"BetterGeiger S-1" - Low cost scintillator detector

Begonnen von Henri, 18. August 2021, 21:13

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DG0MG

Naja, da muss man auch mal fair bleiben - es hat auch niemand behauptet, dass der Bettergeiger die Flöhe husten hört. Wie Robert(?) zu Beginn schrieb, ging es darum, etwas Modernes mit niedrigstmöglichen finanziellen Aufwand zu bauen. Das ist ihm durchaus gelungen. Kompromisse müssen dabei eingegangen werden - Kompromisslosigkeit lässt die Preiskurve ganz steil nach oben gehen.

Wenn man mal bedenkt: Es gibt bestimmt 50 oder noch mehr verschiedene, richtig kommerzielle, teilweise sogar professionelle Geräte, die alle ein einzelnes SBM-20 als Sensor drin haben. Von den ganzen Chinesengurken mit J321, M4011 usw. gar nicht zu reden. Und alle Geräte haben ihren Benutzerkreis, denken wir nur mal an die vielen gelben oder schwarzen TERRA-P in Pripjat. Da ist die höhere Empfindlichkeit des Bettergeigers - selbst, wenn es "nur" das DOPPELTE eines SBM-20 ist, schon herausragend.

Ein fairerer Vergleich als mit einem Pancake 7317, das "nackt" schon mehr, als der ganze Bettergeiger kostet, wäre der mit dem chinesischen Szintillationsdetektor BRS 02. Dabei schneidet nämlich der Bettergeiger trotz seines in DL doppelten Preises hervorragend ab! Ist immer eine Frage des Blickwinkels  ;)


"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

miles_teg

Zitat von: DG0MG am 11. März 2024, 20:37Interessant wäre es, einen solchen Vergleich auch bei mittleren und höheren Energien zu machen. Vielleicht hat ja jemand beruflich Zugang zu einem z.B. Co-60-Strahler, der in einiger Entfernung noch 1 µSv/h erzeugt?
Müsste ich mal prüfen, ich glaube wir haben noch eine alte 60Co-Quelle im Schrank.

NoLi

Vom technischen Standpunkt gesehen hat der Bettergeiger S-1 den großen Vorteil, im Gegensatz zum Geiger-Müller keine Hochspannung zu benötigen und damit Bauteile, Platz und Strom zu sparen. Wobei Platz m.M. sekundär ist, ich habe schon gerne was satt in bzw. auf der Hand liegen und das auch ein Display besitzt, für das man zum besseren betrachten keine Lupe benötigt. Wenn der Platz der Digitanzeigen keinen weiteren Buchstaben, wie das "v" bei Sv/h, zulässt, wäre es besser gewesen, nur die alte Einheit "mr/h" zu belassen. Aber ok...
Das Gehäuse sieht recht robust aus...ist dem auch so? Was mir bei manchen amerikanischen Geräte im Kleinformat gefällt: man bekommt, entweder serienmäßig oder als Zubehör, eine Silikonschutzhülle und ein Holster u.a. für den Outdoor-Gebrauch; das vermisse ich bei den (meisten) Russen oder Chinesen. Manchmal kann man sich zwar mit Produkten aus dem Baumarkt -Kleinteiletaschen- oder Elektromarkt -Fototaschen- behelfen, aber gerade bei ersteren ist die passende Auswahlmöglichkeit sehr bescheiden, und bei letzeren die Auswahl in letzter Zeit leider drastisch zurück gegangen.

Ein neueres Video:
The Better Geiger: Radiation, Fallout, Prepping and Survival



Norbert

DG0MG

Zitat von: NoLi am 12. März 2024, 13:31Wenn der Platz der Digitanzeigen keinen weiteren Buchstaben, wie das "v" bei Sv/h, zulässt, wäre es besser gewesen, nur die alte Einheit "mr/h" zu belassen.

Das hättest Du garantiert noch weniger zufriedenstellend gefunden, ich ebenso nicht.

Es ist auch nicht so, dass der Platz nicht doch da wäre, das sieht man ja auf den Display-Fotos. Aber dann hätte man die Worte "NORMAL", "HIGH", "DANGER" irgendwie schmaler machen müssen. Ich hätte diese Worte weggelassen, aber er hats halt so gemacht, wie es jetzt ist. Das kleine Display ist vielleicht das billigste gewesen, das zu bekommen war, also ist es das geworden. Kann man drüber meckern, aber anders wird es davon nicht.

Zitat von: NoLi am 12. März 2024, 13:31Wobei Platz m.M. sekundär ist,

Immerhin bietet der Szintillator die Möglichkeit, andere Formfaktoren des Gehäuses zu verwenden. Ein SBM-20 an der Gerätestirnseite (wo der Sensor ja hingehört) quer einzubauen, würde nichts werden, da hat man dann *ZU* satt was in der Hand.  :))

Zitat von: NoLi am 12. März 2024, 13:31Das Gehäuse sieht recht robust aus...ist dem auch so?

Ich denke, ja. Das Gehäuse ist dickes ABS und wenn das Gerät (auch ohne den Gummibumper) mal runterfällt, wird nicht gleich was passieren - außer, wenn ein spitzer Stein ausgerechnet das Display trifft. Das geht kaputt, da aus Glas und kein Schutz-Plexi drüber.


"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Zitat von: DG0MG am 12. März 2024, 14:03...
Ich denke, ja. Das Gehäuse ist dickes ABS und wenn das Gerät (auch ohne den Gummibumper) mal runterfällt, wird nicht gleich was passieren - außer, wenn ein spitzer Stein ausgerechnet das Display trifft. Das geht kaputt, da aus Glas und kein Schutz-Plexi drüber.
Ich dachte hier auch mehr an einen Sturz vom Tisch oder niedriger. Da liest man ja in manchen Rezensionen über andere Hersteller (z.B. GQ und viele Chinesen) so manche "Horrorgeschichte" über beschädigte Gehäuse, wenn das entsprechende Gerät schon aus 30 cm Höhe auf den Boden fiel.


Was hat denn euer getesteter BETTER GEIGER S-1 als Nulleffekt/Nullrate/Background in µSv/h angezeigt, und wie lange hat es gedauert, bis der Wert einigermaßen stabil blieb?

Hier im Video (08:05 bis 08:26) erscheint mir dies sehr wenig (6 nSv/h bis 14 nSv/h), wenn man bedenkt, dass alleine der kosmische Anteil auf Meereshöhe ca. 40 nSv/h beträgt:



In diesem Video bei 02:00 bis 02:22 min max. 23 nSv/h (möglicherweise aber auch die "Wertestabilisierungszeit" zu kurz):




In anderen Videos über den BETTER GEIGER S-1 beträgt die Nullrate 60 nSv/h bis 140 nSv/h, was plausibel ist.

Norbert

DG0MG

Nun wird sicher den ein oder anderen interessieren, was denn da überhaupt drin ist.

Nun, dann müssen wir mal ein Werkzeug ansetzen:

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Wie man sieht: Erstmal gar nicht viel. Ein großer DIL-Schaltkreis, ein paar wenige SMD-Bauteile, eine Induktivität, der Piezo, die Schalter. Das Display ist ein normales OLED-Display mit I2C-Bus, und wichtig: Es ist gesockelt! Falls das aus irgendwelchen Gründen mal getauscht werden muss, ist das kein Problem.

Hm, also ist der eigentliche Sensor wohl unter der weißen Plastikhaube. Die ist mit einer dunklen, harten Vergussmasse vergossen, das führt also zu keiner weiteren Erkenntnis:

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DG0MG

Schauen wir die Platine noch ein bisschen genauer an:

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Der DIL-IC ist der Prozessor, ein ATMEGA328P also dergleiche, wie auch auf einem Ur-Arduino. Ich denke, die DIL-Bauform wird auch aus Preisgründen gewählt worden sein.

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NuclearPhoenix

Hat schon sehr viel DIY-Charme irgendwie mit dem gesockeltem "Standard-OLED" und dann noch der DIP Atmega328P. :)

Der wird im Allgemeinen übrigens gar nicht mehr für neue Designs empfohlen und deutlich teuerer ist er auch noch dazu. Eine komische Wahl :unknw:

Was mich aber wundert, man sieht nur einen Spannungswandler. Der wird dann ja wohl für den SiPM sein und der Rest wird direkt von den Batterien aus betrieben? Wenn dem so ist, ist es auch eine komische Platzwahl, fast maximal weit vom Sensor entfernt.

DG0MG

#83
Zitat von: NuclearPhoenix am 12. März 2024, 20:57Der wird dann ja wohl für den SiPM sein und der Rest wird direkt von den Batterien aus betrieben? Wenn dem so ist, ist es auch eine komische Platzwahl, fast maximal weit vom Sensor entfernt.

Das glaube ich nicht. Ich hab zwar nicht drinherumgemessen, aber der Wandler wird 3,3 oder 5 Volt machen, das OLED wird man doch nicht mit 2,5 Volt funktionieren. Sicher ist unter der weißen Abdeckung noch ein Wandler.

Zitat von: NoLi am 12. März 2024, 19:50Was hat denn euer getesteter BETTER GEIGER S-1 als Nulleffekt/Nullrate/Background in µSv/h angezeigt, und wie lange hat es gedauert, bis der Wert einigermaßen stabil blieb?

Nach dem Einschalten dauert es 6 Sekunden, bis der erste Wert angezeigt wird. Dann steigt das langsam an und bis die realistischen 0,12..0,15 µSv/h erreicht werden, dauert es rund 1 Minute.  Wahrscheinlich wartet der Mittelungsalgorithmus nicht eine Zeit, sondern eine bestimmte Anzahl Impulse ab, so dass die Geschwindigkeit bei höherer Dosisleistung schneller wird.
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DG0MG

Hm, das ist tatsächlich interessant: Nach dem Einschalten wird rund 6 Sekunden ein "Startup"-Bildschirm angezeigt, erst dann kommt der erste Zahlenwert. Ich nehme doch an, dass dieser in den 6 Sekunden bestimmt wird. Der erste Wert schwank recht stark und ich habe den Eindruck, die Zeit bis zu einem realen Wert ist umso länger, je niedriger der Startwert ist.

13mal Einschalten, zwischendrin ist das Gerät jeweils eine Minute aus. Jeweils der erste Wert nach den 6 Sekunden "Hochfahren":

0.023, 0.117, 0.213, 0.019, 0.116, 0.091, 0.026, 0.193, 0.103, 0.226, 0.129, 0.091, 0.043
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

NoLi

Und wie sieht dies aus, wenn Du nach dem 6-Sekunden-Hochfahren und ablesen des ersten Wertes nochmal einen zweiten Wert nach 1 Minute Betriebsdauer erhältst?

Norbert

DL3HRT

Das ist aber bei anderen Geräten auch so. Das FH40F2 mit der älteren Firmware hat beispielsweise immer mit 0,00 µSv/h begonnen und sich dann hochgearbeitet. Dementsprechend lange hat es gedauert, bis sich der Wert bei normaler Umgebungsstrahlung eingepegelt hat. Das FH40F2M (britische Militärvariante) mit einer neueren Firmware beginnt bei 0,08 µSv/h und landet daher schneller beim richtigen Messwert.

6 Sekunden sind eine kurze Zeit für einen verlässlichen Messwert. Ich vermute, dass er intern mit einem kurzen und einem längeren Puffer arbeitet. Daher dauert es auch einen Weile, bevor er von einem hohen Messwert wieder zurückkommt.

Wenigstens liefert der Szintillator in Verbindung mit dem SiPM eine etwas höhere Zählrate als kleine Zählrohre, was die Signalverarbeitung erleichtert.


NoLi

Ist das Szintillatormaterial bekannt (NaJ, CsJ, Plastik, BGO,...)?

Norbert

DL3HRT

Höchstwahrscheinlich CsI. Es ist auch noch viel mehr bekannt, aber ich möchte @DG0MG nicht vorgreifen.

DG0MG

Zitat von: NoLi am 13. März 2024, 10:45Ist das Szintillatormaterial bekannt (NaJ, CsJ, Plastik, BGO,...)?

LYSO wäre auch noch eine Option.
Das ist natürlich eine ganz wichtige Frage, der Hersteller beantwortet sie nicht. Wir können sie auch nicht 100%ig beantworten, aber zumindest sehr unwahrscheinliche Varianten ausschließen.

Um zu weiteren Erkenntnissen zu kommen, kam uns ein Tierarzt gelegen, bei dem es möglich war, die Platine mit der vergossenen Kappe zu röntgen - vielen Dank dafür! Die Röntgenaufnahme läuft unter einer "Kurzhaarkatze"  ;D :

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Man sieht links als weißen Fleck deutlich den Szintillator, oben links die weitere Induktivität für den Spannungswandler des optischen Sensors, unten in der Mitte den Pieper, rechts die beiden Schalter und den Taster und dazwischen die Spule des DC-DC-Wandlers der Hauptstromversorgung. Links des Szintillators sitzt "irgendwie" der optische Sensor, er hat augescheinlich nur 2 Anschlüsse. Weiterhin sind 2 5-pinnige und zwei 8-pinnige ICs zu erkennen. Ob der Spannungswandler nun ein dedizierter IC ist, oder mittels einfachem Transistor+PWM aus dem Prozessor realisiert ist, vermag ich nicht zu erkennen.

Hier nochmal im direkten Vergleich:

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Da der Szintillator weiß ist, muss er eine hohe Dichte besitzen!
Zum Vergleich: Das 3D-Druck-Material der Vergusskappe hinterlässt nur einen grauen Schatten, ebenso wie das GFK-Platinenmaterial. Damit fällt Plastik als Szintillationsmaterial schonmal aus.

Wie groß ist der Szintillator eigentlich? Invertiert sieht das Röntgenbild schöner aus:

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Wir haben oben die 4 Pins des Displayconnectors zum Vergleich. Dessen beide äußere Pins sind 7,62 mm auseinander (3x 2,54 mm), der Szintillator ist ein ganz klein bisschen länger, als dieses Maß. Die Breite beträgt etwa 4 mm. Wenn wir annehmen, dass der Längsquerschnitt quadratisch ist, beträgt die Größe also 4 x 4 x 8 mm oder 128 mm3 Zum Vergleich: Der RadiaCode hat 1000 mm3. Damit unterscheiden sich die Volumina der beiden Szintillatoren um den Faktor 7,8.

@DL3HRT hat Vergleiche der Empfindlichkeit zwischen Bettergeiger und RadiaCode angestellt. Seine Messungen mit verschiedenen Proben ergaben folgende Faktoren, um die der RadiaCode empfindlicher ist:

Na-22: 6,8
Co-60: 7,8
Unat: 5,6
Lu-176: 4,5
Am-241: 30
Hintergrund: 23


Das passt ganz gut zum Volumenverhältnis der Szintillatoren von 7,8. Bei niedriger Energie bricht er ein, weil bereits ein Teil im Gehäuse und in der Vergussmasse verloren geht.

Nachdem wir soweit waren, kam von @NuclearPhoenix der Hinweis auf einen Thread im Gammaspectacular-Forum, wo @Madmax auch schon ein Röntgenbild gepostet hatte: https://www.gammaspectacular.com/phpBB3/viewtopic.php?f=14&t=1045#p5258 Er war schon viel eher zum gleichen Ergebnis gekommen, ebenfalls auf 4 x 4 x 8 mm.

Dann die Frage: Könnten es diese LYSO-Stäbchen sein, die ja recht preisgüstig verfügbar sind und mit 4 x 4 x 22 mm sogar schon die richtigen Maße hätten, wenn man sie einmal zerteilt? Das ist ganz einfach zu klären: Da man sie ja auch als Kalibrierstrahler verwenden kann, müsste man mit der Platine im Spektrometer einen Lutetium-Peak sehen. Sieht man aber nicht, also kanns kein LYSO sein.
Kein Plastik, kein LYSO.

Dass die oben gezeigten Empfindlichkeitsunterschiede gut mit den unterschiedlichen Volumen korrelieren, ist auch ein Hinweis darauf, dass der optische Sensor ebenfalls ein SiPM sein muss.  Mit einer "Billig"lösung (vielleicht eine PIN-Photodiode) müsste der Empfindlichkeitsunterschied noch viel größer sein, da diese nur einen Bruchteil der Photonen einfangen würde. Ich hatte lange nicht an einen "echten" SiPM geglaubt, weil die einfach in der Gesamtschau zu teuer sind, aber dieses Argument hat mich dann überzeugt.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!