mit Strahlenmessgeräten.
Gegen Ende des Videos eine Besichtigung des Maschinenhauses und eine Abseilübung der Grubenwehr. Bemerkenswert: die Besucher mussten hier Überjacken und Überschuhe gegen Kontaminationsverschleppung tragen. Da würde mich doch mal die Kontaminationshöhe im Maschinenhaus interessieren...

Und noch ein anderes Video:

Kretschmer macht sich Bild von Arbeit der Wismut
KabelJournal® GmbH
07.08.2024



Auch hier Überschuhe, auch im Freigelände.


Norbert

NoLi

Zitat von: NoLi am 05. Mai 2025, 18:33...
Bemerkenswert: die Besucher mussten hier Überjacken und Überschuhe gegen Kontaminationsverschleppung tragen. Da würde mich doch mal die Kontaminationshöhe im Maschinenhaus interessieren...
...
Nun, da dieses Betriebsgelände (teilweise) als Überwachungsbereich eingruppiert ist (bei Kontrollbereich müsste diese Bezeichnung mit auf den Trifoil-Schildern stehen!), dürfen die Werte maximal für Alpha 1 Bq/cm², für Beta/Gamma 10 Bq/cm² und für die Dosisleistung 3 µSv/h betragen.
Zum Vergleich: für das sogenannte allgemeine Staatsgebiet gilt maximal für Alpha 0,1 Bq/cm², für Beta/Gamma 1 Bq/cm² und für die Dosisleistung 0,5 µSv/h (Arbeitsstätten), 0,035 µSv/h (Umgebung kerntechnischer Anlagen) sowie 0,11 µSv/h (alle anderen Bereiche). Insgesamt zusätzlich zum natürlichen Strahlungsuntergrund maximal 1 mSv/a (1000 µSv/a).

Norbert

Zugpferd

Interessant. Ja ein Teil der DDR Geschichte...
Bin mal gespannt ob Kinder und Enkelkinder diese Geschichte so würdigen wie sie es jetzt vorhaben, in den Ferien an der Nord und Ostsee donnerten damals auch im Tiefflug die Starfighter oder Tornados über uns rüber, ab und zu mit Überschallknall...
Heute liesst man in der Zeitung und das ist auch bestimmt schon 5 Jahre her, das sich viele Bewohner erschrocken haben und die Polizei riefen als sie einen Knall am Himmel bemerkten und Tags drauf wurde das sogar in der Tagesschau verkündet das ein Flugzeug sich nicht meldete und sie daher kampfjets dahin fliegen liessen mit der Genehmigung des Überschalls. Wer will denn heute noch Pilot werden wenn er die Geräusche nicht mal kennt... das weckt ja kein Interesse mehr...

Wie ist das denn in der Wismut,  wurde der Betrieb nur eingestellt weil die Wende kam, oder weil es zu teuer wurde oder weil alles alle war? Wie ist da die Story? Wäre ja blöd wenn man in 30 Jahren durch 1000m3 Betonblombe müsste um da wieder ran zu kommen...

DG0MG

Zitat von: Zugpferd am 05. Mai 2025, 22:21Wie ist das denn in der Wismut,  wurde der Betrieb nur eingestellt weil die Wende kam, oder weil es zu teuer wurde oder weil alles alle war? Wie ist da die Story?

Nun grundsätzlich war das Ende der SDAG Wismut und deren Uranförderung die "Wende". In der BRD war die Phase, dass man ein Land ist, in dem Uran gefördert wird, schon überwunden. Die Förderung musste also auch im Beitrittsgebiet beendet werden. Aber natürlich waren die Wismuter auch zu DDR-Zeiten nicht doof und wussten, dass die Uranförderung komplett unrentabel war - auf dem Weltmarkt hätte man das nie verkaufen können. In den 80er Jahren wurde die Beschäftigtenzahlen also schon weniger udn man begann auch, nach alternativen Beschäftigungsfeldern zu suchen.

"Alle" ist das Uran nicht, aber eben nur noch in so geringer Konzentration im Gestein vorhanden, dass sich ein Abbau nicht lohnte.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Die Einstellung der Uranförderung war vor allem

a) politisch bedingt ("Deutschland, Uran + Kernenergie geht ja gar nicht").
b) strahlenschutzmäßig bedingt (die Förder- und Verarbeitungsbedingungen ließen sich nicht mit der Strahlenschutzverordnung und dem "Stand von Wissenschaft und Technik" vereinbaren).

Die Betonplomben sind das kleinere Problem. Die Förderung in 30 Jahren wieder aufzuwältigen ist nicht so ohne weiteres möglich, da die Gruben weitestgehend abgesoffen und nicht mehr standsicher sind (was ja so auch gewollt war und ist). Hier hat sich Deutschland eine heutige und zukunftsträchtige mögliche unabhängige und klimafreundliche energetische Reserve vermasselt!

Norbert

Floppyk

Sind nicht sogar vorrangig die Umweltprobleme ein Grund gewesen, die Tailingseen und Halden zu beseitigen? M.W. war bzw. ist das die teuerste Umweltsanierung aller Zeiten in Deutschland. Das hat man nicht ohne Zwänge durchgeführt. Das meine ich für den gesamten Uranbergbau in der ehem. DDR.

DG0MG

Ja natürlich Umweltprobleme, aber das war nicht die ursprüngliche Frage von @Zugpferd .
Die kausale Folge kurz nach der Wende kann man leicht verständlich runterbrechen: Wenn wir kein Uran mehr fördern, bereiten wir auch kein Erz mehr auf. Wenn wir kein Erz mehr aufbereiten, werden keine Tailings mehr in die Schlammseen gepumpt. Dadurch trocknen die Schlammseen (die industriellen Absetzanlagen) vom Rand her aus und geben dem Wind Gelegenheit, den jetzt trockenen radioaktiven Staub in der Gegend zu verteilen.
Diese Gedanken sind die Grundlage aller nachfolgenden Sanierungsmaßnahmen gewesen.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Der trockene radioaktive Staub war ja nicht nur ein Umweltproblem der Schlammseen (solange sie naß waren), sondern vor allem der Halden.
Und genau damit hatten und haben wir wieder das Problem der Uranförderung und -verarbeitung gemäß §6 Strahlenschutzverordnung und §8 Strahlenschutzgesetz.

"§ 6 Vermeidung unnötiger Strahlenexposition und Dosisreduzierung
(1) Wer eine Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 plant oder ausübt, ist verpflichtet, jede unnötige Strahlenexposition
oder Kontamination von Mensch und Umwelt zu vermeiden.

(2) Wer eine Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 plant oder ausübt, ist verpflichtet, jede Strahlenexposition oder
Kontamination von Mensch und Umwelt unter Beachtung des Standes von Wissenschaft und Technik und unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auch unterhalb der Grenzwerte so gering wie möglich zu halten.
"

"Gesetz zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzgesetz - StrlSchG)
§ 8 Vermeidung unnötiger Exposition und Dosisreduzierung

(1) Wer eine Tätigkeit plant, ausübt oder ausüben lässt, ist verpflichtet, jede unnötige Exposition oder Kontamination von Mensch und Umwelt zu vermeiden.
(2) Wer eine Tätigkeit plant, ausübt oder ausüben lässt, ist verpflichtet, jede Exposition oder Kontamination von Mensch und Umwelt auch unterhalb der Grenzwerte so gering wie möglich zu halten. Hierzu hat er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls
1. bei Tätigkeiten nach § 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 7 und 9 den Stand von Wissenschaft und Technik zu beachten,
2. bei Tätigkeiten nach § 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8, 10 und 11 den Stand der Technik zu beachten.
"

Mit einer solchen Gesetzes- und Verordnungsformulierung "auch unterhalb der Grenzwerte" sowie "Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls" kann man jede einem nicht passende Tätigkeit unterbinden.

Norbert

Radiohörer

Zitat von: NoLi am 06. Mai 2025, 10:38Die Einstellung der Uranförderung war vor allem
a) politisch bedingt ("Deutschland, Uran + Kernenergie geht ja gar nicht").
--------------
Hier hat sich Deutschland eine heutige und zukunftsträchtige mögliche unabhängige und klimafreundliche energetische Reserve vermasselt!

...das von Dir bei a) unterstellte ist mMn zumindest für 1990 falsch: es wurden keine neuen AKW mehr gebaut, aber die alten AKWs weiterbetrieben und erst ab 2k über einen Ausstieg nachgedacht.

Zum 2. Satz empfehle ich diesen Link:
http://www.unbekannter-bergbau.de/inhalte/spot_12_2015_wismut_lagerstaetten.htm
Vielleicht sind ja die getätigten Aussagen der Wismut unter "politischem Druck" entstanden.
Wer weis das schon :unknw:
Die Tabellen weisen mMn schon auf eine "ziemliche" Erschöpfung der erzgebirgischen Lagerstätten hin.
Und wenns zur Wende aus Sicht der Wismut schon unrentabel war, wie wäre es heute?
Ich würde nicht in einer Gegend um Hartenstein, Aue und Bad Schlema wohnen wollen: so toll sind Halden- und Bergbaufolgelandschaften nicht :-\



Radiohörer

Zitat von: NoLi am 05. Mai 2025, 21:18bei Kontrollbereich müsste diese Bezeichnung mit auf den Trifoil-Schildern stehen!
...gibts in der Nähe: für nen "Wasserlösungsstollen" ganz ordentlich ;)

Radiohörer

#10
...der Energiebedarf um das Grubengebäude von Schacht 371 trocken zu halten, würde mich mal interessieren: 30" oder 50" Einwohnerequivalente?
Sorry fürs schlechte Bild: war spät dran...

Radiohörer

...interessant in diesem Zusammenhang ist die leider nur teilweise Parallelöffnung mit der
https://www.wismut.de/standorte/wismut-erleben/lagerstaettensammlung
Da gibts bestimmt einiges zu Messen ;)

DG0MG

Zitat von: Radiohörer am 08. Mai 2025, 09:20Da gibts bestimmt einiges zu Messen ;)

Ja, auf jeden Fall - wie man auch in einer aktuellen Doku des MDR sieht:

https://www.ardmediathek.de/video/der-osten-entdecke-wo-du-lebst/schacht-371-ein-wismut-bergwerk-erfindet-sich-neu/mdr/Y3JpZDovL21kci5kZS9zZW5kdW5nLzI4MjA0MC81MDY5ODEtNDg3MDE3


Der Osten - Entdecke wo du lebst: "Schacht 371 - Ein Wismut-Bergwerk erfindet sich neu"

Der Schacht 371 war der wichtigste Förderschacht des ehemaligen Wismut-Bergbaubetriebes Aue. Mit einer Tiefe von rund 1.800 Metern gehörte diese Uranlagerstätte zu den tiefsten Bergwerken Europas. Über 3.000 Menschen arbeiteten hier im Dreischichtsystem. Sie förderten bis zur Stilllegung 1990 mehr als 73.000 Tonnen Uran. Elf Jahre später wurde der Schacht verschlossen.

Bis heute aber sind hier Bergleute zugange. Andy Tauber, Bereichsleiter Sanierung, begründet dies so: "Wir haben ein Bergwerk, was nicht mehr der Erzgewinnung dient, doch wir müssen uns noch Jahrzehnte mit dem Uranbergbau hier in der Region beschäftigen. Wir müssen das Radon, was sich überall im Gebirge bildet, von der Oberfläche und damit von Bad Schlema fernhalten."

Elf Bergleute fahren heute hier noch regelmäßig ein, darunter Hannes Zupp und Denny Lenk. Sie sichern die alten Grubenbaue, Sohlen und Strecken. "Im Grunde mache ich nichts anderes als die Männer in meiner Familie früher. Für mich war es von Anfang an klar, dass ich Bergmann werde. Ich kann hier alles machen - vom Schweißen, Sprengen, bis hin zum Betonieren. Wer kann das von sich schon behaupten", meint der 23-jährige Hannes Zupp. Auch der Großvater und der Vater von Denny Lenk waren Kumpel. Der 33-Jährige findet, dass sich seine Arbeit im Vergleich zu früher nicht groß geändert hat: "Jetzt sanieren wir eben den Tagebau, verwahren und verfüllen alles."

Das Ensemble rund um den Schachtkomplex 371 ist eine der wenigen Uranerz-Bergbauanlagen der ehemaligen SDAG-Wismut, das als authentischer Schauplatz erhalten geblieben ist. Seit 2019 gehört es zum UNESCO-Welterbe Montanregion Erzgebirge/Krušnohorí. Das Maschinenhaus und das Schachthaus sollen zukünftig interessierten Besucherinnen und Besuchern zugänglich gemacht werden. Julia Dünkel von der Stiftung Wismut spricht von einem einmaligen Vorhaben: "Alle anderen Anlagen von ähnlich großen Schächten sind abgerissen. Diese Präsentation ist unsere letzte Chance, so etwas der Öffentlichkeit zu zeigen."

Die Anlage von Schacht 371 ist ein technisches Denkmal. Sie erzählt die Geschichte des Uranbergbaus in der DDR, aber auch die des Kalten Krieges. Auch die jungen Bergmänner, wie Hannes Zupp, finden es wichtig, dass an den Uranbergbau auch weiterhin erinnert wird: "Das ist doch eine spannende Geschichte und betrifft tausende Menschen bei uns im Erzgebirge, aber auch die Urlauber, die jetzt unsere Region besuchen. Ich bin jedenfalls stolz, Bergmann zu sein und Teil des großen Projektes."



Ab 33:26 min sieht man einen extra Raum(!) für die radioaktiven Minerale, Pechblende in einer mit Blei ausgekleideten Erzkiste und eine Messung mit einem UNIRAD. Ohne, dass die Anzeige ins Bild kommt, hört man schon die Dosisleistung: Es knackt nicht mehr, es rauscht.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!