Prüfstrahler - Bezugsquellen

Begonnen von Zugpferd, 21. September 2020, 00:23

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NoLi

Moin Peter.

Ja, es gibt nach §91 StrlSchV eine Kennzeichnungspflicht u.a. für Umhüllungen von genehmigungspflichtigen Strahlenquellen.

" Verordnung zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzverordnung - StrlSchV)
§ 91 Kennzeichnungspflicht

(1) Der Strahlenschutzverantwortliche hat dafür zu sorgen, dass folgende Gegenstände, Anlagen und Bereiche mit Strahlenzeichen nach Anlage 10 gekennzeichnet werden:

1. Räume, Geräte, Vorrichtungen, Schutzbehälter, Aufbewahrungsbehältnisse und Umhüllungen für radioaktive Stoffe, mit denen nur auf Grund einer Genehmigung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 3 Satz 1, § 7 Absatz 1 Satz 1, Absatz 3 Satz 1 oder Absatz 5, § 9 Absatz 1 oder § 9b Absatz 1a Satz 1 des Atomgesetzes, eines Planfeststellungsbeschlusses nach § 9b Absatz 1 Satz 1 des Atomgesetzes oder einer Genehmigung nach § 12 Absatz 1. Nummer 3 des Strahlenschutzgesetzes umgegangen werden darf,
2. Anlagen zur Erzeugung ionisierender Strahlung,
3. Kontrollbereiche und Sperrbereiche,
4. Bereiche, in denen die Kontamination die in § 57 Absatz 2 Satz 1 genannten Werte überschreitet.

Die Strahlenzeichen sind in ausreichender Anzahl deutlich sichtbar und dauerhaft anzubringen. Die Kennzeichnung muss mit Ausnahme von Kontrollbereichen und Sperrbereichen die Worte ,,Vorsicht – Strahlung", ,,Radioaktiv", ,,Kernbrennstoffe" oder ,,Kontamination" enthalten, soweit dies nach Größe und Beschaffenheit des zu kennzeichnenden Gegenstandes möglich ist.
(2) Die Kennzeichnung ist nicht erforderlich bei Behältnissen oder Geräten, die innerhalb eines Kontrollbereichs in dafür vorgesehenen Bereichen verwendet werden, solange

1. die Person, die mit dieser Verwendung betraut ist, in diesen Bereichen anwesend ist oder
2. diese Bereiche gegen unbeabsichtigten Zutritt gesichert sind.

Satz 1 gilt nicht für Behältnisse und Geräte, die hochradioaktive Strahlenquellen enthalten.
(3) Der Strahlenschutzverantwortliche hat dafür zu sorgen, dass Schutzbehälter und Aufbewahrungsbehältnisse, die gemäß Absatz 1 gekennzeichnet sind, nur zur Aufbewahrung von radioaktiven Stoffen verwendet werden.
"

Somit müssen Strahler und Materialien, die unterhalb der Freigrenze liegen, nicht gekennzeichnet werden. Dies steht aber nicht explizit in der StrlSchV drin. Man kann daher eine Kennzeichnung mit Trifoil zwar machen, muß aber eventuell alle daraus möglichen Konsequenzen tragen.

Alte Fliegeruhren mit Radium sind vor den gesetzlichen Bestimmungen (Strahlenschutzverordnungen) hergestellt worden, da gab es diese Kennzeichnungsregelung noch nicht.
Geräte der Bundeswehr mit Leuchtfarben sind (nachträglich) mit einem "Radioaktiv"-Klebeband und der Kennzeichnung in einem Kreis "H-3" für Tritium und "Pm" für Promethium-147 gekennzeichnet worden, zivile Gegenstände dagegen nicht, da diese Geräte eine Bauartzulassung und damit Ausnahmegenehmigung hatten.

Zum Lu-176 Testobjekt: ob eine Verkleinerung von 6 cm Durchmesser auf 3 cm Durchmesser mit dem RadiaCode-10X eine Zählratenverbesserung bringt, weiß ich nun nicht mehr, denn mit 8 mm Dicke hatte ich nicht gerechnet. Das müsste man mal ausprobieren. Die THERMO-SCIENTIFIC Lu-Keramikscheibe hat einen Durchmesser von 4 cm und eine Dicke von 1 mm.
Hast Du einen RadiaCode? Dann könntest Du mal die Nettozählrate cps deines 10 g-Lu-Präparates messen.

Norbert

Peter-1

Hallo Norbert,

danke für die ausführliche Antwort. Ist es also richtig, dass man ein Testobjekt mit Lu2O3 ( Lu176 ) ca. 10 Gramm anfertigen dürfte und es als Forumsstrahler an interessierte Teilnehmer ausleihen könnte? Dann gäbe es ja eine richtige Referenz.
Ich habe jetzt erst mal noch 10 Gramm bestellt.  :)

Jetzt teste ich erst einmal mit meinem RC101 mein Präparat mit 6cm.

Grüße
Peter
Gruß  Peter

NoLi

Zitat von: Peter-1 am 27. Mai 2025, 14:14...
Ist es also richtig, dass man ein Testobjekt mit Lu2O3 ( Lu176 ) ca. 10 Gramm anfertigen dürfte und es als Forumsstrahler an interessierte Teilnehmer ausleihen könnte? Dann gäbe es ja eine richtige Referenz.
...
Ja, eine Ausleihe für einen Ringmessversuch für interessierte Teilnehmer ist ohne weiteres möglich, denn dies ist im rechtlichen Sinn kein radioaktiver Stoff und unterliegt weder beim Versand noch bei der Anwendung irgendwelchen strahlenschutzrechtlichen Vorschriften. Dabei gibt es auch keine LU2O3-Mengenbeschränkungen.
 
Man könnte auch Testobjekte gleicher Größe und Masse herstellen, mit einem SOLL-Wert versehen und für einen gewissen Obolus vertreiben, damit z.B. die RadiaCode-Besitzer ein Objekt zur Langzeit-Konstanzprüfung ihres Gerätes bekommen.

Mal sehen, was bei deinem Test rauskommt.

Norbert

Gigabecquerel

Auf wiki steht Lu2O3 wäre hygroskopisch, wie stark ist das?
Kann man z.b. eine Massendifferenz messen wenn man die probe für einen tag an der luft lässt oder so?
Gammaspektroskopie, Proportional- und Halbleiterzähler!

NoLi

Zitat von: Gigabecquerel am 27. Mai 2025, 15:07Auf wiki steht Lu2O3 wäre hygroskopisch, wie stark ist das?
Kann man z.b. eine Massendifferenz messen wenn man die probe für einen tag an der luft lässt oder so?
Also, die keramisch gepressten und gebrannten Test-Adapter-Scheiben von THERMO zeigen unverpackt auch nach Jahren keinerlei Feuchtigkeitsspuren.

Norbert

Peter-1

Hallo Norbert,

hier nun ein erster Versuch zur Zählratenbestimmung mit dem RC101 für Lu2O3.
Hintergrund:
 in einer kleinen ( unzureichenden ) Bleiburg. 2,02 CPS , 64,6 nSv/h +/- 11%

Hintergrund mit Lu176 Teststrahler:
 15,1 CPS , 150 nSv/h +/- 5%.

Umrechnung der Zählrate auf Dosisleistung ist nichtlinear !

Peter
Gruß  Peter

NoLi

Zitat von: Peter-1 am 27. Mai 2025, 18:34...
hier nun ein erster Versuch zur Zählratenbestimmung mit dem RC101 für Lu2O3.
Hintergrund:
 in einer kleinen ( unzureichenden ) Bleiburg. 2,02 CPS , 64,6 nSv/h +/- 11%

Hintergrund mit Lu176 Teststrahler:
 15,1 CPS , 150 nSv/h +/- 5%.
...
Das wären 13 cps netto...hebt sich schön vom Background ab. Damit kann man schon was anfangen.


Zitat von: Peter-1 am 27. Mai 2025, 18:34...
Umrechnung der Zählrate auf Dosisleistung ist nichtlinear !
...
Das ist gut so, denn es zeigt, dass die Energiekompensation bei niedriger Photonenenergie greift! :good3:

Norbert

DL8BCN

Ich habe 2 Plastikflaschen mit je 5g LuO3 Pulver und LYSO Stäbchen.
Da kann ich wegen unterschiedlicher Messgeometrie keine Vergleichsmessung machen :unknw:
Trotzdem kann ich meinen RC101 oder RC102 da mal ranhalten.

DL8BCN

Wie könnte man das LuO3 Pulver denn verdichten?
Nur mit Hydraulikpresse in eine Form drücken, wird wohl nicht reichen.
Da braucht man sicherlich ein Bindemittel, was wieder die Dichte verändert.

NoLi

Zitat von: DL8BCN am 28. Mai 2025, 12:16Wie könnte man das LuO3 Pulver denn verdichten?
Nur mit Hydraulikpresse in eine Form drücken, wird wohl nicht reichen.
Da braucht man sicherlich ein Bindemittel, was wieder die Dichte verändert.
Das Pulver wird gesintert, also mit Druck gepresst und dann mit hoher Hitze (> 1500 °C) "zusammengebacken".
Zitat:
"Sintern ist ein Verfahren zur Herstellung von Metallteilen oder Keramikteilen. Durch das Zusammenpressen des pulverförmigen Ausgangsmaterials entsteht der fein- oder grobkörnige Grünkörper, der bei der anschließenden Temperaturbehandlung seine endgültige Form erhält und somit zu einem festen Werkstück wird."

und weiter

"Erläuterung:

Prozess:
Beim Sintern wird ein Grünkörper, der aus pulverförmigem Material besteht, erhitzt. Die Temperatur ist dabei so gewählt, dass das Material sich nicht vollständig schmilzt, sondern die Pulverpartikel durch Diffusion miteinander verbinden.

Ergebnisse:
Die Temperaturbehandlung führt zu einer Verdichtung und Verfestigung des Grünkörpers, wodurch ein dichtes und festes Werkstück entsteht.
"

Bindemittel wird dabei nicht eingesetzt!


Norbert

NoLi

Zitat von: Peter-1 am 27. Mai 2025, 11:00...
gibt es eine Regel oder ein Gesetz ab wann ein Trifoil auf einem Präparat sein soll oder muß?
...

Zitat von: NoLi am 27. Mai 2025, 11:55...
Somit müssen Strahler und Materialien, die unterhalb der Freigrenze liegen, nicht gekennzeichnet werden. Dies steht aber nicht explizit in der StrlSchV drin. Man kann daher eine Kennzeichnung mit Trifoil zwar machen, muß aber eventuell alle daraus möglichen Konsequenzen tragen.
...
Nachtrag zum Beitrag:
Dies bedeutet im Konsens zum §91 StrlSchV, wenn eine Behörde oder BOS-Organisation Kenntnis von einem Fund mit einem Trifoil bekommt, wird erstmal von einem erhöhten bis hohem Gefährdungspotential ausgegangen und somit "das große Besteck" aufgefahren, was unter Umständen auch zu einer großen Rechnungsstellung für den Verursacher führen kann.

Norbert

Lennart

Zitat von: NoLi am 28. Mai 2025, 18:52Bindemittel wird dabei nicht eingesetzt!

Das mag bei dem fraglichen Pulver vielleicht richtig sein, aber grundsätzlich wird beim Sintern gerne ein Bindemittel genutzt. Nicht jedes Pulver lässt sich einfach so verbinden.

Beispiel aus dem Alltag: Hartmetall.

Dort wird - je nach Anwendungsgebiet - z.B. Cobalt als Bindemittel eingesetzt. Cobalt bildet dann die Matrix für das extrem harte Wolframcarbid.

DL8BCN

Ich denke immer daran, was für uns Amateure möglich ist.
Die wenigsten werden eine Hydraulikpresse und einen Sinterofen in der Werkstatt haben.
Mein RC101 zeigt in meiner Bleiburg einen Hintergrund von 0,18 cps an.
Wenn ich die beiden Plastikdosen mit je 5 Gramm Lutetiumoxidpulver dicht daneben stelle zählt der Radiacode 6,5 cps +- 5,5%.
Aber das ist nun natürlich wertlos diese Messung, weil nicht vergleichbar wegen der Meßgeometrie.
Der Würfel mit den LYSO Stäbchen 4x4x22mm im 5x5 Array macht wegen der höheren Dichte schon mehr Radau.
22 cps bei +- 5,8%.
Interessant der Vergleich mit dem Raysid: Background in Bleiburg: 1,1 cps. Mit dem Würfel aus LYSO Stäbchen sind es 44cps bei +-2,0%.

Zugpferd

Zitat von: NoLi am 28. Mai 2025, 19:12
Zitat von: Peter-1 am 27. Mai 2025, 11:00...
gibt es eine Regel oder ein Gesetz ab wann ein Trifoil auf einem Präparat sein soll oder muß?
...

Zitat von: NoLi am 27. Mai 2025, 11:55...
Somit müssen Strahler und Materialien, die unterhalb der Freigrenze liegen, nicht gekennzeichnet werden. Dies steht aber nicht explizit in der StrlSchV drin. Man kann daher eine Kennzeichnung mit Trifoil zwar machen, muß aber eventuell alle daraus möglichen Konsequenzen tragen.
...
Nachtrag zum Beitrag:
Dies bedeutet im Konsens zum §91 StrlSchV, wenn eine Behörde oder BOS-Organisation Kenntnis von einem Fund mit einem Trifoil bekommt, wird erstmal von einem erhöhten bis hohem Gefährdungspotential ausgegangen und somit "das große Besteck" aufgefahren, was unter Umständen auch zu einer großen Rechnungsstellung für den Verursacher führen kann.

Norbert


Was aber durch den Erstangreifer mit ein wenig Ahnung auch sofort deeskaliert werden könnte, was scheinbar nie passiert. Das kreide ich dann "den" Feuerwehrleuten an.

NoLi

Zitat von: Zugpferd am 28. Mai 2025, 23:50...
Was aber durch den Erstangreifer mit ein wenig Ahnung auch sofort deeskaliert werden könnte, was scheinbar nie passiert. Das kreide ich dann "den" Feuerwehrleuten an.
Wenn der "Erstangreifer" des Angriffstrupps das Objekt messtechnisch und/oder visuell in Augenschein bekommt, ist das große Besteck schon aufgefahren.
Bekommt die Leitstelle die Meldung "Objekt mit Radioaktiv-Zeichen" (o.ä. Wortlaut) rein, werden vom Leitstellenrechner automatisch die entsprechenden Alarmierungen gemäß "Alarm- und Ausrückeordnung" ausgelöst und in Bewegung gesetzt. Dazu gehören neben dem Angriffstrupp auch der Absperrtrupp und Wassertrupp sowie eine Dekontaminationseinheit. Und da die Einsatzzeit unter Schutzbekleidung wegen der körperlichen Belastung begrenzt ist, muß auch eventuell benötigtes Ablösepersonal vor Ort sein. Daher sehen diese Einsätze immer so bombastisch aus.

Norbert