Messwertübermittlung über Meshtastic/Meshcore/MeshCom

Begonnen von DG0MG, 08. Dezember 2025, 11:22

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

DG0MG

Die Messwertübertragung von Strahlungssensoren über LoRaWAN (wie es der Multigeiger könnte) hatten wir schonmal diskutiert, aber so richtig gefällt mir das nicht mehr. Der Grund dafür ist, dass es in der Fläche einfach zu wenige Gateways gibt. Die Ballungszentren sind gut abgedeckt, aber in der Provinz, auf dem Land - man kann nicht einfach einen beliebigen Standort in der Pampa für einen batteriebetriebenen Radioaktivitätssensor festlegen und annehmen, dass die Aussendungen von einem Gateway empfangen werden. Als Lösung müsste man sich entschließen, selbst ein Gateway zu betreiben. Das ist in der Anschaffung aber preislich schon recht unattraktiv.

Es gibt neuerdings eine Verknüpfung von einem Strahlungsmessgerät mit RadPro-Firmware mit WLAN: https://github.com/SunboX/radpro-wifi-bridge

Viele Bastler und "Maker" experimentieren derzeit auch mit der dezentralen und netzunabhängigen Messengerlösung MESHTASTIC. Die Motivation der Betreiber ist Technikbegeisterung, Experimentierfreude, Kommunikation mit Bekannten und Fremden in Chatform und zusätzlich der Hintergrund der Notfallkommunikation bei ausgefallenen Handynetzen. Das hat also etwas vom Charme des CB-Funks von vor 35-40 Jahren. Mit dieser Messengerlösung kann man m.W. auch Telemetriedaten (Temperatur, Feuchte, Druck etc.) übertragen: https://meshtastic.org/de/docs/configuration/module/telemetry/

Wie wäre es denn mit einem Gateway RadPro<->Meshtastic?
Oder mit einem Konverter RadiaCode<->Meshtastic-Node?
Oder mit einem eigenständigen "Meshtastic-Geigerzähler"?

Das hätte den Vorteil, dass die Aufgabe der Datenübermittlung (egal, wohin) auf ein Netz aufsetzt, dass aus völlig anderen Gründen vorhanden ist - es ist eben "schon da". Vielleicht sogar (das wäre zu eruieren) mit größerer Abdeckung, als LoRaWAN, da die zu übermittelnde Information über mehrere "Hops" weitergereicht wird, bis sie beim Empfänger ankommt.

Das geschriebene könnte genauso für die ALternative "MeshCore" oder für die Variante der Funkamateure auf 433 MHz "MeshCom" gelten.

Hat schonmal jemand Telemetriewerte mit MESHTASTIC & Co. übertragen?

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

callimero

Moin,

ich habe mich "berufswegen" etwas mit Meshtastic beschäftig. Obwohl ich in dicht besiedelten Gebiet wohne, ist die Abdeckung recht "mau". In Berlin spaltet sich die Community sogar in Nord (Mediumfast) und Süd (Longfast) auf. Hrmp. Telemetrie kann man übertragen (Position und Batterie etc. wird ja so übertragen) aber ich find die Integration etwas schwierig. Ich meine fast zu erkennen, dass dies kein wirkliches Ziel (von Meshtastic) ist. Man wird wohl auch was selbst entwickeln müssen. Und gerade Mobil habe ich sehr große Bedenken, die Geräte müssen an sich länger an einem Standort sein um die Meshes zu erkennen... Schlecht wenn man nur mal durchfährt.

Irgendwie würde ich auf einen Datentarif für Mobilfunk eher setzen. Europa sicher machbar und bezahlbar.

VG,
Carsten


DG0MG

#2
Okay, danke für die Einschätzung. An mobil dachte ich überhaupt nicht, sondern ortfeste Messstellen, analog dem deutschen ODL-Netz des BfS. Es gibt ja Leute, die meinen, dass dessen Daten in einem wirklichen Störfall "Verschlusssache" würden, so wie 1986.

Ich habe selbst gar keine Mesh-Net-Erfahrung, hab nur gerade mal geschaut und fand hier MeshCore sogar besser abgedeckt, als Meshtastic.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

silfox

#3
Der Unterschied zwischen der Zeit vor 1995 und heute liegt darin, dass damals analoge Technik für die Telefonie verwendet wurde.
IP-basierende Verfahren wurden 1995 eingeführt (siehe z.B.: https://vdfp.de/vdfp-info/25-jahre-deutsche-telekom-ag).
Der Vorteil der analogen Technik lag allerdings darin, dass eine Priorisierung möglich war.
Diese Priorisierung wurde für den Katastrophenschutz auch auch tatsächlich eingerichtet und genutzt.
Heute gibt es diese Bevorzugung bestimmter Anwender - grundätzlich! - nicht mehr.
Datenkommunikation bei einem Messnetz mit einer großen Anzahl an Messstellen ausfallsicher zu realisieren ist - unter Berücksichtigung der Kosten - (fast) unmöglich.

Bezüglich der ODL-Messstellen in Deutschland um das Jahr 1986 verweise ich auf:
https://odlinfo.bfs.de/ODL/DE/themen/was-ist-odl/geschichte/geschichte_node.html

Es gab demzufolge insgesamt 1200 ODL-Messtellen.
Aber nur 10 ODL-Messstellen verfügten über ein Nieder- und Hochdosiszählrohr und waren damit in der Lage, die Kontamination in Deutschland nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl zu detektieren.

Ich habe aber eine andere Frage:

Hat Jemand eine Übersicht über web-basierende Kartendienste, die es ermöglichen, Daten stationärer Messstellen aufzunehmen (was ich gerne tun würde)?

Ich habe mir Folgendes zusammengestellt - scheinbar ist https://opensensemap.org ein guter Kandidat.

-----------URL---------  Organisation  --------stationaer------- mobil ------Anmerkung-----------------
                                        ADER  Doserate AirQuality ADER
                                        uSv/h cpm      ug/cm3    uSv/h
https://opensensemap.org       BMU  DE   -    -        y          -    Beliebige Sensoren hinzufuegbar
https://map.safecast.org            JP   ?    ?        ?          y    Safecast
https://www.openradiation.org ASNR  FR   -    -        -          y
https://www.uradmonitor.com              y    -        y          -
https://gammasense.org/map    RIVM  NL   -    y        -          -
https://radmon.org                  US?  -    y        -          -    310 Stationen, veraltet?
https://gmcmap.com             OGQ  US   -    y        -          -    Firma OGQ Electronics
https://map.radiaverse.com          CY   -    -        -          y    Firma Radiacode
https://raysid.com/                 PL   -    -        -          y    Firma Raysid

DG0MG

Zitat von: callimero am 08. Dezember 2025, 12:33ich find die Integration etwas schwierig. Ich meine fast zu erkennen, dass dies kein wirkliches Ziel (von Meshtastic) ist.

Ich hab mich jetzt mal ein wenig mit MeshCore beschäftigt - auch praktisch. Dass Datentelemetrie nicht das Hauptziel ist, würde ich auch sagen, aber es ist ausdrücklich als Möglichkeit erwähnt. Sogar Fernwirken kommt vor, irgendjemand in Neuseeland schaltet die solarbetriebene Pumpe seines Outback-Brunnens damit ein und aus. Allerdings ist es für Datenerfassung aus anderen Gründen eher weniger geeignet: Es gibt keine Verbindung ins Internet, jedenfalls nicht ohne Weiteres. Das Fehlen ist per Design ein gewolltes Standbein von MeshCore, das den Funkausbau fördern soll und Internetwormholes vermeidet, die im Fall des Falles - wenn man sie ernsthaft  braucht - dann nicht funktionieren. Aus dieser Sicht ein sinnvoller Schritt. Tatsächlich sehe ich in den letzten 2 Tagen viele Meldungen, die davon sprechen, Meshtastic-Nodes zu MeshCore zu migrieren, weil dieses besser geht (weniger Overhead produziert, dadurch weitere Entfernungen überbrücken kann).
Das bedeutet aber: Wenn man das trotzdem benutzen will, muss man sich um beide "Seiten" kümmern: Den Sensor und das Internetgateway.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

silfox

Aktuell ist die Flächendeckung der MeshCore Nodes ist nicht sehr groß:
https://map.meshcore.dev/

Aber MeshCore ist offen (open-source), jeder kann durch Einrichtung einer Station zur Erweiterung beitragen.
Es gibt aktive Communities, z.B.: https://hansemesh.de/

Der Reiz besteht wohl darin, mit anderen Teilnehmern in Kontakt zu treten und Mitteilungen (Text) auszutauschen.

Die Einbindung einer Reihe an Sensoren wird unterstuetzt mit der Moeglichkeit der Erweiterung durch eigene Routinen.
https://deepwiki.com/ripplebiz/MeshCore/8-sensor-integration

Die Paketgröße bei der Übermittlung von Daten beträgt 240 Bytes.

Interessant ist sicherlich die zugrunde liegende LoRa-Technik (stromsparend).

Das Ganze lebt vom Mitmachen und man kann einiges dabei lernen, ob es sich durchsetzt bleibt abzuwarten.

Aktuell kann man sich z.B. vorstellen, ein eigenes lokales Netzwerk an meteo-Stationen oder stationären (und mobilen) ODL-Messstellen zu realisieren. Zuhause hat man dann eine Node stehen, die die Daten aus dem kleinen Netzwerk einsammelt und in die Datenbank schreibt (und dann ggf. ins Internet weitergibt).

Für eine großräumige Anwendung ist die Anzahl an Nodes gegenwärtig allerdings zu gering.

DG0MG

Zitat von: silfox am Heute um 10:11Aktuell ist die Flächendeckung der MeshCore Nodes ist nicht sehr groß: https://map.meshcore.dev/

Hab ich zuerst auch gedacht, aber das ist nur die halbe Wahrheit. Die Flächendeckung (und die Anzahl der Nodes und Repeater) ist erheblich größer, als in dieser Karte sichtbar. Das liegt daran, dass es wie gesagt keine standardmäßige Internetanbindung gibt. Deshalb gibt es auch keinen Automatismus, der einen vorhandenen Node in die Internetkarte einträgt. Will man selbst in dieser Karte erscheinen, muss man das explizit mittels der zugehörigen App übertragen.

Dazu kommt, dass sich die Nutzer dieser LoRa-Kommunikations-Lösung in mindestens zwei Gruppen aufspalten: Meshtastic und MeshCore. Diese sind untereinander nicht kompatibel. Meshtastic gibts schon ein paar Jahre, Meshcore erst seit 2025. Trotzdem scheinen die Vorteile von MeshCore so gravierend zu sein, dass viele Benutzer wechseln (ich selbst habe keinen Vergleich). MeshCore erlebt also gerade einen unglaublichen Zuwachs. Es ist immer wieder zu lesen, dass manche MC-Nutzer andere von MT "herüberholen". Ein vielgelobter Unterschied ist die Möglichkeit, Nachrichten über theoretisch bis zu 64 Hops (also Repeater) weiterzuleiten, bei Meshtastic war das auf 7 begrenzt. Dadurch werden großere Reichweiten möglich.

Tatsache ist weiterhin, dass ich hier vom Rande Sachsens mit Leuten in Wolfsburg, Braunschweig oder Magdeburg schreiben kann. Es gibt da irgendeine Route über den Brocken, Halle, Leipzig.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!